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  #1  
Alt 06.02.2010, 00:58
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HelmutL HelmutL ist offline
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Registriert seit: 03.03.2007
Ort: Dreiländereck
Beiträge: 2.019
Daumen hoch AW: Ein Jahr...

Liebe Esmiralda,

ich bin verblüfft. Nicht, weil dir in deinem Leben so schreckliches widerfahren ist, sondern weil du endlich den Mut gefunden hast, dich öffentlich dazu zu bekennen. Hut ab!

Wir kennen uns bereits eine gute Zeit und ich weiss ja, was du alles erlebt hast. Schon oft haben wir uns die Zeit im Chat vertrieben und auch ausgetauscht. Manchmal die halbe Nacht über alles mögliche und auch ganz spezielles geredet. Nur ganz selten hast du in der Runde etwas rausgelassen, was dich bedrückt, sondern bist immer für andere da gewesen.

In Berlin durfte ich dich persönlich kennenlernen. Ich bewundere dich für deine jugendliche Kraft. Mag auch dein Körper durch Krankheit und Alter geschwächt sein, dein Geist ist so jung und rege wie eh und jeh. DU hast DICH längst selbst gefunden, du weisst es vermutlich nur nicht. Wo andere längst abwinken "Ich bin zu alt!", da fängst du oft erst an.

Du brauchst dich also nicht zu verstecken. Du brauchst deine Ängste, deine Probleme nicht zu verstecken. Du hast, wie Morgana bereits schrieb, ein Recht auf Trauer. Du hast ein Recht darauf, es dein Umfeld spüren zu lassen, wie schlecht es dir oft geht. Du musst das nicht runterschlucken und übertünschen. Wem tust du damit was Gutes? Niemandem, am allerwenigsten dir selber. Trauer ist keine Frage der Zeit, die vergangen ist.

Pfeif auf die anderen: jetzt bist DU an der Reihe!


Alles Liebe

Helmut
__________________
Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen.
http://www.krebs-kompass.org/howthread.php?t=31376
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  #2  
Alt 06.02.2010, 11:38
mollie mollie ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 08.07.2009
Beiträge: 109
Standard AW: Ein Jahr...

liebe esmeralda,

nein, du bist nicht anders, gewiss nicht. vielleich geht es vielen so wie dir?? wer weiß das schon? mir ging oder geht (je nach tiefe des loches in dem ich mich befinde) auch so. noch nie war ich der mitteilsame mensch wenn es darum geht mein inneres zu zeigen. die angst vor verletzungen, zurückweissungen wenn ich schwäche zeige war immer größer als der leidensdruck des schweigens, des schreiens, des zulassnes von gefühlen. in einer lebensbedrohlichen situation im teeniealter habe ich gelernt, dass mich nur das schweigen, das nicht zeigen von gefühlen am leben erhalten hat...vielleicht habe ich auch in den jahren danach deshalb so gehandelt und dieses handeln igendwann verinnerlicht.

mein freund starb, ließ mich allein mit drei kleinen kindern, die älteste grade mal 5 jahre alt, die anderen 3 und 1 jahr. eltern weit weg, ich auf mich allein gestellt. trauer hin oder her... ich hab sie irgendwo vergraben, hab funktioniert, für die kinder. tagaus, tagein, woche für woche, monat für monat, jahr für jahr. job, kinder, haushalt. niemandem hat was gefehlt, dem chef nicht "auf sie ist immer verlass", den kindern nicht "erstaunlich, wie du alles unter einen hut bekommst und trotzdem immer ein volles haus hast, gute laune, kraft ohne ende...." ja, niemandem fehlte was...außer mir. meine leere, meine innere leere, die einsamkeit hab auch ich gefüllt mit allerlei... für jeden da, immer hilfsbereit, stets ein offenes ohr für meine mitmenschen. dabei hab ich mich mehr und mehr verloren....ohne es anfangs zu merken.manchmal war der innerer schmerz so groß, dass ich gegen ihn mit körperlichen schmerzen angekämpft habe, getreu dem motto..."wenn dein körper schmerzt hat das innere keine chance mehr weh zu tun". also habe ich holz gehackt bis zum umfallen, bin gerannt bis ich die marathon-strecke schaffte.... und dabei bin ich doch nur mir davon gelaufen. irgendwann war marathon zu kurz, mehr, weiter, länger musste es sein, dazu schwimmen und radfahren... und niemand kam in der ganzen zeit zu kurz... die arbeit nicht, die kinder... aber ich, denn rennen, radeln und schwimmen sind zwar nett aber helfen eben auch nur zeitweise.
freunde wollte ich nicht sehen, nicht m it ihnen reden... ich wusste nicht was sagen, wie mich verhalten. alle dachten doch, dass ich mein leben im griff habe, sahen den inneren kampf nicht, die verzweiflung. und je mehr zeit ins land ging, desto weniger kam ihnen in den sinn, dass es mir vielleicht doch nicht so gut ging und je weniger hatte ich den mut es ihnen zu sagen. jahre gingen ins land, ich hab alles in mir vergraben....

dann im august starb meine ma an bsdk. die monate davor waren die schlimmsten in meinem leben. das leid zu sehen und hilflos da zu stehen war wirklich schrecklich. der leere blick, dann wieder die angst in den augen meiner ma, mein paps und mein bruder, meine kinder... es war wirklich schlimm. als ma dann starb, glücklicherweise ohne dass sie vorher schlimme schmerzen hätte erdulden müssen, war es für alle eine erlösung. ma hatte ihren frieden gefunden und wir irgendwie auch. alle fielen wir in ein tiefes loch der trauer, jeder aus der famile erlebt es anders.
ich war wieder still, habe allein getrauert- habe funktioniert für meine kinder, meinen papa. meinen schmerz hab ich vergraben..... langsam sehe ich ihn an, lasse ihn zu. und mit diesem schmerz kommt auch der, den ich all die vielen jahre in mir verschlossen gehalten habe, nämlich den schmerz um meinen freund.
geholfen hat mir das forum.in ihm habe ich erlebt, gelesen, dass es auch anderen so geht wie mir, dass trauer einfach da ist, dass es okay ist sie zuzulassen, dass niemand da steht und mit dem finger auf mich zeigt wenn ich verzweifelt bin, weine, um mich schlage und mir doch eigentlich nichts mehr wünsche, als dass mich einer mal ganz fest in den arm nimmt.
ich habe gelernt, dass es einmal richtig war, meine verzweiflung, meine schwäche nicht zu zeigen (als teenie) um zu überleben. aber ich habe auch gesehen, dass eben diese schwäche, verzweiflung und ohnmacht zu zeigen auch überlebensnotwendig sein können.

in diesem sinne bist du auf dem richtigen weg, sind wir auf dem richtigen weg. steine mögen sich ihm in den weg legen und das umkehren leichter erscheinen als das weitergehen, doch solltest du es dir wert sein und ich es mir auch.

einen schönen tag euch allen

mollie
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  #3  
Alt 11.02.2010, 13:05
Mariesol Mariesol ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 18.05.2009
Beiträge: 1.280
Standard AW: Ein Jahr...

Lieber Stefan,

ich habe heute Deine Geschichte gelesen.
Nun weiss ich warum Du mir die Katzentipps gibst...Du hast selbst ganz viele Tiere. Du hast sogar Hühner..
Mein Vater hatte bis letztes Jahr noch Gänse. Liese und Friedolin...er wollte sie zu Weihnachten schlachten. Haha...
Zwei Vögel, die hinter einem Mann herlaufen als wären es Hunde...die kann man nicht einfach so schlachten.
Er hatte auch einen Hund. Diese Bordercollie Hündin war sein ein und alles. Als sie letztes Jahr im März vergiftet wurde und starb...brach seine Welt zusammen. Im April wurde ein Plattenephithelkarzinom im sehr fortgeschrittenen Stadium festgestellt.Ich wusste schon da, dass wir nur noch eine kurze gemeinsame Zeit haben werden.Ich wollte diese Zeit nutzen...für uns beide nutzen und wir haben es getan...diese Wochen, Tage, Stunden sind mein kostbarster Schatz! Mögen sie heute um Pflichteilsergänzungsansprüche kämpfen.....die wahren Kostbarkeiten...wie Liebe und Berührung und viele ungesagte Worte die wir still miteinander getauscht haben und das Glück in seinen Augen wenn ich bei ihm war.....das ist das Erbe von dem keiner ein PFLICHTTEIL bekommen kann.Das ist auch nicht käuflich gewesen!
Ab diesem Zeitpunkt wuchsen wir zusammen wie nie zu vor. Er hat mir absolut vertraut und ich habe alles für ihn getan. Leider sind meine Geschwister in all dieser Zeit nie da gewesen. Mein Vater hat sehr darunter gelitten...das hat ihn sehr traurig gemacht. Später sagte er dann immer...ich brauch auch keinen...hauptsache ich habe Dich und meine Schwester. Wenn ich sehr verletzt und enttäuscht von den Menschen bin, neige ich auch dazu dies zu sagen.Aber er wollte tatsächlich keinen mehr sehen. Ich musste ihm zwei Tage vor seinem Tod versprechen ihm alle vom Leib zu halten. Er wolle nicht, dass ihn so jemand sieht und er will kein Mitleid. Auch seinen Wunsch, dass wir eine ganz kleine und stille Abschiedsfeier machen, habe ich umgesetzt. Meine jüngere Halbschwester...habe ich ihm wunschgemäß "vom Leib" gehalten...ich bin nun die Bufrau...sei es drum!
Lieber Stefan...wie geht es Dir heute? ich verstehe sehr gut, wenn Du sagt, dass die lieben Menschen und Freunde...Deine Frau und Partnerin nicht ersetzen können...wie denn auch! Ich bin auch seit 21 Jahren mit meinem Mann zusammen...wir brauchen oft keine Worte um uns zu verstehen...das sind Qualitäten die nicht so einfach zu ersetzen sind. Aber nach dem Winter kommt auch wieder der Frühling und möglicherweise auch eine Frau die ein Stück des Weges mit Dir geht...dies wünsche ich Dir.
Für heute eine ganz herzlichen Gruß von Mariesol
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