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  #1  
Alt 26.07.2009, 15:29
Mae-Geri Mae-Geri ist offline
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Standard AW: Suizid nach 1. Chemo-Block

Liebe Twinkle,

erstmal möchte ich Dir mein Mitgefühl zum Tod Deines Vaters aussprechen.

Ich schreibe schon etwas länger nicht mehr hier, aber zu diesem Thema würde ich mich doch gerne äußern. Leider ist Suizid kein gesellschaftliches Thema. Du wirst immer wieder merken, dass Du für andere Gesprächsstoff bist bzw. Dein Vater. Das tut weh, wird nach der Zeit aber weniger.

Als ich 14 war nahm mein Onkel sich das Leben. Er war damals 28 Jahre alt und hatte einen 3jährigen Sohn. Die Mutter des Kindes war 6 Wochen nach der Geburt gestorben (natürlicher Tod). Mein Onkel hat alles für seinen Sohn getan sich liebevoll um ihn gekümmert, aber da gab es scheinbar auch Sorgen und Nöte mit denen er nicht klar kam. Er trat aus dem Leben und hinterließ sein Kind. Die Gründe die er in seinem Abschiedsbrief angegeben hat befriedigten uns Angehörige nicht. Es war nichts was man nicht hätte lösen können.
Mein Vater hat seinem Bruder diesen Schritt glaube ich nie verziehen. Aber ob verstehen, verzeihen oder was auch immer. Du wirst nicht darum kommen, den Suizid Deines Vaters zu akzeptieren. Trauer um ihn. Du hast einen schweren Verlust erlitten. Übrigens gehören Fragen wie Warum?, oder auch Wut, weil Du Dich allein gelassen fühlst zum Trauerprozess. Sie sind natürlich.

Wie auch hier, wirst Du eventuell in Deiner Umgebung unterschiedliche Meinungen hören aber reduzier Deinen Vater und Deine Gefühle zu ihm nicht auf den Suizid. Das hat er wohl nicht verdient.

Ich habe irgendwann akzeptiert, dass mein Onkel den Freitod gewählt hat. Verstehen tu ich es bis heute nicht wirklich. Aber er hat ihn mir einen berechtigten Platz und ich tabusiere es heute auch nicht mehr.

Vor fast einem Jahr hat sich unsere lieben Nachbarin das Leben genommen. Aufgrund Ihrer Vorgeschichte, die erst jetzt nach und nach rauskam muss sie wohl als psychich krank und suizidgefährdet eingestuft werden. Wir haben es nicht gemerkt. Letztendlich war es aber auch ihr Weg den sie gegangen ist.

Suizid ist immer eine Entscheidung, manchmal auch eine kurzfristig Getroffene. Aber egal unter welchem Hintergrund sie getroffen wurde, so ist es ein Stückchen schwerer für die Angehörigen. Uns fehlt einfach die Akzeptanz. Wir können nicht mit dem Schicksal hadern wie wir es mit einer Erkrankung oder einem Unfall tun könnten. Und manchmal fühlen wir uns schuldig. Manchmal haben wir das Gefühl wir dürften gar nicht trauern... Und doch dürfen und müssen wir das.



Liebe(r) Blaues Meer,

auch Dir möchte ich Beileid zu Deinem Verlust den Du offensichtlich erlitten aussprechen. Ich denke, es ist noch nicht zu lange her und ich fürchte, Du wirst einige Erfahrungen in der Akzeptanz Deines Umfeldes - gepaart mit Deinem eigenen Gefühlschaos gemacht haben. Das tut mir sehr leid.

Ich hoffe sehr, dass Ihr Beide einen für Euch gehbaren Weg mit eben dieser Situation findet (und auch wenn es wie eine Floskel klingt ist es genauso gemeint).

Lieben Gruß
Sandra
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Danke!!!
PeLo 13.04.1948 - 09.10.2007
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  #2  
Alt 26.07.2009, 17:06
Mapa Mapa ist offline
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Standard AW: Suizid nach 1. Chemo-Block

Liebe Twinkle,
zunächst mein aufrichtiges Mitgefühl zum Tode Deines Vaters. Ich kann sehr gut verstehen, dass es Dich sehr belastet, dass er nicht wenigstens ein paar Zeilen hinterlassen hat. Vielleicht ging er davon aus, dass Ihr es nachempfinden könnt, dass er es vorgezogen hat, diesen Weg zu wählen, anstelle irgendwann an der Krankheit oder den Therapie-Nebenwirkungen zu sterben. Ich denke nicht, dass er überhaupt bedacht hat, was er bei Euch mit seiner Wahl bei Euch auslöst und ich denke vor allem nicht, dass er Euch irgendwie wehtun wollte.
Ein paar Worte noch an Blaues Meer: Mit welcher Berechtigung gibt es eigentlich immer wieder Menschen, die sich anmaßen, angeblich zu wissen, was für andere gut oder schlecht ist, was richtig ist oder falsch? Es mag Ausnahmen geben, bei tatsächlicher Krankheit, z. B. schweren Depressionen, die erste Zeit nach einem schweren privaten Vorfall, usw. Aber allgemein gesehen hat jeder das uneingeschränkte Recht, über sein Leben selber zu bestimmen. Und wenn ich schon wieder lese von irgendwelchen "so wunderbaren" Psychiatriemaßnahmen, dann platz mir die Hutschnur. Der größte Teil dieser ach so herrlichen Psychiatrie-Mannschaft ist selber nicht ganz "Herr der Sinne" und meint mit seinem angelernten "Fachbuch-Wissen" die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben. Ich bekomme das hier immer wieder hautnah mit: Bei jedem Problem zublockern mit Antidepressiva oder Transqualizern, ganz egal ob Vogelphobie oder schwere Depression, Waschzwang oder Trauerproblemen. Vielen Dank, darauf kann ich verzichten. Ich frage mich, wo die allwissenden Leute denn sind, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist. Wo sind sie denn bei den Problemen, die man, wie Mae Geri schrieb, hätte lösen können? Ist es heute nicht eher so, dass jeder sich nur noch um sich selber kümmert und den Blick für das Leid der Menschen um sich verloren hat? Wie sonst erklärt man es sich, dass, eben gerade auch bei Krebskranken, plötzlich der Freundeskreis immer kleiner wird und sich viele total zurückziehen. Oder dass z. B. Hinterbliebenen so wenig Verständnis entgegen gebracht wird? Wer (Ausnahmen bestätigen die Regel!) will denn schon vom Leid der anderen hören? Nein, da fixieren wir doch lieber jemanden ans Bett, weil er nicht gemerkt hat, wie dankbar er sein muss, dass er leben darf! Seine Probleme sind ja alle so leicht zu lösen! Ich denke auch nicht, dass es richtig ist, wenn man immer davon spricht, dass jemand zum Leben zu feige ist, wenn er den Freitod wählt. Ganz im Gegenteil. Wie verzweifelt muss jemand sein, der das tut? Und ganz bestimmt ist er vorher in Gedanken alle anderen Möglichkeiten durchgegangen. Liebe Twinkle, Du musst Dich auch auf keinen Fall schämen, die Tochter eines Selbstmörders zu sein. Warum auch? Schämen sollen die sich, die der Meinung sind, dass Du Dich dafür schämen müsstest.
Liebe Grüße,
Mapa
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  #3  
Alt 26.07.2009, 17:12
lyra lyra ist offline
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Standard AW: Suizid nach 1. Chemo-Block

Liebe Mapa, damit sprichst Du mir aus der Seele- ich glaube, die Explosion war überfällig- wenn nicht von Dir, dann von mir oder Geske oder auch Dir, liebe Twinkle- ich möchte nicht, daß bei Dir der Eindruck entsteht, wir diskutieren hier über Deinen Kopf hinweg.
Danke.
Liebe Grüße
Lyra
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  #4  
Alt 26.07.2009, 21:52
twinkle80 twinkle80 ist offline
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Standard AW: Suizid nach 1. Chemo-Block

@Blaues Meer: auch wenn Du das selbe mitgemacht hast. Für mich bist Du eine Außenstehende, so wie jeder andere hier auch.
Erst löscht Du alle Deine Beiträge in meinem Thread und dann wird sich wieder eingemischt.

Sicherlich mag es richtig sein, dass psychisch labile und kranke Menschen medikamentös behandelt und vielleicht auch zeitweise vor sich selbst geschützt werden müssen.
Aber mein Vater war weder labil noch psychisch krank.
Er konnte lediglich nicht mehr diese unsagbaren Schmerzen, die einfach nicht in den Griff zu kriegen waren, ertragen.
Er war so intelligent und realistisch,dass er wusste, dass es nicht mehr besser wird.

Soll künftig jeder Krebspatient(und alle die an anderen schweren Krankheiten erkranken) bereits bei Beginn der Behandlung ohne irgendwelche Anzeichen psychologisch untersucht werden?
Doch sehr realitätsfern!!!

@all: nie hätte ich mit so einer Resonanz gerechnet. Vielen vielen Dank für Eure netten Worte.
Es hilft mir sehr, eure Meinungen zu lesen
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  #5  
Alt 26.07.2009, 23:06
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stellina stellina ist offline
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Standard AW: Suizid nach 1. Chemo-Block

liebe twinkle,
ich wünsche dir von ganzem herzen, daß dich diese "schlacht" hier in DEINEM thread nicht völlig verunsichert. im allgemeinen geht es hier rücksichtsvoll zu, immer mit dem augenmerkt auf beistand, unterstützung, trost (soweit möglich). ich wünsche dir den nötigen abstand zu bestimmten äußerungen, wenn sie dich belasten. im moment bist nur du wichtig, was du denkst und fühlst. ich wünsche dir einen erträglichen weg und daß du wieder ruhe findest. alles liebe, tina.
__________________
Du kannst nie tiefer fallen, als nur in Gottes Hand,
die er zum Heil uns allen barmherzig ausgespannt.

Mein geliebter Hase: 14.10.1923 - 28.04.2009
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  #6  
Alt 26.07.2009, 23:13
Mapa Mapa ist offline
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Standard AW: Suizid nach 1. Chemo-Block

Hier noch ein Nachtrag, bevor wieder alles missverstanden wird. Wenn ich davon spreche, dass jeder seine freie Entscheidung über sein Leben hat, meine ich damit natürlich nicht bestimmte Personengruppen, wie z. B. Kinder, Teenager, Menschen in Ausnahmesituationen, schwer Depressive, usw. Ich rede von ganz normalen Menschen, die sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht haben, aber sich eben dafür entschieden haben. Ich denke, dass man sogar viele Menschen vom Suizid abhalten könnte, wenn man sich wirklich mit ihnen und ihren Problemen beschäftigt und liebevoll mit ihnen nach einer Lösung sucht. Die Betonung liegt auf liebevoll, was ich mit Gittern an Fenstern oder Fixierungen am Bett nicht gegeben sehe. Und was den Pflegenotstand betrifft: genau, warum setzt man denn dort nicht an?
Mapa
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  #7  
Alt 27.07.2009, 14:46
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Suizid nach 1. Chemo-Block

Liebe Twinkle,

zuerst möchte ich dir mein tiefstes Mitgefühl aussprechen.

Ich denke, du kannst ruhig auch ein bisschen stolz auf deinen Vater sein. Er ist ein mutiger Mann, der genau das getan hat, was andere nur aus Angst nicht getan haben. Viele, die in ähnlicher Sitaution sind, hatten die gleichen Gedanken (davon gibt es hier in diesem Forum sicherlich ne ganze Menge). Der/die Eine entscheidet sich so, der/die Andere eben anders. Beide Entscheidungen müssen wir als Angehörige akzeptieren!! Wenn auch nicht unbedingt verstehen. Wir, als Angehörige sind in einer vollkommen anderen Situation. Auch wenn wir mitleiden, helfen wollen: WIR sind NICHT an Krebs erkrankt. WIR stehen NICHT vor dem Aus. Unsere Gedanken decken sich in den seltensten Fälle mit denen unserer an aussichtslosem Krebs erkrankten Angehörigen. WIR können uns NICHT vorstellen, was in ihren Köpfen vorgeht, was und vor allem wie sie denken. Geschweige denn auch noch darüber urteilen.

In diesem Zusammenhang (die Psyche) von gesund zu reden und den Krebskranken als krank hinzustellen, ist absolut behämmert. Dein Vater war psychisch mindestens genau so gesund wie all die sogenannten Gesunden, die sich zuerst den Mund zerreissen und dann ihre Beiträge löschen. Die sind feige, NICHT DEIN VATER.

Vielleicht ist es tröstlich für dich: dein Vater hat euch sicherlich vieles erspart. Tagelang, nächtelang einen Sterbenden zu begleiten. Immer wieder Mut machen müssen. Ja, sogar anlügen. Sich um ihn kümmern, ihm helfen. Zuerst noch wenig und dann selbst bei den selbstverständlichsten Dingen. Zuschauen, wie das Leid immer grösser wird, wie er euch langsam und sicher aus den Händen gleitet. Um am Ende dann trotzdem mit leeren Händen da zu stehen . . . . . . . . . . . . . genauso traurig, genauso verzweifelt, genauso allein . . . . . . . . . . . . Ich weiss, wovon ich rede.



Traure um deinen Vater, weine um deinen Vater, so wie er war und immer noch ist. Genauso, wie jeder andere um einen geliebten Menschen trauert. Er hat es verdient.


Ich drück dich in Gedanken

Helmut
__________________
Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen.
http://www.krebs-kompass.org/howthread.php?t=31376
http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=48070

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  #8  
Alt 27.07.2009, 17:07
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steffi0461 steffi0461 ist offline
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Standard AW: Suizid nach 1. Chemo-Block

Hallo
Bisher habe ich nur still mit gelesen,aber das hier macht mich sehr traurig.Ich finde man sollte sich eine andere Plattform suchen als diese hier um über so etwas zu diskutieren oder viel mehr zu streiten.Es geht hier zu weit und eindeutig unter die Gürtellinie.Hier hat jemand seinen geliebten Vater verloren und das auf tragische Art und Weise.Ein wenig mehr Rücksicht und Feinspitzengefühl ist hier wohl angebracht.Dann streitet per Pn aber macht es nicht hier.Es geht hier nicht nur um Suizid sondern in erster Linie auch um die Trauer und der Verzweifelung von Twinkle.
LG Steffi und Dich Twinkle nehme ich in den Arm.
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