Ich wurde amputiert.........

[vont]

Liebe Erle,
das macht doch gar nichts wenn du nicht mehr alles weißt was ich irgendwann mal geschrieben habe. ich glaube du bist mit deinen gedanken einfach bei alfred und das ist ganz richtig so.
ich wünsche mir auch sehr das weihnachten schnell vorbei geht und auch der geburtstag von papa.
aber irgendwie freue ich mich auch sehr auf weihnachten. wir fahren zum ersten mal zu meinem bruder und feiern weihnachten mit seiner super familie. ich bin so froh bei ihm sein zu dürfen und hoffe das ich durch seine beiden söhne etwas abgelenkt werde. mein bruder und ich rücken schon seit jahren stückchenweise wieder näher zusammen, doch durch papas krenkaheit und durch seinen tod sind wir so zusammengewachsen und das freut mich sehr. ich hatte so sehr gehofft das meine mutter auch mit uns zusammenwächst aber ich habe das gefühl sie entfernt sich immer mehr von uns. aber vielleicht braucht sie einfach nur zeit um zu verstehen das wir noch da sind. es ist auch so schwer auf diese entfernung mit ihr zu reden. wir sind ja nun auch schon erwachsen und vielleicht denkt sie wir brauchen sie nicht mehr. ich würde mir nur mal wünschen sie würde mich mal in die arme nehmen und mich trösten. aber das ist wahrcheinlich zu viel verlangt. mein kopf versteht das aber mein herz wünscht sich etwas anderes.
ich kann mir gut vorstellen wie es für dich auf dem weihnachtsmarkt war. bei solchen gelegenheiten spüre ich die leere in mir viel mehr. alle diese fröhlichen menschen und ich möchte mich am liebsten in eine ecke stellen. es ist als würde man auf einmal nicht mehr dazu gehören.
ich wünsche dir einen erträglichen wochenanfang
yvonne

[Ela4811]

Liebe Erle,

finde ich toll, dass du einiges verändert hast. Papa hat auch vieles in der Wohnung verändert. Hinzu kommt bei ihm, dass Mam ALLES eingerichtet hat, selbst die Farben an den Wänden hat sie bestimmt. Sie hatte da auch ein Händchen dafür.

Weihnachtsmarkt ist nichts mehr für mich. Letztes Jahr um diese Zeit habe ich Mam noch ihre Lieblingswaffeln vom Weihnachtsmarkt geholt.
Am Samstag war ich mit meiner Schwester dort und ich musste gleich wieder runter. Es ging einfach nicht. Es war überfüllt und das kann ich gar nicht mehr ab. Meine Nerven sind halt nicht mehr die Besten und ich zicke viel rum. Aber mein Verlobter kann damit umgehen und manchmal zieht er mich damit auf.

Ich schicke dir viel Kraft... Diese Jahreszeit ist nicht einfach... viele Tröste- sind auch auf dem Weg zu dir...

Ela

[Erle]

Mein liebster ST,
heute ist ein blöder Tag, obwohl der kaum erst angefangen hat.....
Hatte aber schon erste Heulattacken. Warum nur? Ich fühle mich total gestresst. Wie gerne würde ich hier mal den ganzen Tag hier einfach rumhängen, aber im Augenblick ist ständig irgendwas.
Axel hat am Dienstag den Führerschein gemacht, ich war soooo stolz. Und jetzt rotiere ich, damit er doch fahren kann. Ich meine, sein Führerschein mit 17 und seine einzige Begleitperson ist tot.
Warum hab ich auch diese Sch**** Punkte. Nun springen Frank und Kathi für mich ein. Aber deshalb muss ich heute nochmal zum Straßenverkehrsamt. Ich bin heute so rotzunglücklich.
Naja, und mit Andrea muss ich zum Schneider, ihr Abschlussball-Kleid umändern lassen und das Training heute abend. Ich hab heute so überhaupt keinen Bock aus dem Haus zu gehen. Und morgen der Tag ist auch recht voll.
Ach Quatsch, voll ist ja übertrieben. Aber mich nerven schon kleine Termine.

Die Zeit bis Heiligabend ist knapp und auf einmal habe ich das GEfühl, ich schaffe nicht mehr alles. So ein Quark.
Ichsollte jetzt mal anfangen, hier aufzuräumen. Gestern hatte ich so schön alles in Ordnung. Warum siehts hier heute aus wie auf einem Schlachtfeld?
*seufz* Ach, eigentlich ist es nur eine halbe Stunde mal reinklotzen. Ich mach mir noch einen Kaffee und dann gehts los.
Mein Allerliebster, sei bei mir und hilf mir, ich fühl mich heute sooo elend.
Ich liebe Dich, muss schon wieder weinen. Mist-Tag.

[Quinto]

Liebe Erle,
ich kann sehr gut verstehen,wie es in dir aussieht und ich bewundere immer wieder,woher du die kraft nimmst,alles so in angriff zunehmen.Ich erledige so mit mühe meine hausarbeit und versuche unseren sohn so gut es geht zu
versorgen,aber ich habe eher das gefühl,das er mit seinen 13 jahren mich versorgt und ich weiß auch nicht, was ich ohne ihn machen sollte.Er ist mir eine große hilfe .Und natürlich unser kleiner hund (6 monate),den wir noch alle drei geholt haben.Mein trauertier ist im moment ein trauermonster und ich habe das gefühl,es frisst mich auf.Kein tag vergeht,an dem ich nicht heule,schreie und verzweifelt bin ,das mein geliebter W. nicht mehr bei uns ist.
Alles erscheint mir sinnlos und mein ziel,mit meinem mann alt zu werden,ist verschwunden.Gerne wäre ich bei ihm,aber ich weiß,das er das niemals gewollt hätte und ich muste ihm auch versprechen ,für unseren sohn stark zu sein.Aber es fällt so unentlich schwer.Ich kann auch seine sachen nicht wegräumen,weil ich immer noch nicht ganz begreifen kann,das er nicht mehr zur tür herheinkommt,mich in den arm nimmt und zu mir sagt,das er mich liebt.Liebe erle,wir haben unsere ganz große liebe verlohren,den menschen ,dem wir bedingungslos vertauen konnten ,der uns ,ohne ein wort zusagen,verstanden hat und der uns so geliebt hat,wie wir waren.Ich weiß noch nicht,wie wir ohne unsere zweite hälfte weiter leben können,aber ich hoffe,das wir es irgendwie schaffen.LG Quinto

[illy]

Hallo Erle und Quinto,
ich habe eure beiden Berichte gelesen und kann euch gut verstehen.
Es gibt immer wieder diese Tage, an denen man gar nichts tun möchte, nirgendwo hin will, aber trotzdem sollte irgend etwas passieren, damit man ja nicht soviel Zeit zum Nachdenken hat. Man ist einfach mit allem unzufrieden und manchmal kommt auch ein bißchen Selbstmitleid dazu. (Ist ja auch manchmal durchaus erlaubt). Aber kämpft dagegen an, das Leben geht einfach weiter, ob wir wollen oder nicht, auch wenn unser eigenes Leben eigentlich kaputt ist (meinen wir). Mein Mann ist nun fast vier Monate nicht mehr da und ich vermisse ihn wahnsinnig, das wird auch noch ganz lange so bleiben, aber ich versuche mich jeden Tag über irgend etwas zu freuen.
Ich möchte nicht immer traurig sein. Ich habe im letzten Jahr soviele Tränen vergossen, ich war so lange todunglücklich und irgendwann ist Schluß. Es gibt noch so viele schöne Dinge, die wir erleben können, wenn wir wollen. Es ist manchmal unendlich schwer, aber manchmal gelingt es mir auch schon ganz gut.
Mein Mann wäre bestimmt nicht glücklich darüber, wenn ich mich nicht wieder aufraffen könnte weiter zu leben und froh zu werden. Mein Mann hat das Leben so sehr geliebt und ich denke, wenn es mir schon gesundheitlich gut geht, dann sollte ich auch für ihn weiterleben und nicht als Trauerkloß, sondern mir Mühe geben, so zu leben, dass er gerne hinunterschaut und sich auch für mich freuen kann.
Mein Trauertier schläft zur Zeit (Gott sei Dank) und ich hoffe, recht lange. Ich freue mich auch schon ein bißchen auf Weihnachten, obwohl ich dann bestimmt noch viel weinen werde. Aber ich weiß, dort wo er jetzt ist, geht es ihm besser, als wenn er noch hier wäre und das tröstet mich.
Ich wünsche euch noch eine schöne restliche Adventszeit
Illy

[Erle]

Liebster ST,
ich habe heute nur eine Bitte.... pass mir auf den Simon auf, ja? Annett braucht jetzt Deine Hilfe. Hab mir gerade schon die Route rausgesucht und war kurz davor, einfach ins Auto steigen. Aber 600 km sind doch eine Menge Holz.
Bitte Liebster, sei bei ihnen. Die gesegnete Kerze, die am Abend Deines letzten Tages brannte, hab ich jetzt auch für S. angemacht. Bitte hilf uns.

Ich melde mich später nochmal. Muss jetzt mit dem Hund raus.
Ich liebe Dich. Deine SM

[Erle]

Liebe Quinto, liebe Illy,

ja es gibt diese Tage, die sind einfach Horror. Ach Quinto, manchmal weiß ich auch nicht, wie ich das alles so mache. Alfreds Sachen stehen in Kartons noch im Schlafzimmer. Ich glaube, das bleibt erstmal auch so. Mein Bett steht da, das ZImmer hat schon irgendwie Struktur, die Kartons stören mich nicht.... also, was solls.
Wie gut, Illy, dass das Trauertier erstmal schläft. Ich fürchte *seufz* es wird uns eh alle nächste Woche besuchen. Wie herrlich, dass Du Dich ein bißchen auf Weihnachten freust. Finde ich klasse.
Ich lache ja auch oft, manchmal sehe ich Sendungen im Fernsehen, da lache ich herzhaft. Und 5 min später denke ich an irgendeine Situation und heule Rotz und Wasser. Dieses Wellenbad der Gefühle ist schon anstrengend....

Ich setze fest auf meine Kur.....
Liebe Grüße Erle

[Pflegefrau]

Liebe Erle,

ich habe diesen ganzen Thread soeben gelesen und kann nur sagen, Du hast wahnsinnig viel geschafft! Es ist so schwer, einen geliebten Menschen gehen zu lassen. Trauer bedeutet gleichzeitig Liebe. Ich kann nur um jemanden trauern wenn ich ihn aufrichtig geliebt habe. Jede Trauer ist anders, jede Trauer dauert aber solange wie man liebt. Und nur wer geliebt wird ist nicht vergessen. Damit versuche ich für mich eine Richtung zu finden. In dem Jahr der Trauer ging ich auch sehr oft 2 Schritte vor und 3 zurück! Ich glaube, dass ist auch ganz normal! Und gerade diese dunkle, naßkalte und ungemütliche Jahreszeit trägt nicht zu einem Fortschritt in der Trauerarbeit bei, mir geht es jedenfalls so! Dazu kommen noch die Weihnachtstage, auch davor habe ich solche Angst! Aber es darf auch geweint werden, wir vermissen unsere Lieben doch so sehr!
Ich wünsche Dir, dass Du weiterhin einen annehmbaren Weg für Dich finden wirst, mit der Trauer, die fortan zu Deinem Alltag gehören wird, leben zu können.

Alles Liebe
Hedwig