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  #1  
Alt 21.01.2008, 13:33
Mosi-Bär Mosi-Bär ist offline
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Registriert seit: 01.02.2007
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Blinzeln AW: VORHER-NACHHER-Wie geht Ihr mit der Lebensumstellung um

Hallo Ihr Lieben,

ich wollte auch nochmal was zu diesem Thema beitragen, allerding betrifft es eine Diskussion, die schon ein wenig zurückliegt.

Da ging es um das, was die Gesellschaft mit dem Krebskranken macht - oder so ähnlich...

Ich wollte da mal was erzählen, denn die Gesellschaft hat ja grundsätzlich irgendwie auf alle Kranken Einfluß, beeinflußt ja auch den Kranken selber und auch dessen Entscheidungen und Gefühle.

Ich habe eine Bekannt, deren Mutter hatte diverse Hüft- und Knieoperationen. Nach der ersten OP riet ihr der Arzt dringend, einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen.

Sie hat sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt. Sie meinte, sie wäre doch kein Krüppel (konnte nicht mehr normal laufen, hinkte). Für sie war es so, als würden ihr alle ansehen, daß sie einen Schwerbehindertenausweis hat und das war ihr peinlich. Dabei weiß das doch keiner, dem sie das nicht erzählt. Sie hat doch keinen Stempel auf der Stirn...

Nach der 2. OP hat sie dann zugestimmt, den Ausweis zu beantragen. Ihre Familie hat sie davon überzeugt, daß es ihr persönlich Vorteile bringt.

Nach der 3. OP riet man ihr, den Prozentsatz in ihrem Ausweis zu erhöhen. Auch das wollte sie nicht. Sie hatte stets das Gefühl, alle würden dann mit dem Finger auf sie zeigen.

Irgendwann riet man ihr, die Erwerbsminderungsrente zu beantragen. Dagegen hat sie sich dann genauso gewehrt. "Ich bin doch noch jung! Ich bin doch keine Rentnerin! Was sollen denn die anderen sagen?"

Ich bin der Meinung, wenn es Menschen so "peinlich" ist, den Schwerehindertenausweis zu beantragen oder die Rente, dann hat die Gesellschaft mit ihrer Einstellung Kranken, Behinderten und "Früh"-Rentnern gegenüber ("das sind doch alles Schmarotzer und die haben es ja so gut...") eine Menge Einfluß auf den Kranken gehabt.

Es hat mit Sicherheit auch sehr viel damit zu tun, welche Erfahrungen der Kranke in seinem Leben mit diesen Dingen und Einstellungen gemacht hat.

Bei mir waren die Worte "Schwerbehindertenausweis" und "Erwerbsminderungsrente" überhaupt nicht mit negativen Erfahrungen belegt und mir war es nicht im Geringsten "peinlich", die Anträge zu stellen. Mir ging es darum, daß man mir helfen kann, daß ich unterstützt werden, denn immerhin habe ich ja, um diese Dinge beantragen zu können, eine Menge durchgemacht.

Aber: Auch ich denke manchmal, wenn andere, die immer so blöde und "schlau" daherreden, wüßten, wie gut es mir im Moment körperlich geht und daß ich einen Schwerbehindertenausweiß mit 100% habe und die Erwerbsminderungsrente und eine Zusatzrente bekomme, sie würden mit Sicherheit sagen "Was für ein Schmarotzer! Die ruht sich auf unsere Kosten aus!"

Würde mich sehr interessieren, wie ihr darüber denkt.

Viele liebe Grüße
Mosi-Bär
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  #2  
Alt 24.01.2008, 16:54
Benutzerbild von Sternschnuppe07
Sternschnuppe07 Sternschnuppe07 ist offline
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Standard AW: VORHER-NACHHER-Wie geht Ihr mit der Lebensumstellung um

Hallo liebe Mosi,

hm, wie geht man hierzulande mit Kranken und Behinderten um. Ich erinnere mich da an mehrere Erlebnisse. Einmal kam eine ältere Dame mit ihrem Mann in ein Kaufhauscafe. Der Mann saß im Rollstuhl und sie fragten die Bedienung, ob es denn im Cafe oder sonst wo in diesem Kaufhaus, eine behindertengerechte Toilette geben würde. Es gab sie leider nicht, das hatte mich damals sehr erschüttert. Ein weiteres. Eine Mutter kam mit ihrer kleinen Tochter, die auch im Rollstuhl saß in ein Bistro. Die Mutter musste auf das WC, dafür musste sie aber steile Treppen hinabsteigen. Das kleine Mädchen weinte und mir brach es fast das Herz. Es fängt doch mit den scheinbar simplen "Kleinigkeiten" an, das fehlende, behindertengerechte WC bspw. Obwohl das doch eigentlich Vorschrift sein soll, gibt es immer noch viel zu viele Gastronomiebetriebe, die darüber nicht verfügen.

Was die Beantragung eines Schwerbehindertenausweises anbelangt, so befürchte ich schon, dass da nicht wenige Hemmungen haben könnten. Vielleicht, weil sie Angst davor haben, dass sie damit zugeben, das ihre Krankheit endgültig ist? Ich selbst habe auch noch keinen und ich weiß auch nicht, ob ich jemals einen beantragen werde. Vielleicht, weil ich dann denke, dass ich mich mit der Krankheit abfinde, niemals auf endgültige Heilung hoffe und dergleichen. Ja, ich weiß, das klingt nun vielleicht etwas dumm, aber so denke ich derzeit.

liebe Grüße

die Sternschnuppenmanuela
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  #3  
Alt 24.01.2008, 18:07
Mosi-Bär Mosi-Bär ist offline
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Blinzeln AW: VORHER-NACHHER-Wie geht Ihr mit der Lebensumstellung um

Hallo Sternschnuppenmanuela,

der Schwerbehindertenausweis, den wir bekommen, ist zeitlich begrenzt. Er gilt nur ein paar Jahre und wenn wir nicht wieder erkranken, dann müssen wir ihn nach Ablauf wieder zurückgeben.

Das hat mir echt geholfen, denn das bedeutete für mich: ja, ich werde wieder gesund und bis ich wieder ganz gesund bin, kann ich einige Vorteile (vor allem auch steuerlich) mitnehmen. Außerdem denke ich selber nicht groß darüber nach, was der Ausweis in seiner Endgültigkeit bedeuten könnte. Ich setze ihn nicht direkt mit meiner Krankheit in Verbindung, denn nicht die Krankheit führt dazu, daß wir ihn bekommen, sondern die Behandlung und die Folgen der Behandlung (vor allem Chemotherapie) und da haben wir doch alle mit zu kämpfen, oder nicht? Warum nehmen wir dann die Vorteile nicht mit?

Aber das muß wirklich jeder für sich entscheiden.

Liebe Grüße
und einen schönen Abend

Mosi-Bär
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  #4  
Alt 24.01.2008, 18:21
claudi13 claudi13 ist offline
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Standard AW: VORHER-NACHHER-Wie geht Ihr mit der Lebensumstellung um

Hallo, Manuela!

Verstehe Dich gut. Ich habe meinen Ausweis auch erst vor einigen Wochen, über ein Jahr nach meiner Ersterkrankung, beantragt. Ich wollte nicht "behindert" sondern gesund sein!
Aber der Ausweis bringt wirklich auch Vorteile, und wenn Du nicht möchtest, dann lässt Du ihn eben im Schrank.
Meiner wurde übrigens rückwirkend zum Juli 2006 ausgestellt, also kannst Du eingentlich nichts verpassen, wenn Du Dir Zeit lässt.

Liebe Grüße
Claudia
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  #5  
Alt 25.01.2008, 12:31
Benutzerbild von Sternschnuppe07
Sternschnuppe07 Sternschnuppe07 ist offline
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Standard AW: VORHER-NACHHER-Wie geht Ihr mit der Lebensumstellung um

Hallo liebe Mosi, hallo liebe Claudi,

klar, Du hast ja recht Mosi, wenn er zeitlich begrenzt ist, dann hat das nicht so etwas endgültiges.
Ok, ich werde dann vielleicht kommende Woche einmal zu unserem Versorgungsamt stiefeln und schauen, was ich da machen kann.
Wer entscheidet eigentlich darüber, wieviel Prozent man bekommt? Ein Amtsarzt?

Und was braucht man da für Unterlagen? Ein Attest? Oder reichen die Klinikberichte?

liebe Grüße und einen wunderschönen Tag noch

Eure Sternschnuppenmanuela
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  #6  
Alt 25.01.2008, 12:55
claudi13 claudi13 ist offline
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Standard AW: VORHER-NACHHER-Wie geht Ihr mit der Lebensumstellung um

Hallo, Sternschnuppenmanuela!

Den Antrag kann man auf der Homepage vom Versorgungsamt runterladen. Das Ausfüllen ist nicht allzu kompliziert.
Beilgelegt habe ich nur den letzten Entlassungsbrief aus dem Krankenhaus und die Adressen der Krankenhäuser, wo ich behandelt wurde.
Eine Woche später lag der komplett fertig bearbeitete Bescheid mit der Feststellung des Grades der Behinderung im Briefkasten.
Das einzige, was dann noch fehlte, war ein Paßfoto zur Erstellung des Ausweises. Vielleicht kann man das auch schon dem Antrag beilegen, dann hat man einen Postweg gespart.
Nochmal eine Woche später hatte ich meinen Ausweis, gültig bis 2013, mit 80%.
Mal sehen, wer länger hält... der Ausweis oder ich

Hoffe, ich konnte Dir ein bisschen helfen.

Liebe Grüße
Claudia
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  #7  
Alt 25.01.2008, 13:02
Chrimage Chrimage ist offline
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Beiträge: 39
Standard AW: VORHER-NACHHER-Wie geht Ihr mit der Lebensumstellung um

Hallo, Sternschnuppenmanuela,
ich habe gleich nach der OP Anfang letzten Jahres den Ausweis beantragt und lediglich den Klinikbericht mitgeschickt. Dabei ist eine 100 %tige Schwerbehinderung herausgekommen bis zum Jahr 2015 (was mich doch zunächst erschreckt hat!). Meinen Ausweis habe ich mehrfach gezeigt, um verbilligt kulturelle Angebote zu nutzen. Ich finde, wenn ich schon Anspruch auf diesen Ausweis wegen dieser Erkrankung habe, kann ich das auch für mich ausnutzen! Das ist ein Teil des NACHHER, der ausnahmsweise mal Vorteile bringt!
Du kannst ja auch, wenn du den Ausweis hast, selber entscheiden, wie du ihn nutzt!
Eigentlich hätte ich auch wegen der Schwerbehinderung vermindert arbeiten können, da hat es meine Behörde aber vorgezogen, mich demnächst in den vorzeitigen Ruhestand zu schicken!
Liebe Grüße
Chris
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  #8  
Alt 25.01.2008, 15:27
Mosi-Bär Mosi-Bär ist offline
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Blinzeln AW: VORHER-NACHHER-Wie geht Ihr mit der Lebensumstellung um

Hallo Sternschnuppenmanuela,

ich habe meinen Antrag damals im KH kurz nach der Diagnose zusammen mit der Sozialarbeiterin gestellt. JA, man kann das Foto gleich beim Antrag mitschicken, habe ich aber nicht gewußt, mußte ich dann noch hinterher schicken, da wußte ich dann aber schon, daß ich 100% bekomme bis Ende Juni 2011 und Beginn war dann der 19. April 2006, der Tag, an dem ich meine erste Chemo bekam (bin ja nicht als erstes operiert worden).

Ich habe den Ausweis auch schon häufig für kulturelle Angebote benutzt, z. B. im Zoo, beim Fußball, sogar auf der Kirmes. Und einen Steuervorteil hat man auch noch.

Nur die Krankenhausberichte (Adressen von KH und behandelndem Arzt muß man angeben) haben ausgereicht, kein Besuch beim Amtsarzt oder so. Also, keine Angst.

Liebe Grüße
Mosi-Bär
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