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  #1  
Alt 31.10.2007, 21:14
Titanka Titanka ist offline
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Registriert seit: 26.08.2007
Beiträge: 6
Standard Wann hört es auf weh zu tun?

Wann hört es auf weh zu tun?

Mein Vater ist am 28.08.2007 an Idiopathische Myelofibrose verstorben. Er wurde 68 Jahre.

Er hat die Diagnose letztes Jahr im Mai erhalten. Zu dem Zeitpunkt haben uns die Ärzte gesagt, dass wäre aber nicht schlimm. Er sollte Tabletten nehmen und dann kann er damit leben. Es ging auch erst ganz gut damit. Er hat über 30 Jahre Karate gemacht, und auch zu diesem Zeitpunkt war er immer noch für sein Alter sehr sportlich, zwar mehr als Trainer aber trotzdem. Es fing dann an, dass er im Herbst immer lustloser wurde, er sagte das Training regelmäßig ab und ging auch nicht mehr zu seinem wöchentlichen Fußball spielen. Als er dann im Dezember 06 zu seinem Hämathologen ging, sagte dieser er müsste eine Blutübertragung bekommen, weil seine Blutwerte so schlecht sind. Es ging dann auch wieder, doch im Januar 07 waren die Werte wieder so schlecht und so ging das eine Zeitlang regelmäßig. Als er fragte, was man denn anders machen könnte als diese Blutübertragung, sagte der Arzt "NICHTS", da er für eine Stammzellentherapie zu alt ist und er die weiteren Behandlungen (Chemo usw) nicht überleben würde. Boom, das saß. Auch in einer Uniklinik wurde ihm keine Hoffnung gemacht, er hätte noch 1-2 Jahre zu leben. Mein Vater bekam dann ab Mai 07 einmal die Woche eine Blutübertragung. Er wurde immer schwächer und auch lustloser, so kannte ich meinen Vater nicht. Er blieb den ganzen Tag im Bett und grübelte. Seinen Sport hat er komplett aufgegeben und wollte auch nichts mehr davon hören.
Es wurde immer schlimmer. Er kam jetzt regelmäßig ins Krankenhaus, da seine Blutwerte so schlecht waren. Im Juli hatten meine Eltern dann ein Gespräch mit dem Arzt, indem man ihnen mitteilte, dass es keine Hoffnung mehr gibt und mein Vater solle doch in ein Hospitz. Hallo geht´s noch. Er lehnte dies auch ab.
Im August, ich hatte meinen Sommerurlaub, kam er direkt an meinem ersten Urlaubstag ins Krankenhaus. Dort blieb er eine Woche. In dieser Woche sagten uns die Ärzte, es geht nicht mehr (er bekam bereits 2x die Woche eine Blutübertragung), sie können nichts mehr für ihn machen. Er müsse in ein Hospitz. Doch dies lehnt mein Vater wieder ab. Er wurde am Freitag entlassen. Am Montag musste er zur Blutabnahme ins Krankenhaus und dort wollten sie ihn nicht mehr behandeln. Daraufhin sagte mein Vater er will ins Hospitz. Es hätte ja kein Sinn mehr. Welche Perspektive hätte er denn noch. Als wir (meine Mutter, mein Bruder und ich) nachmittags ins Krankenhaus gekommen sind, war er nur noch am heulen und war so glücklich, dass wir noch mal gekommen sind und er seine Lieben um sich hat. Das war so schrecklich. Ich habe meinen Vater fast noch nie weinen sehen.
Am nächsten Tag wurde er gegen 14.00 Uhr abgeholt und ins Hospitz gebracht. Wir waren den ganzen Tag bei ihm. So gegen 17.00 Uhr sagte er, wir sollten doch nach Hause fahren. Es ginge ihm einigermaßen gut. Er schlief halt viel, aber bei den Blutwerten war das auch klar. Meine Mutter wollte erst bei ihm bleiben, aber er sagte, dass brauchte sie nicht. Also fuhren wir. Es war kurz vor 23.00 Uhr, als meine Mutter mich anrief und sagte, wir müssen zu Papa es ginge ihm ganz schlecht. Als wir um halb zwölf ankamen, war er nur noch im Dämmerzustand, da man ihm sehr viel zur Beruhrigung geben hat. Wir sind an sein Bett, meine Mutter küsste ihn immer und ich streichelte seinen Arm. Er atmete ganz komisch, machte beim ausatmen so komische Geräusche. Dummerweise mußte ich ganz nötig auf Toilette und bin kurz aus dem Raum gegangen. Als ich wieder kam, war er tot. Er lag aber da, als schliefe er.
Die Schwester sagte nachher zu meinem Bruder und mir, dass mein Vater richtig panisch war und geschrien hat, man solle ihm was geben, dass es schneller geht. Ich frage mich jetzt nach zwei Monaten, wie sehr hat er wirklich gelitten, was hat er gefühlt, hat er gemerkt, dass wir bei ihm waren. Es gehen mir so viele Fragen durch den Kopf, und keiner kann sie mir beantworten. Es wird für mich irgendwie jetzt immer schlimmer. Wann hört das auf??

Geändert von Titanka (01.11.2007 um 19:08 Uhr)
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  #2  
Alt 01.11.2007, 02:11
Benutzerbild von Bienchen4711
Bienchen4711 Bienchen4711 ist offline
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Registriert seit: 18.09.2007
Ort: Köln
Beiträge: 3
Standard AW: Wann hört es auf weh zu tun?

HAllo meine Liebe,

ich nehme Dich erst einmal ganz lieb in die Arme und drücke Dich feste.

Ich kann Dich so gut verstehen, auch ich mußte meinen pflege. Leider konnte ich in seiner Todesstunde nicht bei ihm sein, und glaube mir, dass nagt immer noch an mir. ( er starb a.9.April 2000 um 11Uhr54 )

Ich stand schon im Mantel, um zu nihm zu fahren wie jeden Tag, als der Anruf kam.

DA er wie ein wahnsinniger gekämpft hatte, waren meine ersten Worte am Tel.: " Danke Lieber Gott, er hat es geschafft ". Die Krankenschwester fragte mich, ob es mir gut ginge....

Lass Deinem Schmerz freien Lauf, schreie, weine, tobe, es wird Dir gut tun.
Deinem Dad gehts jetzt auf jeden FAll besser, er hat seine schwerste Hürde genommen.Ich weiß, Du vermisst ihn, der Schmerz bleibt immer, aber irgendwann wird es auch wieder besser werden. Ich weiß, dass das abgedroschen klingt, ist aber so.

Schau Dir ruhig alte Bilder aus glücklichen Zeiten an, rede mit Deiner Mam über lustige Situationen, die ihr zusammen gehabt habt.

Ich denke ganz lieb an Dich und ich verstehe Dich
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  #3  
Alt 02.11.2007, 22:06
Sabitz Sabitz ist offline
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Registriert seit: 19.02.2007
Beiträge: 150
Standard AW: Wann hört es auf weh zu tun?

Liebe Titanka,

mein Beileid zu Deinem schweren Verlust. Alle Worte sind zuviel und wirklich helfen kann erstmal nichts. Ich weiß wie es sich anfühlt.
Mein Vater war auch erst 68 Jahre als er uns im Septemer letzten Jahres für immer verließ.
Was soll ich Dir sagen, es wird noch sehr lange weh tun und auch immer wieder, da ist ein Jahr danach auch nicht alles wieder anders. Aber Du wirst ganz langsam "lernen" mit diesem Schmerz etwas besser umzugehen, zu trauern und trotzdem auch wieder irgendwann zu "leben"!
Glaube mir es gibt wieder "bessere" Tage, aber es ist anders als "davor".
Jeder geht auch anders mit der Trauer um. Auch Du wirst für Dich persönlich Deinen Weg finden. Jedoch wir können nicht davor davonlaufen, sie wird uns immer wieder einholen.
Ich meine, dass es auch bei mir immer wieder noch schwere "Einbrüche" gibt.
Ich habe meinen Vater so wie Du auch sehr geliebt.
Auch ich sah meinen Vater nie wirklich weinen und eine einzige Träne in seinem Auge an einem seiner letzten Tage hat mich vor Schmerz fast umgebracht. Selbst jetzt tut der Gedanke daran sehr weh!

Ich umarme Dich und wünsche Dir viel Kraft!
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  #4  
Alt 07.11.2007, 20:32
Titanka Titanka ist offline
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Registriert seit: 26.08.2007
Beiträge: 6
Standard AW: Wann hört es auf weh zu tun?

Danke für die lieben Worten.
An manchen Tagen geht es auch. Aber dann kommen plötzlich soviele Gedanken.
Was hat er gefühlt als er wußte, dass er nur noch ein paar Tage zu leben hat?
Hatte er Schmerzen und wenn, wie stark waren sie?
Hat er gespürt, dass wir bei ihm waren?
Und wie geht es ihm jetzt, da wo er auch immer sein mag?

Ich kann ganz schlecht über meine Trauer mit anderen sprechen. Ich meine immer, ich muß stark sein. Ich möchte auch meine Umgebung nicht belasten mit meinem Schmerz. Ich habe einfach Angst, wenn ich rede, dann höre ich nicht mehr auf zu weinen.

Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu meiner Mutter, trotzdem möchte ich ihr nicht zur Last fallen, da ich selber eine Nervenkrankheit (MS) habe, möchte ich nicht, dass sie sich sorgen macht, dass das bei mir wieder ein Schub los löst.

Ach ich weiß auch nicht, was ich machen soll.
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  #5  
Alt 07.11.2007, 21:10
wölkchen
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard AW: Wann hört es auf weh zu tun?

Hallo liebe Titanka!

Fühl dich erstmal ganz lieb gedrückt

Das mit dem "stark sein", ja, das ist so eine Sache...ich dachte auch immer, ich muss. Und nochmal und weiter und am Schluss nochmal stark sein-am besten für alle andern. Bis ich dann selbst daran zerbrochen bin und mein Körper mir deutlich sagte: "Und hier ist schluss! Du und ich, wir können nicht mehr!" Titanka, ich wünsch dir so sehr dass du es schaffst, auf dich, deinen Körper und dein Seelchen aufzupassen. Noch dazu wo du selbst eine Krankheit hast, die für dich selbst sehr viel Stärke und Kraft abverlangt.
Klar kann ich verstehen, dass man seine Mutter nicht "noch mehr" belasten will.Uns ging es hier nicht anders...meine Mama hat Krebs, ich hab irgendwann aufgehört zu erzählen wies mir geht, was ich tue. Krankheitsbedingt gings mir auch nicht sonderlich gut-ich habe aus Angst sie zu belasten nichts erzählt und sie hat einfach alles gespürt! Mamas eben. Die spüren wies ihren Kindern geht! Wir haben uns ziemlich von einander weg bewegt, was sehr schade war. Und an irgendeinem Abend saßen wir zusammen und haben gewusst, heute wird geredet. -Es war so unglaublich gut...wir haben viel geweint, auch gelacht, waren ganz ernst...und heute reden wir wieder wie zuvor. Ohne Geheimnisse, über Gefühle, Begebenheiten (und das Wetter natürlich ). Das erleichtert wirklich einiges, es verbindet und macht stark.
Ich wünsch dir so sehr, dass du auch den Weg zu deiner Mama findest. Sie durchlebt sicher den gleichen Schmerz-und hat vielleicht aus dem gleichen Grund wie du Angst davor, dir das zu zeigen.
Weißt du, Trauer ist etwas, dass muss meiner Meinung nach erstmal nur raus. Das Gefühl ist so intensiv, Tränen sind da so wichtig...verweiger dir das nicht

Ich wünsch dir alles alles Liebe und jede Menge Kraft, Mut und Liebe für die nächste Zeit.

Wölkchen

Titanka, ich glaube fest daran, dass dein Papa gespürt hat dass ihr bei ihm ward. Denn du sagst er sah aus, als würde er schlafen. Seine Panik war vielleicht die Angst, die Ungewissheit-und mit eurem Dasein habt ihr ihn beruhigt.

Geändert von wölkchen (07.11.2007 um 21:13 Uhr)
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  #6  
Alt 08.11.2007, 23:05
Kirstie Kirstie ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 15.07.2007
Beiträge: 112
Standard AW: Wann hört es auf weh zu tun?

Hallo liebe Titanka,

meine aufrichtige Anteilnahme, es tut mir wirklich unendlich leid von Deinem Schicksal zu lesen - denn auch ich habe meinen Pa verloren und denke, daß ich in einigen Momenten sehr nachempfinden kann, wie es Dir geht! Versuche auf jeden Fall irgendwann damit anzufangen, daß es nichts ändert, wenn Du Dich quälst mit Fragen, die keine Antwort erhalten können .... selbst wenn Antworten kämen, würde es Dich doch nicht beruhigen, denn der Mensch, den Du liebst, ist dennoch nicht zurück... Nur, solange Du wütend, traurig, verzweifelt bist, schließe ich mich Wölkchen vollens an und meine das, was ich selbst lebte und lebe: rauslassen!!!

Liebes Wölkchen, danke für Deine Zeilen hier. Du hast mir auf eine Art und Weise Mut gemacht... Denn zwischen meiner Ma und mir scheint auch irgendwie so einiges unausgesprochen zu sein, was sich wohl besser anfühlt, würden wir es miteinander teilen... Ich weiß noch nicht so recht, wie ich es angehen werden, aber das es mir und auch ihr gut tun wird, macht reden miteinander unumgänglich... Das wird dieses Jahr das erste Weihnachten ohne meinen Pa... am 17.11. hat meine Ma zudem Geburtstag... Etwas mulmig wird mir dabei schon, auch wenn ich mit meiner Schwester alles dran setze, daß wir drei trotzdem ein paar nette Stunden haben werden. ... aber in manchen Momenten ist mir gar nicht so nach STARK SEIN und ich würde viel lieber wollen, daß jeder von uns sich mal so richtig "Luft" macht - einfach zusammen traurig sein... damit wir uns eben nicht nur denken können, daß der andere einen versteht, weil es ihm ähnlich geht; sondern es auch spüren!

Ich wünsche Dir und Deiner Ma, daß ihr zwei weiter für einander so da seid und alles Liebe von hier, Gruß - Kirstie.
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