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  #1  
Alt 30.08.2007, 10:08
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hope38 hope38 ist offline
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Standard AW: mein Sohn hat Panikattacken

Liebe Nikita!
Ja, das ist das Schlimmste an dieser Krankheit. Ich beschreibe sie immer als Tsunami, der mich traf, dessen unglaubliche Wellen aber auch viele Menschen um mich herum aus der Bahn rissen...
Ja, ich habe 6 Kinder. Und mein Mutterherz ist manchmal soooo wahnsinnig traurig, so verzweifelt... Dann kann ich meiner kleinen "Prinzessin" (2) nicht mal beim Tanzen im Ballettkleidchen mit hochgesteckten Haaren zusehen, ohne daß mich der Schmerz und die Liebe so zerreißen. Ich kann dann kaum atmen...
Ich wünsche Dir, daß Du weiterhin soooo gut drauf (mir fällt kein besseres Wort ein) bleibst, so optimistisch und vor allem gesund und daß Du einen Weg für Euch findest, in dem jeder seine Chance hat, diesen Wahnsinn irgendwie ein wenig zu verstecken, zumindest ein bißchen..

Sei lieb umarmt,
hope
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  #2  
Alt 30.08.2007, 11:24
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nikita1 nikita1 ist offline
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Standard AW: mein Sohn hat Panikattacken

Liebe hope

das Wort "verstecken" ist wahr - ich verdraenge die Krankheit, sozusagen als Selbstschutz und es klappt bis jetzt ganz gut.
Die Familie macht das gleiche - und da ich ja auesserlich nicht krank aussehe , wieder arbeiten gehen werde und auch sonst einigermassen normal lebe, scheint es nicht schwerzufallen.

Doch der Schein truegt - wie man an meinem juengsten Sohn sehen kann.
Wenn die Seele erkrankt, sucht sich der Koeper einen Weg, um die Verzweiflung anzuzeigen.....

Mein anderer Sohn, der in Prag Medizin studiert, kann wohl besser damit umgehen (Jedenfalls kommt es mir so vor). Am Samstag muss er wieder zurueck nach Prag, wir werden uns ein Jahr nicht sehen.
Als ich im Maerz die Diagnose erfuhr, wollte er glatt sein Studium unterbrechen, um mich zu pflegen ! Das habe ich natuerlich nicht zugelassen.
Es ist ein privat zu bezahlendes Studium - ich bezahle es , schon allein deshalb muss ich leben - und arbeiten !
Gestern nacht haben wir stundenlang ueber Arzt-Ethik gesprochen. Ihm kann ich erzaehlen, was sich in der Klinik so abgespielt hat. Sein Schutzschild ist wohl das Medizinstudium. Ich muss immer laecheln, wenn er seine "Arztmiene" aufsetzt und mir ganz sachlich Dinge aus dem KH (mit welchem die Karls Universitaet arbeitet) erzaehlt.
Er will aber spaeter nicht in die Onkologie , er will Kinderchirurg werden.

Jeder hat so seine Strategie, damit umzugehen, dass ich krank bin.
Ich gehe auch relativ sachlich mit der ganzen Geschichte um . Nun hoffe ich, dass die "Glueckspillen" Claudio helfen. Ich bin zwar kein Verfechter solcher Medikamente, aber in diesem Fall ist es wohl ganz gut, wenn er sie nimmt .
__________________
Liebe Grüße
Nikita


Tapferkeit ist die Fähigkeit, von der eigenen Furcht keine Notiz zu nehmen.
George Patton

Geändert von nikita1 (30.08.2007 um 11:32 Uhr)
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  #3  
Alt 30.08.2007, 13:14
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Ylva Ylva ist offline
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Standard AW: mein Sohn hat Panikattacken

Hallo,

ich bin 20 Jahre alt und war 17 als meine Mutter die Diagnose Brustkrebs bekam.
Also auch gerade im "Umbruch",mitten in den Schulabschlussprüfungen, Führerschein etc. - der Schritt in ein neues Leben vom Jugendlichen zum Erwachsenen. Es war in meinen Gedanken immer die Zeit,in der ich all das erreichen konnte wovon ich immer geträumt hatte.
Und dann wurde Mama krank.
Ich habe seit meinem 12 Lebensjahr schon Probleme mit mir selbst, d.h ich verletze mich selbst und habe Depressionen (ich nehme Antidepressiva,und habe die Depressionen ganz gut im Griff) , ich fühle mich schuldig für alles was passiert [ist].

Ich kenne das Verhalten von deinem Sohn nikita1 , von mir. Ich hatte auch nie koerperliche Beschwerden,seit der Erkrankung meiner Ma habe ich sie und die Ärzte finden nichts. Vielleicht ist es Selbstschutz? Vielleicht ist es die Angst?

Ich glaube es ist schwer,die richtige Basis zu finden.
Ich möchte das meine Mutter mir alles erzählt,ich will alles wissen und zwar die Wahrheit oft habe ich das Gefühl sie tut es nicht und das halte ich kaum aus. Ich arbeite in der Pflege und habe daher auch ein bisschen Fachwissen so dass ich das auch ein bisschen einschätzen kann. Das kann von Vorteil sein...,aber nicht immer.

Es ist die Angst,die mich zerfrisst,die Angst um Mama,um mich,um unsre Familie. Mit wem sollen wir darüber sprechen ? Freunde in unserem Alter haben dafür wenig Verstaendnis,die Familie und gerade die Betroffene wollen wir nicht belasten.

auch wenn wir das oft nicht zeigen,aber ich fuer meinen Teil denke taeglich daran das Mama Krebs hat.

Du schreibst dein Sohn nimmt keine Dorgen und verletzt sich auch nicht selbst. ich glaube dir das,aber achte auf ihn. Ich kenne die Verzweiflung und weiss,wie man sich Erleichterung schaffen will.

alles,alles Gute euch allen!
Y.
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  #4  
Alt 30.08.2007, 13:38
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nikita1 nikita1 ist offline
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Standard AW: mein Sohn hat Panikattacken

Liebe Ylva

danke, dass du hier meinem Thread deine Gedanken und Gefuehle als Kind dargestellt hast - so kann ich meinen Sohn besser verstehen.
Die Angst frisst die Seele auf und es ist nicht nur die Liebe zum Kranken, sondern auch die Angst, was wird, denn mit 17 sollte man eigentlich andere Probleme haben, wie Liebeskummer oder Wut wegen einer schlechten Note.

Das unbeschwerte Dasein des Seins hat sich in Luft aufgeloest, wenn die Mama ihre Papiere ordnet, Kontonummern rausgibt und sonst alles organisiert, fuer den Notfall.

Sich selbst verletzen oder Drogen nehmen - das macht er nicht - sein Koerper reagiert mit dem nicht atmen koennen auf all den Stress, den er durchmacht.
Dazu hat er sich vor drei Monaten entschlossen, Vegetarier zu sein und zieht das auch konsequent durch. Er ist phsychisch sehr stabil , nur dass eben die Seele und der Koerper angesichts der Angst im Unterbewusstsein rebelliert.
Ich war eigentlich immer ganz erleichtert, wie er alles wegsteckte - aber wie gesagt, ganz so leicht scheint es doch nicht fuer ihn zu sein - sonst haette er ja nicht diese Panikattacken.

Jeder findet wohl ein anderes "Ventil", um den Schmerz zu veraerbeiten.
Hast du schon Hilfe gesucht/angenommen, was die Selbstverletzungen betrifft ? Ich koennte mich nicht selbst verletzen, dazu habe ich viel zu viel Angst vor Schmerzen, selbst eine harmlose Spritze im KH laesst mir die Haare zu Berge stehen.
Es gibt Dinge im Leben, mit denen man fertig werden muss, manchmal "gegen sich selbst" .
Man lebt nur einmal, und sollte das beste draus machen , seit meiner Krebserkrankung ist es mir wieder einmal mehr bewusst geworden. Mit Claudio werde ich sprechen, wenn er aus den Ferien kommt und werde versuchen, wenn ich dann wieder arbeite, dass Normalitaet in unser Leben einkehrt . Leicht wird das nicht, denn die Krankheit verfluechtigt sich nicht so einfach, aber versuchen muss man es.

__________________
Liebe Grüße
Nikita


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George Patton

Geändert von nikita1 (30.08.2007 um 13:52 Uhr)
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  #5  
Alt 30.08.2007, 14:00
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Ylva Ylva ist offline
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Standard AW: mein Sohn hat Panikattacken

Liebe Nikita,

ich glaube einfach,dass die Kinder von Betroffenen über die Angst nicht reden können und sich somit Ventile zum ablassen der Angst suchen. Man ist hilflos,weil das starke Elternteil,dass sich um alles gekümmert hat,dass immer da war um Halt zu geben plötzlich all das nicht mehr macht. Plötzlich ist man "erwachsen" muss stark sein,weil man stützen möchte...und nebenbei hat man all die alltäglichen Sorgen,Nöte und Freuden die man in diesem Alter eben hat.
Seit der Erkrankung meiner Mutti hat sich mein ganzes Leben verändert,ich habe mich verändert. Ich denke und fühle anders und lebe auch anders. Ich bin ernster geworden und nachdenklicher. Und stärker obwohl ich schwach bin.
Inzwischen ist meine Angst nicht mehr soo schlimm wie in der akuten Phase. Aber immerda. Vorallem eben vor den Nachsorgeuntersuchungen. Und gegen die Angst ist man machtlos. Für Kinder ist es das schlimmste was es gibt,mit ansehen zu müssen wie das Elternteil leidet. Und ich habe meine Mama erlebt,während der Chemo,der OP,der Tag als sie die Diagnose bekam war der schlimmste,dachte ich und dann wurde es immer schlimmer.
Plötzlich musste ich meiner Mama Halt geben. Von einem auf den anderen Tag.

Ich finde auch,dass es zuwenig Hilfe für Kinder von Betroffenen gibt. Vielleicht bin ich nicht ausreichend informiert,aber bisher habe ich nur von Hilfe für Mütter mit kleinen Kindern gehört. Klar gibt es Psychologen die darauf spezialisiert sind aber ich habe damals eigentlich etwas anderes gebraucht. Kontakt zu Kindern/Jugendlichen denen es genaus geht um sich auszutauschen,dazu eine gute Betreuung und mal ein anderes Umfeld. Vielleicht gibt es das ja in großen Städten?! Bei uns nicht.

Alles Gute
Y
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  #6  
Alt 30.08.2007, 14:14
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Standard AW: mein Sohn hat Panikattacken

Liebe Ylva

ja, so ist es : die Eltern sind dazu da, die Kinder zu unterstuetzen - und nicht umgekehrt.
Es geht an die Substanz, wenn man von einem Tag zum anderen aus der Sorglosigkeit des Seins gerissen wird, ploetzlich sind alle Dinge wie Schule, die erste Liebe und Hobbys, alles, was das unbeschwerte Leben bis dahin ausgfuellt hat - voellig bedeutungslos geworden.
Doch ich will mich den Fakten nicht so einfach beugen. Jeder Mensch ist mal krank und immer nur daran zu denken, was wird, wenn ... hat auch keinen Zweck !
So denke ich und will versuchen, es auch Claudio zu vermitteln.
Zumal die Aerzte ganze Arbeit geleistet haben, ich wurde kurativ behandelt, nicht palliativ.

Wenn ich ohne Furcht in die Zukunft schaue, wird es Claudio auch tun (hoffe ich mal)
Was das aussprechen betrifft, so weiss ich dass er im Net hat er einen grossen Freundeskreis hat, wo er Hilfe findet. Dort spricht/schreibt er sich vieles von der Seele, Dinge, die er mit mir nicht bespricht.

Ich wuerde ihm so gern diese Last nehmen, aber wenn ich auch vieles kann - das kann ich nicht.
__________________
Liebe Grüße
Nikita


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George Patton
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  #7  
Alt 12.09.2007, 13:03
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Standard AW: mein Sohn hat Panikattacken

Neuster Stand:
Nun nimmt er also Prozac - soll so eine Glueckspille sein, die man vor allem in Amerika den Kindern schon im Schulalter verschreibt....
Damit ist er selig... dazu habe ich ihm ein Fahrrad gekauft, um sozusagen den Teufel mit dem Beezelbub auszutreiben :
Die Aerzte haben an der Lunge nichts gefunden, nun wollen sie das Herz naeher untersuchen, obwohl das EKG in Ordnung war.
Seit er jedoch auf seinem Fahrrad rumkurft und Prozac nimmt, haben die Beklemmungen nachgelassen.
Mir geht es ja bis jetzt weiterhin sehr gut, wer nichts von meiner Erkrankung weiss, sieht es mir auch nicht an.
Die lieben Bekannten helfen allerdings auch nicht weiter, so traf mein Sohn diese Woche eine Bekannte im Buchgeschaeft. Die stuerzte auf ihn zu und fragte , ob es wahr sein, dass die Mama eine toedliche Krankheit haette - und im Sterben liegen wuerde. - Claudio meinte nur trocken, dass die Mama quicklebendig sei, kam aber ganz aufgewuhlt nach Hause und erzaehlte vom Gespraech.
Es gibt wirklich so was von unsensiblen Leuten !
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Liebe Grüße
Nikita


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