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  #1  
Alt 21.02.2007, 17:16
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berndanett berndanett ist offline
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Standard AW: dinge, die mir angesichts des sterbeprozesses nicht aus dem kopf gehen

Hallo Steff,
ich kann dich gut verstehen denn auch mir gehen die letzten Tage wo meine Frau noch gelebt hat nicht mehr aus dem Kopf, ab Freitag war das Morphium so hoch dosiert das sie nicht mehr Wach geworden ist. Freitag morgen und auch Mittags hatte ich sie noch am Telefon aber sie war zu schwach um ich mit mir zu unterhalten, sie war abgemagert innerhab von wenigen Wochen, ein Ohr war wundgelegen und diese Bilder gehen mir nicht mehr aus dem Kopf.
Ihre Brüder, Schwester unser Sohn und ich waren rund um die Uhr ab Freitag bei ihr, ich habe ihr vieles gesagt, das wenn sie keine Kraft mehr hat könnte ich verstehen, denn 2005 und auch 2006 nach meinem Herzinfarkt hat sie alleine unseren Salon geschmissen. Ihre Schwester sagte, immer wenn ich ins Zimmer kam wurde Anette ruhig also muss sie meine Anwesenheit gespürt haben.
Am letzten Abend fuhr meine Sohn und ihre Schwester mit mir nach Hause es war 01:30 die beiden wollten ihre Brüder am nächsten Morgen ablösen, Ihre Füße waren eiskalt und wir haben sie mit zusätzlichen Decken zu Wärmen versucht, heute weiß ich es hätte nichts gebracht, es war die kälte des Todes der nach ihr gegriffen hat.
Am nächsten Morgen rief einer ihrer Brüder im Geschäft an und sagte sei ganz ruhig aber bitte komme, mir war klar das meine liebe Frau nicht mehr unter uns war. Als wir im K-haus waren war sie nicht mehr, sie hatte den Kampf verloren.
Selbst am letzten Abend als ich sie verlassen habe glaubte ich immer noch an ein Wunder, aber es gab leider keins, es war der Kampf gegen die Windmühlen wir hatten zu keiner Zeit eine Chance. Hatte ein Zeit ein schlechtes Gewissen das ich nicht bei Ihr war als sie den Weg gehen musste aber ich weiß nicht ob sie es gewollt hätte.
Ich hoffe dir etwas mit dem was ich geschrieben habe dir zu helfen, es ist das erste mal das ich darüber schreibe und es fällt mir nicht leicht, obwohl es fast fünf Monate her ist, aber was sind fünf Monate zu 27 Jahren, seit alle ganz fest gedrückt ein lieber Gruß von mir Bernd.
__________________
es gibt nicht nur ansteckende Krankheit sondern auch ansteckende Gesundheit.

Geändert von berndanett (22.02.2007 um 14:41 Uhr)
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  #2  
Alt 22.02.2007, 07:30
antje s. antje s. ist offline
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Standard AW: dinge, die mir angesichts des sterbeprozesses nicht aus dem kopf gehen

Hallo Steff,

auch mir gehen die letzen Wochen, Tage, Stunden, Minuten nicht mehr aus dem Kopf.
Mein Mann lag seit 2 Monaten im Krankenhaus, vorrangig nicht w/Leukämie, sondern den Begleiterscheinungen Wasser in Herz und Lunge, Lungenentzündung etc. Als er diese schweren Wochen überstanden hatte, wurde uns gesagt, daß nun schnellstens eine Knochenmarkstransplantation angegangen werden musste. Trotz geringer Chancen wurde ein passender Spender gefunden und eine Chemotherapie eingeleitet. Hierfür war mein Mann noch einmal 10 Tage zu Hause, um Kraft - sowohl psychisch als auch pysisch - zu tanken. Er hatte unglaubliche Angst vor dem Tod und davor, unser Zuhause nie wieder zu sehen. Er hat allerdings mit mir nur wenig darüber geredet, denn ich war nicht bereit dazu. Ich wollte darüber nicht nachdenken, denn es durfte ja nicht sein. Das bereue ich heute zutiefst. Ich habe das Gefühl, in in seiner Angst alleine gelassen zu haben.
Er war also wieder im Krankenhaus. Erste Woche Chemo gut, zweite Woche der Chemophase ok, dritte Woche wurde schlechter. Er konnte immer schlechter atmen, hat wieder Sauerstoff bekommen.
(Ich brauche nicht zu erwähnen, daß ich jeden Tag nach der Arbeit mehrere Stunden bei ihm war.)
An dem Sonntag konnte er nur noch aufrecht sitzen, im Liegen bekam er keine Luft mehr. Er konnte kaum einen Satz zu Ende reden und hat mich nach 2 Stunden nach Hause geschickt - sehr untypisch, denn eigentlich versuchte er immer noch ein paar gemeinsame Minuten "herauszuschlagen". Die Ärztin sagte mir damals, daß sie ihn ev. wieder auf die Intensivstation verlegen wollten, da dort die Betreuung sehr viel besser sei und sie innerhalb von Minuten überlegen könnten, ihn zu intubieren.
Uns beiden war das sehr recht. Wir kannten die Intensivstation zu gut und fühlten uns in guten Händen.
Ich fuhr also nach Hause, war mit zwei Freundinnen eine Pizza essen (das erste Warme seit Wochen) und telefonierte nochmal mit meinem Mann (das letzte Mal!). gegen 21 Uhr rief mich die Ärztin der Normalstation an, daß sie meinen Mann jetzt verlegt hätten. Worauf ich dann in der Intensivstation anrief und meinen Mann fragen ließ, ob ich kommen sollte.
Ich hörte, wie er im Hintergrund sagte, daß es nicht nötig sei (das war das letzte Mal, daß ich seine Stimme hörte). Am nächsten Morgen rief ich ab 8 Uhr halbstündig an, konnte aber niemanden erreichen. Erst um 12 Uhr sprach ich mit dem Arzt, der sagte, daß es keine Veränderung gab und ich ab 14 Uhr zur offiziellen Besuchszeit kommen könnte.
Als ich um halb zwei dort war, war mein Mann schon intubiert und ins künstliche Koma gelegt worden.
Hier habe ich erfahren, daß er eine schwere Infektion hätte und die Möglichkeit bestünde, daß er diese nicht überlebt. Das war das erste Mal, daß mir sein möglicher Tod tatsächlich bewusst wurde. Ich habe seine und meine Familie informiert (sein Vater war damals in Frankreich und flog am gleichen Abend zurück zu uns).
Sicherlich habe ich dann fast ununterbrochen an seinem Bett gesessen, mit ihm geredet, ihn gehalten und gestreichelt. Und ich bin sicher, daß er mich gehört und gespürt hat, denn er hat zusammen mit mir geweint. Aber ich werde mir nie verzeihen können (selbst wenn er es tut), daß ich nicht bei ihm war, als er die größte Angst hatte.
Am Dienstag spätabends haben wir erfahren, daß es sich um eine schwere Pilzinfektion handelt und daß die Chancen sehr schlecht seien. Am Mittwoch dann die Mitteilung, daß wir entscheiden müssten, ob weitere Maßnahmen eingeleitet werden sollten (die Niere arbeitete nicht mehr. Dialyse???), allerdings ist die Prognose mehr als ausssichtslos. Selbst wenn ein Wunder geschehen sollte, würde er das wohl nicht ohne Folgeschäden überleben. Eine weitere Behandlung der Leukämie wäre undenkbar.
Ich habe also bei ihm gesessen - Tag und Nacht - habe ihn dann nicht mehr aus den Augen gelassen.
Es war immer jemand bei mir - meine Eltern, meine Brüder sind abwechselnd angereist, seine Eltern und Geschwister. In den Nächten hat seine Schwester viele Stunden mit uns verbracht. Wir haben uns schon immer gut verstanden, aber diese Nächte haben uns noch mehr zusammen geschweißt. Donnerstag nacht war es irgendwie anders. Ich kann es nicht erklären, aber seine Herzfrequenz hatte sich verändert, die Stimmung, seine Mimik. Ich habe dann gegen halb 2 Uhr die gesamte Familie verständigen lassen. Sie waren alle um 2 Uhr da und danach dauerte es noch eine Stunde bis er uns verlassen hatte. Ich hatte meine Hand auf sein Herz gelegt bis es nicht mehr schlug.
Sicherlich hatte ich Zeit, mich zu verabschieden und ich habe alles gesagt, was mir auf der Seele brannte. Aber wir haben uns gegenseitig nicht verabschieden können. Und das begleitet mich heute noch und wird mich immer begleiten!
Es hört sich blöd und schrecklich an, aber ich beneide alle von uns, die wirklich alles noch aussprechen konnten. (Und ich wünsche es jedem, der in eine solche Situation kommen muß.)

Antje
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  #3  
Alt 22.02.2007, 10:47
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oblivion oblivion ist offline
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Standard AW: dinge, die mir angesichts des sterbeprozesses nicht aus dem kopf gehen

Hallo Steff

Habe schon gestern überlegt ob und wenn ja was ich hier reinschreibe.

Erstmal ich bin Altenpflegerin,habe also da auch genug Erfahrung gemacht mit den "letzten Anzeichen".

Es ist fast immer so daß es ein letztes "Aufbäumen" gibt,also man denkt es geht dem Menschen besser sie scheinen sich zu erholen.(Irgenwie blöd ausgedrückt).
Stunden vor dem Tod kühlt der Körper meist sehr stark aus ,sie fühlen sich so kalt an.Ihre Haut sieht kurz vorm Ende bläulich mamoriert aus.

Ich habe meine Eltern und 2 Schwägerinnen und meinen Sohn an dieser verfluchten Krankheit verloren.

Mein Sohn ist im Nov.05,nur 3 Monate nach Diagnosestellung (Hirntumor) mit 17 Jahren verstorben.
Wir saßen 1 1/2 Tage ununterbrochen an seinem Bett auf der Intensivstation.In der Nacht vor seinem Tod sah er uns alle an und sagte lächelnd:was macht ihr alle hier. Er konnte vorher 2 Monate nicht mehr sprechen weil er eine Trachenalkanüle im Hals hatte und sein Sprachzentrum laut Ärzten zerstört wäre.
Am letzen Tag seines Lebens brauchte er Morphium und schlief nur.Er wurde ganz kalt,vorher hatte er sich nur mit einem Bettbezug zugedeckt weil ihm so warm auf der Intensiv war,jetzt halfen nicht mal eine Woll- und 2 Bettdecken um ihn zu wärmen.
Am Nachmittag des 2 Nov. (sein Todestag),bekam seine Haut diese mir bekannte bläuliche mamorierte Färbung.Ich bin erst mal raus eine Rauchen gegangen und hab geheult wie ein Schloßhund.

Ich dachte nur noch Bitte laß es schnell gehen laß ihn nicht leiden.
Was für eine Schei..situation,ich oder besser wir sein ältester Bruder seine Schwester sein Papa und sein Onkel warteten auf seinen Tod.

Er ist um 23 Uhr ohne nochmal aufzuwachen eingeschlafen.
Er hatte ein leichtes Lächeln im Gesicht.

Wir haben ihn am Tag vor seinem Tod als er noch ansprechbar war gesagt er soll es sich nicht so schwer machen und wir lassen ihn los um vorzugehen.Das war der schwerste Satz den ich je in meinem Leben sagen mußte.

Unser Leben ist nicht mehr wie es war,aber es geht weiter nur anders.

Ein dickes Kraftpaket und eine liebe Umarmung sendet Euch allen
Elke
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  #4  
Alt 23.02.2007, 00:06
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carola1972 carola1972 ist offline
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Standard AW: dinge, die mir angesichts des sterbeprozesses nicht aus dem kopf gehen

Auch ich weiß, wie hart die Zeit des Sterbeprozesses ist. Ich habe meinen Vater intensiv seit dem Spätsommer 2006 täglich betreut und gepflegt. Mein Vater hat täglich um eine Genesung gebetet. Aber ich bin sicher, er wußte ganz genau, dass der Tag X nicht mehr weit entfernt ist.

Im November ist er zum letzten Mal ins Krankenhaus gekommen. Mein Vater hatte 40 Fieber und eine starke Lungenentzündung bekommen. Der behandelnde Arzt meinte, dass es sich nur noch um Tage oder Stunden drehen würde. Mein Vater hat aber mit den letzten Reserven die er hatte hart gekämpft.

Wir wurden gefragt, ob Papa im Krankenhaus oder zuhause sterben sollte. Wir alle hatten uns einheitlich für zuhause entschieden. Gott sei Dank, hatten wir alle erdenkliche Hilfe geboten bekommen. Von seiten des Hausarztes, Krankenkasse aber auch vom Pflegedienst, die vier bis fünf mal am Tag gekommen waren. Mein Papa war so unendlich Dankbar. Okay es schämte sich sehr, von seiner Tochter die Windel gewechselt zu bekommen. Für mich war es sicher auch am Anfang unangenehm. Aber ich wußte zu diesem Moment das es richtig war, dies zu tun. Wir alle haben versucht ihm dies letzten Tage bzw. Wochen so schön wie nur möglich zu gestalten. Wir haben ihm alles gebracht was er wollte. Das Weihnachtsfest, was uns klar war, dass es sein letzter sein wird, wurde mit viel Liebe organisiert. Papa hatte immer seinen künstlichen Tannenbaum mit viel Liebe aufgebaut. Ihm war dieser Glanz immer superwichtig. Also haben wir Kinder ihm in diesem Jahr eine echte Nordmanntanne aufgestellt. Dann ging es ans aufbauen. Klar jedes Kind weiß, wie ein Tannenbaum geschmückt wird. Aber nein, ich habe meinen Papa in diese Arbeit mit einbezogen, sodaß er sagte konnte, dass es geholfen hatte. Paps war so stolz...Ohja das war er.

Ab Silvester wurde es kontinuierlich immer schlechter. Papa hatte sich sehr vom Wesen her verändert. Was aufjedenfall auf seinen Hirntumor zurückzuführen ist. Es wurde sehr aggressiv und vorallem fühlte er sich von allen und jedem betrogen. Es war leider zum Schluss so schlimm, sodaß wir ihn Medikamentös ruhig stellen mussten. Es ging leider nicht anders.

Die letzten Tage hat er nur geschlafen. Kurzzeitig war er zwar wach, von den Augen her, aber trotzdem schlief er. Zumindestens hatte ich diesen Eindruck. Mein Paps verweigerte eine Woche vor seinem Sterben sämtlich Medikamente. Ich sagte ihm zwar, dass er dann schneller sterben wird, aber ich glaube ihn interessierte dies nicht mehr. Oder er hat mich nicht ernst genommen. In meiner Verzweifelung fragte ich den Arzt was ich tun sollte. Schließlich war ich täglich für seine Medi`s verantwortlich. Also lag dies in meiner Hand. Der Arzt meinte, dass wir den Papa endlich gehen lassen sollten. Das alles andere ihn nur quälen würde. Glaubt mir, mir ist es so schwer gefallen, zu wissen, dass ich seinen Tod beschleunige, indem ich seinen Wunsch respektiere. Also eine superschwere Last lag auf meinen Schultern. Das einzige was ich für ihn tun konnte, war es seine Schmerzen zu nehmen. So bekam er von mir sein Fentanyl-Plaster und bei Bedarf seine Morphin-Spritze. Ich glaube, dass das Morphin letztendlich ihn so fertig gemacht hat.

Zwei Tage vor meinem Papa seinem Tod kam Mutti ins Krankenhaus mit Verdacht auf einen Herzinfakt. Nun galt es schnell eine Lösung zu finden. Da ich alleinerziehende Mama bin, war es mir leider nicht möglich Tag und Nacht zu bleiben. Also hatten wir mit dem Pflegedienst vereinbart, dass sie ihn aufgrund der Situation 24 h pflegen. Und ich halt immer dazu komme. Am Mittwochabend, also der abend vor seinem Tod war ich nochmal bei meinem Paps, dies war das letzte Mal, dass ich ihn Lebend gesehen habe. Paps war in einem dellirium Zustand. Er hat mich nicht wahrgenommen. Und trotzdem nahm ich seinen Rosenkranz und betete für ihn, mit ihm. Auch wenn er im schlafzustand war. Ich glaube, er hat meine Worte sehr wohl gehört. Ich sagte in meinem Gebet: Lieber Gott, hilf meinem Papa loslassen zu können. Er hat es verdient.

Mir sind diese Worte so unendlich schwer gefallen. Hey ich bat darum, dass mein Papa stirbt. Ich seine Tochter. Klar im Herzen wollte ich ihn behalten. Mein Verstand sagte mir aber etwas anderes. Der Tag X war nun da. Und ich nicht bei ihm. Den Vormittag hatte ich genutzt, um Reserve für seine Pflegemittel zu besorgen. Also war ich erst beim Hausarzt und dann in der Apotheke. Und irgendwie wußte ich mein Papa stirbt gerade heute. Ich wußte es ganz genau. Ich sagte sogar dem Apotheker, dass ich nicht wüßte, ob wir all dies überhaut noch bräuchten. Kaum gesagt klingelte mein Handy. Meine Schwester war dran. Sie weinte, und sagte, Caro Paps ist gestorben. Ich war geschockt, obwohl ich doch wußte dass es passieren wird. Also rannte ich so schnell ich konnte zu ihm. Paps, war noch warm. Er sah sehr friedlich aus. Als ob er nur schlafen würde. Aber er atmete nicht mehr. Er war weg, obwohl seine Hülle, sein Körper noch in seinem Pflegebett lag. Ich war so böse mit ihm. Ich hatte ihm immer gesagt, dass ich bei ihm sein werde. Aber er hat nicht gewartet. Offensichtlich hatte er gewartet bis keiner, absolut keiner im Raum war, um endlich gehen zu können.

Noch immer, und mittlerweile ist Paps seit fast 6 Wochen Tod, quält es mich, dass ich ihn vielleicht noch einpaar Tage länger hätte Leben lassen können, wenn ich darauf bestanden hätte, dass er seine Medi`s nimmt. War es falsch von mir??? Irgendwie habe ich zugesehen, ohne was zu verhindert, dass Papa stirbt. Meine Geschwister waren in der Beziehung zu feige, diese Verantwortung zu übernehmen. Also musste ich es übernehmen. Warum fühlt es sich so beschissen für mich an. Ich weiß der Krebs hat ihn getötet, aber warum fühle ich mich für seinen Tod so verantwortlich.

Paps, es tut mir leid. Ich liebe Dich. Du fehlst mir so sehr. Jeder Tag ohne Dich ist unerträglich. Bitte verzeihe mir, für dass war ich falsch gemacht habe. Ich hatte wirklich nur, zu Deinem Wohl entscheiden wollen. Ich hoffe dass Du es weißt.

In liebe Deine Caro
__________________
Und die Welt dreht sich weiter, und das sie sich weiterdreht, ist für mich nicht zu begreifen merkt sie nicht dass einer fehlt. * HALTET DIE WELT *

Ja mein Papa fehlt. *12.10.1935 gest. 11.1.07
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  #5  
Alt 23.02.2007, 07:23
antje s. antje s. ist offline
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Standard AW: dinge, die mir angesichts des sterbeprozesses nicht aus dem kopf gehen

Hallo Caro,

ich weiß, wie Du Dich fühlst. Am Tag bevor mein Mann gestorben ist, habe ich ihn gebeten, den letzten Weg anzutreten. Ich habe ihm erklärt, daß es keine Hoffnung gibt und daß es keine Heilung für ihn gäbe, selbst wenn er diese akute Situation überleben würde. In der Nacht noch habe ich ihm gesagt, er solle nun ein Flugzeug nehmen (vor seinem Krankenhausfenster war die Lande- bzw. in dieser Nacht die Startschleuse des Flughafens), in den Himmel fliegen und mein Engel sein. Ich war überzeugt, daß ich ihm das Richtige sage. Denn er hatte immer gesagt, wenn es für ihn keine Hoffnung mehr gäbe, würde er in ein Land gehen, in dem aktive Sterbehilfe nicht verboten ist.
Doch in seiner letzten Stunde, in der sein Herz so schwer schlug, hat er nur mit dem Kopf gezuckt, als wollte er sagen: "Nein, ich will nicht gehen!".
Ich weiß, es gibt kein Grund dafür, aber ich habe trotzdem ein schlechtes Gewissen, ein fürchterliches Gefühl, wenn ich daran denke, daß ich ihn "geschickt" habe.

Aber auch mein Mann hatte, nachdem das Herz nicht mehr schlug, einen ganz anderen Gesichtsausdruck. Er lag friedlich da und hatte eine ganz entspannte Mimik. Daher denke ich, daß er und alle anderen auch, nun in einer friedlicheren, schmerz- und angstfreien Umgebung sind. Auch Dein Papa!

Du hast alles getan, um ihm die letzten Wochen und Tage so angenehm wie möglich zu machen. Dein Vater war sicher sehr stolz und dankbar.

Liebe Grüße

Antje
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  #6  
Alt 23.02.2007, 11:06
Arielle Arielle ist offline
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Standard AW: dinge, die mir angesichts des sterbeprozesses nicht aus dem kopf gehen

Oh je, das wühlt alles so auf...

Auch ich war das pflegende "Kind" in unserer Familie. Ich denke, daß meine Brüder auch ganz dankbar dafür waren, mir die Verantwortung dafür zu überlassen!

Aber auch mir geht es so... was hätte ich besser machen können, wie hätte ich ihm das Ganze erleichtern können, hätte ich mit meinem Papa übers Sterben reden sollen...? Fragen über Fragen!
Auch ich dachte, daß ich ihm helfen könnte, ihn auf seinem letzten Weg so weit es möglich ist zu begleiten aber er "suchte" sich auch einen stillen und einsamen Moment um zu gehen.(Ich war wirklich nur 3 Minuten im Flur!)

Erst machte ich mir grosse Vorwürfe, nicht bei ihm gewesen zu sein. Mittlerweile denke ich auch, daß er es für ihn und für mich leichter machen wollte...

Als unser Tag X anbrach, wußte ich sofort bescheid, obwohl ich vorher noch nie einen Sterbenden gesehen hatte! Am Vorabend hat er noch ganz klar und deutlich mit uns gesprochen und war munter. Als er frühmorgens nach mir "rief" (Ich schlief immer neben seinem Pflegebett auf der Couch!) kam nur mehr ein Flüstern unter grosser Anstrengung raus! Als ich ihn sah, war ich total erschrocken! Er war am ganzen Körper geschwollen, war kalt, sehr unruhig und seine Haut war gelb-grau!
Meiner Mutter sagte ich direkt: Der Papa stirbt heute!
Ich fuhr direkt zu unserem Hausarzt um etwas zur Beruhigung zu holen. Leider half es nicht viel! Allerdings brach er auch das meiste seiner Medikamente wieder aus!

Wir riefen den Rest der Familie zusammen, der sich dann auch einfand! Darüber hat er sich noch gefreut... er hatte seit er krank war gerne viel Besuch!
"Leider" war mein Papa sehr klar in seinen letzten Tagen und gerade auch am letzten Tag hat er sehr wenig geschlafen. Die innere Unruhe war zu groß!!!

Frühmorgens des nächsten Tages hat er uns dann verlassen! Kurz vorher hat er noch mit mir gesprochen und sich seine Nasenbrille anlegen lassen!


Übrigens, da fällt mir noch ein, daß mein Vater auch schon sehr früh nach Weihnachtsbeleuchtung gefragt hat! Also schmückten wir Mitte November das ganze Wohnzimmer und das Gartenhäuschen, das er von seinem Bett aus sehen konnte... Ich denke er hätte gerne noch Weihnachten erlebt, doch so lange konnte er einfach nicht mehr...

Ich bin mir sicher, daß es unseren Lieben jetzt gut geht...und ich bin froh darüber!!! ...auch wenn´s weh tut!!!

Viele liebe Grüsse
Jenny
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  #7  
Alt 24.02.2007, 10:23
Chanie Chanie ist offline
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Standard AW: dinge, die mir angesichts des sterbeprozesses nicht aus dem kopf gehen

Hallo
Ich habe lange überlegt, ob ich das hier schreiben soll, aber irgendwie drängt es mich doch, zu erzählen, wie es bei uns war. Diese letzten Erinnerungen an meinen geliebten Schatz...sie drängen immer wieder nach oben. Es fällt mir schwer, darüber zu schreiben, aber irgendwie möchte ich das ein Stück weit teilen.
Das Sterben und der Sterbeprozess...ja... Also:
Mein Mann hatte Lungenkrebs mit Hirnmetastasen.
Er hat fast 2 Jahre damit gelebt (Bestrahlung war erst 5 Monate nach Bekanntwerden, da Ärzte geschlampt hatten), sogar gut gelebt. Im letzten Jahr hatte er dann am 18. Dezember den ersten und einzigen Ausfall. Er hat nach einem stressigen Tag (seine Mutter lag mit Wirbelsäulenmetastasen im KKH) plötzlich alle Namen in seinem Gehirn gelöscht. Er kannte alle Leute, nur keine Namen... als er mich auf der Rückfahrt fragte "sag mir doch mal bitte, wie du heißt" war es, als zöge man mir den Boden unter den Füßen weg. Wir sind direkt zum Arzt, dann gab’s Kortison (Fortecortin) kurzfristig hoch dosiert und am nächsten Tag war alles soweit wieder im Lot.
Da haben wir uns langsam und traurig das erste Mal mit dem Hospizdienst in Verbindung gesetzt. Gebraucht haben wir den aber erst wieder im August, kurz vor seinem Tod. Bis zum 6.Juni hatten wir völlige Ruhe von den Metas, konnten noch heiraten, glücklich sein, leben...dann starb seine Mutter und nach der Beerdigung hatte er einen epileptischen Anfall. Mit Blaulicht ins Krankenhaus. Kortison, Weihrauch, Ergenyl und es ging wieder etwas aufwärts. Eigentlich begann sein Sterben da...denn er bekam in dieser Zeit einen solchen Lebenshunger...ich glaube, er wollte noch so viel wie möglich erleben, sehen und vor allem schmecken...sein Geschmacksinn, der lange nicht mehr gut gewesen war und ihm jeglichen Genuß verdorben hatte, war wieder da. Er konnte Essen und sich daran erfreuen und es blieb drin, was wir auch seit Wochen nicht mehr kannten. Wir sind also Essen gegangen, fast schon zwanghaft...überall, manchmal 2x am Tag und er hatte einen Riesen Spaß daran. Zwischendurch hatte er Abscencen, konnte nicht mehr selbst trinken, aber immer mal wieder ging das alles...wir waren noch bei meinen Eltern eine Woche im Urlaub, wofür er alle Hebel in Bewegung gesetzt hat, da ich eigentlich gar keinen Urlaub hatte...es mußte „jetzt“ sein und heute weiß ich, daß sie ihn sonst nie mehr gesehen hätten. So fuhren wir also hin, waren da im Kino, hatten gute und nicht so gute Tage (Abscencen), aber er konnte noch einigermaßen laufen, wenn auch sehr wackelig und war guter Dinge. Er genoß die Zeit und fühlte sich sau wohl. Es war eine schöne Zeit, auch wenn ich manchmal sehr traurig war, weil er nicht bemerkte, wie schlimm seine Abscencen zum Teil waren.
Lange Unterhaltungen hatten wir auch noch und ich erinnere mich soooo gern an all das, denn als wir heimfuhren (auf einer Raststätte) versagten plötzlich seine Beine, als führten sie ein Eigenleben. In der folgenden Woche ging Laufen dann immer schlechter, ich konnte ihn nicht mehr allein lassen, denn er vergaß, von der Toilette zurück zu kommen und stand dort, bis ich ihn abholte, oder er fiel einfach um...Absencen wurden länger und schlimmer. Der Hospizdienst half uns über die letzten 2 Tage...Mein Mann konnte nur einen Tag nicht mehr aufstehen, ansonsten hat er sich so so so tapfer aufrecht gehalten. Er wollte doch auch nicht gehen, aber es ging nicht mehr. Zwischendurch war er einen Tag wieder so fit, dass er ganz fröhlich meine Mama angerufen hat und wir waren so froh...drei Tage später starb er in meinen Armen zuhause ohne Schmerzen, ohne größere Medikamentengaben. Nur ein bisschen was zur Beruhigung und eine kleine Dosis Morphium in der Menge, wie er sie sonst als Tablette schon einige Wochen genommen hat, weil er Schmerzen im Gallenbereich hatte, aber niemand herausfinden konnte, woran die lagen.
Sterben war nicht so einfach, denn er wollte ja nicht gehen, hat gemotzt und sich geweigert, als er gehen sollte, doch ich hab ihn sanft weggeschickt, ihm erlaubt und ihn ermutigt, mich alleine zu lassen, wobei mir das fast das Herz rausgerissen hat, denn ich wollte ihn doch behalten, aber ich wusste auch, dass er so nicht leben wollte, nicht als Pflegefall, der nicht mehr aufstehen kann. Er wollte eigentlich immer schon in seinen Stiefeln aufrecht stehend sterben, aber das war nicht mehr ganz möglich...Die Vorboten des Todes, so wie andere sie beschrieben haben (blau geäderte Gliedmaßen) habe ich an ihm nicht wahrgenommen. Er hatte eine schöne Farbe, fühlte sich eigentlich sehr wohl, aber er kühlte langsam aus, die Gliedmaßen waren eiskalt und nur der Torso noch schön warm, schwitzte stark und er konnte nicht mehr richtig die Augen öffnen, bis zu seinem eigentlichen Sterben, da öffnete er sie wieder und schaute mit großen, staunenden Kinderaugen...aber darüber kann ich nicht schreiben, das ist zu nah, zu privat, zu schön und zu schrecklich, um es zu teilen. Er atmete die letzten Stunden seltener, dafür tiefer...eine richtige Schnappatmung war das nicht, aber ähnlich, er hatte das Gefühl nicht mehr, Luft zu bekommen, obwohl er merkte, daß er atmete...er fühlte es nicht mehr und atmete daher sehr bewußt ein und aus, als müsse er sich mit jedem Atemzug daran erinnern, was er da tat...Zunächst regte ihn das sehr auf, aber er vertraute mir, als ich ihm sagte, er bekomme genug Luft und solle sich nicht aufregen. Zusätzlich erhielt er vom Vertrauensarzt des Hospizdienstes ein leichtes Beruhigungsmittel unter die Zunge und dann wurde es besser.
Ich hab einen ganzen Tag mit ihm zusammen Abschied nehmen können, wir haben Musik gehört, ich hab ihm vorgelesen, den Schweiß getrocknet, die kalten Arme und Beine sanft mit wohlriechendem Öl abgerieben und massiert, kleine Schlucke seines Lieblingssaftes mit einem Löffelchen gegeben und ganz viel bei ihm gelegen und mit ihm gekuschelt. Dann ging das Sterben los, worüber ich nicht sprechen möchte, da mich das noch zu sehr mitnimmt, was da abgelaufen ist, doch jetzt weiß ich, dass es danach auf jeden Fall weiter geht. Kein Zweifel.
Er hat noch gesagt, dass er was schönes sieht und dann hat er langsam, Stück für Stück nicht mehr geatmet...es war wie eine Geburt rückwärts und ich betrachte diese Sterbebegleitung für uns beide als großes Geschenk. Dass er mit 47 Jahren nicht bereit war, zu gehen, und es erst mal nicht so friedlich war (einschlafen oder so) ist völlig klar, aber ich konnte ihn über die Schwelle hinüberstreicheln, ihn beruhigen und ihm meine Liebe geben bis ganz zuletzt. Dafür bin ich sehr dankbar. Kein Krankenhaus, keine Angst, keine Schmerzen. Ich konnte bei ihm liegen, erzählen, Gedankenreisen machen...wir waren zusammen, so wie immer und der Sturm draussen tobte, der Regen prasselte auf die Erde und der Himmel war dunkel und die schwarzen Wolken zerrissen, aber hin und wieder schien die Sonne und das Gras draussen duftete. Ich werde diesen Tag nie in meinem Leben vergessen.

Dies ist also grob mein Erfahrungsbericht.
Bis bald mal wieder,
Christiane
__________________
Die Liebe meines Lebens

Es steht geschrieben,
dass die Hoffnung zuletzt stirbt.
Aber weißt du, wer ihr dabei zusieht?
Es ist die Liebe!
Die Liebe hält die Hoffnung in ihren Armen
Und wenn sie stirbt dann ist da nur noch Liebe

Petra Speth, (*1962 )
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