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  #1  
Alt 28.09.2020, 16:25
toastbrot81 toastbrot81 ist offline
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Standard AW: Mama lehnt jede Hilfe ab

Hallo Beccamaus,
Eltern sind halt Eltern ... und egal wie erwachsen das Kind ist, man will es trösten.
Habe ich gestern auch wieder gemerkt. Mama hat mir wieder die Tränen weggewischt. Sie selbst hab ich aber noch nie weinen gesehen. Ich fragte sie, ob sie Angst hat oder Sorgen ... "nö". Sie ist mittlerweile oft in ihrer eigenen Welt, scheint mir. "Spricht" mit sich selbst (reden kann sie nicht mehr wirklich), deutet auf irgendwas, macht willkürliche Handbewegungen etc. Ob von den Metastasen oder von den Schmerzpflastern kommt, weiss ich nicht (wobei die noch gar nicht so hoch dosiert waren). Oder ob das die Halluzinationen sind, die man als Merkmal der Terminalphase so liest ... keine Ahnung. Bei Kopfkrankheiten, sagten die Pfleger, nicht immer einfach zu differenzieren.
Manchmal frage ich mich, ob Mama weiss, dass sie bald sterben muss oder ob sie denkt, dass sie wieder gesund wird. Ja, es wurde mit ihr gesprochen - aber glauben und hoffen/verdrängen sind ja verschiedene paar Schuhe.

Sie hat immerhin mittlerweile Hilfe im Hospiz angenommen - als die Kopfschmerzen wieder mehr wurden. Die Pfleger haben sich richtig gefreut, als sie mal helfen durften. Pflaster wurde jetzt erhöht. Ich glaube Spritzen nimmt sie jetzt noch nicht an (sie ist da etwas eigen...), wird sie aber vermutlich leider irgendwann "müssen" - wenn Schmerzen nochmal stärker werden oder Atemnot hinzukommen.
Ansonsten hatte sie bisher noch keinen Anfall oder Übelkeit/Erbrechen. Vielleicht/hoffentlich bleibt ihr das erspart.

Es ist schön, dass es solche Orte gibt. Es war eine gute Entscheidung, da stimme ich Dir zu, ja. Auch wenn manche das als "abschieben" ansehen. Manchmal geht es zu Hause einfach nicht und es wird einem ein Stück Sorge abgenommen. So kann man die Zeit bewusster wahr nehmen.
Das mit der Wunschkost kann ich auch bestätigen. Wir wurden auch gefragt, was Mama mag und sie wollten die Wünsche erfüllen. Aber sie isst ja nichts mehr ... außer manchmal Süßkram (Torte, diese kleinen Windbeutel etc.) Deftiges gar nicht mehr.

Sie ist derzeit sehr emotional und braucht Nähe zu Papa und mir. Ich genieße jede Minute mit ihr, auch wenn es oft nur Schweigen ist.
Aber ich brauch zwischendurch auch mal nen Tag Pause, wo ich nicht hinfahre. Seit 2 Monaten unter Dauerstrom merkt man irgdnwann. Ich weiss nicht, wie manche das über x Monate hinbekommen. Respekt dafür.

Yvonne
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  #2  
Alt 04.10.2020, 16:54
toastbrot81 toastbrot81 ist offline
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Standard AW: Mama lehnt jede Hilfe ab

Jetzt ist sie schon seit knapp über 2 Wochen im Hospiz.
Ihre Tagesform schwankt. Diese Woche gab es Tage, wo sie nur geschlafen hat - ganz fest - und nur einmal die Augen leicht geöffnet hat (hab aber nur weisses gesehen, kaum Pupille). Hatte sich auch schon Schmerzmittel spritzen lassen. Konnte kaum schlucken, musste mit Sprüflasche Flüssigkeit zugeführt werden.
Seit 2 Tagen ist sie munterer und besser drauf (verhältnismäßig). Sie hat gestern sogar den ersten Satz seit über 3 Wochen rausbekommen ("geht es dir gut?"). Sie hat verhältnismäßig viel gegessen (2 Stück kuchen + 5 kleine Windbeutel, deftiges mag sie nicht) und getrunken. Wollte sogar TV schauen, was sie seit 3 Wochen nicht tat. Heute ebenfalls gut drauf. Wollte sich hinsetzen. Das geht natürlich nicht. Hab aber eine Schwester geholt und wir haben das dann zusammen gemacht. Mit dem Rollstuhl auf die schöne Terrasse wollte sie aber nicht.
Die Körpertemperatur ist seit 2 Tagen aber auf unter 35 Grad. Sie friert aber nicht, sagt sie. Kann sie aber vielleicht nicht mehr selbst wahrnehmen, daher passen die Pfleger natürlich auf, dass sie gut zugedeckt ist und es nicht zu kalt im zimmer ist.

Das ist schon fast spucky (natürlich nicht negativ gemeint), war sie doch vorher eher schlecht drauf. Das im Kopf ist ja auch noch da und nicht weg. Ich freute mich wahnsinnig über diesen einen Satz, den sie gesagt hat. Zugleich verwirrt es mich natürlich, denn sie versucht ja auch andere Sachen zu sagen, die nicht gehen.
Ist es das letzte Aufbäumen vorm Tod oder werden es noch Wochen des auf und abs mit Mama? Weiss niemand. Aber ich genieße jede Minute mit ihr, auch wenn es mich körperlich, emotional, seelisch zermürbt. Ich kann mich nicht an den Gedanken "gewöhnen", dass sie bald nicht mehr da ist und ich ihre Wärme nicht mehr spüren kann. Dennoch hoffe ich sehr, dass sie sich nicht lange quälen muss.
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  #3  
Alt 05.10.2020, 07:58
Beccamaus Beccamaus ist offline
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Standard AW: Mama lehnt jede Hilfe ab

Liebe Yvonne, wer auch immer sagt das ein Hospiz ein "abschieben" ist, der ist einfach nur ein schlechter Mensch. Ich finde es zeugt von großer Stärke diesen Schritt zu gehen. Denn immerhin müssen wir unsere Angehörigen begleiten und das kann man oft zu Hause nicht weil man daran zerbricht. Und viele können es zu Hause einfach nicht, sei es körperlich oder psychisch. Jeder sollte nur auf sich hören in so einer Situation und nicht auf das was andere vielleicht sagen könnte.
Und genau das meine ich, deiner Mama geht es nochmal richtig gut, zu Hause wäre das sicher nicht gewesen. Auch die betroffenen merken eine Art von Sicherheit. Die Hospizzimmer sind wunderschön, das Personal nicht gestresst und die Angehörigen zu jeder Tag-und Nachtzeit da. Und vor allem, geht es in dem Hospiz nicht nur um Krankheit und Leid, nein, die Mitarbeiter sind fröhlich und lenken die betroffenen ab, gehen mit den betroffenen normal um und führen normale Gespräche. Zu Hause ist dies oft nicht der Fall, die betroffenen bekommen Mitleid zu Hause, die Angehörigen haben Angst - das alles fällt weg in einem Hospiz. Also bitte - schiebe diesen Gedanken ganz weit weg.

Ich wünsche dir weiterhin ganz viel Kraft und noch ein paar schöne Momente mit deiner Mama.
__________________
Mein Daddy
* 04.08.1947 25.06.2018

ED: 03.04.2017 (metastasierendes Lungenkarzinom (Adeno))


-------- Somewhere over the Rainbow---------
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  #4  
Alt 05.10.2020, 11:08
Clea Clea ist offline
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Standard AW: Mama lehnt jede Hilfe ab

Liebe Yvonne,

genieße einfach jeden besseren Tag.
Nicht nachfragen, Antworten gibt es sowieso nicht.
Hauptsache, ihr habt euch noch gegenseitig.
Auch, wenn sie sich nicht mehr äußern kann,
freut sie sich sicher, jedesmal, wenn du kommst.
Das ist das letzte, was wir noch für sie tun können. Da sein.
Und dann ist es egal, wo man ist, Zuhause wäre es vielleicht schöner,
aber es muss ja auch praktikabel sein.
Und für Angehörige ist es angenehmer, wenn das Leben nicht Zuhause endet,
mag es sich auch grausam anhören, aber es muss Zuhause ja später auch weitergehen.
Meine Mutter wäre auch ins Hospiz gegangen, nachdem wir anfänglich dachten, das eht schon Zuhause. Leider kam esnicht mehr dazu, sie war einfach zu schnell.
Viel Kraft weiterhin für euch alle.
__________________
Meine Ma
17.9.1957-19.2.2017, 59 Jahre, Lungenkrebs mit Hirnmetastasen
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  #5  
Alt 06.10.2020, 07:20
toastbrot81 toastbrot81 ist offline
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Standard AW: Mama lehnt jede Hilfe ab

Hallo ihr Lieben,
Danke für Eure Worte. Ich bewundere Euch sehr, dass ihr das alles selbst durchgemacht habt und sicher durch Geschichten immer wieder dran erinnert werdet und dennoch paar liebe Worte übrig habt. Vielen Dank dafür.

Mama geht es weiterhin verhältnismäßig gut. Sie isst aber halt immer noch nicht. Na ja, ich zwing sie auch nicht dazu, auch wenn sie total abgemagert ist.
Wenn sie zwischendurch immer mal kurz für 2-3 Minuten einschläft, ist mittendrin immer mal für 5-10 Sekunden die Atmung weg. Ist schon seit paar Tagen so. Ist aber vermutlich in dem Stadium auch normal.

Aber ich finde den Verlauf echt interessant. Der Hirndruck muss ja noch da sein, da sie kein Kortison kriegt/will. Aber sie kriegt wieder ein paar Worte raus und ist klarer. Die Schwester findet das auch interessant und spannend.
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  #6  
Alt 06.10.2020, 14:42
Clea Clea ist offline
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Standard AW: Mama lehnt jede Hilfe ab

Hallo Yvonne,
ja, es ist auch spannend.
Das Gehirn hat eine Menge Regenerationsfähigkeit.
Ich staune auch immer wieder darüber.
Ich komme aus der Neurologie.
Flüssigkeit kann ja in jede kleine Ritze, und manchmal ändern sich Druckverhältnisse, dann kommen Funktionen zurück, oder plötzlich geht irgendwas nicht mehr, dafür geht was anderes wieder.
Oft ist es ein Auf und Ab.
Hoffen wir, dass es bei euch lange in diesem Rahmen bleibt.
Die Geschichten machen schon betrübt...
Aber bei mir ist es immernoch so, dass ich denke, ich bin damit nicht alleine, egal ob ich dir nun drei Jahre voraus bin oder gerade in der Situation stecken würde.
Und das Gefühl zurückgegeben, ist vielleicht für euch genauso hilfreich wie es damals für uns war.
Verlust bleibt leider für immer, daher kann man hier auch immer mit ein paar alten Hasen rechnen, die das ähnlich sehen.
__________________
Meine Ma
17.9.1957-19.2.2017, 59 Jahre, Lungenkrebs mit Hirnmetastasen
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  #7  
Alt 18.10.2020, 09:31
toastbrot81 toastbrot81 ist offline
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Standard AW: Mama lehnt jede Hilfe ab

Mama wurde gestern Abend 22:40 Uhr erlöst.
Ich war seit 10 Uhr bei ihr. Als ich kam, sagte mir eine Pflegerin schon, dass es Samstag passieren kann. Sie ist sehr unruhig gewesen, hat viel verarbeitet, kaum Puls und auch die anderen Anzeichen (Haut, Nase etc.).
Ich war dann bis 19:30 Uhr bei ihr. Zwischenzeitlich war die Palliativärztin nochmal da und hat die weitere Medikamentengabe besprochen. Ich wusste nun nicht, ob ich bleiben oder gehen soll. Man will ja die Mama nicht alleine lassen. Hab mit zwei Pflegerinnen und der Ärztin gesprochen. Sie sagten meinen Schilderungen nach will Mama das von mir fern haltenund allein sterben. Ich bin dann zwischendurch mal ne Stunde Beine vertreten gewesen, aber Mama war dann noch da. Ich bin dann 19:30 Uhr schweren Herzens gefahren.

Es waren 3 Monat und 1 Woche nach den ersten Anzeichen und knapp 3 Monate nach Diagnose, die wir noch zusammen hatten. Drüber sprechen konntrn wir leider nie, da sie ja diese psychotische Phase hatte, als sie wieder sprechen konnte.
Dadurch, dass sie keinerlei Therapien gewünscht hat, ist ihr etwas Lebenszeit verloren gegangen. Aber keiner weiss, wie sie die Therapie verkraftet hätte und wie die Lebenszeit ausgesehen hätte. Und am Ende wäre sie mit Hirnmetastasen wohl sowieso irndwann da gelandet. Ich finde ihr Entscheidjng daher ok, ihr ist auch einiges erspart geblieben.
Und Gott sei Dank waren die Schmerzen gut behandelbar (sie hatte zum schluss 50er Fentanyl Pflaster und nur 5mg Morphium bei Bedarf) und sie hatte keine Anfälle, Krämpfe oder Erbrechen, was bei Hirndruck ja scheinbar nicht unüblich ist.
Sie war die letzten 4 Wochen ihres Lebens im Hospiz. Das wollte sie sicherlich anders, aber sie war dort besser umsorgt als wir es zu Hause hätten leisten können. Am Dienstag begann ihr letzter Kampf, der sich länger als gedacht hingezogen hat. Sie war die letzten Tage schon nicht mehr wirklich da. Daher bin ich froh, dass sie es geschafft hat. Auch wenn ich zugleich traurig bin. Denn immerhin konntr ich die letzten Tage/Wochen noch ihre Nähe und Wärme spüren. Ihre Hand halten. Sie streicheln. Das geht von nun an alles nicht mehr.
Ich hoffe sie passt als Schutzengel auf mich auf .... Mama <3

und nun bin ich mit Papa allein (Einzelkind) und schiebe jetzt schon Panik, wenn mit ihm was ist und er allein nicht klar kommt.

Ich melde mich bestimmt nochmal im Hinterbliebenen Bereich.

Danke Euch fürs lesen und zuhören, das hat mit geholfen.
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