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#1
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AW: Meine Mama
Heute mittag war sie sehr deprimiert und hat kaum 3 Sätze mit mir gesprochen. Ich habe ein bisschen bei ihr gelegen und bin noch zum Essen geblieben, danach bin ich (mit beiderseitigem Einverständnis) erstmal wieder gegangen. Ich fahre gleich noch einmal hin zum spazierengehen.
Die Ärzte und Schwestern sind beunruhigt, da sie "bettflüchtig" ist. Eine Schwester war mit ihr im Garten spazieren, obwohl sie eigentlich keine Zeit dafür hat. Über die Begleitung selber war meine Mutter sehr ungehalten und hat das auch zum Ausdruck gebracht. Nach einem Gespräch mit der Ärztin und der Psychologin werde ich das Hospiz wohl gegen ihren Willen durchsetzen, da es auch in ihrer Patientenverfügung so vermerkt ist. Bei klarem, geistigen Zustand hätte sie es auch so entschieden und hat es ja bei Erstellung der Patientenverfügung auch so gemacht. Es fühlt sich trotzdem Sch.... an. In der Klinik wird es langfristig so nicht weitergehen, vor allem wenn sie immer wieder "flüchten" will. Es ist gerade wirklich nicht einfach. Katja
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Meine Mama nicht kleinzelliges Bronchialkarzinom, Plattenepithelkarzinom 7 cm /inoperabel T3 N3 M1a Metas i.d. Lunge beidseitig Stad. IV: M1 a,b ab 08/12 Chemotherapie Carboplatin u. Taxol u. Cortsion 09/13/ 12/13 Strahlentherapie 08/14/ Gehirnmetastasen - keine Therapie mehr möglich seit 09/14 im Hospiz / das Warten auf den Tod Meine Mama ist von mir gegangen am 1. Januar 2015 Am 2. und 23. Mai 2015 sind meine Grosseltern ihrer Tochter gefolgt. Ich liebe Euch über alles! |
#2
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AW: Meine Mama
Liebe Katja,
ich weiß nur zu gut wie besch***** es ist, soetwas gegen den Willen der Eltern durchzusetzen! Meine Mutter wäre am liebsten Zuhause geblieben. Krankenhaus, Hospiz, Pflegeheim etc. wären nach der Diagnose komplett undenkbar für sie gewesen. Wir haben sie dann überredet mit mir zusammen zu meiner Schwester zu ziehen, damit ich mich mit meiner Schwester zusammen um sie kümmern konnte. Alleine hätte ich das nicht geschafft (psychisch, ich war total am Ende aus Angst um sie) und dann hätte meine Mutter womöglich doch in ein Pflegeheim o.ä. gemusst. Du kannst Dir gar nicht vorstellen wie schlimm es war, als sie ihr eigenes Haus verlassen musste in dem Wissen, dass sie niemals wieder zurückkommen wird. Ich habe mich so schlecht und dazu noch schuldig gefühlt. Vom Verstand her wusste ich, dass es richtig war und alle haben auch gesagt, dass es keine bessere Möglichkeit gibt, aber ... Leider müssen wir manchmal Entscheidungen treffen, die unser Herz bersten lassen. Ich wünsche Dir ganz viel Kraft dabei und mache Dir bitte keine Vorwürfe - auch wenn es noch so schwierig ist! |
#3
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AW: Meine Mama
Zitat:
ich kann dir nicht viel tröstendes sagen, sondern eigentlich nur bestätigen: Ja, so ist das. Es eindeutig, es ist richtig, es ist notwendig. Und trotzdem fühlt es sich Sch... an. Vielleicht noch eine subjektive Beobachtung, über die du mal nachdenken könntest: Ich habe im letzten Jahr drei Menschen (zeitweise) verwirrt erlebt (meinen Vater, meinen Bruder und einen weiteren Gast im Hospiz, in dem mein Bruder war). Bei allen dreien schien es mir, dass die Betroffenen ihre Verwirrtheit unterschwellig selbst mitbekamen, aber nicht einordnen konnten. Die Aktivitäts- und Bewegungsdrang-Schübe wirkten auf mich zumindest zeitweise so, als seien sie in diesem Phasen auf der Suche. Sei es auf der Suche nach irgendeinem Ausweg aus dem selbst als bedrohlich erlebten Verwirrtheitszustand (hier stimmt was grundlegend nicht - nur weg hier!). Oder sei es auf der Suche nach einem Ziel oder einer Tätigkeit, das/die so vertraut ist, dass sie Anhalt gegen die Verwirrtheit geben. Den Aspekt "vertraute Tätigkeit gibt Orientierung" kann man sich manchmal zunutze machen. Meinem Vater halfen die extrem regelmäßigen Abläufe im Pflegeheim. Meinem Bruder, der schon als Kleinkind stundenlang Zahlenreihen schrieb, habe ich manchmal die Zahlensteine eines Spiels unsortiert auf die Bettdecke geschüttet und ihn um Hilfe gebeten, weil "alles so fürchterlich durcheinander" ist. Da hat er dann Zahl für Zahl in die richtige Reihenfolge sortiert. Und wurde dabei ruhiger. Der andere Gast im Hospiz, eine ältere Dame, hatte ihr Leben lang immer gearbeitet. Sie wurde ruhiger, wenn sie um Hilfe beim Kartoffelschälen oder Handtücher zusammenfalten gebeten wurde. Vielleicht fallen dir Tätigkeiten ein, die du deiner Mutter anbieten kannst. Du schriebst, glaube ich, dass sie Sekretärin war. Vielleicht gibt es einen Stapel (unwichtiger) Unterlagen, der "sortiert und abgeheftet" werden muß? Oder halt evt. auch irgendwas aus dem Spielebereich, bei dem der Aspekt "zielgerichtet ordnen" im Vordergrund steht? Oder ein Gewinnspiel-Kreuzworträtsel, bei dem du ja soo gerne den Gewinn bekommen würdest, die Lösung aber nicht selbst findest? Wichtig ist allerdings, scheint mir, dass man sowas nicht als "lass uns spielen" anbietet. Sondern eher auf der Ebene "so viel Arbeit, ich schaff das nicht, du kannst dass doch so toll, hilfst du mir bitte?" Manchmal helfen allerdings trotzdem nur (starke) Beruhigungsmittel. Leider. Nochmal alles Gute, zarah |
#4
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AW: Meine Mama
Das von zarah Geschriebene kann ich unbedingt bestätigen.
Dann noch etwas zum Hospiz - nachdem ich mich (leider erst) nach dem Tod meiner Mutter mit dem Thema beschäftigt habe, hätte ich mir gewünscht sie wäre in ein Hospiz gegangen. Die Vorurteile und die Vorstellung sie könnte in einem Bett liegen, in dem schon jemand gestorben ist, hatten sie davon abgehalten. Es wäre jedoch alles viel leichter gewesen - ich hätte mit der Unterstützung dort viel mehr für sie da sein können (hätte auch dort geschlafen) und auch ich selbst hätte Ansprechpartner gehabt, was mir sehr gut getan hätte. Wenn ich einmal unheilbar krank und im finalen Stadium bin, würde ich unbedingt das Hospiz als letzte Station für mich wählen. Vielleicht fühlt Deine Mama sich dort doch ganz wohl, wenn sie vertraute Gegenstände sieht und die freundliche Atmosphäre dort spürt. Ich wünsche es euch auf jeden Fall sehr! |
#5
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AW: Meine Mama
@ Zarah: ich denke auch, dass meine Mama was "zu tun" braucht. Sie war ihr Leben lang aktiv und hat immer alles alleine gemacht. Ich denke, sie wollte einfach nur in den Garten und zwar mal ALLEINE. In der Klinik wo sie ist, war sie fast 40 Jahre Chefsekretärin und kennt quasi jeden Stein.
Gestern waren wir auf dem Klinikgelände spazieren, obwohl sie quälende Kopfschmerzen hatte. Entschieden habe ich schon einmal für mich, dass ich ein Pflegeheim ablehnen werde. wie ich sie allerdings in das Hospiz bringen soll, weiss ich noch nicht. Heute morgen will die Ärztin mit ihr reden. Katja
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Meine Mama nicht kleinzelliges Bronchialkarzinom, Plattenepithelkarzinom 7 cm /inoperabel T3 N3 M1a Metas i.d. Lunge beidseitig Stad. IV: M1 a,b ab 08/12 Chemotherapie Carboplatin u. Taxol u. Cortsion 09/13/ 12/13 Strahlentherapie 08/14/ Gehirnmetastasen - keine Therapie mehr möglich seit 09/14 im Hospiz / das Warten auf den Tod Meine Mama ist von mir gegangen am 1. Januar 2015 Am 2. und 23. Mai 2015 sind meine Grosseltern ihrer Tochter gefolgt. Ich liebe Euch über alles! |
#6
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AW: Meine Mama
Zitat:
Mein Bruder hatte große Angst vor dem Unbekannten. Da war wichtig, dass ich sagen konnte, dass ich mir das Hospiz gründlich angesehen, mit Mitarbeitern und Bewohnern lang gesprochen hatte, und es für den besten Weg halte. Und dass wir, wenn es nicht für ihn wider Erwarten nicht taugt, von dort aus einen anderen Weg suchen werden. Bei beiden, Vater und Bruder, war auch wichtig, dass ihnen weitere als Autorität und/oder Vertrauensperson wahrgenommene Menschen ebenfalls bestätigten, dass das eine gute Entscheidung wäre (Mutter, Ärzte, Psychoonkologen, Freunde). Du schriebst früher mal: Zitat:
Vielleicht kannst du sie so ja doch noch überzeugen. Vielleicht mußt du aber auch "einfach" (hier bitte hysterischen Lachanfall hinzudenken) zeitweise über sie bestimmen. Und ihren (ja durchaus nachvollziehbaren und berechtigten) Zorn und Verzweiflung dann erstmal aushalten. Denk dabei aber auch daran: Je eindeutiger du dich positionierst, desto klareren Anhalt gibst du ihr wahrscheinlich in ihrer Verwirrtheit. Alles Gute, und vergiß nicht, dir selbst Pausen und Unterstützung zu suchen (und zu gönnen)! zarah |
#7
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AW: Meine Mama
Liebe Katja,
das ist eine furchtbar schwere Situation... Für meine Mutter war ein Hospiz ursprünglich eine gut vorstellbare Lösung für das Ende - als es dann allmählich ernst wurde, hatte sie aber eine heftige Abneidung entwickelt und sagte, sie will nicht in ein "Schöner sterben". Das war für mich sehr hart, weil es bei ihr zu Hause immer schwieriger wurde und ich viel Angst hatte. Ich habe dann (mit eher zögerlicher Zustimmung von ihr) ein Gespräch mit einer Palliativberaterin ausgemacht und die hat ganz einfühlsam aber auch sehr klar mit ihr gesprochen und auch ein Hospiz vorgeschlagen. Danach war diese Lösung für sie wieder OK und ich habe sie relativ schnell in ein Hospiz gebracht (wobei der Leiter übrigens im ersten Gespräch mit mir sagte, es wäre ungewöhnlich, dass die Patienten auch schon im Vorwege einverstanden sind!). Und das war wirklich ein Segen für uns beide! Ich habe mit vielen Dingen gehadert - aber nie mit dieser Entscheidung... Insofern war es bei meiner Mutter auf jeden Fall so, dass das Wort der "Autorität" geholfen hat. Bei Deiner Mutter kommt sicher erschwerend hinzu, dass sie die Klinik so gut kennt, sich da ja quasi zu Hause fühlt, an einem Ort, an dem sie sicher und kompetent war. Hast Du eventuell die Chance, dass ein Arzt mit ihr spricht, den sie sehr respektiert? Ich wünsche Dir von Herzen, dass es klappt, Deine Mutter ins Hospiz zu bringen! Du tust eindeutig das Richtige - und trotzdem fühlt es sich ganz furchtbar an. Ich weiß noch gut, wie ich den Anruf ans Hospiz getätigt und habe und den Platz angenommen habe - ich war eigentlich so froh und dankbar, dass das so schnell klappte, weil es gerade ziemlich eskalierte, aber trotzdem habe ich mich so mies gefühlt... Viel Kraft für diese schwere Zeit, Anja |
#8
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AW: Meine Mama
Vielen Dank für Eure unterstützenden Worte, es hilft mir sehr bei meinen Entscheidungen.
Überraschenderweise (nach einem Gespräch mit einer weiteren Ärztin) hat meine Mutter eingewilligt, sich das Hospiz anzusehen, was wir auch heute getan haben. Vor Ort wollte sie alles alleine angucken, was natürlich nicht möglich war aufgrund der anderen Patienten, sie reagierte auf das Nein von mir und der PDL sehr unwirsch und empfand das als "ungehörig". Insgesamt fand sie einiges als nicht so schön, aber sie reagiert oft konträr auf das, was andere (in dem Fall ich) als gut empfinden. Ich hoffe, sie denkt die nächsten Tage positiv darüber nach, denn nächsten Montag könnte sie "einziehen". Das Hospiz ist wirklich sehr schön und auch für mich wäre es eine Riesenerleichterung. Zumal ich mich in der Zeit da evtl. auch ehrenamtlich betätigen könnte. Ich habe ja hier in Deutschland keine Arbeit und keine weiteren Verpflichtungen. Ich wäre froh, dort etwas tun zu können. Dieses Warten auf eine Entscheidung ist zermürbend. Katja
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