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  #1  
Alt 28.05.2010, 11:43
Eisbärchen Eisbärchen ist offline
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Registriert seit: 21.10.2007
Beiträge: 21
Standard irgendwie wird mir alles zu viel

hallo!

bei meiner mutter (59) wurde letzten juli brustkrebs diagnostiziert. der tumor ist G3 allerdings hat er nicht gestreut und das ist unsere hoffnung. die therapie: erst chemo, dann op, jetzt grad bestrahlung noch bis mitte juni. meine mutter ist wirklich ein toller mensch. sie jammert nicht, ist sehr bescheiden, und ich finde sogar bei ihr noch einen halt. auch wenn's ihr ja viel schlechter geht als mir.

mein vater ist im letzten oktober ganz plötzlich verstorben. drei monate später verstarb eine schwester meiner mutter im alter von 61 jahren an brustkrebs. wieder zwei monate später eine schwester meines vaters an leukämie und letzte woche meine oma. das alles ist schon ziemlich viel zu verarbeiten.

hinzu kommt noch, dass ich eine schwierige beziehung habe, wo viele energien unnötig vergeudet wurden und immer noch werden. die schwiegerfamilie empfinde ich zurzeit auch sehr bedrohlich, weil schwiegermutter und schwager wieder kontakt zum bruder meiner schwiegermutter haben. dieser mensch ist extrem hinterhältig, sehr egozentrisch und bösartiger natur. allerdings kann er auch extrem lieb, lustig, unterhaltsam und nett sein, so dass die leute total auf ihn abfahren. ich erspare jetzt hier irgendwelche details. aber der druck baut sich da auch immer mehr auf, dass wir entweder auch wieder dort mitfeiern und um den onkel herumhüpfen und uns verarschen und ausnutzen lassen. oder eben stress mit der familie.

das kommt irgendwie alles zusammen. nicht dass das alles wäre. mein mann und ich sind beide anfang 30 und haben massive geldprobleme bzw. beide keine anständigen jobs, keine existenzielle grundlage und auch die zukunft sieht ziemlich düster aus, wenn das alles so weiter geht. mein mann hat auch ständig irgendwelche wehwehchen (das geht auch schon seit jahren so, kann's bald nicht mehr hören), steht auch wieder kurz vorm burnout.

nun habe ich im juli letzen jahres eine therapie angefangen. direkt im anschluss kamen die ganzen tiefschläge. ich wollte mein leben auf vordermann bringen. mich beruflich irgendwie etablieren. ich habe massive probleme damit und es hätte mich sehr viel kraft und energie gekostet - falls ich es überhaupt auf die reihe gekriegt hätte. ich habe abitur gemacht, eine teure, gehobene ausbildung, und noch eine ausbildung.

das problem für mich ist nun, dass meine mutter nun sehr oft bei uns ist. wir konnten früher keine sozialen kontakte pflegen und aufbauen, weil das mit meinem vater nicht funktioniert hat. meine mutter hat nun meinen mann und mich als einzige engere bezugspersonen. wenn sie bei uns ist (68 qm-wohnung) sitzen wir nur herum. sie auf dem sessel, ich auf der couch. es ist einfach nicht möglich, dass ich mal etwas für mich tue. ich müsste z. b. dringend mal meine steuererklärung machen. gestern habe ich eine umfage am computer durchgeführt, für die ich ein paar cents kriege. hat ca. 15 - 20 min. gedauert. als ich dann fertig war, saß meine mutter dann da im sessel und es war höchste zeit, dass ich mich wieder um sie kümmere. jedenfalls sieht es immer so aus: kümmer dich bitte um mich. sie hat in unserer wohnung nichts, womit sie sich beschäftigen kann. malen und lesen hat sie während der chemo und zu hause zur genüge gemacht. ich entwickele langsam richtige aggressionen, weil ich unmöglich ständig den ganzen tag nur herumsitzen kann. eigentlich müsste ich geld verdienen, an meiner "karriere" arbeiten.

für eine übergangszeit ist sowas ja auch ganz okay. ich denke mir dann oft: nur noch bis mitte juni und dann kann ich auch wieder mehr durchatmen. aber es zeichnet sich ganz so ab, dass sie auch nach der therapie nicht so wirklich andere kontakte pflegen möchte oder kann. sie möchte wieder in den kirchenchor. allerdings hat sie davon gesprochen, sich dann vielleicht in unserer gegend hier eine eigentumswohnung zu holen, obwohl sie hier außer uns überhaupt keinen hat. das heißt, es zeichnet sich ab, dass ich weiterhin die einzige bezugsperson sein werde und erheblich zeit von mir gefordert wird.

ich weiß nicht, was ich tun soll. ich bin jemand, der viel zeit für sich braucht und erstmal ein eigenes leben auf die reihe kriegen wollte. jetzt habe ich schon wieder kein eigenes leben mehr.

ich fühle mich echt überfordert mit allem. meine mutter ist ein sehr lieber mensch und eigentlich vollkommen undominant. sie sagt auch, wir sollen ihr sagen, wenn sie uns auf den keks geht. aber wie soll ich das? ich bin halt schon froh, wenn sie mal für ein paar tage nach hause fährt, damit ich hier etwas freier bin.

ich schäme mich, weil es menschen gibt, die wirklich schlimmer dran sind als ich. und trotzdem könnte ich nur heulen, weil ich mich so eingesperrt und lahmgelegt fühle. dazu kommt eben die beziehung zu meinem mann (11 jahre mittlerweile), wo es eben auch so eine struktur gibt: mich vereinnahmen und mir die luft abdrücken. ich ertrage das bald nicht mehr!

lg


eisbärchen
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  #2  
Alt 28.05.2010, 12:01
scharanas scharanas ist offline
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Beiträge: 13
Standard AW: irgendwie wird mir alles zu viel

Hallo Eisbärchen,

zu schämen brauchst du dich bestimmt nicht wegen deiner gedanken.
du solltest dich "wichtig" nehmen , ansonsten wirst du selbst krank und dann ist niemand geholfen. höre zu wenn deine "seele hilfe schreit".
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  #3  
Alt 02.10.2010, 15:00
Eisbärchen Eisbärchen ist offline
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Beiträge: 21
Standard AW: irgendwie wird mir alles zu viel

hallo wieder!

Zitat:
zu schämen brauchst du dich bestimmt nicht wegen deiner gedanken.
du solltest dich "wichtig" nehmen , ansonsten wirst du selbst krank und dann ist niemand geholfen. höre zu wenn deine "seele hilfe schreit".
das ist wohl wahr. man versucht es ja auch. ich kann mich sooo ja nicht beschweren. aber ich bin halt schon überfordert mit der situation.

wir hatten halt früher nie viele kontakte. und jetzt macht sich das erst recht bemerkbar. meine mutter ist momentan geheilt, geht auch wieder stundenweise arbeiten. das war schonmal gut, damit sie wenigstens etwas abgelenkt ist. sie hat das wohnzimmer neu tapeziert und sich ein kleines schränkchen gekauft, was sie dann selber zusammenbasteln musste. damit waren dann schonmal ein paar wochen ablenkung. sie tut sich schwer mit den kontakten. obwohl sie einmal die woche in den kirchenchor geht und sich auch letztens mit einer ehemaligen kollegin getroffen hat...

die einsamkeit und trauer kommt jetzt erst so richtig, nachdem sie die krebstherapie hinter sich gebracht hatte und erstmal selber mit dem leben davongekommen ist. auch während der therapie hatte sie ja auch viele termine wahrzunehmen. ich bin echt überfordert mit der situation. mein mann und ich wohnen 50 km weg von ihr. ein gemeinsames haus mit abgetrennten wohnbereichen für jeden wäre wohl das beste, ist aber leider überhaupt nicht finanzierbar. sie hatte schon überlegt, sich eine wohnung bei uns in der gegend zu holen. aber hier kennt sie ja überhaupt niemanden. ich habe auch angst davor, zu sehr vereinnamt zu werden. ich wollte mich grade aufmachen, mir selber erst mal ein leben aufzubauen, als die ganzen schicksalsschläge kamen und plötzlich von einem tag auf den anderen alles anders war. auf der anderen seite möchte ich ihr natürlich auch helfen. ich bin dabei ein paar veranstaltungen herauszusuchen aus dem internet, die sie vielleicht besuchen könnte.

momentan kommt noch erschwerend hinzu, dass sie noch sehr viel resturlaub hat. sie hat jetzt ein wochen frei und dann den ganzen november und fast den kompletten dezember. der todestag meines vaters nähert sich auch.

ich weiß, meine mutter hält sich schon schwer zurück. nächste woche kommt sie wieder für 2 oder drei tage, weiß nicht. wir sitzen hier auf 65 qm ziemlich eng zusammen. und ich kann ja überhaupt nichts arbeiten oder sonst was machen, wenn sie hier ist. und sie hat hier ja auch nichts zu tun. es macht mich wahnsinnig, weil ich das dumpfe gefühl habe - es wird sich gar nichts mehr ändern an dieser situation. warum sollte es das? alles bleibt an meinem mann und mir "hängen".

eine bekannten von uns hat auch eine mutter, deren mann nicht mehr lebt. die ist auch ständig vor ort, wenn wir dort sind. ich fand die vorstellung total grauselig. die frau wird ja auch total vereinnahmt von ihrer mutter irgendwie. ich wollte so ein leben eigentlich nicht - mein mann, meine mutter und ich... aber ich habe das gefühl, dass ich da gar nicht drumherum komme. kontakte, egal, wie sie jetzt daherkommen, werden ihr wohl auch nicht so wahnsinnig viel geben, da sie eben neu sind. wenn ihr versteht, was ich meine...

ich habe so das gefühl, dass ich mein leben komplett in die tonne kloppen kann. ich werde ewig hartz IV bleiben, wenn das so weiter geht. ich pack' das einfach nicht....

liebe grüße

eisbärchen
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  #4  
Alt 02.10.2010, 15:34
Benutzerbild von Wasser13
Wasser13 Wasser13 ist offline
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Registriert seit: 16.04.2010
Beiträge: 138
Standard AW: irgendwie wird mir alles zu viel

Schwierige Situation liebes Eisbärchen,

und ziemlich viele Einschläge, die gerade hinter Dir liegen. Neben einer offenbar nicht unproblematischen Beziehung zu Deiner Schwiegerfamilie vorrangig Deine Mutter ...

Mit ihrem "sagt mir, wenn ich euch auf den Keks gehe", hat sie Euch einerseits die Tür geöffnet, andererseits aber auch den Wind aus den Segeln genommen. Vielleicht bleibt Dir nichts anderes übrig, als mal ein Gespräch mit ihr zu führen (kannst ja anfangen, indem Du ihr sagst, Du hätteste jetzt mal all Deinen Mut zusammengenommen ... möchtest ihr was sagen, dass Dir auf der Seele liegt ... möchtest aber nicht missverstanden werden ... ...), ihr zu sagen, dass Du sie sehr gerne bei Dir hast, aber auch ein bisschen Freiraum für Dein eigenes Leben nicht nur haben möchtest, sondern auch musst, wenn Du beruflich wieder festen Boden unter die Füße bekommen willst/musst. Energie, die Dinge zu ändern, scheinst Du zu haben, setze sie richtig ein.

Hat Deine Mutter denn vielleicht auch während der Therapien Kontakte knüpfen können, die sie pflegen könnte? Oder wie sieht's mit Hobbies aus? (Irgendwas, dass sie auch bei Dir machen kann? - Nur damit Ihr Euch nicht schweigend gegenüber sitzt) Chor hast Du erwähnt ... Kirchenchor? Wie sieht's mit einem Kirchenchor in Deiner Nähe aus? ... Oder soziales Engagement? Rotes Kreuz? Tagesmutti/-omi? Irgendwas, damit auch sie wieder einen geordneten Tagesablauf bekommt ...

Ich wünsche Dir viel Glück ... und das Du Dein Leben wieder in geordnete Bahnen lenken kannst ... Lerne auch mal "Nein" zu sagen; vor Dir liegt noch mehr als die Hälfte Deines Lebens ...

Noch was: pass' nicht nur gut auf Dich auf - verlier auch Deinen Mann/Deine Ehe nicht aus den Augen ...
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  #5  
Alt 02.08.2012, 13:44
Eisbärchen Eisbärchen ist offline
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Beiträge: 21
Standard AW: irgendwie wird mir alles zu viel

:-)

Geändert von Eisbärchen (04.08.2012 um 12:43 Uhr)
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