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  #1  
Alt 11.07.2012, 22:14
Aquintos Aquintos ist offline
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Beiträge: 109
Standard Meine Mutter kommt nicht klar...

Hallo Ihr Lieben,

aus meiner Überschrift "Denkfehler" ist nun ein weiteres Problem entsprungen.
Das Problem ist meine Mutter.

Nach dem Tod meines Papas am 19. Mai habe ich sehr viel Zeit mit meiner Mutter verbracht, ihr geholfen alles zu regeln oder in Gang zu setzen. Klar ist sie traurig, so wie ich auch.
Aber nur sie ist nun "alleine". Ich natürlich nicht. Sie leidet am meisten.

Ich bin auch alleine (keinen Mann, keine Kinder...ich kenne es nicht anders als "allein" zu sein, wobei "allein" nicht gleichbedeutend mit "einsam" sein muss).

Die letzten Wochen sind also so verlaufen, daß ich nach Feierabend zu meiner Mutter fahre. Ihr fällt auch ständig etwas ein, wieso ich unbedingt kommen muss. Ich mache es gerne, keine Frage. Allerdings habe ich auch mein eigenes Leben und bin voll berufstätig.
Meine "Freizeit" wird verplant und selbst bei den kleinsten Erledigungen will sie dabei sein.

Wir haben eine feste Uhrzeit, wann ich sie von der Arbeit aus anrufe (und es ist im Moment auch so, daß ich auch immer wissen möchte, was sie wann vor hat....wenn ihr auch noch etwas passieren sollte, habe ich niemanden mehr).

Ihre erste Frage ist dann immer: "Wann kommst Du denn heute?"
Ich habe dann immer ein Fragezeichen überm Kopf...wieso soll ich kommen, was ist denn nun schon wieder? Meine Gedanken drehen sich um meinen eigenen Haushalt, meine Hobbys, meine Freunde.
Und ich fahre trotzdem hin...und schwupps ist es wieder 21 Uhr. Der Tag ist um.

Meine Mutter meinte gestern, daß sie sich fühlt wie ein Kind jetzt...wie MEIN Kind. Weil ich viele Dinge für sie erledige und ihr helfe.
Montag musste ich Abends mit zu einem Termin, weil Versicherungsdinge geklärt werden mussten mit dem zuständigen Vertreter. Abend futsch.

Gestern Abend bin ich mit Ihr nach Feierabend den Weg zu einem Amt "probegefahren" (sie hat kein Navi und wollte wissen wie sie dahin kommt), wo sie heute Termin hatte. Abend futsch.

Heute Abend Schreibkram erledigen. Abend futsch.

Fürs Rasenmähen bin ich ihrerseits fest eingeplant.

Und natürlich kam die Frage: "Was machen WIR denn am Wochenende?"
Bei dem "WIR" bekomme ich schon Gänsehaut.

Also ICH habe einen Plan fürs Wochenende...und zwar Schlafen!
Am liebsten 2 Tage lang. Mir fehlt nur jemand, der in der Zwischenzeit meine Wohnung putzt, meine Wäsche macht und einkaufen geht.
Meine Mutter meinte gestern, ich könnte doch meine Wäsche mitbringen zum waschen und bügeln und auch natürlich bei Ihr einziehen. Das wäre ja so praktisch.

Ich habe mittlerweile einen Pfeifton im Ohr, sitze morgens zitternd am Esstisch, weil ich nicht weiss, was ihr noch für Ideen kommen.

Ich habe in einigen Beiträgen, als es meinem Vater schlecht ging, geschrieben, daß man sich selber nicht vergessen soll, weil man sonst kaputt geht.

Jetzt bin ich selber in dieser Mühle. Meine Mutter ist wie eine Krake....da kommt man so schnell nicht wieder raus.

Puh, ich musste das mal loswerden.

LG
Aqui
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Man sieht die Sonne langsam untergehen; und erschrickt doch, wenn es plötzlich dunkel ist.

Papa: *31.01.1948 +19.05.2012
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  #2  
Alt 12.07.2012, 08:39
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Denkfehler?

Liebe Aqui,

was du beschreibst, das kenne ich auch. Mein Papa ist im Februar gestorben und meine Mama leidet auch sehr unter dem Verlust und hat arge Probleme, zurück ins Leben zu finden bzw. sich mit dem neuen Leben zu arrangieren. Anfangs habe ich ihr wirklich nahezu alles "Äußerliche" abgenommen, was dazu geführt hat, dass sie sich total auf mich fixierte. Ähnlich wie bei deiner Mama. Ich denke, bei euch ist es ja noch sehr frisch... Ihr seid noch in der Trauerphase und wie du schon schreibst, deine Mama ist jetzt allein. Das muss unglaublich schwer sein, wenn man eine so lange Beziehung hatte. Der andere ist einfach Teil von einem selbst und wenn er dann unfreiwillig gehen muss, stirbt man wohl selbst ein wenig mit... Es braucht seine Zeit, bis man mit der Trauer umgehen kann, ohne den Partner zu leben und sich an die neue Lebenssituation gewöhnt. Gib deiner Mutter noch ein wenig Zeit. Ihr beide habt einen großen Verlust zu verarbeiten, doch du trauerst anders als deine Mutter. Du hast deinen Papa verloren, deine Mutter ihren Partner. Noch ist es wahrscheinlich zu früh, aber ich denke, es wäre gut, wenn du deiner Mutter sanft aber bestimmt mitteilst, dass du deinen Vater nicht ersetzen kannst und auch nicht ihr Partner bist. Auch du trauerst und auch du vermisst deinen Papa unendlich. Vielleicht mag deine Mutter sich einer Trauergruppe anschließen. Dadurch hätte sie auch die Möglichkeit, andere Frauen in einer ähnlichen Situation kennen zu lernen und der Austausch mit ihnen würde ihr bestimmt helfen. Du kannst nicht all diese Bereiche abdecken und wie du schon schreibst, du hast auch dein eigenes Leben, deine Träume, deine Wünsche, deine Hoffnungen. Momentan lebst du da auf Sparflamme. Für eine Übergangszeit ist das okay, doch auf Dauer funktioniert das nicht und du spürst dies bereits... Zeit, mit deiner Mutter offen zu sprechen, dass es so nicht weitergehen kann. Du bist für sie da, jedoch nicht rund um die Uhr und ständig und auf Abruf. Vielleicht wirst du damit bei ihr auf Unverständnis stoßen, eventuell wird es Tränen geben, doch um so ein Gespräch kommt ihr beide nicht herum. Bei uns hat es Ostern während des Dänemarksurlaubs geknallt. Da habe ich mich geradezu mit meiner Mutter gefetzt und es wurde laut und schrill. Im nachhinein kann ich sagen, dass es jedoch gut war, dass wir sozusagen beide "explodiert" sind. Es war wie ein reinigendes Gewitter. Es hat zwar auch weh getan und war unangenehm, doch es war rechtzeitig. Danach hat sich vieles für uns beide geändert. Meine Mutter hat akzeptiert, dass ich ihr nicht den Partner ersetzen kann. Ich habe akzeptiert, dass der Verlust für sie ein anderer ist als für mich, dass sie schwerer daran trägt und mehr Zeit als ich benötigen wird. Sie weiß, dass ich ihr jederzeit helfe und immer für sie da bin, wenn sie mich braucht, aber dass sie nun auch lernt, allein zu sein. Wir schaffen das gemeinsam recht gut! (Ich bin übrigens 42, meine Mutter wird im august 70 und ich habe eine 14jährige Tochter, bin jedoch allein erziehend). Meine Mutter reakitiviert ihre Freundschaften, ist aufgeschlossen für neue Begegnungen, so werden wir im September an einem Trauerseminar teilnehmen. Daher möchte ich dich nur ermutigen, mit deiner Mama offen zu sprechen. Es funktioniert...

Alles Liebe
Miriam
__________________
Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!
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  #3  
Alt 12.07.2012, 14:06
ullawo ullawo ist offline
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Standard AW: Denkfehler?

Hallo Aqui,
ich schreibe jetzt als Mutter.....
Unsere Tochter war ja dabei als mein Mann starb. Sie hatte ein sehr, sehr enges Verhältnis zu ihrem Papa, wie eben viele Töchter.
Sie hat mich die nächsten Tage bei allen Erledigungen begleitet, Bestatter, Lieder für die Trauerfeier ausgesucht, Gespräch mit dem Pfarrer, Aussuchen der Grabstelle, des Steins.
So unser Sohn am WE kam hat er auch viel Zeit mit mir verbracht.
Manchmal dachte ich schon, Kinder lebt euer Leben. Ich merkte und merke immer noch, ich brauche viel Zeit für mich alleine. Ich freue mich tierisch wenn einer von beiden oder auch mal beide hier sind, aber selbst das erschöpft mich.
Ich habe also teilweise das umgekehrte Problem und denke manchmal ich muss die beiden nochmals abnabeln.
Wenn ich mal einen Tag nicht anrufe oder texte, kommt sofort Anruf/Nachricht wie es mir geht. Ich finde das total lieb und schön, aber ich sehe auch die Realität, die beiden haben ihr eigenes Leben und ich muss mir meines wieder aufbauen, ohne meinen Schatz an meiner Seite.
Ich kann Dich also gut verstehen, und es ist wichtig,, dass Du ganz einfach auch an Dich denkst. Und Du brauchst auch nicht Rechenschaft ablegen über jeden Schritt, aber das muss Deine Ma erst lernen.
Als Dank für ihre ganze Hilfe fahre ich im Dez. mit meiner Tochter eine Woche auf der AIDA. Haben wir letztes Jahr im Februar auch schon mal gemacht, hat uns gut gefallen und sie wollte es auch gerne nochmal. Sonst hätte ich mir eine Einzelkabine genommen.
Denn auch das ist etwas was gelernt werden will, alleine essen gehen, alleine etwas unternehmen, alleine in Urlaub fahren., Ganz schön schwierige dinge alles.
Liebe Grüße
Ulla
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  #4  
Alt 12.07.2012, 21:34
Aquintos Aquintos ist offline
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Standard Mama kommt nicht klar...

Liebe Mirilena, liebe Ulla,

vielen Dank für Eure aufbauenden und verständnisvollen Worte.

Heute bin ich mal nicht hingefahren; wir haben nur telefoniert. "Och, kommst Du heute nicht??"

Ulla, als Du beschrieben hast, daß Du mit Deiner Tochter eine AIDA-Fahrt machst, haben sich bei mir schon wieder die Nackenhaare aufgestellt. Es wäre für mich momentan undenkbar, mit meiner Mutter 1 oder 2 Wochen auf kleinstem Raum zu verbringen. So eine Idee in etwa hatte sie nämlich schon.

Ihre Freundin hatte die Idee, 4 Tage Kurzurlaub mit ihr in einem Hotel zu machen. Ich hab Ihr gesagt, sie soll zusagen und sich mit Ihrer Freundin ein paar schöne Tage machen. Meine Mutter kam auf die Idee, daß ich ja mitkommen könnte....und dann ging es los..."Ich zahl auch das Zimmer, bitte komm mit....". Der Mann der Freundin hat die beiden hinkutschiert; ich sollte sie abholen (1 Strecke 250 km). Anstatt mit ins Hotel zu fahren habe ich das Wochenende bei Freunden in der Nähe verbracht. Da hatte ich mehr von.

Als ich am Abreisetag der beiden im Hotel ankam war alles super. Mama strahlte; es wäre soooo schön gewesen.
Kaum sind wir im Aufzug und die Türen schliessen sich (die Freundin ist Treppen gelaufen...kann meine Mama wegen COPD nicht mehr) geht es los...jammer, nörgel "Mir geht es schlecht, das war alles so anstrengend, es tut mir hier und da weh...jammer, jammer".....Aufzugtür geht wieder auf und sie strahlt wieder. Innerhalb von 10 Sekunden (1 Etage im Aufzug) zieht sie einen wieder runter. Ich war sprachlos und habe ihr auch gesagt, daß es doch nicht normal ist. Da fahre ich den ganzen Weg um sie abzuholen (OK, ich war eh an dem WE in der Nähe...aber auch nur wegen Ihr...ich habe mich quasi bei Freunden eingeladen, nur um etwas näher "dran" zu sein, damit es sich wenigstens für MICH lohnt) und dann sowas.

Nächsten Monat hat sie Geburtstag. Ich habe sie gefragt, was sie sich wünscht oder ob sie was Schönes irgendwo gesehen hat.
"Ich will, daß Papa wieder nach Hause kommt", das wäre ihr einziger Wunsch.

Die Idee mit der Trauergruppe hatte ich schonmal vorgeschlagen. Da kommt dann "Ach, was soll ich denn da? Die heulen ja alle nur rum.....".
Im Moment ist es echt schwer.

Meinen Freitag & Samstag-Nachmittag hat sie schon verplant.
Manchmal gibt sie sich auch absichtlich so hilflos, daß ich sie am liebsten mal schütteln möchte.
Manchmal meine ich, ich habe ein kleines Kind vor mir, ein anderes mal eine 100-Jährige Frau.

Dazu kommt, daß sie meinen Vater neuerdings auf eine Art "Thron" erhebt (hört sich blöd an), er wäre ein guter und toller Ehemann und Partner gewesen.
Ich weiss, daß es nicht immer so war; 40 Jahre sind schliesslich eine lange Zeit und nicht alles ist immer Friede-Freude-Eierkuchen.

Meine Mutter meinte gestern Abend noch "Komisch, daß man immer nur an die schönen Sachen denkt". Aber ich denke, das ist normal.
Bis man klar im Kopf wird und einem auch andere Dinge einfallen.

Und wenn das so weiter geht, muss ich Ihr mal den Kopf waschen. Allerdings bin ich in meiner Art immer sehr direkt...was raus muss, muss raus, auf direktem Weg.

So, genug für heute. Ich merke gerade wie ich sauer werde. Zeit aufzuhören.
LG
Aqui
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Man sieht die Sonne langsam untergehen; und erschrickt doch, wenn es plötzlich dunkel ist.

Papa: *31.01.1948 +19.05.2012
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  #5  
Alt 12.07.2012, 21:45
Benutzerbild von nala1810
nala1810 nala1810 ist offline
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Standard AW: Denkfehler?

Ach Aqui;

ja das kenne ich zu gut, mein Dad leidet auch sehr seitdem meine Mum nicht mehr bei uns is (12.02.12) , ich muss zwar nicht ständig zu ihm fahren, weil er gerade viel bei seinem Bruder, meinem Onkel ist. Dieser renoviert gerade sein Haus. Mittlerweile war er schon 12 Wochen weg, nun ich habe zwar die Kinder und meinen Mann, aber immer wenn ich dann bei meinen Eltern bin zum Blumen gießen, die Post reinholen und ähnliche Dinge, falle ich in ein tiefes Loch, bin alleine obwohl ich doch jemanden habe?!?!?!?

Mein vater wiederum, ist wenn er dann mal da ist immer auf dem Sprung, gestern kam er zum Haareschneiden (ich bin Friseurin) und nach einer knappen Stunde führ er schon wiedr heim. Er muss noch jemandem helfen, vom Sportverein, ich weiß nicht ob es stimmt, aber weg war er. Am letzten Wochenende war bei uns Stadtfest, wir halfen beim Kuchenstand des Musivereins und er kam für 40 min, aß mit den Enkelkindern eine Wurst und ging wieder, er leidet so ist immer auf der Flucht, er vermisst sie genauso wie wir alle, aber er zeigt eben wie immer leider keine Gefühlsregungen, er ist wohl so erzogen Jungen und Männer weinen nicht, ich hab keine Ahnung.

Liebe Grüße
Nala
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[
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  #6  
Alt 12.07.2012, 21:46
Aquintos Aquintos ist offline
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Standard Mama kommt nicht klar...

Liebe Mirilena, liebe Ulla,

vielen Dank für Eure aufbauenden und verständnisvollen Worte.

Heute bin ich mal nicht hingefahren; wir haben nur telefoniert. "Och, kommst Du heute nicht??"

Ulla, als Du beschrieben hast, daß Du mit Deiner Tochter eine AIDA-Fahrt machst, haben sich bei mir schon wieder die Nackenhaare aufgestellt. Es wäre für mich momentan undenkbar, mit meiner Mutter 1 oder 2 Wochen auf kleinstem Raum zu verbringen. So eine Idee in etwa hatte sie nämlich schon.

Ihre Freundin hatte die Idee, 4 Tage Kurzurlaub mit ihr in einem Hotel zu machen. Ich hab Ihr gesagt, sie soll zusagen und sich mit Ihrer Freundin ein paar schöne Tage machen. Meine Mutter kam auf die Idee, daß ich ja mitkommen könnte....und dann ging es los..."Ich zahl auch das Zimmer, bitte komm mit....". Der Mann der Freundin hat die beiden hinkutschiert; ich sollte sie abholen (1 Strecke 250 km). Anstatt mit ins Hotel zu fahren habe ich das Wochenende bei Freunden in der Nähe verbracht. Da hatte ich mehr von.

Als ich am Abreisetag der beiden im Hotel ankam war alles super. Mama strahlte; es wäre soooo schön gewesen.
Kaum sind wir im Aufzug und die Türen schliessen sich (die Freundin ist Treppen gelaufen...kann meine Mama wegen COPD nicht mehr) geht es los...jammer, nörgel "Mir geht es schlecht, das war alles so anstrengend, es tut mir hier und da weh...jammer, jammer".....Aufzugtür geht wieder auf und sie strahlt wieder. Innerhalb von 10 Sekunden (1 Etage im Aufzug) zieht sie einen wieder runter. Ich war sprachlos und habe ihr auch gesagt, daß es doch nicht normal ist. Da fahre ich den ganzen Weg um sie abzuholen (OK, ich war eh an dem WE in der Nähe...aber auch nur wegen Ihr...ich habe mich quasi bei Freunden eingeladen, nur um etwas näher "dran" zu sein, damit es sich wenigstens für MICH lohnt) und dann sowas.

Nächsten Monat hat sie Geburtstag. Ich habe sie gefragt, was sie sich wünscht oder ob sie was Schönes irgendwo gesehen hat.
"Ich will, daß Papa wieder nach Hause kommt", das wäre ihr einziger Wunsch.

Die Idee mit der Trauergruppe hatte ich schonmal vorgeschlagen. Da kommt dann "Ach, was soll ich denn da? Die heulen ja alle nur rum.....".
Im Moment ist es echt schwer.

Meinen Freitag & Samstag-Nachmittag hat sie schon verplant.
Manchmal gibt sie sich auch absichtlich so hilflos, daß ich sie am liebsten mal schütteln möchte.
Manchmal meine ich, ich habe ein kleines Kind vor mir, ein anderes mal eine 100-Jährige Frau.

Dazu kommt, daß sie meinen Vater neuerdings auf eine Art "Thron" erhebt (hört sich blöd an), er wäre ein guter und toller Ehemann und Partner gewesen.
Ich weiss, daß es nicht immer so war; 40 Jahre sind schliesslich eine lange Zeit und nicht alles ist immer Friede-Freude-Eierkuchen.

Meine Mutter meinte gestern Abend noch "Komisch, daß man immer nur an die schönen Sachen denkt". Aber ich denke, das ist normal.
Bis man klar im Kopf wird und einem auch andere Dinge einfallen.

Und wenn das so weiter geht, muss ich Ihr mal den Kopf waschen. Allerdings bin ich in meiner Art immer sehr direkt...was raus muss, muss raus, auf direktem Weg.

So, genug für heute. Ich merke gerade wie ich sauer werde. Zeit aufzuhören.
LG
Aqui
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Papa: *31.01.1948 +19.05.2012
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  #7  
Alt 13.07.2012, 08:05
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Denkfehler?

Liebe Aqui,

oje, nachdem, was du erzählst, wird es Zeit, dass du dich mit deiner Mama aussprichst, bzw. ihr sagst, was du bereit bist zu geben und wo deine Grenzen sind. Sonst "explodierst" du demnächst und schmeißt ihr tatsächlich Dinge an den Kopf, die sie nur verletzen und die du anschließend bereust, oder du "implodierst" und dann geht gar nichts mehr. Keine der beiden Varianten ist zu empfehlen. Da hilft nur ein offenes Gespräch.

Ich habe den Eindruck, als hätten sich bei euch die Rollen vertauscht. Du übernimmst so eine Art Mutterfunktion für sie und sie benimmt sich bisweilen wie ein nörgelndes Kind... Das hatte ich mit meiner Mutter auch und dann hat es in Dänemark in unserem Ferienhaus geknallt. Als ich mal nicht ganz so verständnisvoll und liebenswert war, schmiss sie mir an den Kopf, ich würde sie schlecht behandlen und sie verstünde schon, sie wäre mir nur ein Klotz am Bein und am liebsten sei sie tot... Da ist mir der Kragen geplatzt. So viel Selbstmitleid konnt eich nicht ertragen. Gerade in Anbetracht der Tatsache, dass ich mich ganz doll um sie gekümmert habe, ihr wirklich alles abnahm und meine eigene Trauer mit mir ganz allein ausmachte... Ich habe sie dann auch angeschrien und gefragt, ob sie denke, sie wäre die einzige, die hier trauert. Sie erwarte zu viel von mir und ich wäre weder ihre Mutter noch ihr Partner... Wir sind dann auseinander gegangen, mein Herz raste und ich war knallrot vor Wut. Natürlich fühlte ich mich auch ganz schlecht... Aber dennoch war es ein renigendes Gewitter. Wir haben uns später noch einmal ruhig unterhalten und da kontnen wir dann vieles klären. Jetzt läufrt es bei uns wieder rund. Ich verbringe heute dennoch viel Zeit mit meiner Mutter, aber ich habe auch meine freien "Inseln". Und die brauchst du auch, Aqui!

Liebe grüße
Miriam
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

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  #8  
Alt 13.07.2012, 10:22
wölkchen16 wölkchen16 ist offline
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Standard AW: Denkfehler?

hallo aqui,


boah, diese posts sind heftig..... ..... als ich sie zum ersten mal gelesen habe, dachte ich, das könnte auch ich geschrieben haben.... da war ich völligst geschockt und platt ......

sooooo viele gemeinsamkeiten..... und dann noch dieses beschreiben deiner mutter, dass sie nicht weiss wie tanken, weg finden, papierkram erledigen,.... geht..... *wow*


genauso ist es bei uns auch .....



mama "frisst uns auf" ..... mir fällt das gerade so dolle auf, weil sie im moment mit meiner schwester in holland ist und morgen zurück kommt.....

die "mamaauszeit" ( keine täglich stundenlangen telefonmonologe, keine verpflichtungen ihr bei alltagskram zu helfen, nicht dieses ständige unterschwellige schlechtes gewissen machen .... :"na, du MUSST doch jetzt für mich da sein, mein mann ist tot. dich um mich zu kümmern ist jetzt deine oberste pflicht !".................. ) ....tut mir so gut, es ist unglaublich, wie frei sich diese knapp 2 wochen anfühlen ......


bei mir kommt hinzu, dass ich seit dem tod meines papas alleine lebe, mich von meinem freund getrennt habe, und meine beiden schwestern eben nicht, sie leben in festen beziehungen, was deren glück ist......

mama sagt immer wieder :"DU bist doch allein! DU musst dich doch kümmern ! DU hast doch IMMER für mich zeit ! DU kannst dich doch nach mir richten ! DU hast doch keine verpflichtungen, auf deine geschwister muss ich ja rücksicht nehmen, sie haben ja ein EIGENES LEBEN ! ........ .........


boah, ich merke gerade, dass es besser ist, aufzuhören ........


liebe aqui

jetzt habe ich deinen tread vollgequatscht mit meinem zeug...... .... ich lasse es einfach unzensiert stehen,.... vielleicht kannst du was damit anfangen - sehen, dass du nicht alleine bist ......

*knuddel*
wölkchen
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  #9  
Alt 13.07.2012, 11:35
Sasa111 Sasa111 ist offline
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Standard AW: Denkfehler?

Hallo Aqui,

Ersteinmal mein aufrichtiges Beileid, es tut immer sehr weh ein Elternteil zu verlieren, egal in welchem Alter!!!!

zum Thema "Trauerkarten":
Es gibt etliche Menschen, die waren noch nie mit Krankheit und Tod konfrontiert... Sie wissen nicht damit umzugehen, möchten aber traditionsgemäß irgendwas loswerden.
Nach dem Tod meiner Mutter im März '12 erhielt mein Vater auch massig Kondolenzkarten. Keine einzige habe ich gelesen, denn es interessierte mich nicht was Nachbar XY, entfernter Bekannter YZ zu sagen hatte. Immer diese Standardsprüche.
Du wirst von deinen Freunden sicherlich genug Zuspruch erhalten haben. Denk lieber an die schönen Zeiten mit deinem Dad, als an Vergessene Namen auf mehr oder minder hübsch bedruckter Pappe.
Trotzdem kann ich verstehen, dass du dich übergangen gefühlt hast und gerade in so einer Zeit, in der Mann eh schon tief verletzt hast, mag das einen schneller erschüttern.

Zum Thema: Einengung durch Elternteil
Ich war ein Jahr lang (Feststellung Krebs bei Mama bis Tod) jeden! Tag nach der Arbeit bei ihr. Bis 22 Uhr... ich habe ihre Arzttermine geregelt, teilweise mitgefahren. Ich habe sie als sie nicht mehr laufen konnte 7 Monate gepflegt, alles nach der Arbeit und mir nie ein eigenes Leben zurückgewünscht.
Mein Vater hat sich meines Erachtens nicht genug gekümmert, ich habe sie gebadet, gewickelt...
Ich schweife ab....zurück zum Thema
Nun ist mein Vater alleine in dem Haus.
Seine Schwiegereltern wohnen in der Wohnung über ihm.
Meine Schwester ein paar Gehminuten entfernt.
Er ruft JEDEN Tag an, will wissen wann und ob ich komme. Meine Schwester ruft mich jeden Tag an um Trauer loszuwerden, mein Vater ebenfalls.
Meine Großeltern wollen mich auch oft sehen.
Ich habe mich mit allen an einen Tisch gesetzt und ihnen so hart es klingt gesagt, dass ich nun meine Ruge brauche. Das ich natürlich noch zu Besuch komme, ich mich aber mittlerweile wie ein Seelenmülleimer fühle und das sie sich nicht wundern müssen, wenn ich nich mehr jedes Mal den Anruf entgegen nehme.
Sie müssen den Weg ins Leben zurückfinden, doch ich muss es auch. Wenn wir nun anfangen andere ins Leben zurückzuführen, gehen wir nicht unseren eigenen Weg.
Setz Grenzen, sprich sie an. Klar wird deine Mama darüber traurig sein, aber tief im Inneren wissen, dass ich Forderungen Grenzen haben müssen und du dein eigenes Leben hast.

Alles Gute Wünsche ich dir auf deinem weiteren Weg.

LG,
Sarah
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