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Alt 01.06.2011, 17:10
Dirk1973 Dirk1973 ist offline
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Ort: Ende aus, Micky Maus
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Standard AW: Endlosschleife in der Gefuehlsachterbahn

Liebe MaTini,

sich wieder zu rappeln nachdem man aus bester Gesundheit heraus mit einer Tod bringenden Krankheit konfrontiert wurde, ist wahrlich nicht einfach. Auch sind die Ängste und Sorgen für Nichtbetroffene oftmals nur sehr schwer nachzuvollziehen. Es macht halt doch noch einen gravierenden Unterschied, ob es einem selbst ans Leder geht, oder nicht.

Ich selber arbeite im Rettungsdienst und hatte eine Vielzahl an sehr unschönen und auch belastenden Einsätzen. Einige davon nahm ich mit nach Haus und sie beschäftigten mich auch mal etwas länger. Mit dem konsequenten Zugewinn an Routine und Verarbeitungsstrategien lenkte sich das aber mit zunehmendem Alter in "geordnete" Bahnen, so dass mich heute nicht mehr viel aus dem Ruder laufen lässt. Das war auch zu meiner Erkrankung schon so.
Aber dann die Seiten zu wechseln und eben selber in eine Therapie-Maschinerie zu geraten und wie ein Hamster im Laufrad zu funktionieren, war auch für mich eine ...... vorsichtig umschrieben... sehr interessante Erfahrung. Während der Therapie war alles halbwegs schick, denn ich war ja ständig wegen diesem Mist unterwegs und beschäftigt. Nach Ende der Therapie kam dann ein Loch. Der inzwischen zur Gewohnheit gewordene Therapie-Alltag hatte ein recht plötzliches Ende. Erst jeden Tag in die Klinik und dann gar nicht mehr. Damit hatte ich auch erst Probleme.

Ich flüchtete mich dann aber auch in meine geliebte Arbeit zurück, was mir ganz gut tat. Rückwirkend betrachtet wäre ein Psychoonkologe sicher nicht schlecht gewesen.

An Freunden habe ich sehr aussortiert. Es blieb eine Hand voll. Alles andere soll seinen Weg im Leben gehen, mich aber dabei bitte in Ruhe lassen.
Auch habe ich eine ziemlich offene und direkte Art entwickelt, mit Menschen umzugehen. Wer mir blöde kommt, hat nicht zu erwarten, dass ich ihm gegenüber freundlich bleibe.
Zudem verschwende ich meine Zeit nicht mehr. So höre ich mir eben nicht das dämliche Gesabbel über das was der Freund eines Freundes erlebt hat, die ich beide nicht kenne an. Derartige Gespräche breche ich mehr oder minder freundlich, aber bestimmt ab.
Alles in allem kann man getrost sagen, dass ich mich zu einem ziemlichen Egoisten entwickelt habe.
ICH entscheide, was ICH mit MEINER Zeit anstelle.
Okay... all dies führte dazu, dass ich als narzistischer Arroganzbolzen gehandelt und von mir nicht nahestehenden Personen (glücklicherweise) von vornherein in Ruhe gelassen werde. Diejenigen die mich näher kennen wissen und akzeptieren, dass ich an sich ein sehr harmonischer und ganz lieber Typ bin, der sehr gerne lacht, aber halt auch sein Leben weitestgehend selbstbestimmt leben möchte.

Puuuuhhh.... was für ein Aufsatz....

Was soll das nun für Dich bedeuten? Lebe Dein Leben so, wie Du es möchtest. Verbiege Dich nicht, wenn es Dir wehtut und halte Dir oberflächliche Menschen von vornherein von der Pelle. Die paar "echten" Freunde pflege und gehe offen mit Ihnen um. Dann akzeptieren sie Dich und wie Du bist.
Was das leichte Leben angeht. Ich habe mir damals (weiß gar nicht woher ich das plötzlich hatte...) auferlegt, mindestens einmal am Tag ganz genau auf meine Umwelt zu achten. Sitzt ein kleiner Vogel auf dem Terrassengeländer und piepst fröhlich herum, zaubert es mir ein Schmunzeln ins Gesicht. Scheint die Sonne und wärmte mich: fühle ich mich toll, streicht mir der Wind durch die Haare, empfinde ich das als angenehm. Und wenn es regnet... geniesse ich auch die Tropfen auf mir (solange es nicht zu viele werden... ). All diese so alltäglichen Kleinigkeiten sind mir die ganzen Jahre zuvor verloren gegangen und bestätigen mit doch jede Sekunde auf´s neue: ich lebe.

Angst vor Rezidiv? Oh Mann.... mir geht pünktlich vor jeder Nachsorge die Muffe und das Kopfkino bringt Vollzeitvorstellung. Inklusive Schmerzen an der Stelle, wo einst diese blöde Metastase ein beschauliches Heim gefunden hatte. Eigentlich soll es ja immer besser werden.... naja.... dazu enthalte ich mich besser. Ich habe gelernt damit zu leben.
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