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Alt 29.09.2007, 10:04
tinaflo tinaflo ist offline
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Registriert seit: 26.08.2007
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Standard AW: Mein Papa ist betroffen

Mein lieber Papi,

Es ist so unwirklich für mich, dass Du nicht mehr da bist. Vor knapp einer Woche hast du noch deine lieben schwachen Lippen gespitzt und wolltest ein Küsschen haben. Deine Hand war ganz warm und dein lieber Blick aus deinen braunen Augen umschloss mich. Dein Herz schlug schnell, zu schnell. Das Wasser in den Füßen breitete sich weiter nach oben in den Körper aus. Was hast du gekämpft, für dich und für deine Familie, für das Leben und hast den Kampf verloren. Als du am 08.09.2007 den Blutsturz erlitten hast, dachten Mama und ich, du wirst sterben. Du hast uns eines besseren belehrt, hast die Blutung mit deiner inneren Kraft zum Stillstand gebracht, weil die Ärzte dir dabei nicht mehr helfen konnten. Wir waren so froh, dass es dir besser ging. Nach einer halben Woche wurde dein Zustand aber von Tag zu Tag bedrohlicher. Du wurdest immer schwächer, konntest bald nicht mehr mit uns reden, die Schmerzen wur-den immer schlimmer. Weißt du noch, als ich mich den einen Tag verabschiedete und dir sagte, dass alles gut wird, hast du geweint, als ich dein Gesicht liebkoste. Was hast du in diesem Moment gedacht, Papi? Wusstest du, dass du gehen musst? Wenn du einen kurzen klaren Moment hattest, hast du mich ange-schaut mit diesem liebevollen Blick, als wolltest du sagen: „Meine Miezi, mach dir keine Sorgen, es tut mir so leid, dich so zu sehen.“ Wir konnten uns ja nicht mehr austauschen, die Medikamente haben ihre Wir-kung getan. Ich habe dich zum Schluss nicht mehr wieder erkannt, du warst so abgemagert, deine Leber übergroß durch die Metastasen, deine Gesichtszüge so anders. Als ich dich den einen Tag so im Bett sit-zen saß (du hattest deinen Tee übers Bett und auf den Boden verschüttet), konntest nichts sagen, hast nur ganz verstört und hilflos um dich geschaut, da dachte ich, ich breche zusammen. In diesem Moment spür-te ich die Hilflosigkeit so deutlich wie nie. Ich konnte dir nicht mehr helfen. Weißt du noch Papi, als wir uns unterhielten, dass du jetzt nach der harten Chemo eine sanftere Variante nimmst, die Chemo das eine tut und du mit deiner inneren Kraft und Stärke das andere tust, um den Krebs zu besiegen. Ich habe dir gesagt, dass du das schaffst, du bis so stark, du wolltest ja auch wieder die Lebensqualität haben. Der Krebs war stärker, die Metastasen wurden nicht kleiner. Und dann ging alles ganz schnell. Du konntest nicht mehr essen, hast eine Magensonde bekommen, ab diesem Zeitpunkt hast du abgebaut. Man ent-deckte endlich den Tumor (wo war der nur die ganze Zeit??) und fing mit der Bestrahlung an. Eine Wo-che nach der Bestrahlung kamen die inneren Blutungen. Man sagte und im Krankenhaus, dass wahr-scheinlich der Tumor blutet, aber genau wussten die Ärzte es nicht, sie sind ja mit dem Endoskop nicht weit genug reingekommen. Im Merkblatt für die Bestrahlung stand nichts bei Nebenwirkungen, dass der Tumor bluten kann. Ich grüble die ganze Zeit, ob diese ganzen Weißkittel nicht seit Anfang an was falsch gemacht haben, aber das bringt dich mir ja nicht zurück. Am 24.09. um 23.30 Uhr hörte dein Herz auf zu schlagen. Mama hat dir noch ein paar Stunden vorher die Melodie der Sterne vorgespielt, was in dir so viel bewirkt hat. Du hast geseufzt und innerlich gearbeitet und bist dann selbst zu den Sternen gegangen. Ich weiß nicht, ob du gehen wolltest, ob du deinen Zustand unerträglich fandest oder ob du wieder gesund werden wolltest. Wie gerne hätte ich das von dir gewusst. Wir hatten zwei Wochen „Zeit“ uns auf deinen Tod „vorzubereiten“. Es war auch nicht überraschend für uns, als „es“ passierte. Aber jetzt, nach ein paar Tagen, fange ich an zu realisieren, dass du nicht mehr da bist. Ich denke immer, du kommst zurück zu uns, du hattest doch dein Leben noch vor dir. Am 22.10. wärst du 55 Jahre geworden. Papi du fehlst mir so schrecklich. Ich kann nicht aufhören, an dich zu denken, wo bist du jetzt, wann kommst du wieder? Papi, wir haben dir deine Lieblingssachen rausgesucht. Die drei kleinen Marienkäferchen, die du in jedem Krankenhaus bei dir hattest, begleiten dich auch auf deiner letzten Reise. Am 12.10. nehmen wir Abschied von dir, wie soll ich Abschied von dir nehmen? Ich brauch dich doch so, mein Papi. Hast du deinen Papa schon wieder getroffen? Ihr wart drei Jahre getrennt, es war ein Schock für dich, als dein Papa gehen musste und hast es nicht richtig verarbeitet. Bist du ihm deshalb gefolgt? Aber wenn ihr euch wieder habt, dann freue ich mich so sehr für euch, dann weiß ich, dass es dir gut geht. Mein Papi, ich hoffe, du hast immer ein Auge auf mich, passt auf mich auf, warum sollte es sich jetzt ändern?
Ich hab dich so lieb, Deine Miezi
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