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  #1  
Alt 09.11.2005, 18:41
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Ylva Ylva ist offline
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Standard Alltags bewältigung

Hallo,

letztes jahr ende mai anfang juni bekam meine mama die diagnose brustkrebs.
seitdem ist alles anders und irgendwie nicht.
alles anders in mir drinnen und bei uns zuhause. aber das "andere leben" geht weiter. mit oder ohne krebs.
Fällt es euch auch so schwer den alltag zu bewältigen?

Am schwersten ist es für mich im Krankenhaus. (mache eine ausbildung zur krankenschwester) momentan bin ich auf einer Inneren Station. Wir haben viele Patienten mit CA´s und überall Metastasen. Ich sehe viele Stadien von Krebs.
Mir fällt es so schwer die Tränen zu unterdrücken. Ich sehe die Angehörigen dieser Patienten,habe meine Familie vor Augen,versinke in Selbstmitleid und habe einfach keine Kraft mehr.
Alltägliche dinge fallen mir schwer und auch die Konzentration in der Schule liess immer mehr nach. (anatomie klausur eine 5 geschrieben usw.)

Wie ist das bei euch?
Wie geht ihr damit um?
Verdrängt ihr "den Krebs" aus eurem Alltag?

Verdammt nochmal wie schafft ihr es zu leben? Wie schaffe ich es zu leben?

Ylva
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  #2  
Alt 09.11.2005, 21:09
Laura5555 Laura5555 ist offline
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Standard AW: Alltags bewältigung

Liebe Ylva,
die Antwort auf diesen Fragen suche ich auch verzweifelt, seit ich erfahren habe, daß meine Mama wieder Krebs hat. Ich fühle mich so unverstanden und einsam, daß mich meine Traurigkeit so sehr beeinflußt, daß ich meinen Alltag einfach nicht mehr bewältigen kann. Meine Gedanken sind immer bei meiner Mama und ich heule ständig los, egal, wo ich gerade bin. Momentan igle ich mich komplett zu Hause ein. Ich weiß, daß das sicher die falsche Lösung ist, aber ich kann zur Zeit nicht anders. Ich kann es nicht ertragen, die Menschen in meiner Umgebung glücklich zu sehen und mich mit ihnen über banale Dinge zu unterhalten. Auch habe ich keine Lust, zu telefonieren, weil ich nichts erlebe und nichts zu erzählen habe, außer eben DEM einen Thema, was langsam keiner mehr hören will und kann. Oft habe ich das Gefühl, daß es meinen Freunden auch lieber ist, ich spreche das Thema nicht mehr an, damit ich sie nicht aus ihrer heilen Welt reißen und sie mit Dingen konfrontieren kann, über die sie lieber nicht nachdenken möchten. Um mein Studium kümmere ich mich auch momentan nicht. Ich habe ein Amerika-Semester geplant, was ich wohl nicht mache. Eigenltich kann ich es mir nicht erlauben, aber es ist mir irgenwie alles egal. Es gibt Momente, in denen ich ersthaft glaube, verrückt zu werden und den Bezug zur Realität vollkommen zu verlieren. Momente, in denen ich nicht mal mehr weinen kann und alles anfängt, zu verschwimmen. Aber es kann so nicht weitergehen. Ich habe mir jetzt vorgenommen, in meiner Stadt nach einer Selbsthilfegruppe für Angehörige zu suchen. Vielleicht findet man dort eher Unterstützung bei Gleichaltrigen, denen es ähnlich geht. Ich denke zwar auch, daß vieles einfach festgelegt ist, ob man besser oder schlechter mit solch einer Situation umgehen kann, aber ein Versuch ist es auf jeden Fall wert.

Jetzt habe ich Dir leider auch keine Lösung nennen können, denn mein Leben ist auch weit von dem entfernt, was ich mir vorgestellt habe, aber vielleicht hilft es ja schon, wenn wir uns ein bißchen austauschen und merken, daß wir nicht ganz allein auf der Welt sind mit diesen Problemen.

Liebe Grüße von Laura.
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  #3  
Alt 09.11.2005, 21:48
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Ylva Ylva ist offline
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Standard AW: Alltags bewältigung

Liebe Laura.

es hilft mir ungemein!
Es ist zwar nicht schön zu lesen,dass es dir ähnlich geht,denn ich kenn deine Gefühle,Ängste und auch die Wut nur zu gut, aber ich fühle mich so verstanden wie schon lange nicht mehr.
Erkläre das mal einem Aussenstehenden,deinen achsotollenimmerfürdichdaseienden freunden,die nur party im kopf haben.
mein leben hat sich gewendet,mein leben hat andere schwerpunkte bekommen und das versteht keiner. ich soll stark sein,weitermachen - warum darf ich nicht auchmal am ende sein? Warum darf ich nicht auch mal keine kraft haben? Warum sind da keine Arme die mich auffangen?Und mittendrin die Wut und der Hass auf den Krebs (ich muss aufpassen,dass ich den krebs nicht so reell sehe das mein hass noch grösser wird) und irgendwo dazwischen noch der Alltag,dem du dein wahres Gesicht nicht zeigen darfst (bsp. auf der arbeit)
Vielleicht sollte ich endlich anfangen,versucbhen zu akzeptieren das es jetzt so ist,dass es nie wieder wie früher sein wird.Theoretisch klappt es ganz gut,praktisch hingegen gar nicht.

Ich wünsch dir alles Liebe & würde mich freuen,wenn wir uns öfter lesen!
Ylva
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  #4  
Alt 10.11.2005, 09:40
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Kerstin63 Kerstin63 ist offline
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Standard AW: Alltags bewältigung

Hallo Ylva und Laura,

ich kenne die Empfindungen die ihr beschreibt auch sehr gut. Nun gehöre ich allerdings inzwischen zu den Hinterbliebenen weil mein Vater am 13.6.04 gestorben ist. Hoffe, es ist trotzdem OK wenn ich Euch hier antworte. Ich stecke da ja im Grunde auch drin - auch wenn ich es z.T. hinter mir habe, jedenfalls das aktuelle Geschehen in dem ihr im Moment drinsteckt. Aber es war genauso, mit der Krankheit und eigentlich noch extremer später mit Sterben und Tod. Gespräch über den Verstorbenen und alles was passiert ist, über Grabpflege usw. sind ungefähr genauso "beliebt" wie die über Krebs und Behandlungen und all die Sorgen und Nöte und das Entsetzen....

Ich war auch schon oft ganz wütend und enttäuscht von meinem Umfeld. Andererseits: ich kann nicht behaupten dass ich es so viel besser gemacht hätte, wenn das einer Bekannten oder Freundin von mir passiert wäre. Ich hatte immer grosse Berührungsängste mit Tod und Krankheit und all dem. Meine Tante (Schwester meiner Mutter) an der ich sehr hing war schon jahrelang krank und starb schliesslich 1/2 Jahr vor meinem Vater. Ich wusste überhaupt nicht wie ich mich verhalten sollte, hab mich schliesslich gedrückt davor am Ende noch zu ihr ins KH zu gehen (hatte innerlich alle möglichen Ausreden, dass ich ihre Söhne nicht stören will usw.). Bei meinem Vater führte dann kein Weg mehr dran vorbei.

Was ich nur sagen will: wenn man selbst richtig drin steckt ist es ganz anders als wenn man nur am Rande berührt wird. Und ich bin nicht mal besonders konfliktscheu oder so... aber dieses Thema weckt in jedem tiefe Ängste und Unsicherheiten, da ist es doch einfacher wegzukucken.... Das ist bestimmt bei den meisten Menschen keine Gleichgültigkeit (ich hatte meine Tante lieb aber die Angst war offenbar grösser, wofür ich mich immer noch schäme, aber so war es nun mal).

Ich erlebe das auch ständig dass das was mich bewegt keiner hören will. Ich habe jetzt das Gefühl, dass sich in mir so eine parallele Gefühlswelt aufgebaut hat. Natürlich ist das Leben jetzt anders als es jemals war, man entdeckt an sich Empfindungen die man nicht kannte, man wird zutiefst erschüttert und zugleich auch stärker, auch wenn man das in dieser Zeit der Hilflosigkeit sicher nicht so empfindet, aber später kann man das merken... Das Leben gewinnt merkwürdigerweise an Tiefe - und die macht es einem oft schwer mit dem Alltag und all den Banalitäten klar zu kommen. Ich habe auch so oft an einem Kaffeetisch gesessen und wusste rein garnix zu sagen weil mich das alles nicht interessierte und ich wusste das was MICH bewegte konnte ich da unmöglich über die Torte hinweg sagen (schade eigentlich...). Zu grausam, zu gruselig....

Aber ich versuche inzwischen das Unvermögen der anderen wohlwollender zu sehen - wie gesagt, ich hätte bzw. hatte es kein Stück besser gemacht. Ich versuche ihnen zugute zu halten, dass es weniger mit Gleichgültigkeit zu tun hat, als mit den eigenen Grenzen die sie nicht überwinden können: Scheu, Ängste, Unsicherheit.... Was bringt einem denn auch der Zorn? Man kann ja niemanden dazu zwingen. Das soll sich jetzt nicht total abgeklärt anhören... ich habe auch schon oft (fies) gedacht "wart's nur ab....." wenn ich mich im Stich gelassen fühlte und so allein....

In gewissem Sinne ist man auch allein damit, ausser man hat das Glück eben doch einige wenige Menschen zu finden die auch offen sind für das ganze Thema. Als mein Vater schwer krank wurde, bekam ich plötzlich Zuwendung und Unterstützung aus ganz unerwarteten Ecken (langjährige Kolleginnen meines Vaters z.B. die mich sehr gestützt haben) während andere die man selbst lange kennt "schlapp gemacht haben".... sogar mein Bruder. Aber so war es eben nun mal. (Wie gesagt, ich war auch nicht besser gewesen).

Ich wollte Euch nur mal versuchen meine Sichtweise zu erklären. Wenn man wütend ist, entfremdet man sich nur noch weiter von "den anderen". Ich finde es inzwischen leichter (für meinen inneren Frieden und für das Miteinander) das zu verzeihen. Es gibt schon Leute denen ich (noch) nicht verzeihen kann was da z.T. passiert ist. Aber so banal es klingt: das andere normale Leben geht eben auch weiter und muss und soll es ja auch. Das innere Erleben wird sicher für immer verändert bleiben. Inzwischen denke ich auch, all das hat mich auch reicher gemacht, innerlich. Ich weiss z.B., wenn das jetzt einer Freundin passieren würde, könnte ich sie auf allen Wegen begleiten. Ich weiss nicht ob ihr versteht was ich meine.

Ich habe inzwischen akzeptiert, dass es Dinge gibt die ich trotz allem Mitteilungsdrang (der manchmal durchbricht je nachdem was mich gerade bewegt) nicht erwarten kann und darf dass jeder das mit mir teilen kann. Ich kann das hier im KK und bei wenigen "echten" Menschen, das muss reichen. Ich versuche, diese neue Gefühlswelt zu akzeptieren, auch dass man sich damit manchmal einsam fühlen kann. Am allermeisten hat mir glaube ich geholfen, dass ich zu der Zeit wegen anderen Problemen in psychotherapeutischer Behandlung war. In meinem Thera hatte ich einen Menschen bei dem ich jederzeit ALLES loswerden konnte (ist ja sein Job - aber er hat es auch gut gemacht), und immer und immer wieder. Kann ich nur empfehlen...vor allem wenn man das Gefühl hat, es allein wirklich nicht mehr zu schaffen.

Ich weiss nicht, ob ihr damit jetzt was anfangen konntet.

Viele Grüsse
Kerstin
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  #5  
Alt 11.11.2005, 20:06
Laura5555 Laura5555 ist offline
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Liebe Ylva,
ich würde mich auch sehr freuen, wenn wir uns in Zukunft öfter schreiben, denn ich habe auch das Gefühl, daß wir uns in unseren Empfindungen sehr ähnlich sind. Es tut gut, zu merken, daß es doch noch andere Gleichaltrige gibt, die das gleiche durchmachen. In meiner Umgebung fühle ich mich immer wie ein Mensch von einer andren Welt, die mit dem Leben hier nichts zu tun hat. Mein Leben ist so anders als das von allen anderen, die ich kenne und ich werde wahnsinnig bei dem Gedanken, daß ich immer älter werde und sich mein Leben aber absolut nicht verändert, und wenn, dann nur zum Negativen. Ich hatte so viele Pläne und plötzlich ist da nur noch Leere und Gleichgültigkeit. Ich frage mich so oft, warum das Leben so schwer und so anstrengend ist, und warum ich oder auch meine Familie überhaupt auf dieser Welt sind, wenn wir doch nur hier sind, um zu leiden und nichts Schönes erleben. Ich fühle mich wie ein Hamster im Käfig. Ich laufe und laufe, aber ich komme nie an und alles, was ich tue, ergibt keinen Sinn.
Nochmal zu den Freunden: Kennst Du das Gefühl, daß du manchmal richtig eifersüchtig/wütend bist auf die Leute in Deiner Umgebung oder auch auf Deine Freunde, wenn Du siehst, wie sie leben und darüber reden? Ich habe Freunde, von denen ich eigentlich immer dachte, daß wir uns sehr nah sind, aber komischerweise bekomme ich jetzt von ihnen kaum Unterstützung. Im Gegenteil, sie quatschten mich ständig mit ihren "Problemen" in ihrer Beziehung voll, nur um mir im nächsten Moment wieder zu sagen, wie wunderbar ihr Freund doch ist und daß sie ihn bestimmt heiraten werden und daß das Leben ja sooooo toll ist.... Normalerweise würde mir das ja auch nichts ausmachen, aber es ist so, daß ich auch so gerne einfach mal ein bißchen getröstet werden würde von ihnen, aber irgendwie kommt da nicht so viel. Können sie mit meiner Situation einfach nicht umgehen oder sind sie wirklich so oberflächlich?
Ich freue mich, wieder von Dir zu hören.
Liebe Grüße
Laura.
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  #6  
Alt 11.11.2005, 20:08
Laura5555 Laura5555 ist offline
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Liebe Kerstin,
ich bewundere Dich so sehr für Deine Stärke und dafür, wie Du mit all dem umgehst. Du hast so Recht mit dem was Du schreibst. Das Leben bekommt auf einmal eine ganz andere Wendung und andere Schwerpunkte und man nimmt Dinge ganz anders wahr. Das, was früher mal von Bedeutung war, wird auf einmal nebensächlich und man beschäftigt sich nur noch mit ein und demselben Thema. Ich finde es nur so schwierig, nebenbei noch ein bißchen eigenständig sein zu können. Mir macht einfach nichts mehr Spaß und es macht mich nur traurig, das normale Leben meiner Freunde teilen zu müssen, wenn ich sie sehe. Ich weiß nicht, ich wäre wahrscheinlich auch sehr hilflos gewesen, wenn eine Freundin in solch eine Situation geraten wäre, aber ich glaube, ich hätte ihr in solchen Momenten nicht permanent von meinen, im Vergleich dazu, banalen Problemen erzählt und noch von meiner tollen Beziehung vorgeschwärmt. Wie bist Du damit umgegangen und gehst Du heute damit um? Ich habe immer das Gefühl, alle bedauern mich irgendwie, aber da sie nichts ändern können, tun sie so, als wäre alles normal. Ich habe immer das Gefühl, es keinem erzählen zu können, was wirklich in mir vorgeht, weil es keiner nachvollziehen kann und es aber trotzdem loswerden will

Ich wünsche Dir weiterhin so viel Kraft und Stärke, die ich aus Deinen Zeilen gelesen habe.

Liebe Grüße
Laura.
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  #7  
Alt 11.11.2005, 20:46
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Ylva Ylva ist offline
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Liebe Laura,
ja ich kenne dieses Gefühl,nur zu gut.
Ständig reden sie nur von Party und wie toll das Leben ist usw.
Ich stehe daneben,seit ewigkeiten nicht mehr mit weg gewesen und denke nur,dass niemand versteht wie ich mich fühle.
und das macht mich noch wütender und trauriger.

Wie gehst du damit um?
Wie bereits gesagt verletze ich mich selbst um meinen Aggressionen luft zu machen,keine lösung aber mein weg.
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  #8  
Alt 12.11.2005, 18:17
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Kerstin63 Kerstin63 ist offline
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Hallo Laura,

vielen Dank für Deine lieben Worte.

ich weiss nicht, ob ich so stark bin, inzwischen vielleicht schon, aber es war ein harter Weg dahin, und nicht ohne Hilfe... ich letzten Jahr bin ich ja irgendwann völlig zusammengeklappt. Ich hatte ja meinen Thera, und trotzdem ging es mir dann ab Herbst sehr schlecht, das wurde dann eine Depression, weswegen ich dann auch bei einem Psychiater in Behandlung war bzw. noch bin, nehme jetzt seit fast genau 1 Jahr ein Anti-Depressivum. Ich fühle mich jetzt stabil, und natürlich bin ich nicht mehr in der ganz frischen Trauerphase.

Das Verhalten der Anderen habe ich, denke ich, auch wenn es manchmal wehtut akzeptiert - siehe oben....

Vermutlich gibt es nur wenige Menschen mit denen man sowas überhaupt teilen kann - und ich denke das habe ich akzeptiert und hadere nicht mehr damit (trotzdem tut es oft noch weh).

Natürlich ist es krass wenn jemand Dir dann von banalen Dingen die Ohren vollquatscht. Ich gebe Dir recht - das Mindeste was man sich wünschen würde wäre dass man zumindest DAMIT verschont wird. Aber wenn es nun mal so ist, gibt es meiner Ansicht nach nur 2 Wege: entweder Du sprichst es an und versuchst den/die anderen damit zu Verständnis und Änderung des Verhaltens zu bringen. Das wäre ja sogar möglich, wenn der andere nur aus Unsicherheit die Banalitäten brabbelt - vielleicht denken sie man möchte abgelenkt werden oder es wäre zu schmerzhaft auf "das Thema" zu kommen.... dann wäre es sicher am besten wenn es aussprechen könnte was man sich wünscht.....

Ich muss zugeben, dass ich sowas bisher leider noch nicht gelernt habe, ich wünsche mir nur ich könnte sowas selbst anwenden.... bzw. kann ich sowas bisher nur bei den Menschen von denen ich weiss das sie auf ohnehin positiv und entgegenkommend reagieren. Bei den anderen traue ich mich nicht, und resigniere, und ziehe mich zurück.

Immerhin kann ich das inzwischen ohne allzu grossen Groll (siehe oben.....). Sicher macht das manchmal einsam. Die Beziehungen verändern sich, es ist ja auch ein Wendepunkt im Leben. Vielleicht muss man das einfach lernen zu akzeptieren - ich wüsste auch nicht, was man sonst tun soll.

Zum reden, wie gesagt da kann ich nur empfehlen Dir einen Thera zu suchen, wer weiss was noch alles kommt, vielleicht kann Dir das in der nächsten Zeit etwas Erleichterung verschaffen?

Es gibt auch viele gute Bücher zum Thema, wenn man sich damit auseinander setzen will, siehe auch die vielen Buchtipps hier im Forum. Mir haben einige Bücher sehr geholfen, weil ich darin immer und immer wieder das fand, was ich selbst erlebt und empfunden hatte.

Viele Grüsse
Kerstin
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  #9  
Alt 14.11.2005, 14:20
Laura5555 Laura5555 ist offline
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Liebe Ylva,
wie geht es Dir? Freu mich, daß deine Katze überlebt hat, wie geht es ihr jetzt? Ist zwar auch keine Ablenkung im üblichen Sinn, aber vielleicht lenkt es deine Mama ja trotzdem ein bißchen von ihrem Grübeln ab. Hatte heute morgen einen Termin bei meiner Therapeutin. Habe ihr alles erzählt, was momentan zu Hause los ist, da ich schon länger nicht mehr bei ihr war. Ich muß jetzt so einen Bogen ausfüllen, mit 1000 Angaben über mein Leben, meine Kindheit, meine Probleme und Gedanken. Mal sehen, ob das was bringt. Ich überlebe immer noch, ob ich mir Antidepressiva verschreiben lassen soll. Ich glaube, ich bleibe erstmal bei dem Johanniskraut.
Seit wann verletzt Du Dich selbst und in welcher Art, wenn ich fragen darf? Ich habe mich noch nicht geschnitten bisher, aber manchmal habe ich auch so eine Aggression in mir, daß ich mich in die Arme kneife, um einen anderen, lokalisierbaren Schmerz zu fühlen. Ist das bei Dir auch so? Warst Du deshalb schonmal bei einer Psychologin? Ich weiß nicht, wie ich mit all dem umgehen soll. Ich habe heute lange mit ihr gesprochen und sie ist der Meinung, daß alles nur von mir selbst abhängt, ob ich ein eigenes Leben habe oder nicht. Das heißt, wenn ich gar nichts mehr unternehme und mich komplett abkapsel von all meinen Freunden, wird es immer schlimmer und ich verliere immer mehr den BEzug zum normalen Leben. Das sagt sich alles so leicht, wenn man selbst nicht in so einer Lage ist.
Liebe Grüße, Laura.
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  #10  
Alt 14.11.2005, 14:29
Laura5555 Laura5555 ist offline
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Liebe Kerstin,
Danke für Deine Hilfe. Es tut so gut, zu sehen, daß man nicht allein ist mit seinem Problem. Ich finde, Du wirkst auch mich sehr stark und nicht so (mehr) so verloren, wie ich mich im Moment fühle. Aber ich bin sicher, daß es auch für Dich ein langer und schwerer WEg dorthin war. Nur habe ich manchmal das Gefühl, nicht mehr genug Kraft zu haben, diesen WEg zu schaffen. ich habe momentan den Eindruck, daß sich mein Leben nie mehr ändern wird und alles so weitergeht wie bisher, und ich nie mein eigenes Leben haben werde. Ich habe heute lange mit meiner THerapeutin gesprochen, zu der ich schon länger gehe und sie meinte, die Reaktion meiner Freunde wäre völlig normal und ich dürfte sie deswegen nicht verurteiln. Wenn ich mich ganz zurückziehe, stehe ich bald völlig allein da und habe gar keine Verbindung mehr zur "Außenwelt". Es ist nur so verdammt schwer, diese permanenten Gedanken aus meinem Kopf zu bekommen. IN gewisser Weise hat sie sicherlich recht, aber ich hätte mir einfach ein bißchen mehr Verständnis/Anteilnahme gewünscht. Ich würde so gerne eine Möglichkeit finden, diese permanenten GEdanken an meine Mutter und meine Familie aus dem Kopf zu bekommen, und auch die anderen Dinge, die ja trotz allem existieren in meinem Leben, wieder wahrzunehmen und als wichtig zu empfinden. Sie meinte, ich müßte selbst bestimmen, wieviel Prozent ich von meiner Kraft meiner Familie und wieviel ich meinem eigenen Leben zuteilen würde. Ich weiß nicht, das sagt sich alles so leicht. Ich weiß momentan einfach nicht wie. Ich kann doch meine Mutter nicht einfach alleine lassen und selbst wenn ich mal weggehe, das größte Problem sind meine GEdanken, die sich nicht kontrollieren lassen und mich an jeglicher Aktion oder Konzentration hindern.

Wie lange hat es gedauert, bis das Antidepressiva dir geholfen hat? Und wie hast Du gemerkt, daß sich deine Gedanken wieder zum positiveren Denken verändert haben? Ich versuche es jetzt erstmal mit Johanniskraut, aber wenn das nicht anschlägt, werde ich wohl auch Antidepressiva nehmen.

Mir fällt es auch sehr schwer, so etwas direkt anzusprechen. Ich ziehe mich in solchen Situationen auch eher zurück und melde mich nicht mehr, als zu sagen, was mich stört. Das war aber immer schon ein großes Problem von mir, daß ich nie sagen konnte, wenn mir etwas mißfällt. Ich glaube, ich versuche, das Verhalten meiner Freunde zu akzeptieren, auch wenn es wehtut, sonst verliere ich sie am Ende noch.

Liebe Grüße von Laura.
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  #11  
Alt 14.11.2005, 16:41
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Kerstin63 Kerstin63 ist offline
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Hallo Laura,

also bei den AD kommt es denke ich auf das Medikament an, wie schnell es wirkt, soweit ich weiss haben die aber alle eine gewisse Vorlaufzeit, bei meinem (Fluoxetin) hiess es die "unerwünschten" Nebenwirkungen (am häufigsten erstmal Schlafstörungen, Verstopfung und sowas) könnte man gleich bekommen, die "erwünschte" Wirkung beginnt dann nach ca. 2-4 Wochen.

Ich hatte überhaupt keine von den angegebenen Nebenwirkungen, im Gegenteil schlafe ich seitdem viel viel besser. Vermutlich, weil ich besser loslassen kann. Viele andere Probleme die ich in den letzten ca. 3 Jahren hatte haben sich auch aufgelöst, z.B. Panik- und Angstgefühle. Also mir bekommt es insgesamt gut. Bis ich mich so stabil fühlte wie jetzt hat es sicher 1/2 Jahr gedauert, die Therapie lief ja auch nebenher weiter, die habe ich jetzt allerdings gerade abgeschlossen, aber es alles OK. Es ist schwer, aber OK. Das ich so damit umgehen kann ist besser und mehr als ich je in meinem Leben konnte...

Natürlich bin ich oft traurig wegen meinem Vater. Letztens hatte ich wieder so ein Tief weil sein Haus jetzt verkauft wird und ausgeräumt wurde. D ahatte ich auch mal 2 Tage wo ich das Gefühl hatte der Sog zieht mich wieder nach unten, fühlte sich wieder (fast) wie die Depression an. Aber im Gegensatz zu damals hatte ich dann doch noch irgendwo die Kraft und den Willen da wiedre raus zu kommen. Es wurde dann wieder besser.

Deine Thera hat schon recht, dass es besser ist deine Freunde nicht zu verurteilen. Vielleicht ist es sogar vor allem für DICH besser - denn die negative Energie die Du für die Wut und Enttäuschung brauchst, die kannst Du doch eher für was anderes gebrauchen... ich habe selbst gemerkt dass ich mich besser fühle wenn ich vergeben kann. Oder wenigstens die Gedanken daran nach hinten schieben und sagen: OK mal kucken was weiter wird, im Moment ist es eben wie es ist.

Natürlich kann es auch sein, dass sich einige vermeintliche Freunde als Nieten entpuppen. Auf die kannst Du dann auch verzichten, denke ich. Vielleicht kannst Du sortieren, wer möglicherweise das Potential für Verständnis hat... vielleicht schreibst du dem/der der einen Brief, das ist leichter als es selbst auszusprechen? Ich denke es ist wertvoller nur 1 oder 2 Menschen zu haben die zu einem halten als eine "Clique" oder Bekanntenkreis die vermutlich wirklich nicht so in der Lage und Willens sind....

Was mir in den letzten 1 1/2 Jahren sehr geholfen hat, dass ich manche Dinge so annehmen kann wie sie sind, anstatt endlos damit zu hadern. "Dann ist es eben, wie es ist". Versuch ein bisschen, Deine Freunde zu verstehen. Wenn sich jemand absolut krass und taktlos verhält, dann vergiss ihn oder sie.

Deine Thera hat auch Recht, dass Du versuchen solltest den Kontakt mit der "anderen Welt" nicht zu verlieren. Ich sage bewusst: VERSUCHEN. Immer dran bleiben, an einigen Tagen wird es gehen, an anderen nicht. Dann ist das eben so. Trotzdem (und ich finde ich kann das ruhig sagen weil ich es selbst erlebt habe...) geht das andere Leben nun mal weiter, und unsere Lieben würden auch nicht wollen dass wir uns davon verabschieden.

Ich habe auch monatelang einen Drang gehabt mich NUR NOCH mit dem Thema auseinander zu setzen. Sass manchmal bei anderen mit am Tisch und konnte nix mehr sagen weil alles was ich hätte beitragen können hing DAMIT zusammen. Aber glaub mir: das wird auch wieder anders. Das ist nun mal so. Im Moment ist es bei Dir eben absolut im Vordergrund.

Wenn Du das Gefühl hast es allein nicht mehr zu schaffen, versuch es mit einem Medikament bzw. was sagt deine Thera dazu? Du bekommst es ja auch nicht einfach so.... Du gehst zum Facharzt, und DER stellt dann fest ob Dein Befinden behandlungsbedürftig ist oder nicht.

Vielleicht kannst Du all diese Gedanken nicht mit Gewalt aus Deinem Kopf bekommen. Ich konnte es nicht, wollte es irgendwie auch nicht weil es zugleich bedeutet hätte meinen Vater noch ein Stück loszulassen. es hat eben seine Zeit gebraucht. Aber ich habe mich in das ganze Thema regelrecht gestürzt, gelesen (Bücher, Internet), gelesen, traurige Musik gehört, alles was ich finden konnte.... Mein Mann meinte immer "das zieht Dich doch nur mehr runter" aber ich habe es so gesehen: da ich ja sowieso ständig daran denke, kann ich es gleich "richtig" machen, irgendwie musste ich da anscheinend so tief rein bis ich so ziemlich alles gehört und gelesen hatte. Ich kucke jetzt mit Vorliebe (immer noch) im TV Beiträge über das Thema, wovor ich mich früher ohne Ende gegruselt hätte, aber egal.... dann kuck ich eben einen Beitrag über Bestatter oder Hospize oder sonstwas. Sowas zieht mich immer noch magisch an. Gehört anscheinend zu meiner Bewältigung. Natürlich will das am nächsten Tag keiner hören, man muss auch die anderen nicht fragen "hast Du das auch gesehen"..... :-)

Aber das ist jetzt eben so. Ich kann es akzeptieren. Das ist ein mühsamer Prozess, vielleicht bin ich auf diesem Treppchen etwas weiter als Du, aber Du wirst Deinen Weg genauso weiter gehen. Ich weiss noch genau wie sich dieses Loch, dieser Abgrund an dem ich stand (ALLEIN !!!) anfühlte. Aber es geht, man kann das schaffen. Wenns nicht anders geht , dann eben mit Hilfe.

Alles Gute
Kerstin
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  #12  
Alt 18.11.2005, 17:20
Laura5555 Laura5555 ist offline
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Liebe Kerstin,
danke, daß Du mir so viel Mut machst, das alles zu überstehen. Momentan versuche ich, es meinen Freunden nicht mehr übel zu nehmen, wenn sie nicht so sehr auf meine Aussagen eingehen. Wahrscheinlich ist es so, daß es sie einfach überfordert und sie auch völlig hilflos sind. und so richtig daneben benommen hat sich bisher noch keiner von ihnen, also werde ich versuchen, es nicht mehr so tragisch zu sehen. Mein größtes Problem ist einfach, daß ich mit ihnen nicht richtig darüber reden kann, da sie sich nicht so sehr hineinversetzen können und mir auch sagen, daß sie sich hilflos fühlen, wenn sie mich so sehen und nicht wissen, wie sie mich unterstützen können. Es ist besser, nicht auch noch von dieser Wut und Enttäuschung belastet zu werden, wenn es sowieso schon so viele Dinge gibt, worüber ich mir Gedanken machen muß.

Ich gehe nächste Woche zu einer psychologischen Beratungsstelle, die sich auf Krebs spezialisiert hat. Ich weiß nicht, ob ich mir davon allzu viel erhoffen soll, aber vielleicht haben die Leute dort einfach ein anderes Verständnis als "normale" Therapeuten. Nicht, daß mir die normale Therapie nicht hilft, aber es ist eben schon ein sehr spezielles Problem. Ich warte jetzt mal das Gespräch mit dem Berater ab. Ich habe kurz mit ihm telefoniert und er sprach auch schon davon, daß es gegebenenfalls nötig wäre, ein Medikament zu nehmen, aber ich solle zunächst einmal ein paar Gespräche mit ihm führen. Aber ich bin dem Antidepressivum nicht mehr so abgeneigt gegenüber eingestellt, wie noch vor einiger Zeit, da ich langsam merke, daß ich jeden Tag weniger mit all dem umgehen kann, wissend, was uns alles noch bevor steht. Da war dies erst der Anfang. Ich merke, daß ich von Tag zu Tag nervöser, unruhiger und weniger belastbarer werde. Man lebt irgendwie nur noch von einem Tag zum nächsten und kann überhaupt nichts mehr planen. Wenn der heutige Tag einigermaßen erträglich ist, kann der nächste schon wieder ganz anders aussehen. Man weiß nie, was morgen ist und ist permanent angespannt und unruhig. Meiner Mutter geht es psychisch wieder sehr schlecht und ich weiß nicht, woher ich meine Kraft noch nehmen soll, sie aufzubauen. Wenn sie von ihrer Therapeutin kommt, geht es einigermaßen, aber sobald nur das kleinste Problem auftaucht, bricht sie total zusammen und weint nur noch. Jetzt ist irgendwas mit ihren Leberwerten nicht in Ordnung, sie sind stark erhöht, was ihr aber ihre Hausärztin, der der Befund zugeschickt wurde, mitgeteilt hat. Von der Klinik, die die Werte ja schon länger kennen, hat niemand etwas dazu gesagt. Jetzt macht sie sich noch zusätzlich schlimme Sorgen, daß mit der Leber etwas nicht in Ordnung ist und sie deshalb die nächsten Chemos nicht mehr verträgt. Bis Montag müssen wir uns jetzt wieder gedulden, da wir heute keinen Arzt mehr erreichen.
Dir wünsche ich auch alles Gute,
Liebe Grüße, Laura.
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  #13  
Alt 15.12.2005, 08:28
Magast Magast ist offline
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Standard AW: Alltags bewältigung

Hallo,

auch wenn der Thread hier schon einige Wochen alt ist, aktuell ist er trotzdem.

Vielleicht hat der eine oder andere es mitbekommen, meine Ma hat ein kleinzelliges Lungenkarzinom, nicht heilbar.

Die ersten Tage nach dem Befund befand ich mich irgendwie in einem Vakuum, ich wollte es nicht wahr haben.

Da ich die bin, die meine Mutter zu allen möglichen Untersuchungsterminen gefahren hat, also alles hautnah mitbekommen habe, musste und muss ich immer nett lächeln, aufmuntern, gut zusprechen.

Das mir oft die Zeit weg rennt, lasse ich meine Ma nie spüren. Aber den Rest meiner Umwelt, Freunde, Bekannte, auch meine Familie. Ich war sehr aggressiv zu anderen, kam mir jemand der eine Erkältung hat, ihm würde es ja so schlecht gehen, hab ich den sofort angepampt, was ist den eine sch**** Erkältung?

Jemand, der von Krebs gehört, aber nie damit konfrontiert wurde, kann das, was Betroffene und Angehörige durchleben, schlecht oder gar nicht nachvollziehen. Dieses Unverständnis habe ich nicht verstanden, bis ich mal darüber nachgedacht habe.

Mittlerweile hat sich diese Aggression gelegt, ich scheine nur noch zu funktionieren, schaffe es sogar, meiner Mutter Witzchen zu erzählen. Das hat gestern einen Dämpfer bekommen, sie ist jetzt auf der Palliativstation, sie darf sogar im Zimmer rauchen, weil sie nicht laufen kann. Das sagt mir schon was negatives.

Ich versorge den Haushalt, koche, putze, mache mit den Kindern Hausaufgaben, Plätzchen backen ist dieses Jahr ausgefallen. Doch wenn die Kinder Abends im Bett sind, überrollt mich jeden Abend eine riesengrosse Traurigkeit. Meine Mutter weint viel, ich auch, wenn sie es nicht sieht.

Ich zwinge mich, mich nicht ein zu igeln, bin mit meinen Kindern in einem Musikverein, ich versuche auf jeden Fall die Trainingsabende einzuhalten, den Kindern zuliebe und um wenigstens zwei mal die Woche für eineinhalb Stunden der Wirklichkeit zu entfliehen. Wer dort sein Handy während des Trainings mitnimmt, bzw. wenn es klingelt, der muss 50 Cent in die "Strafkasse" zahlen. Ich bin die einzige, deren Handy klingeln darf, also ist es auch da nur eine Scheinauszeit vor der Realität.

Morgen haben wir da Weihnachtsfeier, ich werde da auch hin gehen, aber Lust habe ich keine, und ich habe Schwierigkeiten damit, dass das Leben einfach weiter geht, wo meine Ma nicht mehr all zu lange Zeit hat.

Lg Magast
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  #14  
Alt 15.12.2005, 11:01
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Kerstin63 Kerstin63 ist offline
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Hallo Magast,

ich finde es einerseits mutig und tapfer von Dir, dass Du versuchst auch das "normale" Leben nebenbei zu seinem Recht kommen zu lassen. Andererseits: Du befindest Dich in einer absoluten Ausnahmesituation, und dass Du in so einer Situation überfordert bist, ist doch absolut klar (dass man dann z.B. leicht aggressiv wird, oder so). Wie gesagt, ich finde es enorm, was Du alles zu schaffen versuchst. Auf der anderen Seite: es gibt auch Zeiten, in denen man NICHT funktionieren kann, nicht um jeden Preis, und es auch nicht muss, finde ich.........

An der Situation Deiner Mutter und dem was da vielleicht jetzt auf Euch zukommt, kannst Du nichts ändern. Aber vielleicht kannst Du versuchen, Dir für das "normale" Leben für ein Weilchen Unterstützung von aussen zu holen, andere Mütter oder Freundinnen die Deine Kinder mal ein bisschen übernehmen, Dir was abnehmen können. Ausserdem denke ich, dass man den Kindern nicht unbedingt Normalität vorspielen muss, wo nun mal keine normale Situation ist. Du musst Dich, finde ich, nicht um jeden Preis zusammen reissen und funktionieren.

Ich denke einfach, zwischen dem totalen Zusammenbruch (oder negativ ausgedrückt sich "gehen zu lassen") und dem reibungslosen Funktionieren gibt es vielleicht noch einen Mittelweg, der auch OK ist, auch vor den Kindern.

Als mein Vater die letzten Wochen seines Lebens auf der Intensiv lag, da hat mein Sohn (damals gerade 7 J.) einiges mitbekommen, meine Tränen und die ganze Hektik, es ging dann eben mal nicht wie normal.... wir haben hier in einer Art Ausnahmezustand gelebt, und das haben alle mitbekommen. So ist es eben.

Ich hoffe Du verstehst dass dies keine Kritik sein soll, ich finde nur Du setzt sehr hohe Massstäbe an Dich selbst, das kenne ich auch von mir selbst, aber man muss auch seine eigenen Grenzen erkennen.... und bloss nicht von aussen unter Druck setzen lassen.

Alles Gute und viel Kraft
Kerstin
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  #15  
Alt 15.12.2005, 12:28
Magast Magast ist offline
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Hallo Kerstin,

ich danke dir für deine Worte. Als Kritik seh ich das nicht, eher als Anregung die ich aufnehmen kann. Meine Kinder sind alle zwei Wochen am Wochenende bei ihrem Vater, in den Ferien nimmt er sie nach Weihnachten ganz, weil ich eben möchte, das sie nicht nebenher laufen, so weit es geht.

Mein Mann arbeitet nur Nachts, er ist für die Kinder da, wenn sie aus der Schule kommen, ich übernehme sie dann sozusagen gegen Abend. Die kurze Zeit bis es ins Bett geht möchte ich ihnen nicht verderben. Sie wissen, das ihre Oma sehr krank ist, sie wissen auch, das mich das sehr traurig macht. Sie kommen auch ab und an mit ins Krankenhaus, allerdings wird es ihnen (die Zwillinge sind 10) schnell langweilig, auch verständlich.

Mich "gehen lassen" geht gar nicht, ich funktioniere automatisch, bei mir kommt das, wie bereits erwähnt Abends durch, wenn die Kinder im Bett sind. Dann lasse ich das auch zu, sonst würde ich an der Hilflosigkeit und Traurigkeit ersticken.

Kurz bevor das mit meiner Ma los ging, habe ich aufgehört, Anti - Depressiva zum Schlafen zu nehmen (ist eine gängige Methode bei Schlafstörungen, macht nicht abhängig). Jetzt nehm ich sie wieder, damit ich wenigstens halbwegs erholt bin, und ohne die wäre jetzt nicht an Schlaf zu denken.

Mehr lässt sich da nicht organisieren.

Ich habe festgestellt, wenn ich Abends durch hänge, hilft mir Schokolade oder ein heisser Kakao, nach dem Genuss fühle ich mich wieder besser.

Es gibt vieles, worüber ich mir keine Gedanken mehr mache. Meine Eltern haben den Venezuela Urlaub ja auf Ende März umgebucht, ich denke da nicht dran, ist noch Zeit, jetzt denke ich nur an Weihnachten, wegen der Sch*** Lähmung, wo die Ärzte noch immer nicht wissen wo die her kommt, kann meine Mutter vielleicht nicht mal Weihnachten nach Hause.

Also wie du siehst, der Alltag geht weiter, irgendwie, und vielleicht finde ich ja noch den goldenen Mittelweg.

Liebe Grüsse, und Danke für deine guten Wünsche,

Magast
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