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Alt 15.08.2014, 16:34
Böhndli Böhndli ist offline
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Beiträge: 5
Standard Ein Fels in der Brandung wird weggespühlt...

..seit 4 Wochen weiss ich, dass mein Mami bald (früher als mir lieb ist) sterben wird. Sie ist schwer krank und wie lange sie noch bei uns bleibt ist unklar. Die Lungenkrebs Diagnose kam wie eine grosse Welle von hinten über uns hergespühlt. Der Boden unter den Füssen wurde uns weggezogen. Wir dachten alle wir hätten noch Zeit zusammen. Ich dachte sie würde sich um meine Kinder, wenn ich mal welche hätte kümmern. Ich habe irgendwo in mir fest geglaubt sie werde Oma. Die Ernüchterung war/ist umso härter. Der vermeintliche Feind kam aus einer ganz anderen Richtung als gedacht. Wir alle sorgten uns weil sie Aids hat. Dies hat sie aber mit Medikamenten sehr gut im Griff gehabt, darum ist der Schock ja um so grösser. Behandlungsmöglichkeiten gibts keine wirklich vertretbaren und die Aussichten im aller besten Falle sind auch vernichtend. 8-12 Monate. Dies aber nur mit Chemo, welche sie in ihrem speziellen Fall auch umbringen könnte. Egal wie mans dreht und wendet, das Ergebnis bleibt gleich be schi ssen !!!

Wie nimmt man gebührend Abschied von einer Mutter? Von einer Mutter, welche übermenschliches geleistet hat mein Leben lang. Von dem einzig wirklich verlässlichen Menschen in meinem Leben? Wem stelle ich dann die Fragen, welche man nur einer Mutter stellen kann?

Meine Eltern haben bereits im letzten Jahr Ferien ans Meer gebucht. Ihr Wunsch war es den Ozean noch einmal zu sehen. Darum fuhren sie am 8.8. hier weg. Das könnte ein Abschied für immer sein!!! Ich respektiere ihren Wunsch, jedoch zerreisst es mir mein Herz, denn mein Bauchgefühl sagt mir, dass sie nicht mehr nach Hause kommen wird wie sie gegangen ist. Die Ärzte staunen, dass sie noch so "zwäg" ist wie sie ist. Ich jedoch sehe ihren Zerfall. Innert 2Wochen abgemagert, mag nicht mehr so richtig essen, trinken genauso, hat immer häufiger Schmerzen.. Ihre Leber ist voller Metastasen, aufgebläht und füllt bereits den ganzen Bauchraum aus.

Wieviel erträgt ein Mensch? Wie macht man das, wenn man trotz der bald 30Jahren auf dem Buckel seine Mutter noch braucht? Ich bin psychisch krank, sie hat mich verstanden und mir in jeder Lage wieder Trost, Ruhe und Frieden gegeben. Ich will mir gar nicht vorstellen wie es ohne den Fels in der Brandung sein wird.

Schreiben tut gut... Aber bei allem bleibt der nicht endende bittere Geschmack überall. Über gewisse Dinge macht man sich erst Gedanken wenn sie einen selber betreffen. Ganz rein wills in meinen Kopf nicht... Ich sitz da zittere unkontrolliert, weine mir die Augen aus dem Kopf und hätte es so gern anders!!! Die Welt dreht sich einfach weiter, meine läuft in Zeitlupe. Ich sehe den letzten Sand aus der Sanduhr fallen und komm nicht ran um ihn aufzuhalten. Jede Nacht Alpträume, einen Augenblick freude, dass ich nur geträumt habe und im gleichen Moment kommt dann die Realität wieder, dass es ja im Wachzustand noch viel ver schi ssn er ist. Stark sein für sie. Das sie sich nicht noch mehr sorgt und ängstigt. Ihre einzige Sorge gilt ihren Lieben, was aus uns 3 (Vater, Bruder und mir) wird. So war sie ihr Leben lang! Stark sein, dass sie in Ruhe und Frieden diese Welt verlassen kann... So einfach getippt und so schwer gemacht. Abschied nehmen für immer. Es ist endlich. Das Ausmass kann ich nicht fassen. Ein Teil in mir schreit, es tut so weh sie so zu sehen...

Am 5.8. hatte sie auch noch Geburtstag... Kein Freudenfest. Denn es wird der letzte gewesen sein.

Zum letzten Mal sagen Menschen in der alltäglichen Sprache so viel ohne zu wissen was sie da genau von sich geben. Bis morgen, später ist auch anders... Wir nehmen das für fix. Jedoch weiss man bei allen Wesen auf dieser Erde nicht wann bei ihnen der letzte Sand fällt.


Sagt euren Lieben, wie wertvoll sie sind. Verbringt mehr Zeit gemeinsam. Lebt den Augenblick, denn einen Moment später ist die unbeschwerte Zeit vorbei. Ich hab es ihr oft gesagt und doch nicht genug. Und wenn die Zeit knapp wird merkt man erst was man doch noch alles wollte... Tut es jetzt! Schiebt es nicht auf! Denkt an die Sanduhr, keiner weiss wie schnell der Sand durch rieselt.

Hoffe, auf etwas Schlaf und weiss zugleich ein Tag weniger...

Ich weine und weine unds hört nicht auf... Ich bitte und bettel, doch an dieser Entscheidung ist nichts mehr zu ändern... Ihretwillen wünsche ich mir, dass es für sie so erträglich wie möglich geht, dass sie einschläft und nicht mehr aufwacht. Und wieder schreit, bittet und bettelt der Teil in mir...

So unendlich traurig und dankbar zugleich hab ich das erlebt...
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