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  #1  
Alt 09.04.2018, 20:00
Ursus28 Ursus28 ist offline
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Standard AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...

1,5 anstrengende Monate liegen hinter uns. Leider hat sich die psychische Verfassung meines Mannes zwischenzeitlich so verschlechtert, dass er in die Psychatrie eingeliefert werden musste. Dort verblieb er knapp 3 Wochen, bis er heute in der Tagesklinik beginnen konnte. Den Tavorentzug hat er erfolgreich hinter sich gebracht, die Panikattacken tauchen immer noch auf. Psychosomatisch schlägt ihm sein Zustand auf das Gehör, so dass er alles verzerrt oder in einer anderen Frequenz wahrnimmt, Radio oder Fernsehen geht gar nicht. Er ist mittlerweile so auf seine Psyche fixiert, dass er den Krebs völlig ausgeblendet hat. Die letzten Werte waren stabil, so dass kein Handlungsbedarf besteht. Seiner Einschätzung nach geht es ihm jeden Tag schlechter und das seit 5 Wochen - trotz Klinik, psychoonkologische Betreuung und Psychotherapeutin.
Ich bin unendlich erschöpft, gehe arbeiten, kümmere mich um meine instabile Tochter und seit 3 Wochen um seine Mutter, die mittlerweile eine Pflegefall geworden ist. Leider haben wir kein Netzwerk, sind weitestgehend auf uns alleine gestellt. Wahre Freundschaft zeigt sich in diesen extremen Situationen, denn plötzlich ist kaum jemand mehr da bzw. reagiert völlig unangebracht.
Hat irgendjemand hier ähnliche Erfahrungen mit seiner/m Partner/in durchlebt?
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  #2  
Alt 10.04.2018, 11:11
Mai2013 Mai2013 ist offline
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Standard AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...

Liebe Ursus,

ich kann das so gut nachvollziehen. Mein Mann wurde 2015 transplantiert, hatte und hat bis heute mit extremen Begleiterscheinungen zu kämpfen und ist noch dazu schwer depressiv ABER er will keine Therapie. Und das nagt an allen, ich bin vollzeit berufstätig und muss mich auch zu Hause um alles fast allein kümmern, den ganzen Behördenkram, der Haushalt, Garten ... . Und ich bin mittlerweile auch an meinen Grenzen physisch und psychisch.
Mit den "Freunden" ist es bei uns ähnlich, vielleicht bin ich daran aber auch ein wenig selber Schuld. Aber es gab Zeiten, wo ich einfach nur meine Ruhe haben wollte und niemanden sehen oder hören wollte. Viele haben das nicht verstanden. Aber wenn es immer nur 1 Schritt vor und 2 zurück geht verzweifelt man irgendwann. Ich bin froh, das ich meinen Hund habe - klar wieder noch mehr Arbeit, aber er verschafft mir auch Freiraum da er ja raus muss. So habe ich wenigestens etwas Zeit für mich.
Ich müsste dringend mal raus, einfach weg, Urlaub Kur was weiß ich - aber wie soll das gehen? Also heißt es durchhalten, Zähne zusammenbeißen und hoffen. Und meinen Mann deshalb in eine Klinik oder Pflegeunterkunft bringen kann ich nicht.
Ich wünsche dir ganz viel Kraft, liebe Grüße Suse
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  #3  
Alt 10.04.2018, 12:49
Ursus28 Ursus28 ist offline
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Standard AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...

Liebe Suse,

ich danke Dir für Deine Offenheit, so traurig es ist, tut mir Dein Post unendlich gut. Arbeitet dann Mann noch? Mein Mann geht ja in die Klinik und will sich helfen lassen. Leider ist er grundsätzlich negativ zu fast allem eingestellt (schon weit vor der Erkrankung), so dass er an allem etwas auszusetzen hat und alles besser weiß. Ich bin so erschöpft, dass ich schon vorher fast alle sozialen Kontakte habe schleifen lassen, einzig an meinem Sport und Tierschutz halte ich fest. Tatsächlich ist Arbeit mittlerweile auch eine Ablenkung für mich geworden. Das kann es doch nicht sein.
Meine 3 Katzen sind auch meine großen Tröster und eine Kur habe ich tatsächlich für Anfang nächsten Jahres angepeilt. Es hilft niemandem, wenn ich aus den Schuhen kippe, zumal meine Tochter mich auch braucht.
LG, Ursus

Geändert von Ursus28 (10.04.2018 um 12:53 Uhr) Grund: Ergänzung
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  #4  
Alt 10.04.2018, 14:35
vintage vintage ist offline
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Standard AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...

hallo mai2013, hallo ursus,

oft verstärkt so eine heftige diagnose die "charakter- oder wesenszüge" eines menschen.
wenn jemand schon negativ drauf war,
wird sich das nicht durch eine schlimme diagnose "bessern".

wenn der partner/die partnerin keine hilfe annehmen möchte, seine/ihre entscheidung.
umso mehr muss man für sich sorgen und für die eigenen grenzen.
wo kriegst du kraft her, wo kannst du auftanken, wo du selbst sein...
und sage es ihm ruhig, wenn er es zu doll treibt... grenzen setzen ist so wichtig.

tiere, natur, kultur, gespräche (auch therapie), bücher, arbeit/hobby haben mir geholfen.
__________________
lieben gruß, vintage



Mein geliebter Mann wurde nur 49 Jahre alt und
starb knapp fünf Monate nach der Diagnose.
* Juli 1965 - + Mai 2015

ED Weihnachten 2014 Darmkrebs mit zu vielen Lebermetastasen,
dann auch Lungenmetastasen...

Geändert von vintage (10.04.2018 um 14:38 Uhr)
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  #5  
Alt 10.04.2018, 15:02
Ursus28 Ursus28 ist offline
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Standard AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...

Das sehe ich genauso vintage. Ich gehe regelmäßig zur Akupunktur, das tut mir gut, um mich wieder ins Lot zu bringen. Lesen ist mir ebenfalls ein Kraftquell.
Leider befürchte ich, dass wir uns weniger durch die Krankheit(en) als durch den Umgang damit, immer mehr voneinander entfernen. Ich möchte doch meinen Mann nicht zurück lassen. Dieser Spagat ist ermüdend.

Geändert von gitti2002 (10.04.2018 um 21:54 Uhr)
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  #6  
Alt 10.04.2018, 15:25
Jedimeisterin Jedimeisterin ist offline
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Standard AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...

Zitat:
Zitat von Ursus28 Beitrag anzeigen
Ich bin unendlich erschöpft, gehe arbeiten, kümmere mich um meine instabile Tochter und seit 3 Wochen um seine Mutter, die mittlerweile eine Pflegefall geworden ist. Leider haben wir kein Netzwerk, sind weitestgehend auf uns alleine gestellt. Wahre Freundschaft zeigt sich in diesen extremen Situationen, denn plötzlich ist kaum jemand mehr da bzw. reagiert völlig unangebracht.
Hat irgendjemand hier ähnliche Erfahrungen mit seiner/m Partner/in durchlebt?
Liebe Ursus,

ich schreibe mal etwas offtopic. Deine Belastungen sind ja immens. Mein Tipp wegen deiner pflegebedürftigen Schwiegermutter. Falls sie schon Pflegegrad hat, gehe zum nächsten Pflegestützpunkt und lass dich beraten. Kommt zu deiner Mutter ein Pflegedienst? Suche für Schwiemu eine Haushaltshilfe. Für Arztbesuche könntest du eine Alltagsbegleitung suchen, die sie dann begleiten könnten.

Wie alt ist deine Tochter? Ist sie noch minderjährig?

Krebs ist eine sch...ss Erkrankung, auch psychisch. Und da leidet die ganze Familie drunter. Meine Familienangehörige war auch praktisch durch die Hölle gegangen.

LG Jedimeisterin
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  #7  
Alt 10.04.2018, 19:12
Ursus28 Ursus28 ist offline
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Standard AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...

Die Mutter meines Mannes wohnt 180 km weit weg, so dass jetzt in Kürze über Pflegedienst, Essen auf Rädern etc. das Wichtigste organisiert ist. Sie war vorher in Krankenhaus und Kurzzeitpflege, weil alles so schnell ging und wusste aufgrund ihrer Demenz nicht wie ihr geschah. So lange sie es hinbekommt, soll sie in ihrer gewohnten Umgebung bleiben. Mein Mann telefoniert immer nur sehr kurz mit ihr, weil er aufgrund der psychischen Situation fast nichts hört und sie ihn auch sehr aufregt. Meine Tochter (wir sind eine Patchworkfamilie) hat fast 2 Jahre Therapie hinter sich gebracht und ist jetzt seit letztem Sommer einigermaßen stabil. Natürlich leidet sie indirekt unter der anstrengenden Situation. Ich wünsche meinem Mann und uns sehr, dass er in der Tagesklinik wieder Boden gewinnt.
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  #8  
Alt 10.04.2018, 20:53
Mai2013 Mai2013 ist offline
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Standard AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...

Hallo Ursus,
mein Mann arbeitet seit 3 Jahren nicht mehr. Er hat nach der Transplantation 9 Monate in der Uniklinik gelegen und danach auch immer mal wieder. Er hat leider überhaupt keine Hobby's, seine Arbeit war sein Leben und die kann er aktuell nicht mehr ausführen.
Er hat keine Kraft irgendetwas alleine zu machen, anziehen und essen geht, aber viel mehr nicht. Er liegt einfach nur da und grübelt.
Ich kann teilweise verstehen das er oft aufgeben möchte, nach all den Komplikationen und Rückschritten.
Aber manchmal denke ich auch das er eigentlich kämpfen müsste. Der Krebs ist aktuell nicht mehr nachweisbar, es sind halt die zahlreichen Beschwerden durch die Transplantation und auch die Tabletten mit denen er nicht mehr zurecht kommt. Er ist auch immer noch nicht rehafähig, so dass es einfach nicht voran geht. Und ich kann meinen Job nicht aufgeben weil wir dann überhaupt nicht mehr klarkommen würden.
Liebe Grüße Suse
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  #9  
Alt 12.04.2018, 12:26
Ursus28 Ursus28 ist offline
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Standard AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...

Mein Mann ist jetzt seit vier Tagen in der Tagesklinik. Er fühlt sich wohl dort und es geht ihm besser. Er muss noch viel lernen in puncto Achtsamkeit etc., ich habe begriffen, dass es sein Thema ist. Eure Beiträge, speziell Deine Suse, machen mich betroffen und ich hoffe, dass Dein Mann die Kurve bekommt. Im Juni hat er den nächsten Kontrolltermin, mal schauen, was dabei herauskommt. Es ist gut, dass er dieses Thema im Moment ausblendet.
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  #10  
Alt 23.04.2018, 18:54
Ursus28 Ursus28 ist offline
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Standard AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...

Update: 4 Wochen sind vergangen. Nach anfänglicher Euphorie sind die Ohrgeräusche (mittlerweile Hyperakusis diagnostiziert) so schlimm geworden, dass mein Mann am durchdrehen ist. Musik- und Bewegungstherapie gehen gar nicht aufgrund der Geräuschkulisse. In den Gesprächstherapien sitzt er da und versteht nicht, was gesprochen wird. Seitens der Klinik kommt (...) da müssen Sie durch. Leider gibt es keine Erfahrungswerte mit diesen Symptomen in dieser Klinik. Die Hörakustikerin empfiehlt Ruhe für die Ohren. Wir überlegen echt eine andere Klinik zu suchen, doch das dauert ja wieder und was passiert in der Zwischenzeit. Heute geht es ihm um ein vielfaches schlechter, bevor er sich damals in die Psychatrie eingeliefert hat. Das kann doch nicht sein🙁.
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  #11  
Alt 24.04.2018, 10:54
Mai2013 Mai2013 ist offline
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Standard AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...

Hallo Ursus,

das tut mir so leid, als Angehöriger steht man immer so hilflos daneben. Mein Mann liegt mittlerweile auch schon wieder die 3. Woche in der Uniklinik.

Wasser in der Lunge, VER Keim und einen Knubbel im Muskel wo wir täglich auf den Befund warten.

Wir sind am Ende, es muss doch einmal aufhören.

Mit der anderen Klinik das solltest du unbedingt probieren. Ich weiß ja nicht wo ihr aktuell seit, ich habe damals mit mehreren Kliniken gesprochen und konnte erstmal die Unterlagen zusenden und habe auch rasch Antworten bekommen.

Das spart schon einmal Zeit (ihr müsst nicht hinfahren) oft hilft schon einmal eine 2. schriftliche oder telefonische Meinung.

Liebe Grüße
Suse

Geändert von Mai2013 (24.04.2018 um 10:54 Uhr) Grund: tippfehler
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