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Alt 11.07.2012, 12:46
ullawo ullawo ist offline
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Registriert seit: 24.10.2009
Beiträge: 3
Standard Mein Schatz wurde am 19.6.12 erlöst

Hallo Ihr lieben, hier Ulla,
ich hatte ja schon kurz von mir in dem Thread von Heidenauerin geschrieben. Nun habe ich mich aber entschlossen, einen eigenen zu eröffnen.
Mein Mann hatte Speiseröhrenkreb s, Erstdiagnose im Sept. 2009, nach vielen Untersuchungen, Chemo und Bestrahlung erfolgte im Feb. 2010 die große OP mit Entfernung der Speiseröhre und Magenhochzug. Langsam näherte er sich wieder dem Leben an, das Essen ging so leidlich, schlimmer war, dass bei der OP ein Muskel der den rechten Arm steuert durchtrennt wurde. Aber mit viel Physiotherapie kam auch das in die Reihe.
Er fing dann im Aug 2010 sogar wieder an zu arbeiten. Machte ihm viel Spass, es war aberr auch viel Stress, sodass sich dann im Okt/Nov die Depression zurückmeldete und die nächste längere AU erfolgte.
Im Dez 2010 kamen wieder Schluckbeschwerden und es wurde ein Rezidiv festgestellt, ein paar Gray waren noch übrig, also wieder die Kombi. Der Tumor ging auch erfreulich zurück, mit Beendigung der Strahlentherapie wuchs er aber wieder.
Es folgte noch eine Stimmbandlähmung, sodass ausser dem Essen nun auch das Reden schwerer fiel. Eine OP, mit völliger Entfernung und Hochziehen eines Stückes Darm kam nicht in Frage, weil dieses Rezidiv zu nah an der Luftröhre sass.
Im Juni letzten Jahres dann noch eine deftige, heftige Lungenentzündung. Wir fuhren dann noch in Urlaub nach Borkum, haben den aber nach 5 Tagen abgebrochen weil es überhaupt keinen Sinn machte. DA habe ich auch Abschied genommen. Mir wurde klar, mit diesem Mann an meiner Seite werde ich nicht auf Borkum im Korb sitzen und den Enkeln beim Buddeln zuschauen. Er selber hat am Abreisetag ganz fürchterlich geweint, wohl weil auch ihm klar war, hier kommt er nicht mehr hin.
Dann folgten ständige Bronchoskopien zum Schleimabsaugen, Abschälen der Stimmbänder, was etwas Luft brachte aber das Reden immer mehr einschränkte. Aber wenn das Wetter schön war, konnten wir immer noch gemeinsam im Garten sitzen und morgens drehte er auch die Hunderunde und sogar manchmal nachmittags.
Nur mit der Luft wurde immer schlimmer, und ab Nov. bekam er häufig nach der Broncho Fieber und musste 2-3 Tage ins Krankenhaus. Für die Chemo alle 14 Tage sowieso Es sollte nun noch eine Alternativtherapie mit Hormonen erfolgen, Antrag an die KK war gestellt.
Zu seinem Geburtstag durfte er nach Hause. 4 Tage später war wieder eine Broncho mit Fieber und er blieb gleich da. Es folgte der absolute Horror.
Mein Mann lag auf der Zwischenintensiv im Klinikum Nord (Dortmund), dort war er schon mal für 2 Nächte, da wars ok.
Es folgte eine Lungenentzündung, Fieber. Man bekam das ganze nicht in den Griff. Ein Pfleger und eine etwas ältere Schwester waren ok, der Rest meist pampig. Füür mich bedeutete Zwischenintensiv: Zwischen Intensiv und Vernachlässigung.......
Sagte ich etwas (z.B. Blutflecken an Infusionsständern oder sonstige unmögliche hygienische Verhältnisse) liess man ihn dann gerne mal 40 Min warten wenn er den Notknopf drückte.
Er bekam dann noch keime, wo keiner wusste woher die kamen, und welche Art.Man vermutete sie am Port, also wurde dieser entfernt, immer noch Fieber,also wurde auch die PEJ ausgetauscht.
Mein Mann sagte deutlichst er will nicht mehr. Ich habe dann die Ärzte angesprochen, ja sagte dann der Pfleger auch ihm hätte mein Mann das gesagt.
Ich bin bald ausgerastet, dass ich so etwas dann zwischen Tür und Angel erfuhr.
Dazu kam, dass man die Morphingaben reduziert hatte, er hatte schon zu Hause vom Hausarzt 4x10mg plus Pflaster, hier bekam er nur noch 3x10, auf meinen Einwand was das denn soll, jeder sah dass der Mensch sich vor Schmerzen krümmte, er könne ja abhängig werden. Es war einfach nur unglaublich, eine Toileete für 4 Patienten gemischten Geschlechts, keine Dusche , unhaltbar.

Wir bekamen dann recht zügig in einem anderen Krankenhaus ein Bett auf der Palliativstation. Hier wurde er dann erstmal vernünftig eingestellt und wir als Angehörige bekamen Zuspruch und Halt. Es war das komplette Gegenteil.
Was wir nicht wussten, auf der Pallis darf man eigentlich nur 2 max 3 Wochen bleiben, wir entschlossen uns dann für das Hospiz, die Palli organisierte noch einen Ausflug, damit wir uns beide Hospize ansehen konnten.
Recht zügig kam dann die Nachricht von einem freien Zimmer, die Leiterin des Hospizes kam dann Donnerstags Nachmittags noch vorbei und Freitags sollte dann die Verlegung erfolgen.
Am Freitag rief dann die Palli an, mein Mann sei zu schwach für die Verlegung.
Ab da war ich fast ununterbrochen bei ihm, wurde dort mitversorgt, wenn er mittags ruhig schlief habe ich mich auf die Couch gelegt, bekam extra Decke und Kissen. Nur nachts bin ich nach Hause. Wenn unsere Tochter da war bekam sie auch Mittag, hätte auf Wunsch auch VP haben können.
Am Freitag mittag wollte er eine Pause von der künstlichen Ernährung und als ich abends weg war hat er schwester gesagt, die Ernährung solle nicht mehr angehängt werden, auch kein Wasser. Ab da haben wir ständig mit dem Tod gerechnet. Er liess sich aber nachmittags immerr noch ein Eiskonfekt schmecken, da hatte er richtig Appetit drauf.
Am dienstag erfolgte dann um ca. 23 Uhr der Anruf, es wäre nun bald soweit, ich bin dann los, Tochter war schon da, sie wollte ehe nach der Mittagsschicht nochmal bei ihrem Papa schauen. So waren wir bis zum Schluss bei ihm.
Kerstin und ich brauchten dann einen Spaziergang, als wir zurück kamen, hatte die Schwester meinen Mann rasiert, umgezogen und es sah nicht mehr nach Krankenzimmer aus, dort stand ein Kreuz, eine Kerze, vor der Tür eine Kerze und ein Engel. Und ein Priester war auch schon organisiert, da hatte ich drum gebeten, aber erst für den nächsten Tag mit gerechnet. Die Schwester hatte meinen Mann ins Herz geschlossen und fragte ob sie bei der Aussegnung dabei sein dürfe, da hatten wir nichts gegen und so wurde es eine kleine Abschiedsfeier.

Fortsetzung folgt
Liebe Grüße
Ulla
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  #2  
Alt 12.07.2012, 17:09
MamaVonZweien MamaVonZweien ist offline
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Registriert seit: 05.10.2011
Ort: Sachsen
Beiträge: 70
Standard AW: Mein Schatz wurde am 19.6.12 erlöst

Hallo Ulla,

auch Dein Bericht geht mir sehr Nahe und ich möchte Dir mein aufrichtiges Beileid aussprechen. Auch wenn Dir das sicherlich nichts nützt.

Immer wieder lese ich hier die Erfahrungen von anderen... und immer wieder stelle ich fest: wir haben sooo viel gemeinsam.

Auch Dein Bericht hat wieder viele Erinnerungen in mir wach gerufen.

Ich bin dankbar dass so viele Liebe Menschen trotz ihrer großen Trauer hier Ihre Berichte einstellen. Das zeigt mir, dass ich nicht alleine bin. Das es Menschen gibt die das selbe gesehen, gefühlt, erlebt und durchlitten haben. Das törstet mich sehr.

Ich hoffe natürlich für Dich, dass dieser Gedanke auch bei Dir ankommt. Du bist nicht alleine - hier verstehen Dich ganz viele Menschen.

Es ist schön hier zu schreiben, auch wenn die Umstände traurig sind. Ich wünsch Dir alles Liebe und Gute.

Grüße
Michaela
__________________
Herr, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.


Semper Fi, Papa. *13.10.1952 - +25.04.2012
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