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  #1  
Alt 13.09.2014, 10:22
hermannJohann hermannJohann ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Hallo an Alle,
Es ging mir vor allem um die Frage, wie man sich auf diese Unsicherheit einstellen kann. Im Juni 1012 hat sich mein Leben völlig verändert, durch die Diagnose. Pläne für die Zukunft erwiesen sich als Selbstbetrug, zumindest war fraglich, was aus diesen Plänen wird. Damals schon war die Prognose schlecht. 14 Monate später ist Tanja dann gestorben. Die Pläne waren für den Papierkorb. Man kann sagen, das seien Einzelfälle. Aber es gibt viele Tausend solcher Einzelfälle. Der „normale“ Mensch lebt mit „Ermutigungsfiktionen“ (Luhmann) und damit mit Betrug und Selbstbetrug. Ich glaube nicht mehr daran. Wenn bei mir morgen eine solche Diagnose gestellt würde, wäre ich wohl in einem halben Jahr tot, denn kämpfen würde ich wohl nicht, um mein Leben bei schlechter Qualität um eine halbes Jahr zu verlängern. Vielleicht habe ich aber noch 10 Jahre Zeit, vielleicht 15 Jahre. Je älter man ist, um so weniger hat man zu verlieren.
Liebe Grüße
Hermann
ps.: Solche „Ermutigungsfiktionen“ gibt es auch in der Politik und in der Wirtschaft.
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  #2  
Alt 13.09.2014, 11:01
Benutzerbild von HelmutL
HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Moin Hermann,

mit Verlaub, ich habe das Gefühl, du liest zur Zeit nur eine Seite des Lebens und filterst zur Zeit nur mit der Brille, die du im Moment trägst. Auch bei uns waren damals alle Zukunftspläne und Träume zunächst in Frage gestellt und später, 2008, wurden sie brutal zerstört und mir wurde die gleiche Brille aufgesetzt wie dir.

Ich trage heute keineswegs wieder eine rosarote Brille. Eher eine Sonnenbrille, um möglichst nicht mehr geblendet zu werden. Wie ich jedoch auch verblüfft feststellen konnte, sieht man durch sie nicht nur etwas dunkler, sondern verschiedene Farben auch wesentlich intensiver.

Was alles nichts bringt, wenn die Brille nicht zur Sehschärfe passt. Das kannst du selbst überprüfen und du entscheidest, ob du eine Neue haben möchtest und ob es eine schwarze Brille oder eine Sonnenbrille wird. Lass dir Zeit bei der Entscheidung.


Liebe Grüße,

Helmut
__________________
Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen.
http://www.krebs-kompass.org/howthread.php?t=31376
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Die von mir im Krebs-Kompass verfassten Texte dürfen auf anderen Homepages und in anderen Foren ohne meine ausdrückliche Zustimmung weder verwendet noch veröffentlicht werden. Auch nicht auszugsweise.
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  #3  
Alt 13.09.2014, 12:10
Geske Geske ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Zitat:
Zitat von hermannJohann Beitrag anzeigen
Hallo an Alle,
Es ging mir vor allem um die Frage, wie man sich auf diese Unsicherheit einstellen kann. [...]Der „normale“ Mensch lebt mit „Ermutigungsfiktionen“ (Luhmann) und damit mit Betrug und Selbstbetrug.
Luhmann handelt wissenschaftlich Verhaltenserscheinungen des soziologischen Alltags ab.
Luhmann schreibt auch in seiner "Soziologie des Risikos":
"Man jagt sich Tag für Tag durch den Wald, um gesund zu bleiben und stürzt schließlich mit dem Flugzeug ab. Dann bleibt es eine [nützliche?] Ermutigungsfiktion.... Präventionen, die sich kausal als unwirksam erweisen.[...] Das Risikovertreibungsrisiko bleibt immer noch ein Risiko. (S. 39)
Neu ist das nicht! Wollte man sich dagegen auch absichern, wäre wohl nur die "Vogel-Strauß-Methode" angesagt.
Gruß
Geske
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  #4  
Alt 13.09.2014, 21:29
hermannJohann hermannJohann ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Hallo an Alle,
wir stützen unser Leben auf Annahmen, die nicht bewiesen sind. Dazu gehört die Annahme, dass Deutschland weiterhin wirtschaftlich erfolgreich sein wird. Für ca. 80 % der erwachsenen Bevölkerung gibt es gesetzliche Versicherungen. Die bauen weniger auf Fiktionen auf sondern auf einer Art Solidarprinzip. Wenn ich in einem halben Jahr sterbe, habe ich nichts von meinen Rentenbeiträgen, aber die Rentnerinnen und Rentner der letzten 34 Jahre haben davon profitiert. Das Prinzip will ich nicht angreifen. Ich könnte Details kritisieren, will aber hier keine politische Diskussion führen. Dann gibt es das Prinzip der privaten Vorsorge. Dann müsste ich eigentlich als „homo oeconomicus“ handeln, die Versicherungen machen das ja auch. Aber auf welcher Grundlage? Da gibt es zum Beispiel die private Pflegeversicherung. Wie viele Menschen werden in ihrem Leben mehr als acht Monate pflegebedürftig. Vielleicht sind es 20 %. Nun könnte ich ja zu den 20 % gehören. Aber erreiche ich durch diese Versicherung, dass ich auch als Pflegebedürftiger menschenwürdig leben kann? Dafür wird meine Rente wohl nicht reichen. Fraglich ist auch der Sinn der Riester-Versicherung. Es ist eine Wette auf ein langes Leben. Wenn ich früher sterbe, gewinnt die Versicherung, ich hätte das Geld ausgeben können, auch meine Erbinnen sehen dann nichts von dem Geld. Das war übrigens ein Thema, über das ich schon mit meiner Frau gesprochen habe. Hätten wir das Geld für ihre private Versicherung nicht besser zusammen mit ihr ausgeben sollen? Ich wollte für sie das Gute, am Ende war es das Schlechte. „Da steh ich nun, ich armer Tor“ (Goethe). In diesem Fall war die Fiktion für mich selbst und für sie sicher nicht „nützlich“. Ausgegangen bin ich von meinen persönlichen Erfahrungen. Aber viele Menschen machen wohl ähnliche Erfahrungen.
Liebe Grüße
Hermann
Ps: Gerade las ich eine Reklame. „ So bleiben Sie fit und gesund“ Ein Versprechen?
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  #5  
Alt 14.09.2014, 09:54
Geske Geske ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Ermutigungsfiktionen spekulieren auf persönliche Vorteile.

Hallo Hermann,
wenn bereits eine Solidarversicherung vorliegt, dann handelt es sich bei der privaten Zusatzversicherung m.E. nicht mehr um die Absicherung eines Grundbedürfnisses, dann ist Privatversicherung eine Art der Geldanlage, Spekulation am Kapitalmarkt. „Geld verlieren“ kann man auch lebend, in zig Geldanlageformen.

Der Unterschied zwischen einer notwenigen Basisprävention und spekulativer Kapitalanlage ist bei einer privaten Zusatzversicherung nicht mehr so eindeutig.
Manche werden durch schlaue Geldanlagen reich, andere bleiben arm. Folglich muss es auch bei den „Ermutigungsfiktionen“ Grenzen geben.
Die gewinnbringende Geldanlage wäre für mich aber keine „Ermutigungsfiktion“ mehr.
Freiberufliche, Selbstständige, die keine feste Altersvorsorge erhalten, leben immer mit der Spekulation auf dem Kapitalmarkt, das sind keine Ermutigungsfiktionen, die auf einen komfortablen Zusatz spekulieren, sondern Präventionen für lebenserhaltende Maßnahmen.

Bei der Frage, was menschenwürdig für den Einzelnen ist, werden die Auskünfte wohl sehr unterschiedlich ausfallen, da wir unter „menschenwürdig“ in der Regel Erhaltung eines bereits bestehenden Lebensstandards verstehen.

Ob die Reklame „So bleiben Sie fit und gesund“ ein einlösbares Versprechen ist, hängt davon ab, wofür sie geschaltet wurde: beißt auf dem Foto jemand in einen Apfel, dann kann das gemachte Werbeversprechen durchaus in die richtige Richtung weisen, weil wir aus Erfahrung wissen, dass Äpfel gesund sind.

Gruß
Geske

Geändert von Geske (14.09.2014 um 10:10 Uhr)
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  #6  
Alt 14.09.2014, 15:52
hermannJohann hermannJohann ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Hallo an Alle,
Ich bin keineswegs gegen Prävention. Auch ich nehme meine Blutdrucktabletten. Aber wenn mir jemand versprechen sollte, dass ich dann von Herz-Kreislauf-Erkrankungen verschont bleibe ( „so bleiben Sie fit und gesund“), wäre das problematisch. Solche Gesundheitsversprechen fallen mir negativ auf. Dann habe ich das Gefühl, dass die Kranken verhöhnt werden. Man muss nur bestimmte Dinge und andere nicht tun, um fit und gesund zu bleiben. Wenn man krank wird hat man also das Falsche getan. Meine Frau hat nicht geraucht, ganz wenig Alkohol getrunken und auch sonst gesund gelebt. Zur Krebsvorsorge ist sie auch regelmäßig gegangen. Sie war nicht schuldig. Auch die Ärzte waren nicht schuldig. Gesundheit kann man nicht garantieren, man kann nicht jede Krankheit heilen. Vor hundert Jahren wusste das jeder Mensch. Heute muss man es wieder lernen, zumal viele so tun, als sei alles machbar und wenn es anders laufe habe jemand etwas falsch gemacht. Was bedeutet das nun für mein Leben? Jeder Mensch muss seinen eigenen Weg finden. Ein Bekannter erzählte mir von Verwandten. Das alte Ehepaar war sparsam und hat sehr viel Geld gesammelt. Dann ist der Mann an Demenz erkrankt, sie ist dann mit ihre Mann ist Pflegeheim gegangen. Sie haben mehr Geld, als sie in ihrem Leben verbrauche können, aber sie freut sich über ihr Geld. Darüber mag man lächeln, aber es ist ihr Weg. Mein Weg kann das nicht sein. Ich weiß nicht einmal, wie lang mein Weg ist. Vielleicht endet mein Gang nach der ersten Etappe, vielleicht ist er länger. Oder soll man immer nur kurze Wege gehen?
Liebe Grüße Hermann
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  #7  
Alt 14.09.2014, 17:11
Benutzerbild von Yogi 12
Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Hallo Hermann,

es ist wie du schreibst,-, niemand kann dir sagen wie du deinen Weg gehen wirst, auch nicht wie lange er dauert.-
Wüssten wir die Dauer könnten wir keine Ruhe mehr in unserem Alltag finden.
Vielleicht ist das Leben der Weg und es gibt uns, was wir brauchen bis der Weg zu Ende ist?
Das Leben hält uns einen Spiegel vor und sagt unserem Herzen intuitiv wie wir ihn gehen sollen. Ob es so ist lässt sich aber nur vermuten.

Auf der Urne von meinem Mann waren Spuren eines Weges abgebildet die er hinterlassen haben könnte.
Ich sehe die Spuren als Symbol für den Lebensweg den er gegangen ist - und kann damit etwas anfangen.-
Der Verstand steht dem oft im Weg,- sucht nach Kontrolle und Sicherheit die es nicht gibt...
Jetzt bin ich auf der Suche nach einem neuen Weg und hoffe das mir Geist und Intuition geleichermaßen dabei helfen werden ihn zu finden.

Auch bei meinem Mann hieß es das der Lungenkrebs nicht zwangsläufig vom Rauchen kommen muss. Es gibt auch Nichtraucher die unverschuldet in diese Situation geraten können.
Ich glaube das es vorbestimmt ist wie wir zu Tode kommen.Ob durch Unfall, Krankheit oder durch fremde Hand. Der Zeitpunkt steht vielleicht schon kurz nach der Geburt fest.

Letztlich wissen wir es nicht- und das ist gut so.-


Liebe Grüße

Jutta
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  #8  
Alt 18.09.2014, 08:24
djkprinz djkprinz ist offline
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Beiträge: 119
Standard vom Sinn und Unsinn des Lebens

Hallo Hermann,

ich teile die Meinung von Yogi 12.

Unser Weg ist mit unserer Geburt vorbestimmt. Ob wir gesund leben oder nicht.

Wie sonst kann man sich erklären, dass z.B. jemand der nie geraucht hat, an Lungenkrebs erkrankt.

Was passieren soll, passiert. Wie oft habe ich diesen Spruch während der kurzen, aber heftigen Erkrankungszeit meines Mannes gehört. Ja, bestimmt ist es so. Dennoch hilft mir dieser Spruch kaum in meiner derzeitigen Situation.

Liebe Grüße Heike
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