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  #1  
Alt 16.01.2019, 00:40
Schönesleben Schönesleben ist offline
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Liebe Leser,
ich würde mich als Angehörige hier gerne einmal vorstellen und unsere Geschichte erzählen. Achtung - es könnte lang werden.
Vor 3,5 Jahren habe ich meinen wundervollen Lebensgefährten kennengelernt. Nach gut 3 Monaten habe ich Essen verlassen und bin zu ihm nach Münster gezogen.
Natürlich mit meinen beiden Hunden im Gepäck.
Im darauffolgenden Sommer wurde ich schwanger und wir bekamen im April 2017 einen wundervollen Sohn. Anschließend Haus gekauft und wieder schwanger. „Sportlich“ sagten die meisten dazu. Ja, habe ich mir auch gedacht - ich bin selbstständig, arbeite viel und habe aber einen so tollen Mann, der sich hervorragend um seine Kinder kümmert. Wird also alles klappen - so der Plan.
Nun bin ich in der 34. SSW und mein Freund hat seit 4 Monaten Darmkrämpfe. Da ich Pharmazeutin bin war für mich vollkommen klar: Kommt vom Clindamycin was du im August einnehmen musstest (aufgrund eines Arbeitsunfalls). Also haben wir Probiotika substituiert und etliches anderes probiert. Eine wirkliche Linderung brachte nichts. Etliche Male beim Hausarzt gewesen, Urologe, Gasteoenterologe,...alle waren sich einig: Clindamycin Nebenwirkungen.
Stuhlprobe alle unauffällig.
Zwischen Weihnachten und Neujahr würde es schlimmer mit den Krämpfen, so dass er den Hausarzt wechselte. Die Vertretung dort machte dann ein Blutbild. Alles super, einzig die Lipase lag bei 84 (normal bis 60). Da seine Mutter im Alter von 68 Jahren (3 Jahre nach Diagnose) an Bauchspeicheldrüsenkrebs gestorben war, sprachen wir unsere Ängste mal an. „Nein, das hätte man bei Ihnen - so schlank wie sie sind - im Ultraschall gesehen. Erstmal Magen- & Darmspiegelung und dann ggf. CT. Als er dann für die Ergebnisse der Stuhlprobe dort war, wurden ihm Überweisungen für die Untersuchungen mitgegeben.
Da ein Freund von mir Radiologe ist, schon er ihn am selben Tag durchs CT.
„Veränderungen am Bauchspeicheldrüsenkopf, verdickte Darmschlingen und etwas Wasser im Darm“. An diesem Tag kamen uns zum ersten Mal die Tränen. Zur weiteren Abklärung ins KH überwiesen, damit die weiteren Untersuchungen zügig stattfinden konnten.
Wir sind dann in die Raphaelsklinik nach Münster gegangen. Magenspiegelung unauffällig, Blut alles super, hm, bestimmt „Norovirus“. War natürlich Quatsch...
Die Endosonographie wurde um zwei lange Tage verschoben. Chefarzt: „Keine Sorge, ich werde nichts finden an der Bauchspeicheldrüse.“
Dann war Freitags die Endosonographie und was war? Es wurde etwas gefunden. Aufgrund der Lokalisation im Pankreaskopf eher bösartig, aber wohl operabel. Ca. 2cm groß.. Tumormarker (Ca19-9 unauffällig bei 7,8, CEA bei 7,9). Es dauerte keine 10 Minuten, da stand die Psychoonkologin bei uns im Zimmer.
Das sind Situationen, da denkt man sich als hochschwangere Frau „das ist ein Alptraum, aufwachen bitte!“.
Mein Schwager (Arzt) besorgte uns sofort einen Termin zur Zweitmeinung in Essen. Montags dann die Zweitmeinung. Laut CT 4x4cm Tumor, Leber auf den Aufnahmen nicht zu beurteilen.
Heute dann Aufnahme und erneutes CT, für Donnerstag sollte die OP gesetzt werden.
Heutiges CT: In einer Phase 2-3 erbsengroße Stellen auf der Leber, können Metastasen sein. Donnerstag soll jetzt eine Laparaskopie erfolgen und per Schnellschnitt geschaut werden ob es Metastasen sind. Falls ja - Port setzen und Chemo, falls nicht - OP (pyloruserhaltende OP).
Mein Lebensgefährte ist 43 Jahre alt, hat bis vor ein paar Monaten etwas geraucht, Alkohol selten (3 Bier pro Woche ca.).
Nur der Mist mit der Mutter und dem Adenokarzinom vor 6 Jahren...
Es ist schrecklich: hoffen, warten, hoffen, warten, Enttäuschung. Und wieder von vorne.
Ich weiß es ist immer schrecklich Krebs zu bekommen! In unserer momentanen Situation allerdings (ein Kind 20 Monate alt, das zweite kommt in 6 Wochen), ich weiß gar nicht wirklich damit umzugehen.
Wir haben uns heute gesagt wir gehen jetzt von Metastasen aus und dann werden wir nicht wieder enttäuscht wenn es heißt „OP nicht möglich“.
Wir wollen versuchen unser restliches gemeinsames Leben (ich bin 34, er 43) mit unseren Kindern zu genießen.
Und trotzdem ist da dieser winzige Funken Hoffnung...
Meine Frage an euch: wie geht ihr mit Kleinkindern und der Diagnose um? Wie „lebt“ ihr weiter? Kommt es irgendwann zu einem Punkt, an dem ihr euer Leben wieder genießen könnt?
Wir sind verzweifelt und doch so voller Hoffnung. Es ist noch so surreal, das kann doch gar nicht wahr sein!
Wie lange hat dieser Prozess bei euch gedauert?
Es tut mir leid dass ich hier so viel geschrieben hab äe - aber das musste mal raus.
Ich habe so Angst davor dass mein Freund seine Kinder nur noch vom Himmel aus sehen kann. Und unser Kleiner „Papa“ sagt und ich muss ihm irgendwie erklären dass er irgendwann nicht mehr bei uns sein wird...ich bin so verzweifelt!
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  #2  
Alt 16.01.2019, 07:53
Beccamaus Beccamaus ist offline
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Standard AW: Neu hier - Vorstellung

Liebe Schönesleben,

ich finde es gut das du dich hier im Forum angemeldet hast, mir hat das immer sehr gut getan darüber zu schreiben oder einfach nur still mitzulesen. Aber deine Geschichte ist natürlich sehr grausam und das Schicksal hat ordentlich reingehauen :-( Als mein Daddy damals die Diagnose bekam standen wir vor den ersten Geburtstag meines Sohnes. Bis hin zu seinem Tod waren es die schlimmsten Monate meines Lebens. Das kann ich auch nicht schön reden. Dieses kämpfen, hoffen, bangen, das Leid usw. Aber rückblickend war es auch eine Zeit der intensiven Gefühle und des Miteinanders. Es wird dir hier sicher keiner einen Rat geben können, außer den Tod auszublenden und die Zeit zu genießen. Immer an das Gute glauben und Leben & Kämpfen. Hier sind schon so einige "Wunder" passiert.
Ich wünsche dir und deinen Freund alles alles Gute. Haltet zusammen, kämpft und lebt. Auch für die bevorstehende Geburt wünsche ich dir alles alles Gute.
LG Rebecca
__________________
Mein Daddy
* 04.08.1947 25.06.2018

ED: 03.04.2017 (metastasierendes Lungenkarzinom (Adeno))


-------- Somewhere over the Rainbow---------
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  #3  
Alt 16.01.2019, 09:46
Positiv_Denken Positiv_Denken ist offline
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Standard AW: Neu hier - Vorstellung

Es tut mir sehr leid. Ich wünsche Euch viel Kraft.
__________________
Meine Mutti
*18.09.1946 05.07.2018

ED: Mai 2018. Lebermetastasen mit nicht bekannten Ursprungstumor.
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  #4  
Alt 16.01.2019, 09:53
Schönesleben Schönesleben ist offline
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Standard AW: Neu hier - Vorstellung

Liebe Rebecca,
vielen Dank für deine Antwort! Auch mein Vater ist vor 4 Jahren an einem HCC verstorben (ohne jemals Alkohol getrunken zu haben). Es waren 9 lange Monate voller „warten - Hoffnung - Enttäuschung“.
Ich bin durch den Tod meines Vaters gewachsen, es war wie eine Erlösung. Zwischen Diagnose und Tod habe ich im Prinzip nichts anderes gemacht, außer mich über das HCC zu informieren und zu arbeiten. Ich glaube ich hätte diverse OP‘s selber durchführen können - soviel wusste ich darüber.
Dieses Wissen war allerdings grausam für mich! Ich habe immer weiter gehofft und wurde immer wieder enttäuscht.
Ich habe die letzte Woche sehr viel über Bauchspeicheldrüsenkrebs gelesen und neige schon wieder zu dieser „Überinformation“.
Daher habe ich mir jetzt „verboten“ großartig Hoffnungen in irgendwelche Therapien zu legen (diese sind sowieso seeeeeehr begrenzt).
Wenn wir keine Kinder hätten - auch dann wäre es sehr sehr schlimm, allerdings müsste dann „nur“ ich für mich damit klarkommen. Grausam genug.
Ich habe so eine höllische Angst vor der Zukunft und denke schon 10 Schritte voraus. Ich weiß dass ich das nicht tun sollte, aber irgendwie kommen diese Gedanken immer wieder in meinen Kopf.
Ich hoffe wir können diesen beschissenen kack Krebs irgendwann zeitweise aus unserem Kopf verbannen.
Mein Mann ist stark, aber ich fühle wie er innerlich leidet und es mir gegenüber nicht eingestehen will, damit es mir nicht noch schlechter geht.
Du hast vollkommen recht! So eng zusammengerückt wie jetzt sind wir noch nie! Man merkt halt doch immer erst dass man etwas vermisst, wenn es nicht mehr da ist bzw. droht nicht mehr da zu sein.
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  #5  
Alt 16.01.2019, 14:08
Beccamaus Beccamaus ist offline
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Standard AW: Neu hier - Vorstellung

Ich habe totale Gänsehaut wenn ich deinen Text lese. Auch ich habe 2 Kinder und es wäre unvorstellbar meinen Partner zu verlieren. Aber es kann uns alle treffen. Der Krebs ist präsenter den je. Und es gibt auch kein Rezept dafür wie man solche bösen Gedanken vertreiben kann. Ich denke gerade in dieser scheiß Jahreszeit ist es auch völlig normal das man sich mehr Gedanken. Wenn die Sonne wieder lacht, wird es Momente geben wo ihr nicht an die Krankheit denkt. Aber der Gedanke an diese Krankheit wird jeden Tag aufs neue wieder hoch kommen. Das geht nicht abzustellen und es ist menschlich. Wer liebt, hat Angst vor den Verlust. Ich habe in der Krankheitszeit meines Daddy´s sehr viele Hörbücher gehört. Über das Leben nach den Tod , über Trauerarbeit und und und. Ich wollte einfach vorbereitet sein. Ich wollte mich trösten und weist du was, es hat mir geholfen. Ich bin Krankenschwester und völliger Realist. Ich wusste das er stirbt, auch wenn ich bis zum letzten Tag Hoffnung hatte. Aber ich glaube er ist nicht für immer weg. Nur wo anders..das hat mir den Verlust leichter gemacht. Ich habe meinen Daddy im Hospiz erzählt wo er hin wandern wird. Er hat so aufmerksam zugehört und auch daran geglaubt. Ich glaube er hatte irgendwann keine Angst mehr vor dem sterben. Aber in diese Phase der "Akzeptanz" muss man erst kommen. Ihr habt noch einige Phasen der Trauerarbeit bzw. Krankheitsbewältigung vor euch. Ihr solltet Vorkehrungen treffen um euch alle auf das schlimmste vorbereiten (das hört sich hart an, aber leider muss man es mal aussprechen :-() aber ihr solltet auch nie aufhören zu kämpfen!!!!!!!!
__________________
Mein Daddy
* 04.08.1947 25.06.2018

ED: 03.04.2017 (metastasierendes Lungenkarzinom (Adeno))


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  #6  
Alt 16.01.2019, 23:11
Ursus28 Ursus28 ist offline
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Beiträge: 58
Standard AW: Neu hier - Vorstellung

Schönesleben - genau das solte es sein für werdende Eltern und einem 20 Monate alten Knopf. Ich wünsche Euch, dass das Schicksal eine positive Wendung nimmt und Euch noch ganz viel Zeit als Familie bleibt.
Ich lebe in/mit einer Patchworkfamilie und unsere Kinder sind zwischen 16 und 20, mein Mann im Beobachtungsstadium, also eine weitaus „komfortablere“ Situation. Trotzdem ist es mein Alltag viele „Baustellen“ gleichzeitig zu handeln. Trotz der Sorge um Deinen Partner, wünsche ich Dir trotzdem, dass Du gut und sicher durch das letzte Drittel der Schwangerschaft kommst. Ich schicke Euch viele Schutzengel.

Geändert von Ursus28 (16.01.2019 um 23:17 Uhr)
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  #7  
Alt 17.01.2019, 17:40
Benutzerbild von Kaffeetrinkerin
Kaffeetrinkerin Kaffeetrinkerin ist offline
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Beiträge: 95
Standard AW: Neu hier - Vorstellung

Liebe Schönesleben,
lass dich einfach mal drücken. Ihr erlebt gerade den Alptraum und ich finde, dass du sehr stark und kraftvoll klingst.
Ich habe meinen Mann an Krebs verloren. Er war gerade mal 45 als er gestorben ist. Leider weiß ich genau, wie du dich fühlen musst. Aber ich wollte dir auch Hoffnung dalassen. Der Schwiegervater meines Bruders hat den Bauchspeicheldrüsenkrebs überlebt. Auch sehr früh erkannt und operabel. Er hat noch eine Sicherheitschemo erhalten und alles ist jetzt 8Jahre her. Es gibt immer noch Hoffnung.
Und wenn es Lebermetastasen sind, dann werdet ihr weiter kämpfen. Schritt für Schritt. Wichtig war bei uns immer, dass wir einander immer die Wahrheit gesagt haben. Also ich habe niemals falsche Hoffnungen gemacht aber ausgesprochen, wenn ich wirklich Hoffnung hatte. Dass ich für ihn da war. Immer und ohne Zeitlimits. Und er mir immer sagen konnte, was er sich wünscht von mir. Man trägt sich gegenseitig durch alles durch und du wirst merken, dass man mehr Kraft hat als man denkt.
Ganz liebe Grüße an dich,
Nina
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