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  #1  
Alt 13.11.2009, 12:43
loewi loewi ist offline
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Standard 20. juni 2009

huhu,

ich bin soooooooooooo stolz auf mich
jahrelang war ich nicht beim zahnarzt...immer so eine phobie gehabt, mich geschämt, weil ich jahrekang bulimie hatte und dachte dann sieht der das und so ...

aber: LIEBER KREBS! WENN DU NICHT IN MEIN LEBEN GEKOMMEN WÄRST DANN HÄTTE ICH NIE DIES ANGST ÜBERWUNDEN! DANKE

kurz gesagt, ich habe meine angst überwunden und mir einen zahnarzt gesucht. es gibt in düsseldorf eine sehr gute gemeinschaftspraxis, die auch auf angstpatienten ausgerichtet. heute hatte ich meinen ersten termin
gestern war ich da und wollte aus einem fadenscheinigen grund absagen, stand da und hörte mich sagen: "ich wollte nur nochmal nachfragen, wann ich morgen den termin habe?" was war das denn???

heute bin ich dann auch wirklich hingegangen und was soll ich sagen:

1. der zahnarzt ist total nett
2. meine zähne sind vollkommen ok ich habe keine einzigen löcher und er muss nicht bohren


und er sagte, ich kann wirklich stolz auf mich sein dass ich die angst überwunden habe

bei dem bleibe ich
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Mitfreude, nicht Mitleid, macht den Freund aus. (Nietzsche)
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  #2  
Alt 13.11.2009, 12:44
loewi loewi ist offline
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Standard 21. juni 2009

schon seit einigen wochen und monaten (eigentlich seit der krebs erkrankung - ich zögere oft noch es auszuschreiben/auszusprechen) leide ich mehr und mehr unter den dissos.
freitag hatte ich ergotherapie und ich habe sehr viel vertrauen zu meiner ergotherapeutin. doch auch bei ihr habe ich die letzten stunden immer wieder so stark dissoziiert, dass dieser zustand noch mehrere stunden danach andauert... gut aber auch darum geht es mir grad gar nicht.

ich habe mir nach dem letzten mal am freitag ein paar gedanken gemacht dazu, was es ist, wie es sich anfühlt, nicht unbedingt warum ich bei ihr grad die schwierigkeiten habe...sondern einfach über meine dissos allgemein:

Dissoziieren
Neben mir stehen
Alles unwirklich und doch nah…

So fühlt es sich an, möchte meinen Kopf in meine Hände nehmen und dagegen schlagen, damit dieses taube, dumpfe Gefühl bis zum nächsten Mal aufhört. Alle Sinne sind in diesem Moment hochsensibel … besonders meine Haut und meine Nase reagieren auf Nuancen von Veränderung von einer Sekunde auf die andere. Worte erreichen mich wie durch eine Glaskugel… diese taube, dumpfe Gefühl veruracht eine zunehmende Panik in mir und nur mit großer Mühe gelingt es mir, nicht die Fassung zu verlieren.

Außenstehenden ist dieser Zustand kaum zugänglich – deshalb, weil kaum einer wahrnehmen kann, dass ich mich gerade in diesem Moment in einem Ausnahmezustand befinde. Man merkt es mir kaum an… und so weiß derzeit kaum ein Mensch, eigentlich gar keiner, wie es in meiner Seele tatsächlich aussieht. Ich will es einfach mal versuchen, auch wenn es sehr schwer ist.
Dabei greife ich das auf, was mein Körpertherapeut mir damals mit auf den Weg gegeben hat – „Versuche dein Gefühl zu beschreiben – mit Adjektiven“… ich versuche es aber auch mit Substantiven

Also:

Manche Gefühle fühlen sich gerade rund an …

Meine Angst ist rund wie ein Loch und ich kann vom Rand in einen tiefen Abgrund blicken. Dieses Loch zieht mich magisch an. Es ist die Angst, die der Krebs bei mir ausgelöst hat. Es war, als habe jemand einen Schalter umgelegt. Ich kannte Angst ja zur Genüge, aber diese ist mit keinen anderen Ängsten zu vergleichen. Es ist ein tiefes Loch, eine Falle und die Gefahr ist groß, hineinzufallen. Denn man sieht es kaum, es passt sich deinem Alltag an; bin ich unterwegs breitet sich die Angst, breitet sich das Loch auf den Pflastersteinen, im Sand, auf der Wiese aus. Sie kommt mir vor wie ein Spion, lauernd, dass ich darauf hereinfalle. Doch ich bin vorsichtig geworden.

Meine Freude, die ich an manchen Tagen empfinde, ist rund wie ein Trampolin, auf dem ich meine Freudensprünge machen kann.


Die Worte, die ich gerade bis jetzt geschrieben habe, drücken bei Weitem nicht aus, was ich empfinde. Dafür habe ich keine Worte. Es fühlt sich an, als seien sie in einer Kiste fest verschlossen. Bei dem Gedanken oder der Erinnerung, was meine erste bewusste Dissoziation ausgelöst hat, habe ich vielleicht gerade hier die Antwort gefunden – beim Schreiben der Worte, beim Fühlen der Sprachlosigkeit, in der Hilflosigkeit der Sprachlosigkeit… denn an die erste Dissoziation, an die Hilflosigkeit kann ich mich stark erinnern … denn sie entstand in einer Sprachlosigkeit. Damals hatte meine Mutter zur Strafe vier Tage lang kein Wort mit mir geredet… ich habe es nicht verstanden und verstehe es bis heute nicht… kein „Guten Morgen“ kein „Hallo“ kein „Wie war es in der Schule“ und kein „Gute Nacht“ – vier Tage lang. Ich bin hysterisch geworden aus lauter Hilflosigkeit und da habe ich zum ersten Mal dieses Gefühl der Dissos erlebt. Ich hätte mit dem Kopf gegen die Wand schlagen können, bin auf Knien gerutscht und und und… Mama hat nur müde darüber gelacht, nein nicht müde, sie hat mich ausgelacht…warum ist mir egal, aber sie hat gelacht. Nun, mein Gedanke ist, dass mich meine seit Monaten andauernde Sprachlosigkeit in eine ähnliche Hilflosigkeit versetzt wie damals.
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  #3  
Alt 13.11.2009, 12:47
loewi loewi ist offline
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Standard keine ahnung von datum :)

am wochenende war ich bei sabine und tochter und es war ein wunderbarer tag. auch wenn ich es nur mit dissos geschafft habe, aber es war trotz allem unglaublich schön und lustig. ich habe es unglaublich genossen, sarah die lebensfreude anzusehen, diese strahlenden augen.

ja, es tat auch zwischendurch immer wieder weh, weil ich eben nicht die möglichkeit haben werde, mein eigenes kind auf einem karussel in seiner eigenen welt versunken beobachten zu dürfen.

aber trotz dissos habe ich es gut geschafft und genossen auch noch.
dann kam die rückfahrt von dem fest wo wir waren zum bahnhof. es war so voll dass sabine und sarah vorne waren, ich ein stück weiter hinten und habe es die fahrt über genossen, sarahs gequatsche (sorry bine ) zu hören. nein, einfach ihre stimme, ihre fröhlichkeit, ihre natürlichkeit

ich habe schon mitbekommen, dass ein älterer mann sich mit sabine unterhalten hat und der hat auch wohl gespannt, dass ich dazu gehöre. als der bus leerer war hat er sich so schräg hinter mich gestellt, was ich eh schon unangenehm finde... ich war immer noch tief in meinen dissos, als der typ mich dann fragte "und haben Sie auch kinder?"

erster trigger und das eh schon auf dissos drauf...keine gute kombi. ich habe ein klares NEIN von mir gegeben und signalisiert, dass das thema damit gegessen ist.
dann kam noch ein trigger drauf "noch nicht den richtigen mann gefunden oder geht nicht?" gott sei dank mussten wir dann aussteigen, aber für mich war mit diesen beiden triggern alles zusammengebrochen:

- ein paar stunden habe ich nicht dran gedacht dass ich krank bin
- ein paar stunden spaß mit sabine und sarah

und dann...

mit triggern aus den dissos raus und doppelt rein. ich habe lange nicht mehr so einen kinnschlag bekommen ....
es war ganz schön heftig.

aber ein ganz großes danke an sabine, die mich einfach ohne große worte verstanden hat
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  #4  
Alt 13.11.2009, 12:50
loewi loewi ist offline
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Standard 8.juli 2009



ich werde ja seit zwei monaten fast wegen einer gürtelrose behandelt. ich bin damals zur vertretung meines hausarztes und weil alles sehr entzündet ist (weil ich vor lauter innerer anspannung dran rumknibbel) bzw. war, bin ich zur wundversorgung immer zu ihm, was auch für meinen hausarzt ok war... so, die gürtelrose wird besser und zu anfang als die schmerzen noch sehr heftig waren, hat er mir novalgin aufgeschrieben. ging dann auch ganz gut, da ich eine sehr hohe schmerztoleranz habe.

in den vergangenen wochen nun habe ich zunehmende schmerzen bekommen in den knochen (unterschenkel, unterarme, rippen und besonders schmerzhaft ist das becken betroffen) und ich bin wie gesagt echt kein jammerlappen, doch diese schmerzen treiben mich mehr und mehr in den wahnsinn, hab auch immer wieder beim verbandwechsel gesagt dass ich zunehmend schmerzen habe. gestern dann hat er mir schmerzmittel aufgeschrieben (tramal und lyrica). beides habe ich gestern abend und heute früh genommen.
als ich heute zum verbandwechsel kam fragte er dann wie die schmerzen sind und ich habe ihm ehrlich geantwortet, dass ich keine besserung spüre, also kaum...

dann kam der erste für mich: er sagte, das glaubt er mir nicht mehr es käme ihm nicht ganz koscher vor, was ich ihm erzählen würde

und dann der zweite nachdem ich komplett war: er fragte mich allen ernstes ob ich medikamentenmissbrauch betreiben würde und ich solle ihm die medikamente beim nächsten mal geben

bin einfach nur sprach- und fassungslos und empfinde es als sehr massiven vertrauensbruch da er mich auch ein stück durch die krebserkrankung begleitet hat...

muss jetzt erst einmal schluss machen, würde am liebsten überhaupt nicht mehr hingehen und die wunde kann ich auch alleine rest versorgen. doch würde es nicht wie ein eingeständnis aussehen?

anmerkung:
ich bin seitdem auch nie wieder hin
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  #5  
Alt 13.11.2009, 12:51
loewi loewi ist offline
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Standard 17.juli 2009

ich liebe das meer:
dieser freie blick, dieses geräusch, wenn das wasser an den strand plätschert, ich dort meine fußspuren hinterlasse, die sofort wieder vom wasser überspült werden- das gibt mir ein beruhigendes gefühl von unendlichkeit.
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  #6  
Alt 13.11.2009, 12:54
loewi loewi ist offline
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Standard 2. juli 2009

ich hatte heute einen sehr reichen tag. das kommt wohl davon wenn man alles immer und immer in sich hinein frisst.

naja aber es ist wohl dringend nötig, denn es geht mir immer schlechter. heute hatte ich auch gott sei dank ergotherapie (wie auch morgen).
wir bzw. ich habe über die sprachlosigkeit geredet, und dass ich verzweifelt nach einem wort suche, was meinen momentanen zustand ein wenig beschreibt. ich schreibe gerade ganz bewusst "ein wenig beschreibt" denn ich merke gerade, dass nun wo ich schreibe, auch das wort, das mir unterwegs in den sinn kam, nicht das treffende ist, aber ich versuche es dennoch - das wort das ich meine heißt:

Entwaffnet stehe ich mir gegenüber
Nähere mich meiner seele beinahe
Teilnahmslos
Rückhaltlos verliere ich den halt
Übermächtig ändert sich der rhythmus meiner seele
Chamäleongleich, das seine farbe ändert
Kämpfen, kämpfen, kämpfen
Tränen überkommen mich
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  #7  
Alt 13.11.2009, 12:55
loewi loewi ist offline
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Beiträge: 245
Standard sprachlos

Seelenschmerzen
Peinigen mich
Reissen mich in stücke
Atmen ist kaum möglich
Chemie das einzige was halt gibt
Haltlos
Lachen ist nur show
Ohne
Seele
__________________
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