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  #1  
Alt 21.01.2005, 09:41
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Standard Plötzlich gehts mir besser

Hallo liebe Forumsteilnehmer,
seit Monaten bin ich stille Leserin,melde mich nun das erste Mal zu Wort.
Auch ich bin seit 4 Wochen leider Hinterbliebene.Meine Schwester ist nach wirklich langem Leiden gestorben.
Ich habe sie begleitet über Jahre in all ihrem Hoffen und Bangen.. ich war da.. bis an den Rand meiner eigenen Erschöpfung.Ich habe wirklich eine schlimme Zeit hinter mir,obwohl ich mich schäme das so auszudrücken ,denn ich war ja nur Angehörige,nicht Betroffene.Dennoch,es hat enorm an mir gezehrt,ich habe Nächte durchgeheult und war am Ende.
Nun durfte sie sterben,ich hatte es ihr so gewünscht und es passierte so friedlich und fast schon schön,das es mir die Angst vorm eigenen Tod fast nahm.
Nun zu meinem Problem. Ich habe das Gefühl,dass ich mehr getrauert habe,als sie noch lebte,als nun da sie tot ist.Ich weiss,das hört sich wie der letzte Unsinn an,aber ich wusste sie wird sterben und habe dabei gelitten wie ein Hund,nun ,wo sie Frieden hat,geht es mir deutlich besser. Aber das wiederum macht mir ein schlechtes Gewissen,denn nach 4 Wochen ist fast schon der normale Alltag bei mir wieder eingetreten,klar vermisse ich sie und denke immer dran, aber es tut nicht so weh wie ich dachte und nicht so weh,wie sie leiden zu sehen. Ist das jemandem von euch auch so ergangen? Ich finde es so seltsam,dass ich praktisch vorweggenommen getrauert habe und nun irgendwie mit der Sache des Todes so schnell klarkomme,obwohl wir so ein enges Verhältnis hatten.
Könnt ihr mich verstehen?????
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  #2  
Alt 21.01.2005, 11:29
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Standard Plötzlich gehts mir besser

Hallo liebe Claudia,
Du mußt kein schlechtes Gewissen haben, jeder verarbeitet seine Trauer anders. Ich war nach dem leidevollen Weg bis zum Tod meiner Mutter einfach nur erleichtert, als sie es geschafft hatte. Die Wochen vorher waren so leidvoll und hatten soviel Kraft gefordert. Und der Alltag holt einen auch schnell wieder ein, die eigene Familie und auch mein Papa brauchen mich. Ich denke häufig an meine Mutter, an die schönen Erinnerungen. Natürlich gibt es auch heute noch ab und zu Situationen, in denen ich mich verkrümle und eine Runde heule - danach geht es wieder besser.
Ich wünsche Dir, daß Du ein glückliches Leben
-mit der Erinnerung im Herzen an Deine liebe Schwester- führen kannst.
LG Elfie
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  #3  
Alt 21.01.2005, 16:12
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Standard Plötzlich gehts mir besser

Hallo Claudia,
mir geht es ähnlich. Meine Mama ist heute vor 5 Wochen gestorben. Seit Dienstag geht es mir auch gut. Der Alltag ist eingekehrt und ich kann auch wieder lachen und unbeschwert sein. Mir macht das auch ein schlechtes Gewissen, zumal ich sehr an Mama hing und immer dachte, wenn Mama mal etwas passiert, kann ich nie wieder lachen. Mir ging es auch die letzten 2 Wochen, in denen Mama sehr gelitten hat, auch viel schlechter. Mir hat richtig das Herz geblutet, wenn ich rüber gefahren bin. Ich konnte es einfach nicht ertragen. Irgenwie möchte ich auch gar nicht, daß es mir jetzt gut geht. Ich denke immer, daß man doch viel länger richtig traurig sein muß. Aber vielleicht kommt der "Hammer" ja noch einmal (irgendwie hoffe ich das)!
Alles Liebe
Nicole
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  #4  
Alt 21.01.2005, 16:22
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Standard Plötzlich gehts mir besser

Ich denke, der Hammer kommt noch. Das heißt, so ein richtiger Hammer ist es nicht. Man realisiert nur im Laufe der Zeit, dass der Zustand der seit dem Tod der Mutter eingetreten ist, der endgültige ist. Zuerst hat man mal Ruhe und weiß, dass die geliebte Person nicht mehr leiden muss. Das ist einem ja am Wichtigsten. Man schlittert während der Krankheit der Mutter von einer schlimmen Phase in die nächste und weiß nicht mehr, wie man durchhalten kann. Damit ist mit dem Tod der Mutter Schluss. Es kehrt ganz schnell ein sehr ruhiger Zuustand ein. Das kann wahrscheinlich zuerstmal erleichtern - die Horrozeit ist vorbei ... Aber wenn man mit der Zeit begreift, dass der neue Zustand endgültig ist - zwar ruhig und keine Krankheit mehr und keine Sorgen und keine leidende todkranke Mutter, was einem schier das Herz zerreist -merkt man dass er auch verdammt schwer zu ertragen ist. So ist das bei mir nach 1,5 Jahren = keine Besserung, sondern ein allmähliches Realisieren, nachdem man sich von der anfänglichen Erschöpfung erholt hat. Gloria
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  #5  
Alt 21.01.2005, 19:46
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Standard Plötzlich gehts mir besser

Ich finde, Gloria hat es ganz passend formuliert. Mein Papa ist vor vier Monaten gestorben und es ist einfach so, dass sich dadurch so einiges im Leben total verändert hat. Das heißt nicht, dass ich nicht mehr fröhlich bin und lache. Es gibt ausgelassene fröhliche Zeiten, und auch schlimme depressive Zeiten, aber es ist eben nicht so, dass man anfangs ganz ganz unten ist und dann wird es wieder gut. Das Leben wird anders, ich denke jeden Tag an meinen Papa und trauere um ihn, aber ich führe trotzdem auch meinen normalen Alltag weiter. Trotzdem hat sich meine "Innenleben" irgendwie verändert. Kann man verstehen, wie ich das meine?
Ich bin aber auch erstaunt, wieviel ein Mensch letzlich doch so "wegstecken" kann, auch ich habe gedacht, falls meinen Eltern mal was passiert, kann ich nie wieder lachen. Aber das wäre ja auch nicht im Sinne der Verstorbenen!!!
Gloria, Dein letzter Satz gefällt mir besonders, er drückt genau das aus,was ich empfinde!
Susanne
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  #6  
Alt 22.01.2005, 16:26
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Standard Plötzlich gehts mir besser

DANKE für eure Zeilen.. ich stehe also nicht alleine da mit meinem Gefühlswirrwarr.. das tut gut.
Klar dachte auch ich der Hammer kommt möglicherweise noch und klar habe auch ich meine Heulanfälle..aber alles in allem war die letzte Zeit der Erkrankung für mich schlimmer mit anzusehen als nun der friedliche Tod und die Ruhe.. eine Freundin sagte zu mir.. "jetzt ist sie wieder gesund und glücklich" und das denke ich eben auch.. kein Leid mehr,keine Schmerzen..das lässt die Trauer..zumindest zur Zeit (falls nicht doch noch der Hammer kommt) einfach erträglich erscheinen,erträglicher als zu Lebzeiten vermutet.
Danke dass Ihr geantwortet habt
Claudia
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  #7  
Alt 24.01.2005, 17:46
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Standard Plötzlich gehts mir besser

Gloria, das hast Du sehr gut ausgedrückt.
Die Endgültigkeit ist der "Hammer". Egal, welche Hoffnungen man in sich trägt, "hier" ist es endgültig. Deshalb tut es immer wieder weh, auch wenn man zwischen dem einen "endgültig" und dem nächsten "endgültig" lachen kann..

Marion
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  #8  
Alt 30.01.2005, 12:29
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Standard Plötzlich gehts mir besser

Hallo Claudia S,
mein Papa ist letzten Samstag, also vor 8 Tagen friedlich eingeschlafen.
Da war die Diagnose 2 Jahre alt und im Gegensatz zu Deiner Schwester, musste mein Vater nur kurze Zeit leiden. Seit 6. Januar war Papa in der Klinik, ihm konnten die Schmerzen schnell genommen werden. Eine 3 tägige Chemo wurde gemacht, es sollte eine Bestrahlung folgen (beides hatte Papa schon im Jahr der Diagnose hinter sich gebracht und relativ gut vertragen)Zur Bestrahlung kam es nicht mehr, Mittwochs ging es bergab, zunächst konnte er wieder essen und schlucken, dann plötzlich ging nichts mehr. Am Donnerstagabend wurde er in einen künstlichen Schlaf gelegt, das humane sterben wurde damit eingeleitet, wie wir am Freitag erfuhren. Uns wurde versprochen, dass er friedlich rüberschlafen würde. Das war dann am 22.1. der Fall.

Seit Mittwoch habe ich mir nur noch gewünscht, dass mein Papa es ganz schnell schafft, als die Klinik anrief, war ich gefasst bis erleichtert, habe mich für meinen Vater gefreut.

Den ganzen Freitag waren wir bei ihm am Bett, sprachen mit ihm und streichelten ihn.
Papa hat es im Gegensatz zu vielen anderen besser getroffen (bitte nicht verkehrt verstehen)
Natürlich bin ich auch voller Trauer, es gibt auch Augenblicke der Tränen, die ersten Tage war es ganz schlimm.
Heute ist es so, dass ich lächel wenn ich das Foto meines Vaters anschaue, ich freue mich so sehr für ihn. Denn Angst vor dem Tod hatte Papa nicht, nur davor, dass er sich lange quälen muss.

Ich hätte noch Jahrzehnte weiter so zu meinem Vater gestanden - wir alle, meine ganze Familie.
Aber dies ist uns nicht vergönnt, Papas Lebensuhr wie er es nannte, war abgelaufen. Er wusste übrigens nicht, dass er sterben würde, wir wussten es seit 3. Januar. Er sollte es nicht wissen, das hätte ihm die Kraft genommen, das alles zu ertragen. Er sollte nicht mit der Sorge um Mama und mich gehen.
An seinem Sterbebett habe ich ihm gesagt (er schlief, konnte uns jedoch hören) wenn du gehen möchtest, dann darfst du das, mache dir um uns keine Sorgen. Du bist bei uns und wir bei Dir.

Ich konnte gleich nach Papas Tod Nachts wieder durchschlafen, was die ganze Zeit zuvor nicht der Fall war (da wusste ich jedoch noch nicht, was der Grund ist, denn Papa ging es die meißte Zeit sehr gut)

Ich gerate nicht mehr in Panik wenn das Telefon klingelt und auch ich kann lachen.

Mache Dir kein schlechtes Gewissen, grübel nicht ob es richtig oder normal ist, was Du tust.
In den Augenblicken wo Du lachst und gut drauf bist, sammelst Du Kraft für die schwachen Augenblicke, die auch immer mal wieder kommen werden. Bei Dir, wie bei mir - bei uns allen.....

Liebe Grüße
Sandra
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  #9  
Alt 31.01.2005, 09:35
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Standard Plötzlich gehts mir besser

Liebe Sandra
ich danke Dir sehr für Deine Zeilen denn sie sprechen mir aus der Seele.
Ich trauere sehr und denke immer an sie,aber das Zusammenzucken bei jedem Telefonklingeln ist weg,wie bei Dir und ich schlafe wieder,was MONATE nicht der Fall war. Ich weiss,dass ich als Angehörige kein Recht habe zu klagen und es meine verdammte Pflicht war durchzuhalten,das habe ich bis zur letzten Minute getan.
Aber nun muss ich nicht dauernd denken ,wie sie leidet ,sondern denke immer es geht ihr gut, zumal ich Zeichen von ihr bekomme ( ich habe Deinen Beitrag unter dem Thread Zeichen gelesen und ähnliches erlebt)und daran glaube ,dass sie nur in eine andere Welt gegangen ist,ohne Schmerzen,ohne diese Sch... Erkrankung,die sie Jahre begleitet und gequält hat.Und das macht mich ruhig und die Sache erträglich.
Danke nochmals,Deine Antwort hat mir sehr geholfen.
Dir auch alles Gute und liebe Grüsse
Claudia
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  #10  
Alt 31.01.2005, 21:09
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Standard Plötzlich gehts mir besser

Hallo Claudia,
es freut mich, dass meine Zeilen Dir geholfen haben.
Kopf hoch!!!
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