Meine Mutter hat krebs

[nessie]

Hallo ihr Lieben,

gestern ging es meinem Papa besonders schlecht und ich war das erste Mal nicht in der Lage meinen Alltag vernünftig zu bewältigen. Viel zu groß war die Trauer. Zu schwer der Stein auf meinem Herzen. Ich habe mich nicht mehr im Griff gehabt. Meine Mutter erzählte mir, dass er die ganze Nacht nicht geschlafen hätte. Er hat nur gesessen und war zwischenzeitlich im Sitzen eingeschlafen. Er sagte zu mir, dass er Angst hatte, nicht wieder aufzuwachen. Deshalb wollte er nicht schlafen. Ich hätte schreien können vor Schmerz. Nach drei Stunden habe ich es dann nicht mehr ausgehalten und bin nach Hause gefahren. Sobald die Tür hinter mir zu war, habe ich geweint. Ich konnte mich nicht mehr beruhigen. Es ging den ganzen Tag so.

Heute war ich wieder dort. Es ging ihm etwas besser. Er hat sogar mit uns gefrühstückt. Aber er ist so furchtbar gelb gewesen. Ich habe mich heute etwas besser im Griff, aber der Stein in meinem Herzen ist riesig. Und wenn ich nach Hause fahre, dann sehe ich immer diese Augen... den Blick. Es fällt mir mittlerweile sehr schwer die nötige Kraft aufzubringen. Aber ich weiß, ich schaff es. Irgendwie....schaff ich es !!! Ich muss ja. Ich kann es ja nicht ändern.

Lieben Gruß

Nessie

[Birgit4]

Liebe Nessie,
ich nehme dich ganz fest in meine Arme und schicke dir und deiner Familie ein großes Kraftpaket, ich bete für euch und viele andere traurige hier im Forum.....eure Birgit

[nessie]

Hallo ihr Lieben,
ich weiß nun langsam nicht mehr, was ich von dem Ganzen noch halten soll. Da seh ich meinen Papa, wie es ihm zusehend schlechter geht und die Hausärztin macht neuen Mut. Vom vorletzten zum letzten Blutbild soll es eine wesentliche Verbesserung geben und nachdem die Ärztin mit Klopdor Rücksprache gehalten hat, soll es angeblich noch eine Chance geben. Nun wurde heute nochmal Blut abgenommen, um einen weiteren Vergleich zu haben, danach wird dann entschieden. Das Wasser scheint auch etwas zurückgegangen sein. Ich weiß einfach nicht, was ich denken soll. Neue Hoffnung schöpfen ? Allein nur wenn ich meinen Papa anschaue, kann ich es nicht glauben. Eins muss ich meinem Papa aber lassen, er hat einen unbeugsamen Lebenswillen. Er sprach sogar vom Weihnachtsessen. Unglaublich dieser tolle Mann.
Sollte es wirklich möglich sein, dass ich ihn Weihnachten noch bei mir habe ?
Wie können die Blutwerte besser werden ? Den einen Tag will er nicht schlafen, weil er angst hat nicht mehr aufzuwachen und den andren Tag spricht er vom Weihnachtsessen !
Das ist alles nicht wirklich greifbar für mich.
Liebe Birgit,
vielen Dank für deinen tollen Zuspruch. Er hilft mir und ich fühle mich hier sehr gut aufgehoben !!!

Lieben Gruß

Nessie

P.S. Ich weiß, dass viele von euch einfach nicht wissen, was sie jetzt noch sagen können. Mir ging es zuvor auch schon mal so. Aber ich weiß auch, ihr seid alle da und nehmt Anteil an dieser beschissenen Situation und dafür danke ich euch !

[Birgit4]

Liebe Nessie,
warum solltet ihr nicht Weihnachten miteinander feiern, du weißt doch die Hoffnung stirbt zuletzt und dein Papa hat es sich vorgenommen, also nehme es dir auch vor und freue dich darauf, freue dich heute , mit traurigkeit kannst du das "morgen " nicht aufhalten.Manchmal kommt alles anders als man denkt, laß dir mit deiner Angst deinen Papa zu verlieren nicht die Freude des Lebens nehmen,laß deine Angst nicht über deine positiven Gedanken siegen.Alles erdenglich Liebe für euch ......eure Birgit

[nessie]

Liebe Birgit,
bin ich denn nur blöd ? Natürlich hast du recht. Wie konnte ich mich nur so in diese Trauer und Hoffnungslosigkeit hineinziehen lassen.
Wenn mein Papa nach vorne schauen kann, dann kann ich es auch !!!! Dann fangen wir mal an, Weihnachten zu planen !!!
Danke, vielen vielen Dank

Lieben Gruß

Nessie

[nessie]

Hallo,
was soll ich nun sagen. Es fällt mir leider nichts geschicktes mehr ein. Es kam nun raus, dass das Blutbild bei Klopdor vertauscht worden war. Wie so etwas passieren kann, ich weiß es leider nicht. Tatsache ist, es gibt keine Hilfe mehr. Und wir sehen es auch. Mein Papa ist unheimlich tapfer. Er macht noch Einkaufszettel und räumt auf. Wenn ihr ihn nur sehen könntet. Es macht mich stolz, dass er mein Papa ist und doch bin ich unendlich traurig. Er kann kaum mehr laufen, zu schwer ist das Wasser in den Beinen. Alles läuft nur noch in Zeitlupe ab. Aber er klagt nicht. er hat sein Schicksaal scheinbar angenommen. Auf der anderen Seite sieht er sooo müde aus, aber er will nicht schlafen !!! Ich glaube er macht sich bereit für die große Reise. Wieviel Leid kann ein Mensch nur ertragen ? Ihr macht euch kein Begriff von diesem Blick. Dieser traurige Blick. Kaum mehr leben in den Augen. Es ist so schrecklich.
Und nun meine liebe Mama. So tapfer !!! Sie hat vor drei Jahren Altersteilzeit eingereicht um mit ihrem Mann die Welt zu bereisen. Nun ist sie in Altersteilzeit und muss zusehen, wie ihre Zukunft einfach stirbt. Und auch ihr sehe ich an, dass dieser Weg ihre letzten Kräfte fordert.
Lieber Gott, steh uns bei !!!

Lieben traurigen Gruß

Nessie

[Ylva]

liebe nessie,

ich habe dein thread von vorne bis hinten gelesen und bewundere dich.
Das du aus dieser situation noch das beste machst,versuchst positiv zu denken und vorallem wie sehr du deinen vater unterstützt,was dich unheimlich viel kraft kosten muss,eigentlich all deine kraft..
ich bewundere dich und wünsche mir,dass ich meiner mama genau das gleiche geben kann..momentan versage ich dabei kläglich.

was kann ich noch schreiben.
das es mir leid tut?Das ich es hasse wie sehr der krebs unser leben und uns in der hand hat.das ich vor wut und verzweiflung ständig schreien könnte?
Und doch geht es weiter und wir müssen weitermachen.

ich wünsche dir alles,alles liebe
und ganz viel kraft!!

*drück*
ylva

[lolle]

hallo nessie
ich lese natürlich auch alle deine beiträge und starre manchmal fassungslos auf den monitor. ich war 19 jahre alt , als mein vater mit 42 jahren an leberkrebs starb . das war damals ganz schlimm für mich weil ich ein absolutes papakind war, aber ich hatte so viele andere sachen am kopf. ich hatte schon einen sohn und meine ehe lief nicht so ganz rund und und und, sodaß ich es damals wohl relativ gut weggesteckt habe. als dann so mit 24 ruhe in mein leben kam, kam erst mal die richtige trauer, die sich so zeigt das nicht ein tag vergeht wo ich nicht an meinen vater denke. sein bild hängt in der diele und ich lächle ihn an. ich höre sein lied im radio und ich singe laut mit. manchmal tue ich sogar so als wenn ich mit ihm tanze. keine angst ich bin völlig normal, aber so lebt mein papa für mich weiter. und jetzt heule ich.
ALLES LIEBE
LOLLE

[nessie]

Liebe Ylva,
ich weiß nicht woher ich diese Kraft nehme. Ich habe auch nicht mehr viel Kraft. Mein Herz ist schwer und der Alltag ist ebenfalls nur schwer zu bewältigen. Ich habe mich jetzt Krank schreiben lassen, weil ich meinen Beruf zur Zeit einfach nicht auch noch nachgehen kann. Mein Mann und auch meine beiden kleinen Kinder unterstützen mich.
Sage nicht, dass du kläglich versagst. Versuch einfach da zu sein. Niemand kann dir einen Vorwurf aus deinem Verhalten machen, denn zu groß ist diese Aufgabe. Zu viel Schmerz empfindet man.
Es ist nicht so, dass ich manchmal nicht weglaufen möchte, aber ich kann nicht davon laufen. Mein Gewissen würde mich einholen. Ich kann es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, meinen Papa jetzt allein zu lassen. Und ich darf meine Mutter jetzt nicht allein lassen. Sie braucht mich !
Jeder Weg zu meinen Eltern ist mit Schmerz verbunden, aber ich muss ihn einfach gehen.
Jeder von uns muss diesen Weg gehen !! Auch du wirst es schaffen und wirst nicht versagen.

Lieben Gruß Nessie

[nessie]

Liebe Lolle,
irgendwann fängt man an zu verarbeiten. Wenn du mit deinem Papa tanzen kannst und ihn anlächelst, dann lebt er in dir. Ich habe mit 19 Jahren meinen Opa verloren. Jetzt kann ich sein Bild ansehen und auch lächeln. Denn auch ihn habe ich sehr geliebt. Es zeigt mir, dass ich verarbeitet habe und dass die Liebe unzerstörbar ist. Behalte sie immer in deinem Herzen.

Lieben Gruß

Nessie

[Birgit4]

Guten Morgen ihr Lieben, ich bin so gerührt über so viel Verbundenheit und Menschlichkeit hier im Forum.Ich bin Betroffene und mir tut es im Herzen so weh wie die Angehörigen leiden, denkt bitte daran ,auch der letzte Lebensabschnitt gehört zum Leben dazu. Jch habe nie darüber nachgedacht das ich mal sterben muß oder so schwer krank werde,seit ich meinen Krebs hatte lebe ich viel bewußter, ich schaue in den Spiegel und sehe mich mit anderen Augen, man geht so sorglos mit seinem Leben um als hätten wir noch ein Leben in der Tasche, man muß sich viel mehr schätzen und lieben sowie seine Mitmenschen und sein eigenes kostbahres Leben. Man lernt das Leben erst zu schätzen und man will es nicht los lassen wenn man weiß es ist bald vorbei. Abschied nehmen ,loslassen das ist so schwer,aber der Tod ist nicht das Ende es ist der Anfang ,wir haben irgendwann unsers Aufgaben auf dieser Erde erfüllt und dann dürfen wir nach Hause gehen zu unserem Gott, und dürfen uns entlich ausruhen, unsere Seelen bleiben immer verbunden es gibt keine Trennung.



Liebe Nessie,es fällt mir schwer die richtigen Worte zu finden, ich spreche als Betroffene zu dir. Ich habe zu meinen Kindern gesagt wenn meine Zeit kommt möchte ich bis es nicht mehr geht am Leben teilnehmen, "Normal "leben ohne trauer und ich wünsche mir das sie mich auch im richtigen Moment "Loslasen"damit ich friedvoll und ohne schlechtes Gewissen gehen kann,ich gehe nur voraus wir alle werden diesen Weg gehen und sehen uns dan wieder . Wir haben über alles geredet, es war und ist immer noch mit sehr viel Tränen verbunden auch ich muß los lassen und ich habe ein großes Problem damit.Lebe auch mit deinem Papa, habe keine Angst zeige ihm das du es annimmst wie es ist, es gibt auch noch schöne Momente und bestimmt auch noch ein schönes Weihnachten, ich drücke dich und gebe dir ganz viel Kraft...deine Birgit

[nessie]

Liebe Birgit,
kein Mensch kann ermessen, was Leiden wirklich bedeutet. Aber mein Papa leidet. Ja, Weihnachten kommt unaufhaltsam. Genauso unaufhalsam, wie mein Papa sterben wird. Er ist soo tapfer ! Er klagt nicht, dabei hätte er allen Grund dazu.
Ja, diese Woche hat er geschafft und es grenzt fast an ein Wunder. Aber zu welchem Preis ? Es tut mir soo weh, meinen Papa leiden zu sehen. Zu sehen, wie er immer weniger wird. Zu sehen, wie er im Sitzen einschläft. Zu sehen, wie er nicht einmal mehr ein Glas halten kann. Zu sehen, wie lange er braucht um aufzustehen und dann fast umkippt. Zu sehen, wie er beim Trinken plötzlich nicht mehr anwesend ist und das Glas dann fallen läßt. Zu sehen, wie jede Bewegung unheimlich viel Kraft kostet. Und diesen traurigen lieben Blick.
Ich möchte, dass er nicht noch mehr leidet. Ich laß ihn los Er darf gehen. Ich wünsche mir von Herzen, dass er ganz friedlich einschläft. Er darf sich einfach nicht noch mehr quälen ! Das hat er nicht verdient. Er hat es einfach nicht verdient. Kein Mensch hat solche Qualen verdient. Niemand !!!

Ich weiß nicht, wie ich es schaffen soll, aber er darf gehen ! Bitte lieber Gott, lass ihn friedlich einschlafen. B i t t e !!!

Lieben traurigen Gruß

Nessie

[Birgit4]

Meine liebe Nessie, deine Zeilen tun mir so weh, ich kann nicht bei dir sein und dich in meinem Arm nehmen und dich trösten , ich schicke dir in Gedanken ganz viel Liebe und Trost und wünsche mir das Gott in euren schweren Stunden seine Flügel über euch ausbreitet, ich bete für euch .......in Gedanken bei dir und deinem Papa ....eure Birgit

Hallo Nessie,

wie du sicherlich gemerkt hast, fällt es mir schwer dir etwas zu schreiben. Bei deinen Zeilen denke ich immer an meine Mutter und habe Angst das es irgendwann auch so sein wird.. Ich glaube das schönste Geschenk was du deinen Vater jetzt machen kannst ist das loslassen. Wenn er merkt das du ohne ihn nicht mehr leben kannst würde er noch zusätzlich leiden. Er muss die Gewissheit haben das du trotzdem deine Freude am Leben nicht verlierst und du dich nicht aufgibst, das du die Kraft hast über all das schreckliche hinwegzukommen und du irgendwann derjenige bist der du immer warst. So wie du schreibst versuchst du deinen Vater dieses Gefühl zu geben und das wird deinen Vater jetzt helfen

[nessie]

Lieber Thomas,

es wird, so Gott will, bei euch alles gut ausgehen. Ich drücke euch auf jeden Fall kräftig die Daumen. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es schwer fällt die 'richtigen Worte' zu finden. Drück mir einfach auch die Daumen, dass es jetzt schnell geht. Ich bin zur Zeit täglich bei meinen Eltern und heute fahre ich noch ein zweites Mal hin. Es tut mir weh, ihn gehen lassen zu müssen. Aber es tut noch viel mehr weh, ihn so leiden zu sehen.
Ich lese jeden Eintrag aufmerksam durch und jeder Eintrag hilft mir bei der Verarbeitung. Habe keine Angst, du könntest das Falsche sagen, oder nicht die richtigen Worte finden. Ich würde mich schon wehren, wenn ich etwas lese, mit dem ich nicht einverstanden bin.
Ich glaube fest daran, dass nicht jeder Krebskranke den gleichen Weg beschreiten muss. Und ich glaube auch fest daran, dass diese miese Krankheit irgendwann heilbar ist. Und ich wünsche allen von Herzen, dass sie diesen Kampf gewinnen werden.
Und deine Mutter schafft es auch !!!

Lieben Gruß

Nessie