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  #1  
Alt 25.12.2007, 20:39
Booth Booth ist offline
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Standard Vermutlicher Hirntumor... was nun?!

Hallo allerseits,

meine Mutter, 63 Jahre alt, hatte in der vergangenen Woche extreme Übelkeit und Schwindelgewfühle samt Gleichgewichtsproblemen sowie extreme Müdigkeit verspürt. Am Donnerstag wurde sie von meinem Vater in eine Klinik gefahren, die nach einem CT einen "Prozess" gefunden hatten, und sie kam 2 Tage auf eine Intensivstation, um eine "Schwellung" des Hirns mit Cortison-Behandlung zu verkleinern. Freitags wurde sie in eine andere Klinik mit Neurochirurgie eingeliefert und ist seit Samstag auf einem "normalen" Zimmer. Ab Freitag fühlte sie sich deutlich besser und ist seitdem eigentlich körperlich normal fit - nur die Psyche ist total im Eimer.

Seit dem CT wurde keine weitere grössere Untersuchung mehr gemacht (nur Blutdruck und son Kram) und am Donnerstag soll nun eine Kernspin gemacht werden. Für Freitag wurde jedoch bereits eine "OP" angekündigt, was ich selber nicht so ganz verstehe, da man ja bislang nur ein einziges CT-Bild hat.

Wesentlichste Frage dazu: Ist es normal, daß man gleich den Schädel aufbohrt und mind. eine Gewebeprobe entnehmen will, OHNE vorher den restlichen Körper untersucht zu haben?! Wie ich gelesen habe, ist doch nur ein verschwindkleiner Teil von Hirntumoren der Urpsrungsherd - meist ist doch woanders ein Tumor im Körper.

Das Problem bei der Sache ist, daß meine Mutter ein heftiges Angstsyndrom hat, und ein äusserst schwacher und träger Mensch ist. Sie hat Null Kämpfermentalität, und seit sie am Donnerstag im Krankenhaus ist, weint sie ständig und ist kaum in der Lage, einen positiven Gedanken zu fassen. Die Angst vor einer OP am Hirn ist für sie dermaßen groß, daß man das kaum in Worte fassen kann.

Wir haben halt im Moment den Eindruck, daß die Ärzte zwar sehr nett und bemüht sind, aber einfach "ihren Stiefel" da runterziehen. Für die Ärzte mag ein Eingriff im Kopf Alltag sein - für meine Mutter ist allein der Gedanke etwas, was sie dazu treibt, sich zu fragen, ob sie nicht fast lieber einfach einschlafen und nie wieder aufwachen will. Wobei... vor dem Tod hat sie glücklicherweise NOCH mehr Angst (was auf einer individuellen Angst.Skala wohl kaum mehr fassbar wäre). Das hat auch zur Folge, daß es extrem schwierig ist, klare Informationen zu bekommen. Meine Mutter ist nicht ansatzweise in der Lage die Informationen der Ärzte zu sammeln und klare Schlüsse zu ziehen. Sobald ein Arzt "OP" sagt, ist sie innerlich am Ende und kann keinen klaren Gedanken fassen. Selbst Stunden danach in Diskussionen mit mir und meinem Vater geht das nicht. Wir selber sind aber (obwohl wir zZ zig Stunden jeden Tag im Krankenhaus sind) oft genug nicht dabei, wenn die Ärzte bei ihr auftauchen. Das erschwert den Informationsfluß extrem.

Ich suche nun nach Argumenten und Erfahrungen, um meiner Mutter irgendwie eine Spur Hoffnung zu machen. Den Ärzten ist zwar klar, daß sie Angst hat, aber denen ist nicht klar wie unglaublich stark das Angst-Syndrom meiner Mutter ist - und selbst wenn sie es wüssten, würde das wohl kaum einen Einfluss haben, da sie nunmal ihren Job machen (und ja auch machen sollen). Ganz schwierig ist, ihr eine OP so schnell zu "verkaufen" ohne eine klarere Diagnose zu haben. Ich habe schon immerhin soviel verstanden, daß man nur dann einen Krebs klar diagnostizieren kann, wenn man eine Gewebeprobe hat. Aber wäre es nicht sinnvoller, erst im restlichen Körper nach Tumorgewebe zu suchen, und dann dort eine Gewebeprobe zu nehmen, als den Schädel aufzubohren?! Auch ist ja nicht hundertprozentig klar, ob dieser "Prozess" im Hirn nicht schon sehr lange da ist, und eigentlich kaum wächst... oder ist das sehr unwahrscheinlich?!

Ihr merkt schon - ich will meiner Mutter möglichst jede nicht absolut nötige OP ersparen - insbesondere am Hirn. Ich kann mir vorstellen, daß für Ärzte son Kopp halt nen Kopp ist, wie jeder andere auch. Für meine Mutter ist dieser Gedanke leider der blanke Horror.

Auch zugegeben... ich habe erst eine kurze Zeit hier rumgestöbert, aber schon bei den meisten Überschriften wissen die Leute ja bereits, um was für einen Tumor es sich handelt. Sorry, falls ich manche Info noch nicht gefunden habe. Wenn jemand direkt ein/zwei Threads kennt, wo recht klar der "Fahrplan" bei einer solchen Situation geschildert wird, wäre ich allein für den Link sehr dankbar, auch wenn ich natürlich weiter hier herumstöbern werde.

Meine Mutter befindet sich übrigens zur Zeit im Klinikum Nord in Dortmund - kennt das zufälligerweise jemand, und kann uns genaueres über die Qualität dort sagen?! Ich selber habe zwar einen sehr guten Eindruck, aber dummerweise kennen meine Eltern eine Person, die einen Hirntumor dort vor ca. 20 Jahren (!!) behandeln ließ und es große Probleme und eine riesige Unzufriedenheit gab. Ich konnte meinen Eltern bisher nur schwer klar machen, daß vermutlich nicht mal mehr ein Arzt in der Neurochirurgie von damals dort beschäftigt ist.

Tja... viele Fragezeichen... eine große Unsicherheit und eine irrsinnige Angst bei meiner Mutter... über jede noch so kleine Info und Hilfe wäre ich überaus dankbar
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  #2  
Alt 25.12.2007, 22:31
Kristina M. Kristina M. ist offline
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Standard AW: Vermutlicher Hirntumor... was nun?!

Hallo, ich kann die große Angst Deiner Mutter gut verstehen, "Hirn" bedeutet immer, dass man ans Zentrum des Menschen will. Mein Mann hatte auch riesige Angst vor seiner Hirnoperation, auch hier waren keine anderen Behandlungsmöglichkeiten mehr drin, da die Tumorgröße dies nicht zuließ. Bitte tröste Deine Mutter: Von allen Operationen, die mein Mann mit Tapferkeit ertragen hat, sei die Hirnopertion, so sagte er im nachhinein, die für ihn harmloseste gewesen. Alle Ausfälle waren danach weg, es gab keinerlei Nachwirkungen, und während der 11 Stunden OP schläft man doch.
Sie haben ihm nicht einmal die Haare abrasiert, die lange Narbe wurde mit Titan "getackert". Erkundigt Euch doch mal, wie groß der vermeintliche Tumor ist und ob man ihn mithilfe stereotaktischer Bestrahlung wegbekommt.
Dies hat mein Mann hier in Berlin machen lassen, 3 Tage stationär, genaue Punkbestrahlung mit Maske und nach einigen Monaten "Abbauprozess" war der Tumor weg. Er war aber auch nur 2,5 cm groß.
Wie gut, dass Ihr Euch so um Eure Mutter sorgt, ich wünsche Euch und Eurer Mama alles Gute, Kristina
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  #3  
Alt 25.12.2007, 23:18
bettinaco bettinaco ist offline
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Standard AW: Vermutlicher Hirntumor... was nun?!

Hallo Booth,
Natürlich ist die Angst deiner Mutter verständlich, und leider ist es nicht die größte Stärke mancher Ärzte, die Patienten zu beruhigen. Aber wenn der Tumor an einer leicht zu operierenden Stelle liegt, würde man auch operieren, wenn es sich um eine Metastase handelt. Das ist beim Kopf immer noch die beste Methode und hätte ohnehin Priorität vor jeder anderen Behandlung. Dann wird man wissen, worum es sich handelt. Auch wenn es etwas langsam Wachsendes ist: Da es ja bereits Symptome verursacht hat, wäre es am besten, wenn man es entfernen kann. Nur wenn das Risiko groß ist, dass Schäden am Gehirn entstehen, wird bestrahlt. Die endgültige Entscheidung, ob operiert werden kann, wird sicher erst nach dem MRT fallen.
Hier die neurologischen Leitlinien, vielleicht kannst du damit ein bisschen was anfangen:

//www.dgn.org/81.0.html

Wie du deiner Mutter die Angst nehmen kannst, weiß ich auch nicht. Allerdings habe ich das, was Kristina geschrieben hat, auch schon ganz oft gehört. Die psychische Barriere ist das größte Problem.
Ich wünsche euch alles Gute.

Bettina
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  #4  
Alt 26.12.2007, 00:05
Booth Booth ist offline
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Standard AW: Vermutlicher Hirntumor... was nun?!

Vielen Dank, Ihr beiden, für Eure netten und auch informativen Worte

Ich war heute Abend so "verrückt" und habe einen Fragenkatalog entworfen, den ich gerne den Ärzten vorlegen würde - falls diese Fragen viel zu strukturiert und übertrieben sind... sorry... ich bin halt IT-Fuzzi... da gehe ich an Projekte halt üblicherweise mit so einer Struktur an die Thematik ran

Aber vielleicht ist der Katalog ja gar nicht so schlecht?! Über jeden Kommentar (egal ob positiv oder negativ) bin ich dankbar... über konstruktive und begründete Verbesserungsvorschläge bzw Ergänzungen natürlich noch mehr

Fragen zum Befund:
- Annahme für folgende Fragen: der „Prozess“ ist definitiv ein Tumor -
• Wie groß ist der „Prozess“, der entdeckt wurde?
• Ist dies der einzige – wenn nicht, wie groß sind die anderen?
• Wie ist die Grösse einzuordnen (eher klein, eher durchschnittlich, eher groß?)
• Wie ist die Lage einzuordnen (eher unkritisch, kritisch aber durchaus zu handhaben, sehr kritisch) – welche Hrnfunktionen sind in der Region des Tumors üblicherweise vorzufinden?
• Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Tumor wächst… wie schnell wächst ein solcher Tumor… wann (bzw wie schnell) wird es noch kritischer?
• Wie wahrscheinlich ist, dass dieser Tumor der einzige im Körper ist?
• Wie gut kann man auf Grund der „Kenntnisse“ über den Hirntumor einschätzen, wie fortgeschritten Tumore woanders im Körper sind?
• Wann wird der restliche Körper nach Tumoren untersucht?
• Welche „neuen“ Erkenntnisse hat die Kernspin gebracht? (geplant für Übermorgen)

Fragen zur angekündigten OP:
• Was genau ist das Ziel der OP? Gibt es bereits einen langfristigen Therapie-Plan? (Wenn Nein, wieso nicht – wenn ja, wo bleibt die Diskussion darüber)
• Wie „dringend“ wird die OP eingestuft (siehe auch Frage zum möglichen Wachstum des Tumors)?
• Wie genau wird die OP durchgeführt – also wie groß wird die „Öffnung“ am Schädel sein, mit welchem Instrumentatrium wird gearbeitet?
• Wie lang wird die OP dauern, wenn alles läuft, wie geplant – wie lang kann die OP maximal dauern, wenn Komplikationen auftreten?
• Was genau sind die „besonderen“ Risiken der OP? – Gibt es eine Wahrscheinlichkeit, dass sie lebensbedrohlich ist oder Hirnfunktionen anschließend beeinträchtigt sind?
• Wie sind die ersten Stunden, aber auch die ersten Tage nach der OP zu „erwarten“ – was kommt auf einen an Schmerzen, Unwohlsein, Widerlichkeiten zu – welche Komplikationen können auftreten bzw treten öfters auf, wie genau machen sich diese bemerkbar?
• Was kann man selber dazu tun, damit die OP möglichst erfolgreich verläuft bzw die anschließende Genesung möglichst erfolgreich verläuft?
• Wann wird man wissen, ob die OP „erfolgreich“ war und gut verlaufen ist?
• Was sind anschließend für Therapien wahrscheinlich bzw sogar zu erwarten oder gar geplant?

Allgemeine Fragen zum Krankheitsverlauf:
• Wie sehen üblicherweise die Chancen eines Patienten mit dieser Sorte Tumor mit dieser Grösse aus, wenn der Patient in ähnlicher Konstitution ist (63 Jahre alt, schwache Kondition, stark ängstliche Psyche, also kein Kämpferherz)
• Wie sieht üblicherweise die Lebenswerartung aus?
• Wie sieht üblicherweise der Therapieweg aus?
• Welche alternativen Therapieformen gibt es?

Fragen zum Personal:
• Wer wird die OP als verantwortlicher Arzt durchführen?
• Welche Erfahrung hat dieser Arzt? (Anzahl solcher OPs bzw Erfahrung in Jahren in dieser Tätigkeit)
• Welche Erfahrung hat das gesamte Team?
• Welchen Arzt kann man kurzfristig zur Bestätigung der Diagnose und angestrebten Therapie/OP ansprechen?
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  #5  
Alt 26.12.2007, 09:56
ursula.seibts ursula.seibts ist offline
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Standard AW: Vermutlicher Hirntumor... was nun?!

Hallo Booth!

Ich finde Deinen Fragekatalog sehr sehr gut. Ich wüßte nicht, was man noch hinzufügen könnte. ist nur die Frage, ob sich die Ärzte auch die Zeit nehmen das alles zu beantworten. Leider habe ich die Erfahrung gemacht, daß sie sich die Zeit nicht nehmen aber das kann ja bei Euch anders sein. Ich bin aus Wien, habe also mit Eurer Klinik keine Erfahrung.

Mein Papa hat auch einen Tumor im Hirn.Man kann aber nicht operieren, weil er so ungünstig sitzt. Ich bin total fertig-er kriegt jetzt Strahlentherapie und Chemo-ist aber total positiv eingestellt ißt viel-das sind sicher die vielen antidepressiva die er kriegt aber er war immer eine Kämpfernatur. Ich hoffe. das ihm das hilft.

Ich bin leider das genaue Gegenteil.Habe immer schon Depressionen gehabt aber seit der Diagnose und dem ganzen Trara habe ich aufgehört zu leben. Ich pumpe mich mit Tabletten voll und leider auch mit alk damit ich die situation halbwegs aushalte. Ich funktioniere nur mehr wenn ich ins Spital gehe aber ich für mich habe aufgehört zu leben - ich vegetiere dahin-esse kaum.....

Ich wünsche Dir und Deiner Ma ganz viel Kraft-die braucht Ihr jetzt.

Gratulation nochmal zu dem Fragebogen-ich werde auch davon Gebrauch machen ev. aber nur wenn Du es erlaubst.

Ganz liebe Grüsse,

Uschi
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  #6  
Alt 26.12.2007, 10:59
Kristina M. Kristina M. ist offline
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Standard AW: Vermutlicher Hirntumor... was nun?!

Lieber Booth, erst einmal "Alle Achtung", Deine Herangehensweise spricht für die nötige Klarsicht, die so ein Schwerkranker in seinem Umfeld dringend benötigt. Das ist immer gut, auch Uschi kann ich verstehen...es hat mich als Ehefrau sehr viel Kraft gekostet die sachliche Übersicht zu bewahren. Aber mein Mann hat es mir leicht gemacht, als Informatiker hat er genau das getan, was Du mit Deinem Fragenkatalog vorhast. Er hatte aber nur drei Tage Zeit zum Nachdenken und Hinterfragen, so lange konnte man mittels Cortison den Ist-Zustand halten. Überzeugt hat ihn der Operateur dann schließlich, dass er sich Zeit nahm und meinem Mann auf mehreren Monitoren die OP genau erklärte, mit 3-D-Aufnahmen usw. Das überzeugt einen rational denkenden Menschen immer. Da die Sachlage bei Deiner Mutter aber anders ist, müsstest Du wahrscheinlich diesen Part übernehmen. Ich habe im Hintergrund gewirbelt und eine Zweitmeinung eingeholt, ein Prof. aus Bonn, den wir vom Segeln kennen. Ihm habe ich die CD mit den Aufnahmen gemailt. Das ist übrigens eine wichtige Erfahrung, die wir gemacht haben, lasst alle Aufnahmen auf CD brennen...wir haben diese dann im weiteren Krankheitsverlauf oft gebraucht. Und noch ein Tipp: Versucht doch in der Klinik einen Psychologen oder Seelsorger zu bekommen, ich glaube, das Gespräch mit einer außenstehenden Person würde Deiner Mama guttun. Schaut aber vorher genau hin, ob diese Person auch für sie geeignet ist, Ihr kennt Eure Mama am besten. Was Deinen Fragenkatalog anbelangt, so vermute ich, dass man sich bei einigen Fragen mit Sicherheit nicht festlegen wird, zum Beispiel, was den weiteren Verlauf anbelangt oder die Prognosen. Da legt man sich als Arzt niemals fest. Und über die Risiken muss man als Patient aufgeklärt werden, und zwar in drastischster Form. Das wird für Deine Mutter am schwierigsten sein, denn wenn sie das hört, bekommt sie noch mehr Angst. Deshalb müsst ihr unbedingt vor diesem Aufklärungsgespräch mit ihr reden und ihr sagen, dass man sogar bei einer harmlosen Meniscus-OP dem Patienten sagen muss,dass er u.U. unter der Narkose sterben kann.Zusammenfassend möchte ich raten: Booth, bleibe Du der sachliche Part!!! Und versucht einen Ansprechpartner in der Klinik zu bekommen, mit dem ihr im Hintergrund alles besprechen könnt und entscheidet mit ihm, was man an Eure Mama heranlassen darf. Sie ist ja nicht entmündigt. Bei meinem Mann war es dann so, dass er riesiges Vertrauen zum Operateur hatte und noch sehr lange mit ihm in persönlichem Kontakt blieb. Und er ist nicht an seinen Hirnmetastasen gestorben, sondern bei sehr klarem Verstand an den Lebermetastasen.
Ich wünsche Euch weiterhin viel Kraft, Mut und Vertrauen. Kristina

Geändert von Kristina M. (26.12.2007 um 16:48 Uhr)
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  #7  
Alt 26.12.2007, 11:26
Booth Booth ist offline
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Standard AW: Vermutlicher Hirntumor... was nun?!

Hallo Ursula, hallo Kristina,

vielen Dank für die Rückmeldung. Tja... ob sich die Ärzte "die Zeit" nehmen hängt meines Erachtens auch davon ab, wie sehr man als Patient bzw Angehöriger "fordert". Meine Mutter würde eigentlich gerne fordern, nur bringt eben leider nicht die Kraft auf. Also müssen das mein Vater und ich tun - ich denke, wir werden das schon hinkriegen. Umgekehrt kann ich ja auch einen Arzt verstehen, da er sicher verdammt viel zu tun hat, und ausserdem gibts ja Leute, die vielleicht gar nicht so genau wissen wollen, was passiert, sondern froh sind, wenn sie einfach den Empfehlungen der Ärzte folgen können. Auf gut deutsch - ein Arzt kann ja auch nicht die Gedanken der Patienten reingucken.

Prinzipiell habe ich den Eindruck, daß wir diese Fragen schon letzte Woche unbedingt hätten stellen müssen, also quasi Zeit verloren haben. Daß zur Zeit aber nunmal auch Weihnachten ist, hat die ganze Sache nicht gerade einfacher gemacht. Gespräche mit einem Seelsorger oder Psychologen hatte ich meiner Mutter auch gestern bereits empfohlen - muss doch irgendwo einer von der Sorte in einem großen Klinikum aufzutreiben sein. Und in dieser Hinsicht könnte uns die Weihnachtszeit wieder helfen, da das Krankenhaus sicher eher schwach belegt ist.

Ursula - Dir möchte ich noch unbedingt persönlich empfehlen, Dir Hilfe zu suchen. Es klingt so, als wärest Du mit Deinem Kummer über die schwere Krankheit Deines Vaters mehr oder weniger alleine. Als ängstlicher und sensibler Mensch ist das eine Situation, die man alleine gar nicht bewältigen KANN. Wenn Du zur Zeit keinen Partner hast, und Freunde zu "weit" entfernt sind (egal ob physisch oder mental), dann suche Dir unbedingt professionelle Hilfe und am besten zusätzlich eine Selbsthilfegruppe. Solch eine Gruppe müsste in einer Millionenstadt wie Wien eigentlich aufzutreiben sein. Ich glaube, daß es essentiell für Dein weiteres Leben ist, wie Du mit dieser Krise umgehen wirst. Und auch wenn diese Krise wahnsinnig schwierig ist... Dein Leben sollte auch während dieser Krise weitergehen. Unbedingt.
Ich habe eben einfach mal in Google "Krebs Selbsthilfegruppe Wien" eingetippt, und habe folgende Seite erhalten: http://hilfe.wien.gv.at/content/de/1...o?senseid=1353
Dummerweise sind dies Gruppen von Betroffenen - aber wenn Du Dich auf den Webseiten dort etwas umschaust, oder auch einfach mal anrufst, wird man Dir ganz bestimmt Gruppen von Angehörigen nennen können.

Und nochmals vielen Dank für Eure Antworten... auch sowas hilft schon sehr weiter - jede kleien Aufmunterung hilft

Daher auch an Euch die unbedingte Bitte als Angehörige nicht aufzugeben. Es ist sicher schlimm "daneben" zu stehen, und herzlich wenig machen zu können. Mein Vater und ich stehen da erst am Anfang, unsere Kraftreserven anzuzapfen, und bereits jetzt merke ich manchmal wie schwierig das ist. Lasst Euch auf keinen Fall hängen... und wenns nicht anders geht, sucht selber Hilfe. Wir sind ja keine Maschinen, und auch als Angehöriger ist man mal mit der Kraft am Ende. Sucht Eure Möglichkeiten, diese Kraft immer wieder aufzupeppeln. Ihr helft damit nicht nur Euren kranken Angehörigen, sondern auch Euch selber

Und zum Abschluss: Auch während der schweren Phasen dieser Krankheit geht das Leben weiter. Ziemlich chaotisch und durcheinander... aber man muss sich immer wieder die schönen Minuten suchen - und die gibt es selbst jetzt

gruß
Booth
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  #8  
Alt 26.12.2007, 15:51
cioara cioara ist offline
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Standard AW: Vermutlicher Hirntumor... was nun?!

Hallo Booth,
sorgfältig gesammelte Infos findest Du im Hirntumorforum:
http://www.mc600.de/forum/
Es gibt auch eine Hirntumormailingliste: http://www.hirntumor.de, wo ein sehr reger Austausch herrscht.
Zu Dortmund kann ich keider nichts sagen. Dafür aber ein paar Antworten auf Deine Fragen:
Wenn sich die Beschwerden Deiner Mutter so schnell angekündigt haben und im CT auch etwas gesehen wurde, dann ist es von einem Hirntumor auszugehen. Dass ein Krebs im Körper sich durch eine Metastase im Hirn ankündigt, das wäre weniger probat. Die Frage mit dem Abchecken des Körpers kannst Du wohl beiseite lassen.
Suche ein klares Gespräch mit den Neurochirurgen nach Auswerten des MRTs. Beim MRT kann man anhand der Kontrastmittelaufnahme die Malignität des Tumors einschätzen.
Solange die Lage nicht unmittelbar lebensbedrohlich ist (und das scheint nicht der Fall zu sein), willige nicht in die OP am Freitag ein. Die durchzuführen wäre absolut ungewöhnlich. Der Patient und die Angehörigen müssen erst ordentlich aufgeklärt werden und sie müssen sich die Zeit nehmen, eine Zweitmeinung einzuholen, sich genauest zu informieren, einschließlich über die Klinik bzw. den Arzt, der operiert. Ihn selbst zu fragen "Hey Mann, bist Du gut?" wäre ein ziemlicher Witz...
Viel Erfolg morgen
Victoria
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  #9  
Alt 27.12.2007, 09:07
ursula.seibts ursula.seibts ist offline
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Lächeln AW: Vermutlicher Hirntumor... was nun?!

Hallo Booth!

Vielen Dank für Deine Antwort und Deine Ratschläge.Du hast Recht - ich brauche unbedingt Hilfe. Ich habe einen Therapeuten, weil ich ja schon lange Depressionen und Essstöhrung (Magersucht)habe.Aber irgendwie geht da nichts mehr weiter-obwohl in dieser Situation hilft er mir schon sehr. Danke für die links-werde mich da durch klicken.

Viel Kraft schicke ich Dir - soviel ich halt noch auftreiben kann und viel Liebe!:

Alles Gute und lass wieder von Dir hören, alles Gute für Deine Mum!

Uschi
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  #10  
Alt 29.12.2007, 12:54
Booth Booth ist offline
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Standard AW: Vermutlicher Hirntumor... was nun?!

Hallo allerseits,

kurzes Update: Am Donnerstag wurde nun endlich die MRT-Aufnahme gemacht, und anschließend gab es ein sehr ausführliches Gespräch mit dem Fachoberarzt. Da konnte ich dann zum ersten mal erleben, wie wenig meine Mutter eigentlich in der Lage ist, sachliche Informationen aufzunehmen. Das einzige, worum sich ihre Gedanken drehten (und leider noch immer grössenteils drehen) ist, ob sie sterben muss. Sonst passt da im Moment nix bei ihr rein.

Das Bild war eigentlich ziemlich eindeutig, da ein deutlicher Tumor (ein paar zentimeter) am Rand des rechten Kleinhirns (also "hinten-unten-rechts" im Kopf) vorhanden ist. Die Schwellung, die sich über die Hälfte des restlichen Hirns ausbreitete war auch klar zu sehen. Zur Malignität wollte der Arzt nichts sagen, was ich auf Grund des Hinweises von Cioara etwas irritierend fand. Aber es ist eigentlich ziemlich eindeutig, daß der Mist da nicht nur raus muss, sondern vor allem auch raus kann. Der Arzt sagte, daß diese OP im Hirn-Bereich eine der "angenehmsten" wäre, da im Kleinhirn wohl insbesondere Gleichgewicht und Motorik beheimatet sind, aber eben keine "höheren" Funktionen, die das Persönlichkeitsbild betreffen - und selbst wenn es da nach der OP Störungen geben sollte, ist die linke Kleinhirnhälfte ja noch vollständig da, und würde nach einer Reha (falls die überhaupt nötig sein sollte) dann höchstwahrscheinlich wieder diese Funktionen einwandfrei übernehmen.

Und da der Tumor ganz am Rand des Kopfes ist, kann man quasi direkt von hinten den Tumor rausschnibbeln, und muss wohl nichtmal den Schädel aufbohren, geschweige denn durch gesundes Hirngewebe hindurch operieren. Das klingt somit danach, als könnte ein Großteil des Tumors oder gar das ganze Mistding rausgenommen werden, ohne allzuviel Probleme zu verursachen.

Auch wurde noch ein Torax-CT vorgenommen, wo man einen kleinen Knoten in der Brust gefunden hat, der nach gestriger Mammografie und Ultraschall aber als nicht besorgniserregend eingestuft wird (ich versuche hier trotzdem auch auf eine Biopsie bzw weitere Beobachtung zu drängen). Zudem gibt es ein kleines Gewebe in der Lunge, welches ca. 1,2cm groß ist, und wo am nächsten Mittwoch noch eine Bronchial-dingsbums *g* gemacht wird (genauen Namen weiss ich nicht mehr - halt eine Untersuchung der Bronchen in der Hoffnung, an dieses Gewebe dranzukommen, um ne Probe zu entnehmen, was aber eher unwahrscheinlich ist).

Meine Mutter ist zwar nach wie vor relativ panisch bis hysterisch und denkt eigentlich pausenlos nur an den Tod, aber aus meiner Sicht wirkt die Diagnose den Umständen entsprechend sehr hoffnungsvoll. Der Tumor im Hirn ist zwar nicht klein, aber offenbar sehr gut operabel und die Risiken für Funktionsausfälle des Hirns klein und wenig besorgniserregend. Die restlichen Befunde scheinen ebenfalls klein bis nicht vorhanden. Ich selber bin im Moment eigentlich guter Dinge und versuche mit meinem Vater nun meine Mutter zu überzeugen, die OP am Kopf möglichst rasch durchführen zu lassen (Ende nächster Woche ist zZ im Gespräch). Da sie eigentlch ausschließlich damit beschäftigt ist, sich einzureden, daß dies ihr Ende wird, ist das alles andere als leicht - aber ich denke, daß jedes unnötig lange Warten nicht hilfreich wäre.

Schaun wir mal wie es weiter geht.

Ach... es wurde ja oben gefragt, ob "meine Liste" andere übernehmen bzw als Grundlage für ihre Fragen nehmen könnten. Was für eine unnötige Frage - natürlich ... wobei ich gesehen habe, daß im Forum, welches ciaora verlinkt hat, eine ähnliche Liste gleich im obersten Thema zu finden ist. Übrigens Danke für diesen Link, ciaora

Und allen anderen (insbesondere Dir, Ursula) mmöglichst viel Stärke und Kraft um weiterzumachen. Immer dran denken, daß das Leben trotz aller Widrigkeiten viele schöne Momente beinhaltet

gruß
Booth

Geändert von Booth (29.12.2007 um 13:01 Uhr)
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  #11  
Alt 07.01.2008, 00:55
Booth Booth ist offline
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Standard AW: Vermutlicher Hirntumor... was nun?!

Erneutes Update bzw eher ein OP-Bericht aus der Sicht eines Angehörigen - und zusammengefasst kann ich nur sagen: Ich hasse Komplikationen.

Letzten Donnerstag wurde meine Mutter operiert. Die Tage zuvor wurde uns nochmal genau das MRT erklärt, wo nicht nur ein Tumor entdeckt wurde (wie ich beim ersten mal fälschlicherweise verstanden hatte), sondern drei! Alle im Kleinhirn, zwei davon recht groß und direkt nebeneinander und aussen liegend. Ein kleinerer innen liegend, der noch nicht entfernt werden sollte und auch nicht wurde.

Meine Mutter hat leider ihre pessimistische Art nicht verloren und hat die Tage zuvor ständig Bemerkungen gemacht, als wäre die OP ihr Tod, obwohl die Ärzte uns große Hoffnungen machten, daß sie die OP gut überstehen würde. Auch wenn sie es nicht so gesagt hat, habe ich selber den Eindruck, als hat sie die OP eher wie eine Hinrichtung wahrgenommen, als wie ein nötiger und wichtiger Versuch ihr zu helfen.

Die OP verlief laut Arzt quasi ohne Komplikationen und dauerte am Donnerstag ca. 4 Stunden. Die beiden Tumore konnten einwandfrei rausgenommen werden, wie geplant, und es gab während der OP keiner Komplikationen. Anschließend wurde meine Mutter auf die Intensiv-Station gebracht, wo ich sie nur ca. 1-2 Stunden nach der OP am frühen Abend sehen konnte, was natürlich ein leichter Schock war. Mehrere Schläuche, sie wirkte doch arg mitgenommen und hinterm Bett Technikbauten wie im Raumschiff Enterprise. Ich hatte nun die Hoffnung, daß sie bald wach würde, und sogar nach kurzer Zeit zu reden beginnen würde - leider musste ich genau an dem Abend bis zum nächsten Nachmittag in eine andere Stadt und meinen Vater alleine lassen.

Es ist an dem Abend aber nichts mehr passiert, ausser der gescheiterte Versuch, sie schon alleine atmen zu lassen. Am nächsten Mittag besuchte mein Vater sie dann erneut, und war total schockiert über die geringen Fortschritte. Meine Mutter war zwar wach, und öffnete extrem matt einige male die Augen und konnte auch einmal lächeln, aber ansonsten passierte wenig. Von "miteinander sprechen" keine Spur. Die Besuchszeiten auf der Intensiv sind auch recht kurz - Mittags von 11:30-13:00 und Abends von 17-19 Uhr. Mein Vater verließ enttäuscht um 13 Uhr am Freitag die Intensiv und hoffte auf den Abend, wo wir dann wieder gemeinsam auftauchten und uns ein Arzt am Bett meiner Mutter empfing, die wieder vollständig weggetreten war. Es war direkt vorher ein CT gemacht worden, und das Hirn ist nach der OP weiter angeschwollen, sodaß eine Drainage gelegt werden sollte, sagte der Arzt.

Wir waren natürlich ziemlich entsetzt, weil wir dachten, daß die Komplikationen eher unwahrscheinlich wären - zumindest habe ich das der OP-Vorbesprechng so entnommen, und war eigentlich extrem optimistisch, daß alles glatt läuft. Pustekuchen. Aber OK... Drainage... ein weiteres kleines Loch im Kopf... sie wird es wohl überleben. Also stimmten wir schließlich zu, und der Arzt machte sich ans Werk, was nicht sooo lange dauerte. Anschließend durften wir nicht nochmal zu meiner Mutter, aber er versicherte uns, daß alles nun besser aussieht, da sie direkt nach der Drainage mit Augenöffnen reagiert hätte. Na gut... also wirds dann halt am Samstag was mit dem ersten Gespräch - und wir gingen nach dem Hoffnung machenden Gespräch mit dem Arzt wieder heim. Ich ging dennoch mit einem schlechten Gefühl ins Bett - ich hasse Komplikationen. Aber das sollte erst der erste Teil sein.

Um ca. viertel nach 4 in der Nacht klingelte mich dann das Telefon wach, und einer der neurochirurgischen Oberärzte war am Telefon: Notfall! Das Hirn meiner Mutter ist weiter geschwollen und er müsste nun erneut was tun. Mir raste das Herz und es wollte beinahe zerspringen, als er mir erzählte, was er zu tun gedenke: Insbesondere das Kleinhirn wäre extrem geschwollen und obwohl die herausoperierten Tumore bereits viel Platz gemacht hätten, reicht das nicht - das Kleinhirn drückt aufs Stammhirn was akute Lebensgefahr bedeutet. Einziger Therapievorschlag vom Arzt: Er müsste von der Hälfte des Kleinhirns, wo die Metastasen entfernt wurden, ca. 50% absaugen. Mein Gott - gesundes Hirngewebe zerstören. Das ist doch Wahnsinn.

Obwohl ich inzwischen soviel gelesen hatte, daß ich wusste, daß das Kleinhirn insbesondere für Fein-Sensorik und -Motorik verantwortlich sein soll, und selbst komplette Kleinhirn-Entfernungen von Patienten gut bis sehr gut überstanden wurden, konnte ich nicht direkt mein Einverständnis geben, sondern wollte wissen, ob grössere neurologische Schäden nicht doch entstehen könnten. Der allergrösste Horror meiner Mutter: Als langjähriger Pflegefall mit geistiger Behinderung enden.

Der Arzt konnte natürlich nichts versprechen, und er drängte auf die Zeit, wohingegen ich weiter diskutieren wollte - es entstand schließlich ein Streitgespräch, in welchem er sagte, daß er als momentan verantwortlicher Arzt diese OP durchzuführen gedenke, auch ohne meine Zustimmung, und daß es um Minuten ginge, sodaß ich am Ende des Gesprächs ich nur sagen konnte, daß er tun solle, was er für richtig halte.

Ich machte ein ausführliches Protokoll vom Gespräch und schrieb auch meine Gedanken auf, und hatte am nächsten Morgen die Aufgabe, dies meinem Vater zu erzählen, nachdem ich kein Auge mehr zugemacht hatte, als das Gespräch mit dem Arzt zu Ende war.

Am Samstag Mittag auf der Intensiv lag meine Mutter wieder komatös in ihrem Bett - nun noch mit einer Drainage und zusätzlichen Schläuchen... kein ermutigender Anblick. Sie war zu dem Zeitpunkt erst wenige Stunden wieder aus der OP und war noch nichtmal wieder bei 36 Grad Körpertemperatur. Na super. Wir gingen ziemlich betreten nach Hause und ich hatte den Eindruck, daß es der grösste Fehler meines Lebens war, meine Mutter zu dieser OP zu raten.

Als wir dann am Abend wieder auf der Intensiv standen, sagte man uns vorher, daß meine Mutter Fortschritte zeigte, da sie nun ansprechbar wäre. "Ansprechbar"... was für ein erleichterndes Wort... man denkt, man spricht jemanden an, der lächelt, antwortet... sowas halt. Tja... Ärzte haben halt eine eigene Sicht der Sprachkonventionen. Als ich vor meiner Mutter stand, sah ich Null Unterschied zum Mittag. Ich rief ihren Namen, aber sie machte keinen Mucks. Dann kam der Arzt und rüttelte wild an ihrer Schulter und rief laut ihren Namen. Sie öffnete für eine Sekunde ihre Augen, die sich sofort wieder schlossen und hob für dieselbe Zeitspanne kurz einen Unterarm. "Sehen sie... sie ist ansprechbar". Ich hätte dem Arzt in diesem Augenblick am liebsten meinen Deutschlehrer auf den Kopf geworfen.

Nach einer längeren Diskussion machte mir der Arzt klar, daß er dies aus neurologischer Sicht als klaren Fortschritt ansieht, und wie es weitergeht: Nämlich mit warten. Er klang in allem was er sagte sehr hoffnungsvoll. Der dritte (oder vierte?!) Arzt der locker-lustig Hoffnungen macht, während ich nur meine Mutter komatös mit Schläuchen zugestopft rumliegen sehe. In diesem Augenblick ist mir klar geworden, daß ich in Zukunft nie mehr das hoffnungsvolle Geschwafel von Ärzten ernst nehmen werde. Ärzte sind letztlich handelnde Statistiker. Sie wissen, wie "in aller Regel" die Patienten sich so machen... aber ob man selber dazugehört ist bei jeder Situation für eine individuelle Person immer eine 50:50-Angelegenheit. Mich als Einzelnen werden in Zukunft all diese Statistiken nicht mehr interessieren. Ich werde jeden Eingriff und jedes Behandlung als Kampf ansehen, den ich zu führen habe, und ob ich da heile rauskomme, wird niemand sagen können. Was habe ich davon, wenn von 1.000 Hirn-OPs am Kleinhirn so eine Komplikation nur 5 mal auftritt, aber ich einer der 5 Leute bin?! Nix.

Am heutigen morgen waren wir dann natürlich wieder bei meiner Mutter und sie war nun tatsächlich wach, und reagierte auf Ansprache ohne ihr ein mittelschweres Schleudertrauma zu verursachen. Sie öffnete die Augen, reagierte auf Fragen mit leichtem Kopfnicken oder -schütteln, wollte mehrmals leicht ihren Körper aufrichten, und erkannte mich und meinen Vater eindeutig. Endlich mal etwas mehr. Sie weinte auch zwei- oder dreimal. Vor Erleichterung wie ich hoffte. Nachdem sie aber kurz ihre glausigen Augen für ein paar Sekunden aufgerissen hatte, und ihren Arm in einer unermesslichen Kraftanstrengung anheben konnte, war sie für mehrere Minuten wieder weg. Mein Vater und ich redeten ihr viel zu, und redeten auch über belangloses Zeug miteinander, einfach damit sie unsere Stimmen hören konnte. Nach anderthalb Stunden mussten wir um 13 Uhr wieder gehen, und waren nun wieder ein wenig optimistischer.

Am Abend waren wir natürlich wieder dort, und der Zustand hat sich eigentlich kaum verändert. Sie konnte zwar nun öfters die Augen öffnen, hat aber nach wie vor kaum was erkannt. Dafür weinte sie nun recht oft in der zweiten Besucherstunde - diesmal hatte ich den Eindruck, daß sie wieder vor panischer Angst und Verzweifelung weinte. Auf gutem Zureden, daß alles gut wird, schüttelte sie mehrmals den Kopf. Es zerriß mir das Herz, und wenn ich im Moment wieder über die negative Einstellung meiner Mutter nachdenke, weiss ich nicht, ob ich heulen oder schreien soll.

Im Moment habe ich keine Ahnung, wie viele ich von diesen "Sessions" noch durchhalte. Wenn sie sich nicht morgen endlich soweit erholt, daß sie selber atmen kann, und vielleicht auch ein paar Worte reden kann, und selber deutliche Fortschritte sieht, dann wirds echt hart. Sie kann nicht reden, nichts tun, nur da liegen und darauf warten, daß die scheiss Hirnschwellung endlich zurückgeht, und beten, daß die entfernten Hirnbereiche keine grösseren Probleme verursachen. Und man kann ihr nichtmal erklären, daß nur diese doofe Schwellung zurückgehen muss. Ich bilde mir ein, genau zu wissen, was sie am Abend nach einem halben Tag in diesem Zustand dachte: So werde ich den Rest meines Lebens verbringen. Total gelähmt, ohne reden zu können - ein totaler Pflegefall.

Wenn es nicht bald endlich besser wird nach diesen zwei letzten Horrortagen, dann brauche ich bald selber eine Intensiv-Station.

Sorry, wenn das alles eher negativ klingt. Die Ärzte haben noch immer die Erwartung, daß die Schwellung nun endlich zurückgeht, und sie in einiger Zeit (Tage, Wochen?! Niemand kann es sagen...) wieder die Alte sein wird. Wenn ich sie weinend, schluchzend mit total glasigen Augen, kaum die Kraft, einen Arm anzuheben mit lauter Schläuchen zur Beatmung, Ernährung, Medikamentierung dort liegen sehe, fällt es mir schwer daran zu glauben, auch wenn mir mein sachlicher Teil in meinem Kopf sagt, daß es so kommen wird.

Sagte ich schon, daß ich Komplikationen hasse?!

gruß
Booth
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  #12  
Alt 07.01.2008, 10:13
ursula.seibts ursula.seibts ist offline
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Standard AW: Vermutlicher Hirntumor... was nun?!

Hallo Booth!

Danke für Deine Updates-es interessiert mich sehr wie es Euch geht. Danke für Deine Zeilen für mich.

Ich wünsche Dir / Euch viel Kraft und daß sich alles zum besseren wendet.

Mit ganz vielen Grüssen und eine Umarmung

Uschi
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  #13  
Alt 07.01.2008, 11:59
Auntie Auntie ist offline
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Standard AW: Vermutlicher Hirntumor... was nun?!

Hallo Booth ,

ich wünsche Dir von Herzen viel Kraft in dieser schweren Zeit und Deine Ma ALLES GUTE UND GUTE BESSERUNG.

Viele Grüße
Birgit
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  #14  
Alt 23.03.2008, 00:27
Booth Booth ist offline
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Standard AW: Vermutlicher Hirntumor... was nun?!

Ich weiss - es ist recht lange her, und ich habe mich zwischendurch hier gar nicht mehr blicken lassen, aber dennoch will ich einen Abschluß nennen, auch wenns sicher kein positiver ist.

Die Kurzversion: Nach 3 Monaten Kampf mit dem Krebs ist meine Mutter heute Mittag (also "Ostersamstag") für immer eingeschlafen.

Die lange Version:
Nach der OP im Januar, die jene heftigen Komplikationen hatte, konnte meine Mutter innerhalb von sieben Tagen gaaaanz langsam wieder auf der Intensivstation hochgepeppelt werden. Die neurologischen Schäden beschränkten sich wohl wirklich nur auf die Feinmotorik... aber... nachdem die 7 Tage auf der Intensiv relativ fortschrittlich waren, sind die zwei Wochen danach ein ziemlicher Alptraum gewesen, da meine Mutter zusätzlich in einer Depri reinrutschte, und quasi nichts mehr gegessen und getrunken hatte... was sie aber auch sehr oft ausbrechen musste.

Hinzu kam die Bestätigung, daß der Hirntumor tatsächlich nur Metastasen des Lungenkrebs waren - ein Adenokarzinom. Wie ich inzwischen weiss, eine Krebsart, die recht intensiv Metastasen setzt, was oft ziemlich rasch zum Ende führt.

Die zwei schlimmen Wochen nach der Intensiv mündeten Ende Januar im Versuch meiner Mutter, Nachts alleine auf die Toilette zu gehen, obwohl sie überhaupt nicht in der Lage war zu gehen. Sie stürzte und brach sich eine Rippe, die sich in die Lunge bohrte und lag so wohl eine knappe Stunde in der Nacht auf ihrem Zimmer bis sie vom Putzpersonal (!) gefunden wurde. Sagte ich schonmal, daß ich Komplikationen liebe?

Auch der Fortgang nach der OP am Hirn war irgendwie recht unklar. Der Lungenkrebs war leider nicht operabel, aber meine Mutter war halt insgesamt sehr geschwächt - zum einen durch die OP, zum anderen durch nun mehr 3 Wochen ohne richtige Nahrung und zudem ziemlich deprimierter Verfassung. Trotzdem sollte keine Reha gemacht werden - laut Neurochirurgen sah alles "ganz gut" aus. Tja - schön, wenn ein Chirurg sich nur um "sein" Organ kümmert, aber sich eigentlich einen Scheiss für den gesamten Menschen interessiert. "Fleischreparaturwerkstatt" hörte ich vor kurzem mal im Fernsehen als Beschreibung für Krankenhäuser. Inzwischen muss ich dem zustimmen.

Es wurd nach kurzer Zeit beschlossen, daß sie eine Bestrahlungstherapie im Schwester-Krankenhaus in Dortmund Mitte bekommen soll - gleichzeitig Karzinom in Lunge und Resttumor im Kleinhirn. Dauer ca. 6 Wochen - insgesamt wohl 30 Bestrahlungstermine.

Als sie dort auf die Strahlenstation kam, änderte sich der Gemütszustand meiner Mutter sichtlich. Sie wurde von meinem Vater intensiv begleitet, und begann wieder zu essen und zu trinken - auch wenn sie weiterhin sehr viel und oft ausbrechen musste. Aber sie ließ sich nicht mehr unterkriegen, und hatte als Ziel, nach der Bestrahlung rauszukommen, eine kleine Reha zu machen, und einen schönen Urlaub zu erleben. Trotz großer Ängste, da sie während der ganzen Zeit nie mehr selber laufen konnte - und eigentlich auch nichtmal richtig sitzen. Zu großer Schwindel (ausgelöst durch die OP am Kleinhirn) und zu große Körperschwäche insgesamt.

Aber in der dortigen Station waren die Schwestern nun ziemlich nett und die Fürsorge meines Vaters war grandios, sodaß sie die ganze Zeit Hoffnung hatte und immer stärker positiv dachte.

Am vergangenen Wochenende wurde sie dann plötzlich wieder deutlich müder und am Sonntag vor einer Woche konnte sie auch sehr schlecht ihre linke Hand bewegen. Wir dachten, es wäre durch die Bestrahlung verursacht, und dachten uns nichts dabei. Einen Tag später, am Montag, wurde sie dann gar nicht mehr wach und blieb quasi Bewusstlos. Es wurde dann zunächst widerwillig, aber dann doch recht besorgt vom Stationsarzt (der auf der dortigen Strahlenstation wirklich ziemlich klasse war) ein CT des Kopfes durchgeführt. Die Aufnahmen waren niederschmetternd. Trotz intensiver Bestrahlung ist der Resttumor im Kopf von wenigen Milimetern auf nahezu 3cm in wenigen Wochen gewachsen!

Das war schlicht und ergreifend das Todesurteil und die Ärzte haben unserer Bitte zugestimmt, nur noch palliativ zu behandeln. Meine Mutter ist in der letzten Woche kaum noch zu sich gekommen, konnte sich aber dennoch zumindest am Mittwoch mit verzweifelten Umarmungen "verabschieden" - wieviel von ihrem Bewusstsein da wirklich noch da war, wissen wir natürlich nicht, da sie nicht mehr sprechen konnte. Sie wurde dann intensiv mit Morphium und einem Beruhigungsmittel "behandelt", sodaß sie am Ende hoffentlich keinerlei Schmerzen mehr hatte. Ich selber hatte das (wie ich empfinde) Glück und Privileg in ihren letzten Minuten bei ihr zu sein. Dieser Moment hatte auf Grund hier nicht näher genannter Details eine zufriedenstellende, sprituelle Komponente.

Was ich aus der Angelegenheit gelernt habe, ist zunächst mal, daß Metastasen trotz Bestrahlung wachsen bzw sich vermehren können und das sogar in wenigen Wochen um mehrere Zentimeter. Diese Möglichkeit hat uns niemand klar mitgeteilt - kommt wohl auch eher selten vor, aber scheinbar hat meine Mutter ja einige eher seltene Komplikationen mitgenommen. Tja.

Desweiteren habe ich gelernt, daß ich in Zukunft grundsätzlich keinem Arzt mehr hundertprozentig vertrauen werde. Ärzte sind grundsätzlich auch in betriebswirtschaftliche (und persönliche) Rahmebedingunen eingezwängt. Egal, wie intensiv man einen Arzt fragt - eine ehrliche Information über die Motivation diverser Vorschläge wird man extrem selten erhalten. Welcher Arzt erzählt einem schon, daß er deshalb was empfiehlt, weil das Krankenhaus (oder gar er selber) dann einen feinen Reibach macht? Oder daß er bestimmte Karriere-Ziele verfolgt, und daher ihm z.b. vollkommen egal ist, ob er einen Hirntumor bei einem Patienten operiert, der sowieso 2,5 Monate später stirbt, weil er einen stark metastasierenden Lungenkrebs hat (ich habe jedenfalls zu keiner Zeit wahrgenommen, daß sich die Neurochirurgen für den Herd des Hirntumors sonderlich interessiert hätten).

Nachhaken werden wir natürlich nirgendwo. Im Fall meiner Mutter gab es auch erhebliche Kommunikationsprobleme durch die mangelnde Fähigkeit meiner Mutter sich mit ihrer eigenen Krankheit auseinanderzusetzen.

Und prinzipiell wollen die meisten Ärzte und Pfleger ganz sicher auch oder mit höchster Priorität das Beste für die Patienten. Aber... sie haben ganz sicher auch andere Motivationen, die ihr Handeln beeinflussen. Und da man niemanden in den Kopf reinschauen kann, empfehle ich jedem hier eine gewisse Distanz und ein hohes Engagement, sich mit der Krankheit auseinanderzusetzen und immer mehrere Meinungen zu konsultieren. Und nicht zu letzt: Akzeptiert, daß das Leben nunmal mit dem Tod endet - bei uns allen. Der Tod gehört dazu. Und als ich heute Mittag meine Mutter in den Tod begleitet habe, empfand ich leztlich den Vorgang als etwas zutiefst natürliches, wenn auch unendlich trauriges.

gruß
Booth
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  #15  
Alt 23.03.2008, 10:03
lamerbodo lamerbodo ist offline
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Standard AW: Vermutlicher Hirntumor... was nun?!

Hallo Booth,Mein herzliches Beileid zum Tode deiner Mutter.Das war ja wirklich Horor was Ihr mitmachen musstet.Glaube mir seit mein Mann im November o7 ebenfalls an Krebs (Gehirntumor)verstorben ist,habe ich sehr viele spirituelle Bücher gelesen,und bin der Überzeugung,das bei unserer Geburt schon fest steht wie lange wir hier bleiben dürfen oder müssen,wie mans nimmt.Jedenfalls bin ich ganz sicher das es Deiner liben Mutter jetzt shr gut geht.Sie ist nicht weg,nichts geht verloren.Alles Liebe BARBARA......PS.Du siehst die Ärzte sind auch nur Menschen,sie wissen es oft nur nicht.
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