Wie lange hab ich noch die Kraft

[monika100]

Hallo Sybille,

ich habe heute morgen gedacht "Huch, schon wieder ein kleines Erdbeben!" (War hier nämlich vor ein paar Wochen, ehrlich!)

Aber nein - es war dein Stein, der dir vom Herzen gerollt ist.

Freu mich für dich.

LG Monika


P.S.: Wünsche dir auch noch viele schöne Stunden mit deiner Mama

[Billchen]

hallo ihr lieben Alle

mal wieder ein kurzer Zwischenbericht was hier bei uns so abgeht.....
ja was soll ich sagen ....
Frank und ich sind gesundheitlich nach unseren Nachsorgen sehr erfreut und hoffen das es so bleiben mag....
heute Nacht fährt mein Schatz nach Leipzig und morgen im Laufe des Tages kommt er auch schon wieder zurück ...im Schlepp den jüngsten Sohn ( 32 ) der die letzten 13 Jahre in L. gelebt hat nun aber wieder Heim kommt....
Ich bin sehr froh wenn diese ganze Umzugsaktion beendet ist...
Die letzten 3 Wochen war ich nur am rödeln...Schränke leergeräumt...aussortiert.....weggeworfen.....doch behalten.....und so weiter......Fakt ist

Ich Habe Fertig

der Sproß kann kommen...morgen noch die erste Kühlschrankfüllung und dann ist aber gut

Nun zu Mama...
ja, wie geht es ihr
Es geht mal so mal so.....
Sie ist im Moment sehr sehr unleidlich.. sie wird dann sehr ungerecht und hat mich meiner Meinung nach wissentlich sehr verletzt...ich will da garnicht ins Detail gehen es tat einfach nur weh....
Dann wieder liegt sie soooo klein und zerbrechlich in ihrem Bett und japst nach Luft und versucht trotz allem Unglück noch tapfer zu lächeln....
Es ist so schwer.....ich habe das Gefühl...sie arbeitet auf Weihnachten hin....sie ist aufgekratzt und im nächsten Moment fragt sie dir wegen nichts und wiedernichts ein Loch in den Bauch oder stichelt bis auf´s Blut....
Ich hab mich heute schon...nach erst VIER Tagen schon das erste mal bei meiner Schwester ausgeheult....im Moment rattern meine Finger und mein Kopf denkt im Schnelltempo...ich will alles aufschreiben denn ich merke das es mir dadurch leichter wird....ich habe im Moment das Gefühl meiner Mama nicht gerecht werden zu können...ich muß mich so sehr zusammenreißen damit es keinen Streit gibt und die Situation eskaliert.....Ich will garnicht zanken und ich weiß auch Mama will das nicht ...was ist denn nur los im Moment keine Ahnung.....
Vielleicht leigt es daran das der Michael der jetzt in ihre Wohnung zieht ihr auch die letzte Auswiechmöglichkeit nimmt...sie sagte die Woche sie wäre Heimatlos und Vertrieben ...es tut mir alles o leid die ganze Situation ist so verzwickt...
Mama ist wirklich so arm dran...sie hat Schmerzen...sie kommt nicht mehr richtig aus dem Bett......sie bekommt keine Luft.....sie kann nachts nicht schlafen...sie hat furchtbare Erstickungsanfälle.....sie hat Angstzustände....und sie klagt trotzdem nicht...
Ich glaube ihre schlechte Launenstunden kommen daher weil sie so ans Bett gefesselt ist und wirklich garnichts mehr alleine machen kann.....
ich merke während ich schreibe das mein Verständnis für Mama zurück kommt...
Gottseidank gibt es dieses Forum hier und ich kann mir alles von der Seele schreiben....
Ach ihr Lieben jetzt geht es mir besser....ich bin so froh das es euch gibt...einfach nur DANKE

[monika100]

Hallo Sybille,

ich drück dich mal.

Das ist aber auch wirklich sehr schwer, für deine Mama, aber auch für dich!
Manchmal frage ich mich, wo man all die Kraft doch immer wieder herholt.?

Ich hoffe, du hast ein einigermaßen schönes Wochenende, freust dich sicher auch deinen Sohn.

LG Monika

[carla44]

Liebe Sybille,

Deine Mama ist bestimmt auch sehr verzweifelt, weil sie merkt, wie hilflos sie mittlerweile ist. Sie weiß ja um ihre Krankheit, aber es ist bestimmt schlimm, wenn es ihr jetzt wieder so bewußt wird, weil der Enkel in ihre Wohnung zieht. Damit ist es für sie so endgültig, dass sie nie mehr zurück kann.
Das führt ihr die ganze ausweglose Situation wieder vor Augen.

Bei meinem Vati habe ich festgestellt, dass seine Ausbrüche nicht gegen mich gerichtet waren (er wollte ja anfangs keine Hilfe). Es war reine Hilflosigkeit und Wut gegen diese besch... Krankheit.

Manches Mal habe ich mir auf die Zunge gebissen und nichts gesagt, obwohl ich da noch nicht wußte, dass wir nur noch so wenig Zeit haben werden. Heute bin ich froh darüber, dass ich damals keine Streit vom Zaun gebrochen habe. Damit wäre unsere letzte Zeit nur vergeudet worden.

Liebe Bille, ich wünsche Dir alles Liebe und ein gutes Wochenende.
Vielleicht wird es mit Deiner Mama ja auch besser, wenn der Enkel erst mal wieder da ist.
Ach Mensch, diese Sch... Krankheit. Es ist so schlimm, wie sie die Menschen verändert. Und wir können einfach nichts dagegen tun.
Ich schicke Dir ein grooooßes Kraftpaket und umarme Dich.
Carla

[Billchen]

hier ich .....
oh je was für ein Horror-TagNach einem wirklich sehr sehr anstrengenden Wochenende für Frank und mich habe ich mich eigentlich auf eine ruhigere Woche eingerichtet....
Aber erstens kommt es anders
Zweitens als man denkt...
habe heute morgen meinen Heimkehrer (Sohn) aufs Arbeitsamt gefahren....danach waren wir noch einen Kaffee trinekn und dann ab nach Hause....
Mama sitzt im Bett und spuckt Blut
Nicht so viel wie beim ersten mal...aber schon auch nicht wenig....
was tun????????????
Ich hab dann den Rettungsdienst angerufen und kurz geschildert....die kamen dann auch gleich
sie haben Blurdruck gemessen Sauerstoff auch EKG gemacht und haben Mama inhalieren lassen
der Notarzt hat es Mama dann freigestellt ins Krankenhaus zu gehen....die Blutspuckerei war inzwischen weniger geworden..
wir haben dann ausserhalb ihres Zimmers geredet...
Er hat .---wie wir auch ....gemeint von der Psysche her ist Mama zu Hause am besten aufgehoben.....im Krankenhaus ginge ja dann eventuell auch wieder ein Untersuchungsmaraton los...für den ist unsere Mutter aber in einem viel zu schlechten Allgemeinzustand...und so haben wir dann entschieden <Mama> zu Hause zu lassen.....
Der doc hat uns natürlich auch gesagt das dieses Blut vom Tumor ausgeht der ja schließlich weiterwächst....und das es auch ganz schnell zu massiven Blutungen kommen kann...oder halt auch immer wieder zu leichteren Blutungen...
Blut-..-..sehr bedrohlich..ich kann jetzt nur von mir reden....nicht von Mama oder meiner Schwester,...ich weiß nicht was ich davon halten soll....wißt ihr...ich habe diesen momentanen Zustand einfach als gegeben hingenommen und mir vorgemacht das es ja so schon noch eine lange Zeit gehen kann...
heute wurde ich eines besseren belehrt....es kann genauso gut ganz ganz schnell zu Ende sein...
Ich hatte mich grade heute morgen mit der Freundin meines Sohnes unterhalten....das ich manchmal...so blöde das jetzt bei euch ankommen mag....mich frage .....UM WELCHEN PREIS .....sie quält sich tag ein tag aus um das wichtigste das wir haben LUFT zum Atmen dazu hat sie Wasser in den Beinen...keinen Appetit und furchtbare Angst zu ersticken.....
Ich will nicht vermessen klingen und meiner Mutter auch nicht IHR Leben absprechen....Aber....UM WELCHEN PREIS....ich bin im Moment sehr sehr verwirrt.....sehr traurig ......und voller Angst...
Eure Sybille

[Sonnenschein78]

Liebes Billchen, ich kann Dich von ganzem Herzen verstehen: um welchen Preis?! Diese Frage stelle ich mir mit schlimmen Gewissen auch jeden Tag. Immer wieder. Für meine Ma, aber auch fr mich - ich habe mein altes Leben verloren und möchte es wieder haben, zumindest aber trauern können und nicht diese Qual sehen, fühlen, erinnern. Fühl Dich gedrückt, LG HEnrike

[Billchen]

Danke dir sehr

[carla44]

Oh Mann, Billchen, das hört sich wirklich schlimm an.
Und die Reaktion Deiner Schwester kann ich gar nicht verstehen.

Liebe Billchen, ich kann Dich nur umarmen und Dir ein großes Kraftpaket schicken. Ich bin in Gedanken bei Euch.
Liebe Grüße
Carla

[simi1]

Liebe Sybille,

bitte entschuldige, dass ich hier so unvermittelt hereinplatze, aber beim Lesen deiner Gedanken, habe ich mich direkt um gut ein Jahrzehnt zurückversetzt gefühlt.
Mein Papa hatte keinen Krebs, aber Amyotrophe Lateralsklerose. Das ist eine unheilbare degenerative Erkrankung des Nervensystems. Er war komplett gelähmt, konnte nur noch die Augen öffnen und schließen und täglich mühsamer schlucken und atmen.
Es war grausam ihn zu sehen, es ging im Grunde über unsere Kräfte, ihn zu pflegen. Er hätte eine Magensonde und Heimbeatmung bekommen sollen und damit wäre dieser Zustand eventuell noch viele Monate zu erhalten gewesen. Unser eigenes Leben, unsere Familienplanung, alles alles stand still und musste sich seiner Pflege unterordnen.
Wir waren am Ende unserer Kräfte, physisch und psychisch. Und ich bin damals noch einen Schritt weiter gegangen und habe zu meinem Mann immer wieder gesagt, man könne Papa doch nicht erschlagen, aber dieser Horror dürfe doch so nicht weiter gehen. Ich sah keinen Ausweg.
Eines Abends ist er, für uns plötzlich und unvermittelt, innerhalb weniger Minuten gegangen. Stundenlang habe ich immer wieder "Gott sei Dank, Gott sei Dank" und ähnliches von mir gegeben. Auf der Beerdigung habe ich etwas geweint, wie auf jeder Beerdigung. Aber die eigentliche Trauerarbeit hat erst über ein Jahr später begonnen.
Oft habe ich mich in dieser Zeit gefragt, ob ich noch normal, gefühlskalt, eine Rabentochter bin. Mit Abstand betrachtet, denke ich, dass meine Reaktionen und Gefühle damals in Ordnung waren. Mit Abstand betrachtet, kann ich auch sehen, dass es einfach der Weg meines Papas war. Er wollte - so unvorstellbar das klingen mag - keine Minute seines Lebens missen und hätte auch auf diese Weise noch weiter gemacht. Für ihn war es sicherlich nicht schön, aber es war sein Leben, das er auch in dieser Form gerne weiterhin behalten hätte.
Er durfte relativ friedlich gehen, als die Zeit wohl gekommen war. Das wünsche ich deiner Mama von ganzem Herzen auch.
Dir all die Kraft, die du in diesen Tagen so dringend brauchst. Lass deine Gedanken ohne schlechtes Gewissen zu, rede mit den Menschen darüber, die damit umgehen können. Deine Gefühle sind nicht falsch oder verwerflich.

Einen lieben Gruß an dich
Simi

P.S.: Halber Roman - Entschuldigung!

[Billchen]

DANKE
liebe Carla...schreib dir heute noch eine PN weiß nur noch nicht wann ich die Kurve bekomme

Liebe Simi...

du brauchst dich doch nicht entschuldigen sondern ich muß mich bei dir bedanken für deine liebe Zeilen....
du hast vollkommen Recht ich muß meine Gedanken fließen lassen sonst geh ich dran zugrunde.....
immer wieder würde ich mich freuen von dir zu "lesen"
Einfach nur nochmal DANKE

Bille

[Regenbogen74]

Liebe Sybille,

Du gehst ganz anders mit der Erkrankung deiner Mama um als Deine Schwester. Das war schon immer so. Auch sie ist überlastet und überfordert und nicht das erste Mal dass Du von ihr so vor den Kopf gestoßen wirst.
"Scheiß einen großen Haufen drauf" so sagst Du doch immer, oder?!
Es tut mir so leid, was Du (in der Summe betrachtet) schon Jahre durch machen mußt. Irgendwann soll es auch ein Ende nehmen. Ist doch gaaaanz normal, wenn man so denkt!!!

Ich wünsche Dir und F. ganz viel Kraft, Frieden und Gottvertrauen für Deine Mama.

Drück Dich
Regenbogen

[Billchen]

hallo...

Grade vor einer halben Stunde ist der Notarzt weg...
heute schon den ganzen Tag ging es Mama von der Luft her nicht so prickelnd..dann heute abend hatte sie innerhalb kürzester Zeit 2 mal hintereinander diese Anfälle mit Schnappatmung und massiver Luftnot......sie sagte meinen Namen und wenn ich sie angefaßt habe dann hat sie mich weggehauen...Frank rief dann meine Schwester an und Mama wollte das wir beide bei ihr bleiben ...sie hat nach uns gegriffen...aber berührt werden wollte sie nicht .....dann konnte sie auf einmal nicht mehr reden ......sie hat nur noch geschnappt....wir haben versucht sie zu beruhigen...aber es ging nichts mehr rein garnichts....ich hab gedacht jetzt ist alles zu spät...
sie hat kaum noch geatmet und doch nach Luft gezogen...ich kann es nicht richtig beschreiben...aber so schlimm wie heute abend hab ich es noch nicht erlebt...als der Notarzt kam haben sie ihr die eigene Beatmung gegeben...(soll wohl stärker und besser wirken) sie hat Inhallation bekommen und dann einen Zugang....sie hat jede Menge Cortison bekommen.....Morphium....und Tavor zur Beruhigung....dann Nitrospray.....und noch mal was in die Infussion rein....
Mama wurde darauf hin sehr schnell ruhig und hat auch wieder besser Luft bekommen....beim Abhören hat die Ärztin gesagt sie hätte Wasser in der Lunge und daraufhin hat sie nochmal ein Medikament bekommen...ja und dann hat sie sowas ähnliches wie eine Sauerstoffmaske bekommen ...C-PAP hat das geheißen das war mit Druckluft und soll das Wasser aus der Lunge pressen...
Die Ärztin hat uns gefragt ob Mama eine Patientenverfügung hat und wir haben erzählt was die uns im Krankenhaus gesagt haben das wir sowas bei dieser Diagnose nicht bräuchten ....sie hat uns dringend angeraten das so schnell wie möglich in Angriff zu nehmen ....ebenso noch so was ähnliches ,...ich bin etwas wirr im Moment hab den Namen vergessen...sie hat auch gesagt das es mit Mama alles noch viel schlimmer werden wird und wir uns Hilfe beim Ambulanten Hospitz holen sollten...die würden uns beraten und auch mit Mama reden und auch Massnahmen wegen Schmerztherapie und Beruhigungsmitteln in die Wege leiten....
Ich bin total durch den Wind im Moment .....Hellwach und doch Müde wie ein Hund ......ich bin seit heute morgen halb 6 auf und hab kaum gesessen heute....
Mama tut mir sooo leid was muß SIE wohl noch alles mitmachen und WIR auch....ich hab die Angst im Nacken sitzen....ich (wir) hoffen auf Weihnachten....ABER tun wir das wirklich.....
Wenn es wirklich noch schlimmer mit Mama wird wie die Ärztin es uns gesagt hat....was soll da denn noch schlimmer werden.....so schlimm wie es heute abend war .....gibt es da wirklich noch eine Steigerung....ich mag es mir nicht vorstellen....
Wie lange hab ich noch die Kraft....

[monika100]

Liebe Sybille,

das tut mir sehr leid, ich hoffe, du kannst ein wenig schlafen und Kraft tanken heute nacht.

Mein Vater bekam am Ende so viel Morphium, dass er fast nur noch so vor sich hin gedämmert ist. Er bekam im wachen Zustand keine Luft mehr und durch das Morphium wurde seine Atmung viel ruhiger. Das brachte für ihn einen erträglicheren Zustand - und auch für uns.
Redet mit dem Arzt darüber - vielleicht kann auch jemand ins Haus kommen, der euch ein bisschen unterstützt.

Wünsch dir ganz viel Kraft.

LG Monika

[simi1]

Liebe Sybille,

bitte besorgt euch umgehend einen geeigneten Pflegedienst!!!
Wir hatten uns auch davor gescheut und vor allem wollte mein Papa keine fremden Leute an sich haben. Daher hatten wir das erst drei Wochen vor seinem Tod in Angriff genommen und es war eine unbeschreibliche Hilfe - gerade auch für ihn! Er wurde zwei- bis dreimal am Tag professionell gepflegt und versorgt, ganz anders, als man es selbst tun kann. Wir hatten Ansprechpartner und jemanden, der alle paar Stunden draufschaut und sich auskennt.

Sicherlich könnt ihr das heute schon in die Wege leiten. Die Pflegedienste haben in der Regel eine rund-um-die-Uhr-Telefonnummer.

Viel Kraft für dich und eine feste Umarmung!
Simi

[carla44]

Oh Mann, Billchen, was für ein Horror.

Es ist schrecklich, das so mit ansehen zu müssen und ich weiß gar nicht, wie ich Dir Mut machen soll.
Auf der einen Seite, möchtest Du Deine Mama behalten, auf der anderen Seite siehst Du sie so leiden und es wird jeden Tag schlimmer.

Vielleicht ist die Idee mit dem professionellen Dienst wirklich gut. Auch für Dich und die anderen aus der Familie. Dann habt Ihr auch Ansprechpartner. Gerade Hospizdienste sind sehr einfühlsam und man hat nicht so sehr das Gefühl, in den schrecklichen Momenten alleine zu sein.

Ich wünsche Dir viel viel Kraft weiterhin. Ich sende Dir ganz liebe Grüße und ein großes Kraftpaket und hoffe auf einen ruhigen Sonntag bei Euch. Hoffentlich wirken die Medikamte gut bei Deiner Mama. Ich denke an Euch.

Liebe Grüße
Carla