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  #1  
Alt 25.03.2010, 13:46
Silleke Silleke ist offline
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Registriert seit: 09.04.2006
Beiträge: 34
Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Hallo Dirk,
Habe bisher nur lesend verfolgt, weil das Thema für mich persönlich unproblematisch ist. Ich lehne für mich aus meinem Glauben heraus aktive Hilfe ab .
Als Krankenschwester wunderte mich immer nur , wie oft Angehörige wollten, dass man nachhilft . Das war eklatant häufiger der Fall als bei Betroffenen. Und noch mehr wunderte mich, mit welcher Selbstverständlichkeit dafür das medizinische Personal herhalten sollte. Bei Patienten, die lange wussten ,todkrank zu sein und Zeit hatten, eigene Entscheidungen zu treffen. Das fand und finde ich inakzeptabel. Denn einen anderen Menschen aktiv zu töten, wäre eine mir unvorstellbare Belastung gewesen. Zur Würde gehört, den eigenen Weg selbstbestimmt zu gehen ,egal wie der aussieht . Nur in Ausnahmefällen ,bei völlig unerwarteten Lebensentwicklungen, von denen hier nicht die Rede war, ist das unmöglich .

Was mich aber eigentlich veranlasste , zu antworten: Nein Dirk, die Entwicklung damals hat jede Menge mit der heutigen Debatte zu tun. Die Euthanasie ist auch 1933 nicht vom Himmel gefallen, sie wurde Schritt für Schritt LEGAL eingeführt. Eine Diskussion über aktive Sterbehilfe darf nicht ignorieren, unter welchen Umständen und mit welchen Motivationen damals die Gesetzeslage sich veränderte. Das alles passierte auch nicht illegal, sondern beginnend schon hundert Jahre früher wurde krankes und behindertes Leben mehr und mehr bemitleidet. Nicht zufällig parallel mit der größer werdenden Zahl der wirtschaftlich unbrauchbaren Menschen. Niemals waren solche Debatten frei von wirtschaftlichen Erwägungen , auch wenn das für uns zunächst nicht das Argument ist. Wer heute Sterbehilfedebatten führt, muss zumindest wissen, wie veränderbar Gesetze sind. Und zu allen Zeiten wurden diese Ausgrenzungen, die bis im Morden endeten, begonnen mit dem Mitleid. Mit der Frage, ob ein so krankes oder behindertes Leben dem Betroffenen zumutbar sei.
Meine dringende Bitte wäre, dass nie wieder eine Allgemeinheit darüber debattiert, ob man Krebskranke und andere schwerstbeeinträchtigte Menschen töten darf, um Leiden zu vermeiden. Lasst jeden Einzelnen darauf die eigene Antwort finden. Patientenverfügungen sind mittlerweile bindend geworden. Wir haben die Möglichkeit, unseren eigenen Weg in Würde zu gehen.
Ich sage audrücklich Suze 2 Danke für ihren Einwurf.

liebe Grüße
Silleke
  #2  
Alt 25.03.2010, 19:28
Stefans Stefans ist offline
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Registriert seit: 27.01.2007
Beiträge: 426
Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Zitat:
Zitat von Silleke Beitrag anzeigen
die Entwicklung damals hat jede Menge mit der heutigen Debatte zu tun. Die Euthanasie ist auch 1933 nicht vom Himmel gefallen
Nein, das stimmt. Und man darf auch nicht vergessen, dass die "Euthanasie"-Diskussion damals (in " ", weil der eu-thanatos, der "gute Tod", etwas völlig anderes ist als das Morden, das im 3. Reich daraus gemacht wurde) nicht auf dem Mist der Nazis gewachsen ist. Auf diese Idee kam nicht der kleine, arbeistlose Anstreicher aus Österreich oder seine Gefolgschaft.

Noe - auf die Idee, wie man sich in einer Gesellschaft den nutzlosen und lebensunwerten Menschen-Existenzen möglichst elegant entledigt, kamen in den westlichen Industrieländern studierte und höchst ehrenvoll dekorierte Anthropologen, Philosophen, Mediziner, Theologen, Historiker usw. schon Jahrzehnte vor der Machtergreifung.

Und was heute ungern zugegeben wird: die westliche Wissenschaftswelt hat damals die deutschen Täter der Euthanasie _beneidet_ - weil die Akademiker-Kollegen in D endlich legal tun durften, was in den USA und anderswo wegen kleinkarierter moralischer Bedeknen von Gesetz wegen verboten war. Und die Sache war auch ganz oben angesiedelt. Bei T4 (= das Euthanasieprogramm zur Vernichtung lebnensunwerten Lebens) hat des Führers Leibarzt Dr. Brandt höchstpersönlich die ersten Irren in der Landesklinik Brandenburg abgespritzt - weil das ja eine "medizinisch wissenschaftliche" Angelegenheit war, das durfte damals (noch) nicht jeder Hiwi. Und dem Führer gemeldet, wie selig die Opfer entschlafen sind.

Das Schlimmste an der Sache war aber m.E., dass T4 von Seiten der Politik nach einigen Jahren gestoppt wurde, weil es im Ausland einfach schlechte Kritiken gab. Aber dieser Stopp war nicht durchzusetzen. Die Krematorien in den Klapsmühlen rauchten, die Belegschaft feierte den 1.000 Vergasten mit Sektumtrunk... und die Ärzte, Schwestern und Pfleger haben einfach weiter gemordet - trotz ausdrücklichem Verbot der Reichsregierung in Berlin.

Das sollte einem zu denken geben, wenn man heute zum Arzt geht. Wer in der Nachkriegszeit in D mit seinem Kind zum Prof. in der Uni-Klinik gegangen ist, hatte gute Chancen, von einem Massenmörder behandelt zu werden. Selbstredend ist kein Mediziner in D jemals dafür zur Verantwortung gezogen worden (wie auch kein Jurist - das haben die Berufe gmeinsam). Jedenfalls, zum Thema "Mediziner und Ethik" (oder gar Gewissen): dass ich nicht lache.

Trotzdem hat Dirk m.E. recht, dass die Sterbehilfe-Diskussion heute mit der "Euthanasie" damals nichts zu tun hat. Beim wichtigsten Aspekt: wenn wir über Sterbehilfe reden, dann ausschließlich nach dem Willen des Patienten. Jemand möchte keine Behandlung mehr. Damals war das anders, da haben Bürokraten entschieden, wer sterben muss, weil er "lebensunwert" ist. Und so schwierig die Sterbehilfe-Dikussion in D wegen unserer Vergangenheit auch ist. Es kann wirklich niemand unterstellen, dass dieser Aspekt hier eine Rolle spielt. (Natürlich, bei Angehörigen, die ihre Oma lieber heute als morgen tot sehen wollen - aber die verabschieden zum Glück keine Gesetze und setzen sie auch nicht um).

Viele Grüße,
Stefan
  #3  
Alt 25.03.2010, 23:48
chaoskatze chaoskatze ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 06.11.2009
Beiträge: 195
Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Bitte, wenn es geht, nicht beleidigend werden, ja?

Der Punkt ist, man kann nicht einfach Suizidmöglichkeiten im Supermarkt für 3 Euro verkaufen. Das hätte üble Folgen - zum Beispiel, dass jemand, der nur einen kurzen Austicker hat oder vielleicht einfach gerade Drogen nimmt, sich umbringen will und das ohne Probleme machen kann. Oder jemand, der höflich gebeten wurde, selbiges zu machen...

Ich glaube, dass das, was du als meine persönliche Ignoranz hinstellst (da könnte man fast darauf hinweisen, dass deine Angriffsmethoden auch nicht gerade unverletzend sind), eher eine Sache der Wahrscheinlcihkeit wäre. Nämlich möglichst statistisch die höchstmöglichste Wahrscheinlichkeit wissenschaftlich zu erforschen (wie gesagt, soweit möglich), dass die betreffenden Personen eine Entscheidung getroffen haben, die unter Bewusstsein und über längere Dauer gefällt wurde.
Nicht nur um der Personen willen, sondern vielmehr um das der Hinterbliebenen.
Dazu kommt: ein psychisch Kranker ist in einem sehr hohen Prozentsatz in der Lage, sich selbst zu töten. Dennoch lassen es viele aus Furcht vor den eventuellen Folgen - Fehlversuche etc..., aber auch aus fehlender Entschlossenheit. Das würde sich rabiant ändern, wenn es die Möglichkeit gäbe, ohne Probleme das man schnell zu erledigen.
Das wäre dasselbe, als würde ich sagen, wenn ein Alkoholiker nicht trinken will, muss ers ja nicht, dann macht es ja auch nichts, wenn ich ihm ein paar Schnappes hinstelle...

Und noch mal: es geht nicht darum, grundsätzlcih alle psychisch instabilen am Suizidwunsch abzuhalten. Es geht darum, zu verhindern, dass sie aufgrund eines kurzen Rückfalls, einem Gefühl der Hilflosigkeit uä sich töten.

Anders gefragt: wenn du zufällig mitbekommst, dass sich jemand töten will, den du noch nie gesehen hast - würdest du ihn davon abhalten oder nicht? Wenn du schon von den Gesetzen anfängst....

Und bitte, wie gesagt, nicht so verletzend. Nur Argumente gegen meine Argumente, wenn du mich persönlcih angreifst, können wir die Diskussion gleich lassen. Dafür bin ich zu verletzlich, umso mehr, dass mich das Thema ja auch betrifft, ungewiss der Tatsache, wann..
  #4  
Alt 29.03.2010, 16:06
Stefans Stefans ist offline
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Registriert seit: 27.01.2007
Beiträge: 426
Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Hallo Chaoskatze,

Zitat:
Zitat von chaoskatze Beitrag anzeigen
Bitte, wenn es geht, nicht beleidigend werden, ja?
Schwierig Werde ich, wenn mir der Gaul durchgeht, weil ich auch selbst betroffen bin. Sonst hätte ich keinen Grund, mich aufzuregen. Ich bitte um Entschuldigung dafür. Falls es dir was nutzt: darfst mich auch beleidigen. Wie sagt man da, wo ich herkomme. Pack schlägt sich, Pack verträgt sich (und ist nicht nachtragend)

Zitat:
Der Punkt ist, man kann nicht einfach Suizidmöglichkeiten im Supermarkt für 3 Euro verkaufen.
Nein, das würde ich auch nicht wollen. Seconal / Nembutal rezeptfrei wäre für mich klasse, dann gäbe es das "Beschaffungsproblem" nicht... aber generell lehne ich das auch ab. Aber nicht, weil sich die Leute damit schnell selbst töten können. Sondern weil ich Angst habe, dass damit Menschen andere Menschen töten, z.B. die pflegebedürftige Oma, die ihnen schon lange auf die Nerven geht. Ich fürchte da nicht Suizid, sondern Mord. Den gibt es auch so an Schutzbefohlenen / Abhängigen schon oft genug mit extrem hoher Dunkelziffer. Muss man nicht noch fördern.

Zitat:
Dazu kommt: ein psychisch Kranker ist in einem sehr hohen Prozentsatz in der Lage, sich selbst zu töten.
Stimmt, und damit zurück zum Thema des threads: Sterbe-Hilfe haben psychisch Kranke in der Regel gar nicht nötig - die machen das einfach selbst. Sind insofern von dieser Diskussion gar nicht betroffen.

Zitat:
Dennoch lassen es viele aus Furcht vor den eventuellen Folgen - Fehlversuche etc..., aber auch aus fehlender Entschlossenheit. Das würde sich rabiant ändern, wenn es die Möglichkeit gäbe, ohne Probleme das man schnell zu erledigen.
Das glaube ich nicht (dass sich das ändern würde). Denn bei mangelnder Entschlossenheit ist es egal, welche Mittel zur Verfügung stehen. Wer Nägel mit Köpfen machen will, tut das so oder so. Wiegesagt, statistisch ist das klar. Frauen begehen doppelt soviele Suizid-Versuche wie Männer, aber Männer sind doppelt so oft erfolgreich. Weswegen 4 mal mehr Männer an Suizid sterben als Frauen. Effektiven Suizid begehen Leute ab Mitte 40. Die auch oft "rationalen" Suizid begehen. Also kein "Hilferuf" mehr, sondern konsequent, im ersten Versuch erfolgreich, als "Lebensbilanz": lohnt sich nicht, reicht mir.

Solche Leute brauchen keine "Möglichkeit, ohne Probleme...". Weil es die Möglichkeiten gibt. Ich habe Depris seit ca. 30 Jahren, auf und ab, hin und wieder akut suizidal. Nein, mein Leben lohnt sich nicht. Und ich finde es auch nicht wichtig. Und ich werde nie wieder in die Klapsmühle oder zum Psychotherapeuten gehen. Diese Art "Hilfe" will ich nicht mehr. Und natürlich bin ich vorbereitet. Ich muss mich nur ins Bett legen, die Kopfhaube aufsetzen und den Gashahn aufdrehen - dann bin ich in 30 Sek. bewusstlos und in 5 Min. tot. Entspannt, schmerzfrei, human, als Suizid nicht nachweisbar (sofern jemand nachher so nett ist und das Equipment weg räumt, bevor der Arzt kommt). So what? Wer's tun will, tut's sowieso.

Zitat:
Und noch mal: es geht nicht darum, grundsätzlcih alle psychisch instabilen am Suizidwunsch abzuhalten. Es geht darum, zu verhindern, dass sie aufgrund eines kurzen Rückfalls, einem Gefühl der Hilflosigkeit uä sich töten.
Das sehe ich doch ähnlich. Mir wird auch immer ganz anders, wenn sich junge Menschen in ihrer ersten schweren Lebenskrise zwischen Pubertät und erwachsen umbringen. Da denke ich immer: mensch, doch nicht sofort, es gibt doch Hilfe, warum sagt denen das keiner. Aber es gibt halt auch die anderen, langjährigen, Therapie- und Psychiatrieerfahrenen, die irgendwann einfach die Schnauze voll haben. Und genau wissen, was und warum sie es tun.

Viele Grüße,
Stefan
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