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Alt 23.08.2023, 21:09
milchschnitte2k3 milchschnitte2k3 ist offline
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Standard Seminom 2021 & 2023 / beidseitige Orchiektomie / Wait-and-See VS. 1 x CB

Hallo zusammen, die letzten zweieinhalb Jahre war ich, 37, nur stiller Mitleser - jetzt möchte ich euch doch auch meine Geschichte erzählen.

Bei mir wurde bereits in jungen Jahren, etwa mit 13 oder 14, eine Krampfader im linken Hoden festgestellt, weshalb ich seitdem jährlich zum Urologen bin. Als ich 20 war, wurde die Krampfader verödet, sie ist nach und nach aber wieder gewachsen. Leichtes Ziehen und Schmerzen waren für mich im Hoden also immer irgendwie normal und kein Grund zur Sorge. Im November 2020 kam mir das stete Ziehen aber etwas intensiver als sonst vor - und die Krampfader wirkte auch härter als bisher. Leider war gerade Corona-Hochphase, weshalb ich erst im Februar 2021 einen Termin beim Urologen bekam. Die Schmerzen waren da schon wieder verschwunden, weshalb ich umso schockierter war, als mein Urologe auf dem Ultraschall eine etwa 1,5 x 2 cm große Raumforderung im linken Hoden entdeckte.

Vielleicht kennen einige von euch die Serie „Breaking Bad“ und die Szene, in der Walter White von seinem Arzt die Krebsdiagnose mitgeteilt bekommt. Genauso fühlte ich mich in den Moment. Aber viel Zeit darüber nachzudenken gab es eigentlich nicht, weil mein Urologe mich im Anschluss umgehend ins Krankenhaus schickte. Nach Aufnahme, Überprüfung der Tumormarker (alle negativ) und Kryokonservierung wurde direkt am nächsten Morgen eine inguinale Orchiektomie des linkes Hodens durchgeführt. Das Ergebnis der anschließenden Biopsie: Seminom pT1; L0 V0 Pn0; R0. Eine vermutete TIN im rechten Hoden ließ sich nicht belegen.

Mein Urologe, die Beurteilung durch das Tumorboard des NCT Heidelberg und auch die Einschätzung von Onkologe Dr. G. aus München (auf den ich durch dieses Forum stieß, vielen Dank an dieser Stelle also nochmal!), kamen alle zur selben Meinung: Engmaschige Kontrolle nach dem Leitlinien.

In den Monaten darauf unterzog ich mich also regelmäßigen Ultraschalluntersuchungen und Bildgebungen. Das war einerseits gut, andererseits auch eine komplett neue Erfahrung. Ich erinnere mich, dass ich mehr als einmal mit Tränen in den Augen im MRT lag und diese beschissene Krankheit verfluchte. Angst vor dem Tod hatte ich weniger, aber bei jedem kleinen Zwacken dachte ich dennoch sofort, der Krebs sei zurück. Ich hörte buchstäblich das Gras wachsen und war im Hinblick auf meine Körper sehr sensibel.

Die ersten Wochen und Monate war ich recht pragmatisch mit der Krankheit umgegangen, hatte im Grunde sofort nach der Rückkehr aus dem Krankenhaus wieder mit der Arbeit begonnen und merkte dann aber mehr und mehr, wie mich das Ganze doch auch psychisch belastete, weshalb ich mich zu einer Therapie entschied. Und auch, wenn es in der nur anfänglich um den Krebs ging, muss ich sagen, dass das eine der besten Entscheidungen meines Lebens war, von der ich bis heute noch profitiere.

Mit der Zeit bemerkte ich, dass ich nicht mehr täglich an die Krankheit dachte, sondern nur noch alle paar Wochen. Aber ab dem Herbst 2022 fühlte ich mich nach und nach immer schlapper, hatte mit Stimmungsschwankungen zu kämpfen, nahm eine leichte Gewichtszunahme wahr und hatte den Eindruck, dass mein verbliebener Hoden verhältnismäßig klein schien. Dr. G. überprüfte daraufhin mehrfach meine Testosteronwerte, die an der Grenze des unteren Normbereichs lagen und ich entschied mich im Frühjahr 2023 zur Substitution mit Nebido mittels Injektion von 1000 mg alle drei Monate.

Das Testosteron vertrug ich sofort sehr gut, aber wirklich genießen konnte ich es nicht. Denn nachdem sich im Frühsommer bereits eine Spermatozele am verbliebenen Nebenhoden gebildet hatte, entdeckte Dr. G. bei einer Routineuntersuchung Anfang August im Hoden selbst zwei Tumore mit Durchmessern von 0,4 und 0,8 Zentimetern. Er schickte mich direkt im Anschluss ins MRT, wo keine vergrößerten Lymphknoten gefunden wurden. Auch die Blutwerte waren wieder im Normbereich.

Im Anschluss ging es für mich dann erneut ins Krankenhaus, wo mir am vergangenen Donnerstag nun auch noch der zweite Hoden entnommen worden ist. Die Kryo fand ja schon beim ersten Mal statt, auch dieses Mal entschied ich mich gegen eine Prothese. Gestern war ich im CT - auch hier alles in bester Ordnung. Heute kam dann auch der histologische Befund: Seminom pT2; L0 V0 Pn0; R0 mit Infiltration des Rete Testis und des Nebenhodens.

Habe im Anschluss schon mit meinem Onkologen gesprochen: Aufgrund der Infiltration steigt das Rezidivrisiko auf im Schnitt 13 Prozent, mit einem Zyklus CB könnte man es wieder auf gut 5 Prozent runterdrücken. Heißt: Auch ich stehe jetzt vor der großen Frage: Wait-and-See oder Carboplatin?
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