Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Hinterbliebene

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #31  
Alt 27.05.2016, 18:00
Lella Lella ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 10.10.2014
Ort: Schweiz
Beiträge: 221
Standard AW: Unbegreiflich

Liebe Jana

Diese Überlegungen haben ich mir schon sehr oft gemacht und dennoch zieht es mich immer wieder hierher, mehrheitlich jedoch zum mitlesen. Die Versuche den Kaffeeklatsch wiederzubelben haben ja auch immer nur ganz kurfristig gefruchtet. Aber es ist wohl wie so oft: Alles hat seine Zeit.

Ich frage mich auch oft, wie man das überhaupt ausgehalten hat, immer noch aushält. Ich glaube auch nicht, dass es für einen Angehörigen zwingend einfacher ist, vor allem dann nicht, wenn man die erkrankte Person sehr nahe begleitet. Klar, man hat keine Krankheit, keine Schmerzen, keine Behandlung mit Nebenwirkungen und muss auch nicht sterben. Aber man muss zusehen, man kann nicht helfen und schlussendlich muss man hier bleiben. Eine liebe Freundin hat mal gesagt: Krebs ist wie Sippenhaft. Man hängt einfadch mit drin. Ob man will, oder nicht, das hat keiner gefragt... Und so leiden auch ganz viele Angehörige immens und manchmal finden sie noch viel weniger einen Umgang mit der Erkrankung als die Erkrankten selbst... Es ist einfach für alle schwer. Es klingt vielleicht etwas makaber, aber der einzige "Vorteil" den ich seit dem Tod meines Mannes habe, ist, dass ich keine Angst merh zu haben brauche. Um ihn. Vor dem nächsten Tag. Meine schlimmsten Ängste haben sich bewahrheitet, schlimmer kann es nicht mehr kommen... Diese Anspannung, dieser Dauerstress, der ist weg. Und darüber bin ich froh, auch wenn ich natürlich nicht froh, bin, dass mein Mann nicht mehr lebt.

Ja, wir haben nur unser eines Leben. Ich weiss, dass viele Trauernde dies nicht so sehen können, auch wenn sie es wollen. Mir hat mein Mann kurz vor seinem Tod gesagt, bitte geh Du Deinen Weg. Und daran denke ich immer, wenn ich hadere, wenn ich zögere und wenn ich nicht weiter weiss. Er wollte, dass ich weiter gehe. Ich glaube, für ihn war es schlimmer uns alle zurückzulassen, als selber gehen zu müssen. Und daher möchte ich ihn nicht "enttäuschen", indem ich mich aufgebe. Und zum Glück habe ich die Kraft bekommen, nicht aufzugeben. Ich möchte nicht mein ganzes restliches Leben nur noch darüber definieren, dass ich meinen Mann verloren habe. Das wird immer ein Teil meines Lebens, meiner Geschichte und von mir selbst sein. Aber nicht der einzige. Und so versuche ich mich in meinem Leben ohne ihn zurechtzufinden und weiterzumachen. Auch wenn das manchmal so schwer ist und er mir so sehr fehlt...

Uns ging es genauso, wir haben uns nie bewusst gegen Kinder entschieden, haben dies aber auch nie vermisst. Ich weiss, Kinder können einem sehr viel geben und sie sind auch etwas, dass vom Partner weiterlebt. Dennoch bin ich "froh" keine Kinder zu haben. Ich weiss nicht, ob ich das geschafft hätte. Für 2 zu trauern, für 2 ein neues Leben zu schaffen. Oder sogar für mehrere. Und ich hätte in seiner letzten Phase nie so für meinen Mann da sein können, wenn wir Kinder gehabt hätten. Dies war die Schlimmste Zeit meines Lebens, aber auch eine wertvolle Zeit.

Ich lebe in der Schweiz,in der Nähe von Zürich.

Liebe Jana, ich wünsche Dir ein ganz schönes Wochenende und freu mich, bald wieder von Dir zu lesen.
Liebe Grüsse
Lella
Mit Zitat antworten
  #32  
Alt 29.05.2016, 10:56
LiebesHerz LiebesHerz ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 04.08.2014
Beiträge: 505
Standard AW: Unbegreiflich

Liebe Lella,

ich musste lächeln, als ihr deine Zeilen gelesen habe, denn ich fühle ähnlich wie Du. Die Angst ist weg. Das war im ersten Moment auch eine große Erleichterung, so schlimm das auch klingen mag. Jeden Morgen habe ich sonst auf das Telefon gesehen. Blinkt der Anrufbeantworter ? Wie klingt sie heute am Telefon? Wie lange noch? Wie wird es zuende gehen?? Es war eine unglaubliche Anspannung. Als diese sich löste, war ich zum Teil auch erleichtert. Ich fand es auch schlimm, dass man mit seinen Ängste nirgends hin konnte. Ich wollte meiner Mutter gegenüber stark sein, sie aufbauen und nicht noch zusätzlich "schlechte Stimmung" verbreiten. Auch meinem Papa gegenüber, der auch am Stock ging. Hinzu kam die Erkrankung meiner besten Freundin die psychisch sehr sehr angeschlagen war. Auch hier konnte ich meine Verlustangst nicht äußern. Ich finde , die Beziehungen werden so unehrlich weil jeder versucht dem anderen nicht zur Last zu fallen. Ich bereue es heute sehr, dass ich mit meiner Mutter nie offen sprechen konnte. Wir haben nie über den Tod gesprochen, geschweige denn uns verabschiedet. Das fehlt mir heute. Ich weiß nicht wieviele Ängste sie ertragen hat... Ganz leise, für sich... Hat sie gewusst dass sie stirbt? Sie hat mich in den letzten Tagen immer so flehentlich und panisch angesehen wenn ich gefahren bin.. Das belastet mich heute sehr.
Aber wahrscheinlich findet man immer etwas was im Nachhinein vielleicht "falsch" gelaufen ist, etwas was man bereut..

Bei Zürich? Da war ich am letzten Wochenende! Haben einen Freund meines Mannes besucht der dort wohnt. Schöne Stadt!

Auch dir ein schönes WE!
Ich freue mich dass wir uns schreiben!

Jana
__________________
Meine Mutter:
Pankreas-Ca ED 7/2014
verstorben am 3.11.15

Immer in meinem Herzen...
Mit Zitat antworten
  #33  
Alt 30.05.2016, 09:41
Lella Lella ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 10.10.2014
Ort: Schweiz
Beiträge: 221
Standard AW: Unbegreiflich

Liebe Jana

Ja, es ist schön, dass wir uns schreiben

Ich kann Deine Gedanken so gut nachempfinden. Ja, die Erleichterung war irgendwie riesig. Ich war in erster Linie einfach mal froh, dass er nicht mehr leiden musste. Körperlich und vor allem auch psychisch. Und ich war irgendwie auch erleichtert, dass ich nicht mehr leiden musste, unter dieser Daueranspannung, diesem Dauerzustand der Angst, was wohl als nächstes passiert. Dass ich einfach mal mehr als 1-2 Stunden am Stück schlafen konnte.

Treffend was Du sagst, ja, die Beziehungen werden unehrlich. Und leider bleiben sie es auch. Man versucht den Schein zu wahren, niemandem zur Last zu fallen. Ich merke das heute noch. Die meisten Menschen sprechen nicht gerne über Tod und über Krankheit. Und man verschont sie, obwohl es selbst ein Jahr "danach" immer noch das eigene Hauptthema ist. Es ist schwer mit jemandem offen darüber zu reden, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Wer will das schon hören? Ich habe vor kurzem einen Text gelesen dazu, der mich sehr berührt hat. Dort schrieb die Autorin so in etwa: "Der Tod ist wie ein grosser Sarg, der nicht durch den Türrahmen passt".

Ich glaube, man findet immer etwas im nachhinein, ich glaube, das ist normal. Aber es sind auch Gedanken, die einem nicht weiterbringen auf Dauer. Denn leider kann man das Rad der Zeit nicht zurückdrehen. Aber weisst Du, wenn Deine Mutter wirklich hätte mit Dir über den Tod reden wollen, dann hätte sie das getan. Oder wenn sie sich hätte verabschieden wollen. Vermutlich hätte ihr das aber selbst zu weh getan und darum hat sie es auf ihre Art und Weise gemacht, still und leise. Und wahrscheinlich hat sie gewusst, dass sie stirbt, aber sie wollte Dich, euch, sich selbst schützen. Es war wahrscheinlich für sie gut und richtig so wie es war...

Liebe Grüsse und einen guten Start in die Woche
Lella
Mit Zitat antworten
  #34  
Alt 02.06.2016, 11:29
LiebesHerz LiebesHerz ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 04.08.2014
Beiträge: 505
Standard AW: Unbegreiflich

Liebe Lella,

der Spruch mit dem Sarg, der nicht durch die Tür passt, beschreibt es wirklich sehr sehr gut!
Eine Kollegin von mir sagte, als sie erfuhr, dass meine Mutter gestorben war, :"Oh Gott oh Gott, ich will das gar nicht hören. Wenn ich mir vorstelle, dass meine Mutter nicht mehr lebt... Nein, ich will da gar nicht drüber nachdenken." Das war direkt, beschreibt aber glaube ich, was die meisten Menschen denken. Und es ist ja auch ok. Dennoch fühle ich mich irgendwie nicht mehr zugehörig. Ich kenne niemanden, der seine Mutter nicht mehr hat und du kennst wahrscheinlich auch keine Witwe in Deinem Alter. Ich fühle mich wie in einer anderen Welt, geht Dir das auch so? Ich spüre auch schnell, wenn jemand ähnliches erlebt habe. Neulich war ich bei Freunden und unterhielt mich mit einer, mir bis dahin fremden, Frau in meinem Alter. Ich weis nicht, wie wir darauf kamen, denn eigentlich erzähle ich nicht rum, dass meine Mutter tot ist, aber wir kamen auf das Thema Tod. Sie erzählte mir, dass sie ihren Vater durch Krebs verloren hat und das schaffte gleich eine große Nähe zwischen uns. Irgendwie spürt man diese Wunde in anderen Menschen.

Gestern habe ich mich mal wieder mit meinem Bruder getroffen. Bevor unsere Mutter krank wurde, haben wir uns ca 4 mal im Jahr gesehen, höchstens. Eigentlich nie telefoniert. Jetzt telefonieren wir mehrmals in der Woche und sehen uns einmal im Monat. Der Kontakt ist so wunderschön geworden!
Wir waren essen und hatten einen wirklich wunderbaren Abend. Meine Mutter hatte sich immer gewünscht, dass wir enger zusammenrücken...jetzt ist es wie ihr Vermächtnis dass wir das auch tun. Er ist ein sehr wichtiger Mensch in meinem Leben geworden.
Hast Du Geschwister?

Lella, ich wünsche Dir eine schöne Restwoche mit ein wenig Sonne. Hier ist seit Tagen immer wieder Unwetter mit Starkregen...

Alles Liebe Jana
__________________
Meine Mutter:
Pankreas-Ca ED 7/2014
verstorben am 3.11.15

Immer in meinem Herzen...
Mit Zitat antworten
  #35  
Alt 02.06.2016, 14:54
Lella Lella ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 10.10.2014
Ort: Schweiz
Beiträge: 221
Standard AW: Unbegreiflich

Liebe Jana

Solche Reaktionen kenne ich. Ich kann den Gedanken, den diese Menschen haben auch nachvollziehen. Aber gleichzeitig macht mich eine solche Reaktion unglaublich sprachlos und wütend. Sie verletzten mich. Denn Himmel noch mal, das kann man doch so nicht sagen?! Das kann man denken... Es ist traurig, wie wenig die Menschen wirklich mit dem Thema umgehen können. Ein ernstgemeintes "es tut mir leid" würde doch schon ausreichen...

Es geht mir genauso, es ist treffend. Ich fühle mich nicht dazu gehörend. Und ich weiss auch, dass ich über ein Thema, dass mich sehr beschäftigt nur selten sprechen kann. Ich spreche viel über meinen Mann, erzähle Anekdoten oder Geschichten von früher. Oft merke ich, wie die Menschen dann zusammen zucken. Aber ich will ihn nicht totschweigen, es reicht, dass er tot ist. Und ich spüre auch eine Verbundenheit mit Menschen, die ein ähnliches Schicksal haben. Denn ich glaue, bei aller Empathie kann man das einfach nicht nachvollziehen. Ich habe mir das alles ja auch ganz anders vorgestellt.

Wie schön, wie sich die Beziehung zu Deinem Bruder entwickelt hat! Auch bei mir gibt es Beziehungen, die extrem gewachsen sind, seit mein Mann gestorben ist. Und ich bin dafür unendlich dankbar. Ich bin sogar davon überzeugt, dass für einige mein Mann ganz direkt verantwortlich ist, indem er Menschen damit beauftragt hat, für mich da zu sein. Und die sind das ganz wunderbar.

Ich habe keine Geschwister, nein.

Auch Dir etwas Sonne, hier ist es irgendwie ein Mix zwischen Regen, Sonner und grau in grau...

Ich grüsse Dich ganz lieb, hoffentlich bis bald!
Lella
Mit Zitat antworten
  #36  
Alt 06.06.2016, 21:55
LiebesHerz LiebesHerz ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 04.08.2014
Beiträge: 505
Standard AW: Unbegreiflich

Liebe Lella,

ich glaube einfach auch, dass die Liebe Deines Mannes immer in Dir/ um Dich ist. Ihr scheint eine sehr warme, offene Beziehung gehabt zu haben, auf Augenhöhe, liebevoll aber unabhängig. Zumindest "höre" ich das so raus. Und ich glaube, dass seine Liebe Dich jetzt immernoch trägt. Die Liebe stirbt eben nicht.

Fühl Dich umarmt von Jana!
__________________
Meine Mutter:
Pankreas-Ca ED 7/2014
verstorben am 3.11.15

Immer in meinem Herzen...
Mit Zitat antworten
  #37  
Alt 26.06.2016, 23:17
Lella Lella ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 10.10.2014
Ort: Schweiz
Beiträge: 221
Standard AW: Unbegreiflich

Liebe Jana
Schon wieder ist so viel Zeit vergangen, manchmal komme ich einfach nicht zum schreiben. Danke für Deine liebe Worte möchte ich aber dennoch sagen.
Ja, Du hast es gut getroffen, wie Du unsere Beziehung beschreibst. Unsere Beziehung war in dieser Hinsicht sehr speziell, ich habe mit ihm erlebt, wie schön Liebe sein kann, wenn man einfach geniesst zusammen zu sein und nicht besitzen will. Wir haben einander nicht "gehört", aber wir wussten, wir gehören zusammen. Mit allen Höhen und Tiefen. Nein, die Liebe stirbt nicht, auch die Liebe zu Deiner Mama nicht.
Ich würd mich freuen, zu hören, wie es Dir geht.
Liebe Grüsse und eine Umarmung zurück.
Lella
Mit Zitat antworten
  #38  
Alt 09.07.2016, 22:28
LiebesHerz LiebesHerz ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 04.08.2014
Beiträge: 505
Standard AW: Unbegreiflich

Liebe Lella,

Ich habe irgendwie überlesen, dass Du mir geschrieben hast.. Freue mich!

Deine Idee mit dem Blog finde ich wirklich gut und gelungen. Ich finde, schreiben hilft nochmal enorm, alles zu verarbeiten. Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber ich will auch nicht ständig andere damit "nerven", so richtig versteht es ja doch keiner was ich aber niemandem zum Vorwurf mache .
Ich bin gerade auf Amrum, wir fahren hier sehr häufig hin. Auch damals, als meine Mutter krank wurde. Ich habe sie ins Krankenhaus gebracht mit Gelbsucht und wir sind zwei Tage später losgefahren. Ich stand stundenlang vor meinem Koffer und habe überlegt, ob ich ihn nun einpacke oder nicht, ob ich mitfahre oder nicht. Habe mich dann entschieden mitzufahren. Hier habe ich die Zeit wie in Trance erlebt. Habe pausenlos im Internet recherchiert, auch hier im Forum. Jeden Tag Telefonate mit der Klinik. Es war eine ganz schreckliche Zeit. Aber meine Mutter war noch da... Sie fehlt mir so sehr. Ich bin in einem Moment zum platzen glücklich; heute zB als wir am Strand spazieren fahren und eine Robbe im Wasser beobachten konnten. Die Weite des Meeres, die Sonne, alles das war so schön. Und dann bin ich wieder sehr sehr traurig, vermisse sie so sehr...
Ich träume hier auch wieder viel von ihr.
Meinem Bruder geht es ähnlich. Er hadert damit, dass er sie nicht wie eigentlich geplant war, an ihrem letzten Tag besucht hat, sondern den Besuch auf den folgenden Tag verschoben hat. In der Nacht ist sie gestorben. Niemand hat das doch ahnen können! Oder waren wir alle blind für die Zeichen?
Mit meinem Vater kann ich über den Verlust nicht sprechen. Er lenkt sich durch maßlose Aktivität ab. Aber immerhin säuft er nicht und ich lasse ihn so leben, wie er möchte und am besten klarkommt. Jedem seine Form der Verarbeitung.

Ich genieße die Tage hier dennoch sehr. Ich liebe diese Insel. Wir haben eine sehr schuckelige Wohnung von der man direkten Meerblick hat. Hier sitze ich in einer kleinen, windgeschützten Loggia und gucke aufs Wasser. Es tut so gut.

Du hast mal geschrieben, dass es nie wieder so wird wie früher, dass man sich aber an dieses neue Leben gewöhnen kann, es einfach Zeit braucht, ehe man sich darin zurechtfindet. Genauso empfinde ich es auch. Die Trauer wird immer zu unserem Leben dazugehören, sie wird nie vergehen. Aber wir werden einen neuen Abschnitt unseres Lebens leben. Unfreiwillig zwar, aber auch dieser Abschnitt wird glücklich sein können.

Sei lieb gegrüßt von der Jana
__________________
Meine Mutter:
Pankreas-Ca ED 7/2014
verstorben am 3.11.15

Immer in meinem Herzen...
Mit Zitat antworten
  #39  
Alt 13.07.2016, 20:17
Lella Lella ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 10.10.2014
Ort: Schweiz
Beiträge: 221
Standard AW: Unbegreiflich

Liebe Jana

Ich freue mich von Dir zu lesen und auch darüber, dass Du meine Antwort gar nicht gesehen hast. Das zeigt, dass Du nicht mehr so intensiv im Forum liest und Dich lieber mit anderen Dingen beschäftigst...

Ich verstehe sehr, sehr gut, was Du meinst. Es ist unser alles übergreifende Thema. Wir haben etwas erlebt, das uns prägt und uns beschäftigt. Und würden gerne soviel darüber reden. Doch für andere ist das schwierig. Und genauso ist es schwierig auch nur so über den Verstorbenen zu sprechen. Ich erzähle so gerne von meinem Mann, auch amüsante oder lustige Dinge. Und doch merke ich bei den meisten Menschen, dass sie nicht wisssen, wie damit umgehen... Die Stimmung kippt, das Thema wird gewechselt oder es kommt allenfalls ein verlegenes Lächeln... Aber er gehört doch zu mir!

Amrun, wie schön! Ich würde so gerne mal auf einer dieser Inseln Urlaub machen, ich war noch nie dort! Aber ich liebe das norddeutsche Klima und das Meer... Aber Urlaub alleine? Geniess es ganz fest!

Jana, nein, ihr habt keine Zeichen übersehen. Ich bin überzeugt, dass Deine Mama ohne euch sterben wollte. Die Sterbenden lesen sich das aus. Mein Mann hat ganz klar bestimmt, wer bei ihm im Zimmer bleiben darf und hat alle anderen regelrecht rausgeworfen. Auch bei meinem Schwiegervater, meiner Schwiegermutter und bei meinem Opa war das so ähnlich. Also, ihr habt nichts falsch gemacht, wärt ihr dort geblieben, hätte sie vielleicht gar nicht gehen können.

Ja, es wird nie mehr sein wie zuvor, aber es ist nicht der Ende des Weges, unseres Weges. Er hat nur eine andere Abzweigung genommen... Schön, dass es Deinem Vater einigermassen gut zu gehen scheint, wenigstens insofern als dass er nicht in seine Sucht zurückgefallen ist. Das ist doch schon mal was. Vielleicht verletzt es ihn zu sehr, wenn er über Deine Mama sprechen "muss"? Jeder geht anders damit um... Der eine mit Aktionismus, der andere mit reden... Aber ich weiss schon, man wünscht sich nichts mehr, als mit den ebenfalls Betroffenen darüber sprechen zu können...

Ich drück Dich, Du Liebe,
bye-bye
Lella
Mit Zitat antworten
  #40  
Alt 29.08.2016, 17:54
LiebesHerz LiebesHerz ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 04.08.2014
Beiträge: 505
Standard AW: Unbegreiflich

Liebe Lella, ihr lieben anderen hier,

ich hab lange nicht mehr geschrieben, irgendwie gab es auch nichts Neues..
Nun hätte meine Mutter morgen Geburtstag gehabt.. Der erste nach ihrem Tod. Diese ersten Male sind immer nicht schön und ich spüre meine Trauer wieder deutlich. Ich treffe mich mit meinem Bruder, wir fahren zum Friedhof und danach gehen wir noch essen. Mein Vater war gestern am Telefon betrunken, ich habe ihn zwar eingeladen mitzukommen, aber ich denke nicht, dass wir ihn
morgen sehen werden. Mich macht das zusätzlich traurig, es ist halt immer das gleiche mit ihm. So gerne hätte ich eine Familie die nun fest zusammen steht, von ihm ist diesbezüglich leider nichts verlässliches zu erwarten... Man kann sich seine Sippe eben nicht aussuchen.
Ich habe Angst vor dem Tag morgen... Es ist das erste mal dass ich am Grab bin.

Lella, wie geht es Dir?
__________________
Meine Mutter:
Pankreas-Ca ED 7/2014
verstorben am 3.11.15

Immer in meinem Herzen...
Mit Zitat antworten
  #41  
Alt 30.08.2016, 11:17
Benutzerbild von Geliplie
Geliplie Geliplie ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 15.02.2013
Ort: Hessen
Beiträge: 691
Standard AW: Unbegreiflich



Liebe Jana,

ich wusste gar nicht, dass du hier einen Thread hast, dass du einen Vater mit Alkoholproblemen hast ... Wir haben uns irgendwie aus den Augen verloren. Lella, dein Tagebuch lese ich auch immer mit ... Aber ich bin nicht mehr oft hier, schon gar nicht seit Birgits Tod ...
Seid mal

Jana, bei mir werden es dieses Jahr ja schon 2 Jahre. Früher war ich so oft am Grab, mittlerweile muss ich es gar nicht mehr. Es ist ja der Friedwald und vor einem knappen halben Jahr habe ich einen Ausraster bekommen, weil "jemand" mein Grünzeug abgeräumt hatte, angeblich war es zu welk. Da hatte ich einen Heulflash und habe einfach "Plastik-Kränze" hingelegt, Laub drüber. Dann alle 3 TAge geguckt, ob das auffällt oder weg geräumt wurde. Nee, liegt heute noch. Denn eigentlich soll ja nichts an den Bäumen liegen, ich möchte aber wissen, wo die Urnen sind. Seitdem ich nicht mehr ständig gucken muss, ob die Sachen vertrocknet ist, zieht es mich immer weniger dorthin.

Ich habe jetzt nur grob drüber gelesen, habe aber auch manchmal ein schlechtes Gewissen, weil ein "Befreiungsgefühl" über mich kam damals.
Ich lebe seither, seit dem Tod der beiden, ganz anders. Freier irgendwie. Komisch.

Das mit deinem Vater stelle ich mir schrecklich vor. Ist denn da keiner in der Nähe, der mal "gucken" kann nach ihm? Die Krankheit ist schlimm, nicht berechenbar. Wie alt ist dein Vater noch gleich? Arbeitet er noch?

Ich hoffe, es ist ok, dass ich jetzt hier mitgelesen und auch mal ein Textchen geschrieben habe. ... Sonst sagt es mir.

Jana, dir alles Gute am Grab! Du schaffst das!


Eure Geli
__________________
Geli

http://www.krebs-kompass.org/showthr...t=63898&page=3
__________________
13.02.2013
06.11.2014
Mit Zitat antworten
  #42  
Alt 01.09.2016, 15:59
LiebesHerz LiebesHerz ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 04.08.2014
Beiträge: 505
Standard AW: Unbegreiflich

Liebe Geli,
Ihr lieben anderen hier,

ich kann gut verstehen, dass Du Dich freier fühlst. Mir geht es ähnlich. Es ist eines der schlimmsten Dinge eingetreten, die ich mir vorstellen konnte, was kann da noch passieren? Allerdings merke ich auch, dass die Angst davor, dass anderen lieben Menschen um mich herum etwas passiert, sehr viel größer geworden ist. Wenn mein Mann mal nicht superpünktlich nach Hause kommt, sehe ich schon einen Unfall vor meinem geistigen Auge... mein Bruder will nächstes Wochenende auf die Zugspitze wandern...auch das kann ich schwer aushalten. Insofern ist das freie Gefühl bei mir nicht ganz so ausgeprägt, aber ich weiß genau was du meinst und es ist wahrlich KEIN Grund sich zu schämen!

Und ich hab ja noch meinen Vater der mich unfrei macht...du hast gefragt, ob es jemanden gibt, der nach ihm sieht. Ja, es gibt jemanden, es gibt sogar sehr viele. Er wohnt in einer Hausgemeinschaft, die sehr eng ist und die Vermieterin die unter ihm wohnt, bringt ihm Kuchen, Blumen, bietet ihm Gespräche an... Er hat viele Freunde, die ständig bei ihm anrufen und auch viele Bekannte. Sehr viel mehr Menschen als ich und ungewöhnlich viele für sein Alter (er ist 74 Jahre).
ABER er verhält sich diesen Menschen gegenüber nicht gut, zieht sich zurück, sagt Treffen ab, lügt, ruft nicht an, geht nicht als Telefon... So war er immer schon, er hat immer ausschließlich das gemacht was er wollte, er war nie zuverlässig für uns da, geschweige denn für andere. Und von daher bin ich was meine Gefühle für ihn angeht sehr ambivalent. Erstaunlicherweise hat er sich, als meine Mutter krank wurde, einigermaßen zuverlässig gekümmert. Als sie gelb wurde, ist er allerdings volltrunken auf Radtour gefahren (alleine). Und auch als sie tot war, haben sich mein Bruder und ich alleine um alles gekümmert. Und jetzt wo sie tot ist, ist er in keinster Weise ein Ersatz oder Hilfe. Ich hätte ihn gerne dabei gehabt am Grab an ihrem Geburtstag. Es ist doch wichtig, dass man sich unterstützt! Da war ich nun in Göttingen, keine 500 m entfernt von ihm und wir haben uns an diesem Tag nicht getroffen! Man kann das alles entschuldigen und denken, dass es eben zu schmerzhaft für ihn war etc., aber er war einfach immer so und ich hätte mir eben auch mal ein wenig Stüzue von ihm gewünscht!
Nun, es ist so wie es ist und ich kann ihn nicht ändern oder ihm helfen, wenn er sich nicht helfen lassen will. Das ist eine schmerzhafte Erkenntnis, aber ich will mir mein Leben nicht kaputt machen lassen, so wie das meiner Mutter kaputt war.

Nun zum Geburtstag meiner Mutter: es war ok. Anders kann ich es nicht sagen. Ich war trauriger als sonst an dem Tag, aber das habe ich gar nicht als schlimm empfunden, eher im Gegenteil. Ich fühle mich nämlich sonst oft noch so dumpf, dass ich froh bin über jede Gefühlsregung die da mal auftaucht. Ich war mit meinem Bruder am Grab, wir haben an sie gedacht und waren danach noch essen. Es war ein schöner, sonniger, würdiger Tag. Ich brauche den Friedhof aber auch nicht so sehr. Zu Hause habe ich Fotos von ihr und da spreche ich dann oft mit ihr.
Sie fehlt mir jeden Tag. Und ich glaube, dass das auch immer so bleiben wird.

Die Beziehung zu meinem Bruder wird immer enger und schöner. Wenn es ein Vermächtnis von ihr gibt, dann dieses....

Seid alle ganz lieb gegrüßt von

Jana
__________________
Meine Mutter:
Pankreas-Ca ED 7/2014
verstorben am 3.11.15

Immer in meinem Herzen...
Mit Zitat antworten
  #43  
Alt 01.09.2016, 21:37
Kirstie Kirstie ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 15.07.2007
Beiträge: 112
Standard AW: Unbegreiflich

.... Hallo an Euch. ...ich habe soeben viele Zeilen von Euch lesen können und war ziemlich ergriffen. Es ist Wahnsinn, dass es Menschen gibt, die mir aus der Seele sprechen, obwohl man sich gar nicht kennt. Meine Ma ist im April verstorben... ich kann vieles noch nicht in Worte fassen.. aber finde mich in Euren Beiträgen wieder..

Am meisten hat mich berührt, dass "der Bruder wieder nah ist". Denn genau so ist es bei mir und meiner Schwester auch seit dem Tod meiner Ma. ...haben uns seit dem zwei mal pro Monat gesehen trotz einigen von hunderten km Entfernung..telefonieren lang..können zusammen schweigen.. Ich liebe sie so sehr und bin froh, dass wir uns wieder haben. Ich hoffe, dass ich ihr irgendwie ganz viel "zurückgeben" kann, denn sie war von uns beiden diejenige, die meine Ma all die Zeit begleitet und unterstützt hat und ihr in den letzten Stunden versucht hat, alles zu geben. ...

Vielen Dank, dass Ihr Eure Gedanken & Gefühle hier offenbart. ...gibt einem ein tröstendes Gefühl...
Mit Zitat antworten
  #44  
Alt 04.09.2016, 08:46
LiebesHerz LiebesHerz ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 04.08.2014
Beiträge: 505
Standard AW: Unbegreiflich

Liebe Kirstie,

erstmal mein tiefes Mitgefühl für den Verlust Deiner Mutter...
Ich glaube, alle die hier schreiben, verstehen was man durchmacht und das ist genau das tröstliche an diesem Forum. Wer es nicht erlebt hat, kann nicht wirklich verstehen und das ist ja auch ok.

Schön, dass du deiner Schwester wieder näher bist. Ich glaube, es wird einem einfach bewusst, dass nichts selbstverständlich ist und wie wertvoll,es ist, sich zu haben. Ich habe vieles für selbstverständlich gehalten. Dass meiner Mutter sowas passiert, hätte ich NIE gedacht. Sie hatte zwar schon Brustkrebs, aber der wurde sehr früh erkannt und war denke ich auch geheilt. Aber Bauchspreicheldrüsenkrebs? Niemals! Nun ist sie nicht mehr da und ich kann es irgendwie immernoch nicht glauben.

Dieses Loch, diese Leere; ich glaub, das wird immer bleiben.
Ich war überrascht, wieviele ältere Frauen, die ihre Mutter in wirklich gesegnetem Alter verloren hatten, mir bei der Beerdigung damals gesagt haben, wie sehr sie ihre Mutter immernoch vermissen würden und wie schwer es auch für sie ist. Ich denke, es ist eben keine Frage des Alters oder des zeitlichen Abstandes zum Verlust; eine Mutter ist und bleibt eine Mutter und ist eben unersetzbar!

Alles Gute für Dich und alle hier!

Jana
__________________
Meine Mutter:
Pankreas-Ca ED 7/2014
verstorben am 3.11.15

Immer in meinem Herzen...
Mit Zitat antworten
  #45  
Alt 27.09.2016, 08:46
LiebesHerz LiebesHerz ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 04.08.2014
Beiträge: 505
Standard AW: Unbegreiflich

Hallo an alle,

ich sitze gerade im Zug und fahre zum Brust MRT.
Ich habe viele fibroadenome und eine schlecht zu kontrollierende Brust, daher fahre ich alle ein bis zwei Jahre zum MRT. Immer fährt ein schlechtes Gefühl mit. Warum habe ich kein Vertrauen in meinen Körper? Bin ein richtiger Hypochonder geworden. Diese Ängste um mich um um andere machen mir das Leben wirklich schwer und ich finde selten da raus.
Aber es gibt auch schöne Neuigkeiten: bei meiner Freundin mit dem Ovarial- CA ist auch nach zwei Jahren Vorsorge alles in Ordnung!
Und mein Vater ist derzeit auch stabil, er will mich nach der Untersuchung abholen und mit mir eine neue Brille für ihn aussuchen. Mein Bruder kommt auch noch dazu, ist also ein richtiges Familientreffen.. Nur eine fehlt....
Sie hatte auch immer so Angst vor Mammograpfei etc.... Hätte ja auch Brustkrebs.
Wird schon alles gut sein... Hoffe ich...

Liebe Grüße von der Angsthasen -Jana
__________________
Meine Mutter:
Pankreas-Ca ED 7/2014
verstorben am 3.11.15

Immer in meinem Herzen...
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 14:25 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55