Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Hinterbliebene

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #16  
Alt 21.07.2014, 12:11
Benutzerbild von little_mermaid
little_mermaid little_mermaid ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 25.02.2013
Beiträge: 98
Standard AW: Wenn man die Augen zumacht, klingt der Regen wie Applaus

Hallo Luisa,

ich habe deinen Thread verfolgt und ich kann alles gut nachvollziehen. Auch ich kann nur bestätigen, dass die Trauer in verschiedenen Phasen verläuft, eine festgelegte Route gibt es nicht. Finde deinen Weg und lasse ihn zu. Auch ich kenne die Momente der unendlichen Wut auf die Welt und das Schicksal (Warum er? Warum dürfen die anderen Familien alle zusammen in Berlin herumlaufen, wo Papa Berlin so geliebt hat etc.?)

Mein Papa ist vor einem Jahr und knapp 2 Monaten nach nur drei Monaten nach der Diagnose auch mit 54 gestorben und manchmal ist es für mich auch immer noch völlig unbegreiflich und surreal. Ich erwarte immer, ihn am Telefon zu hören, eine Mail von ihm zu bekommen etc. Die ersten Monate habe ich im Rückblick alles verdrängt, meine BA-Arbeit stand an, irgendwie zog ich sie mit nur vier Wochen Verlängerung durch (wie ich das mit diesem guten Ergebnis geschafft hab kurz nach Papas Tod weiß ich bis heute nicht), ich hatte noch einen blöden Freund an der Backe, der mich statt mich emotional und tatkräftig zu unterstützen mit seinen eigenen Problemen überhäuft hat (den bin ich los, zum Glück!), meine Mutter zog kurz nach dem Tod meines Vaters aus unserer Heimatstadt weg in ihre alte Heimatregion, da sie die große Wohnung nicht ertrug. Also auch noch riesen Umzug, Auflösen des ganzen Kindheitslebens... Alles immer mit 500 Kilometer pendeln zwischen Bayern und Berlin, Studium, Arbeit dazwischen...irgendwie alles am laufen halten! Seitdem habe ich keine richtige Ruhephase gehabt. Jetzt in einer neuen Partnerschaft und mit dem Masterstudium in halbwegs trockenen Tüchern habe ich das Gefühl, dass die Trauer wieder stärker wird bzw. in vielen Momenten erstmal richtig rauskommen "darf".

Falls du Lust hast dich einmal auf einen Kaffee in Berlin zu treffen schreibe mir doch eine PM.
__________________
Mein Papa (54): Ende Februar 2013 Diagnose CUP-Syndrom mit Metastasen im ganzen Körper. Drei Chemos. Am 16.05.2013 in den Armen meiner Mutter verstorben. Papa, wir lieben dich!!

http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=58546
Mit Zitat antworten
  #17  
Alt 23.07.2014, 11:04
CatLove89 CatLove89 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 13.03.2014
Ort: Nordhessen
Beiträge: 123
Standard AW: Wenn man die Augen zumacht, klingt der Regen wie Applaus

Liebe Luisa,

ich kann dich so gut verstehen! Weiß dennoch nicht, was ich sagen bzw schreiben soll, um dich aufzubauen. Es gibt keine tröstenden Worte für so einen Verlust, das Gefühl habe ich zumindest immer. Die Standard-Sätze wie "Er muss jetzt nicht mehr leiden", "Für ihn ist es so besser", "Die Zeit heilt alle Wunden"... kann man irgendwann nicht mehr hören!

Ich wünsche dir weiterhin viel Kraft, um mit diesem schrecklichen Verlust, umgehen zu können.

Ich denke an dich und schick dir eine
catlove
__________________
Mein Papa, geboren in 1958, für immer eingeschlafen im Mai 2014

Die Erinnerung ist ein Fenster durch das ich dich sehen kann, wann immer ich will. (Verfasser unbekannt)
Mit Zitat antworten
  #18  
Alt 11.08.2014, 23:29
Benutzerbild von LSN
LSN LSN ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 10.06.2011
Beiträge: 81
Standard AW: Wenn man die Augen zumacht, klingt der Regen wie Applaus

Ich wollte hier nicht mehr in den Betroffenen-Foren lesen. Und doch erwische ich mich immer wieder dabei. Es tut mir so Leid, für all die lieben Menschen dort.

Wenn man das alles selbst miterlebt hat und man genau weiß, was wann kommt, wie machtlos man sein wird, obwohl man zwei Tage zuvor noch voller Hoffnung war. Verdammt.

Ein Angehöriger hat mich wütend gemacht. Schrieb er doch "... wenn der Partner betroffen ist, ist das viel schlimmer, als wenn die Eltern an Krebs sterben. Denn das ist naturgegeben und normal. Die Eltern sterben nunmal vor den Kindern."
Ist das so, ja? Es leben doch aber auch noch meine Großeltern - die Eltern meines Papas. Und was heißt schon "naturgegeben"? Der Tod ist immer naturgegeben. Aber doch nicht mit 54. Also sei still.

Wie auch immer, das hat mich grad aufgeregt.

Ansonsten leider alles beim Alten. Ich lege jetzt ein "Urlaubssemester" ein. Nicht wirklich, da ich meine Doktorarbeit schreibe. Aber ich habe doch mehr Zeit zum durchatmen, als wenn ich täglich von 7-21 Uhr in der Uni hocke. Ich brauche das mal, ich habe Angst mich sonst noch mehr zu verlieren.

Weinen, Wut, Erschöpfung, Schlaflosigkeit, Grübeln ... das alles ist nicht weniger geworden. Auch nicht erträglicher.

Es ist echt Wahnsinn. Seit meinem Abi führte ich dieses Krebsleben. Mein Papa war mehr als je zuvor mein Leben. Der Dreh- und Angelpunkt. Alles stand hinten an.

Ich habe jeden Tag auf amerikanischen Internetseiten die neuesten Forschungsberichte gelesen, Krankenhäuser kontaktiert, Ärzte angerufen, Medikamentenberichte angeschaut. Bis spät in die Nacht rein. Jeden Tag. 3 Jahre lang. Vielleicht hat uns das ein paar weniger Nebenwirkungen und vielleicht sogar mehr Tage Leben geschenkt. Vielleicht war es auch sinnlos. Aber egal was davon stimmt, ich habe es so so so gern getan. Ich habe gebetet, unendliche Male. Glaube an keinen Gott, aber trotzdem. 3 Jahre lang habe ich Papas Krebsleben geführt. Mit ihm zusammen, mit Mami zusammen, immer wir 3.

Und nun diese endlose Leere, die nichts zu füllen scheint. Papa weg. Das Krebsleben weg. Auch wenn es alles andere als schön war, so hat es mich doch ausgefüllt. Es fällt mir schwer, wieder MEIN Leben zu führen.

Alles fällt so schwer.
Mit Zitat antworten
  #19  
Alt 12.08.2014, 07:47
Benutzerbild von fraunachbarin
fraunachbarin fraunachbarin ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 04.11.2010
Ort: ulmer ecke
Beiträge: 1.150
Standard AW: Wenn man die Augen zumacht, klingt der Regen wie Applaus

Liebe Luisa..
diese Leere, die Du jetzt fühlst, ist eine Trauerphase, die fast jeder Hinterbliebene von Krebskranken durchlebt. Ich hatte diese Zeit auch. Da ich bei meiner Mami 12 Tage rund um die Uhr bei ihr war bis sie ging, wußte ich anfangs gar nichts mit mir anzufangen. Gut, das ganze, was dann nach dem Tod zu erledigen ist, hat mich abgelenkt, aber danach kam das große Loch.
Es ist gut, wenn Du Dir nun etwas Zeit für Dich nimmst. Die Krebszeit hat viel von uns abverlangt und das Erleben des Sterbens unserer Lieben verbraucht enorm viel Kraft.
Leb auch diese Leere aus, doch versuch sie auch mit etwas zu füllen, was Dir gut tut.
Ich wünsche Dir ganz viel Kraft und auch Ruhe dazu.
Liebe Grüße von Tine
__________________
MISS YOU MAMA
24.02.1944-15.10.2012
Mit Zitat antworten
  #20  
Alt 12.08.2014, 19:47
Benutzerbild von Gina79
Gina79 Gina79 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 15.01.2012
Beiträge: 846
Standard AW: Wenn man die Augen zumacht, klingt der Regen wie Applaus

Liebe Luisa! Auch ich wünsche dir ganz viel Kraft und wünsche dir dass (wenn auch langsam) wieder ein bisschen Freude und Sonne in dein Leben tritt! Ich wünsche mir das auch für mich!
ICh komme auch mit so vielen Dingen noch immer nicht zurecht und fühle ebenfalls oft diese Leere.
ICh gebe dir in all deinen Zeilen recht, es fällt wirklich ALLES schwer!

Alles Liebe!
__________________
Mein Papa: Kleinzelliges Bronchialkarzinom
Diagnose am 21.12.2011
am 23.2.2013
Mit Zitat antworten
  #21  
Alt 12.09.2014, 01:12
Benutzerbild von LSN
LSN LSN ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 10.06.2011
Beiträge: 81
Standard AW: Wenn man die Augen zumacht, klingt der Regen wie Applaus

Irgendwie geht es weiter, das versuche ich mir bewusst zu machen. Es muss weitergehen.
Ich stecke mitten in meiner "Semesterpause" und demnach mitten in der Einarbeitungsphase meiner Doktorarbeit. Das klingt so reif, erwachsen. So als würde ich mitten im Leben stehen. Dabei gelingt es mir nur ab und an ein paar wacklige Schritte nach vorne zu wagen, nach vorne ohne meinen Papa.
Und am nächsten Tag fühl ich mich wieder wie ein kleines wehrloses Kind, mitten im Krieg des Lebens.
Ich kann den Verlust und eine Zukunft ohne ihn nicht akzeptieren. Das Wort "Zukunft" klingt so fremd. Aber ich versuche das alles ungewollt in mein Leben zu integrieren. So als schleppe ich etwas mit mir herum, was ich nie tragen wollte.
Ich weiß, dass ich nie wieder so unbeschwert sein werde, dass es nie ein Weihnachten, einen Geburtstag, ein tolles Ereignis geben wird, an dem er nicht fehlt. Es wird immer alles traurig sein, egal wie schön es vielleicht in dem Moment erscheint.
Meine Mama ist sehr stolz, mehr als das, dass ich den Mut und die Kraft habe mich in die Promotion zu stürzen. Aber sie macht es mir ja vor. Sie ist genauso mutig und genauso stark. Sie ist eigentlich genau wie ich. Das macht vieles einfacher. Ich liebe sie unendlich. Sie ist das einzige, das ich noch habe und ich versuche sie wie einen Diamanten zu beschützen. Ich bete jeden Abend, dass das Schicksal bei uns genug um sich geschlagen hat. Mama muss uralt werden.
Aber ich rede nicht gern von Mut oder Kraft, ich stürze mich da eigentlich eher rein, um vor dem Ganzen etwas zu fliehen. Auch Mama weiß das. Aber sagen tut es niemand.
Neben den ganzen Recherchen zur Doktorarbeit, versuche ich abends mit anderer Lektüre abzuschalten.
Vor einiger Zeit bin ich auf das Buch "Sechs Jahre" von Charlotte Link gestoßen.
Habe lange mit mir gerungen, es dann doch gekauft und innerhalb von zwei Abenden regelrecht verschlungen.
Es spiegelt wirklich alles genauso wieder, wie es abgelaufen ist. Dieses Krebsleben. Eigentlich hat mich jedes Wort zerrissen, aber ich konnte nicht aufhören zu lesen. Diese unglaubliche Stärke, das Verliebtsein im Leben, die Liebe zur Familie, der Zusammenhalt. Das hat mir richtig Angst bereitet, so sehr habe ich mich darin wiedergefunden. Und vor allem meinen Papa habe ich dort wiedergefunden. Er hat mit genau der gleichen Würde sein Schicksal ertragen, nie gejammert, nie aufgegeben. Jede Diagnose mit Fassung getragen. Ich kann mir nicht erklären, wie er unter den Umständen so irre, fast abartig stark sein konnte.

Ahhhhhhh, ich könnte schreien.
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 19:42 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55