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  #1  
Alt 04.03.2010, 17:36
suri12 suri12 ist offline
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Standard AW: Helft mir bitte nochmal

Aber jetzt frag ich mich: vergeben wir da nicht eine Chance, wenigstens seelisch etwas gegen den Krebs zu machen? Oder, wenn man schon sagt, wir geben auf und machen nichts - waere es dann nicht wichtig, mal ueber den Tod zu reden?

Denn so wie es jetzt aussieht, will sie ein paar freundliche Besuche, viel schlafen und dann weg sein. Aber speziell fuer ihr Kind waer doch wichtig, dass man ein paar Vorbereitungen fuer die Zeit DANACH trifft, oder?

Hallo Veranda,

ich finde das super, dass du dir so viele Gedanken um eure Freundin machst, aber hier gehst du vielleicht doch ein wenig zu weit: Kannst du auch nur annähernd erahnen, wie es in eurer Freundin aussehen mag mit solch einer Diagnose? Wie tief der Schock sein muß, unter dem sie steht? Um nicht total zusammenzubrechen muß sie nach außen hin alles aufrechterhalten, was auch nur halbwegs nach Normalität aussieht. Es ist ihr Geländer, an dem sie sich entlanghangelt. Tag für Tag. Kennst du ihre Gefühle ihr Kind betreffend? (Ich weiß nicht wie alt es ist.)

Du hast gar kein Recht mit ihr über ihren Tod zu sprechen. Wenn sie - in einigen Wochen oder Monaten - vielleicht so weit ist, darüber sprechen zu können und zu wollen, dann ist es okay.

Wenn jemand mit mir über meinen möglicherweise bevorstehenden Tod sprechen würde, obwohl ich ihn dazu nicht aufgefordert habe, egal ob guter, langjähriger Freund, ich wäre entsetzt über seine Brutalität. Ich glaube, diesen Menschen würde ich nie wieder sehen wollen.

Vielleicht befindet sich eure Freundin noch in der Phase der Verdrängung. Dazu hat sie ein Recht, egal wie lange diese Phase dauern mag.Es ist doch ihr Leben, ihre Erkrankung, ihr Leidensweg, und möglicherweise ihr Sterben und ihr Tod.

Auch wenn du es gut meinst: Es muß ihr so vorkommen, als hättest du sie schon abgeschrieben. Bitte denke immer darüber nach, wie es dir in so einer furchtbaren Situation gehen würde. Vielleicht würdest Du auch viel schlafen und nur freundliche Besuche haben wollen, weil du deine Realität nicht aushalten kannst.

Eure Freundin geht einen einsamen Weg. Worte können helfen, trösten, heilen. Sie können aber auch unendlich verletzen und die innere Einsamkeit der Kranken noch erhöhen. Bitte sei barmherzig mit ihr.

Liebe Grüße,

Suri
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  #2  
Alt 04.03.2010, 20:56
Andorra97 Andorra97 ist offline
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Standard AW: Kein Idiot sein und nicht nerven

Hm, ich sehe das ein bisschen anders, weil ich es schon anders erlebt habe. Meine beste Freundin ist auch an Krebs gestorben (innerhalb von 4 Wochen nach der Diagnose) und wir haben lange und ausführlich über alles gesprochen, was ihre Kinder und ihren Mann anging. Sie hat quasi noch jedem ihrer Freunde die "Aufgaben" zugeteilt, die sie sich vorgestellt hat.

Auch mit meinem Mann habe ich schon "alles" besprochen, was es zu besprechen gibt. Dabei geht es ihm ja momentan ganz gut. Aber ich musste wissen, was er sich vorstellt bezüglich der Zukunft unserer Kinder und auch seiner eigenen Zukunft, für den Fall, dass er sich selbst nicht mehr äußern kann.

Ich halte das schon für wichtig, dass man das Gespräch sehr offen sucht. Natürlich darf man sie nicht bedrängen, aber ich persönlich hasse es mehr, wenn Freunde so tun, als sei gar nichts, wenn sie zu uns kommen. Das hat etwas von Vogel-Strauß-Politik. Stecken wir alle mal kurz den Kopf in den Sand, dann ist vielleicht alles nicht so schlimm.

Wenn es aber doch so schlimm ist, wie Veranda schreibt, und die Freundin eben vermutlich gar keine Wochen oder Monate mehr hat? Dann würde ich schon in irgendeiner Weise versuchen auf eine andere Gesprächsebene zu kommen. Wenn sie dann deutlich macht, dass sie das nicht wünscht, dann hat man es versucht.
__________________
Einen schönen Tag wünsche ich euch!
Nicole

Mein Mann: NHL Diagnose 31.10.2007 / Glioblastom Diagnose 31.10.2008
Zur Zeit geht es uns gut.

Geändert von Andorra97 (04.03.2010 um 20:59 Uhr)
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  #3  
Alt 04.03.2010, 22:26
Veranda Veranda ist offline
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Hi all,


th@nxx fuer Eure Antworten!
Ich moechte, dass Ihr wisst, dass ich mich wirklich nach Euren Tipps richte. Wenn man nicht direkt betroffen ist, kommt man halt auf bloede Ideen...
Auch wenn die Situation jetzt ne andere als am Anfang ist, werd ich also weiterhin nichts zu ihr sagen und einfach schaun, ob sie irgendwann von selber damit ankommt. Ich versteh es sogar ein bisschen - Ratschlaege sind halt auch Schlaege.

Was mich so verrueckt macht, ist, dass die "normale" Behandlung auf so viele Hindernisse stoesst, da sucht man eben nach irgendeinem anderen Ansatzpunkt.

Vielen Dank jedenfalls fuer die klaren Worte. Aeh, meine Frau hatte genau dasselbe gesagt - dass ich mich ja zurueckhalten soll - aber *raeusper* ich hab ihr natuerlich nicht geglaubt...

Also nochmal: danke. Unsre Kranke hat uebrigens nun mehrfach Blutkonserven und Cortison gekriegt, und beides tut ihr offensichtlich gut. Ich werd sie halt weiterhin besuchen und mit ihr harmlos rumbloedeln, dass kann ich wenigstens. Und das nervt sie nicht: sie schmeisst einen in aller Ruhe raus, wenn sie keinen Bock mehr hat ("Du darfst ja wieder kommen").

Und ein Geschenk fuer werd ich organisieren, mit allen Freunden zusammen. Muss meinen Aktionismus ja irgendwohin ableiten...

Ausserdem glaub ich immer noch, dass sie wieder wird. Ich werd in diesem Thread schreiben, wie es weitergeht.

Gruesse an alle,
Veranda
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  #4  
Alt 05.03.2010, 15:41
Stefans Stefans ist offline
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Standard AW: Helft mir bitte nochmal

Zitat:
Zitat von suri12 Beitrag anzeigen
Aber jetzt frag ich mich: vergeben wir da nicht eine Chance, wenigstens seelisch etwas gegen den Krebs zu machen?
Gibt es da ein "wir"? Es gibt jemanden, der am Krebs sterben wird. Und viele andere in seinem Umfeld, die weiterleben dürfen - und auch irgendwie mit ihrer Ohnmacht klarkommen müssen. Und die, finde ich immer, sollten sich sehr genau überlegen, was (bzw. wen) sie eigentlich meinen, wenn sie "wir" sagen.

Zitat:
Du hast gar kein Recht mit ihr über ihren Tod zu sprechen.
(...)
Wenn jemand mit mir über meinen möglicherweise bevorstehenden Tod sprechen würde, obwohl ich ihn dazu nicht aufgefordert habe, egal ob guter, langjähriger Freund, ich wäre entsetzt über seine Brutalität. Ich glaube, diesen Menschen würde ich nie wieder sehen wollen.
Kommt immer drauf an, denke ich. Mit meiner Frau habe ich, als klar war, dass sie sterben muss, rechtzeitig alles geregelt, was zu regeln war. Ich habe Freunde, die würde ich in diesem Fall sofort direkt darauf ansprechen. Andere vorsichtig, andere gar nicht.

Mir z.B. darf jeder alles sagen, immer. Wenn ich es nicht hören will, mache ich das schon ganz unmissverständlich klar. Ich würde eher Leute nicht mehr sehen wollen, bei denen ich spüre, dass ihnen was auf der Seele / Zunge liegt, sie sich aber nicht trauen, es auszusprechen.

Aber so unterschiedlich ist das eben. Weswegen Veranda hier auch keine "guten" Tipps bekommen kann. Weil nur er uns besagte Freundin wissen, wie sie am besten miteinander umgehen.

Viele Grüße,
Stefan
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  #5  
Alt 05.03.2010, 17:50
Veranda Veranda ist offline
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Hi all,

was mir auffaellt: wenn jemand so krank wird, gibt es sofort drumrum das "WIR" - womit sich meist die Leute drumrum selber meinen, und "die Kranke".
Als wuerde ein Mensch, der krank wird, irgendwie sofort nicht mehr dazu gehoeren.
Ich muss selbst grad erst raffen, dass ich da funktionier wie ein Karibu in seinem Rudel, das kranke Wesen wird gleichmal ausgegrenzt. Und dann wird die eigene Ohnmacht und das Zusehn-Muessen an der Kranken abreagiert.

Das haett ich ohne das Forum aber gar nicht bemerkt und wahrscheinlich auch noch die Beziehung zu unsrer Freundin gekillt (und die zu meiner Frau sehr belastet, die beiden sind echt wie Schwestern). Ich platz zwar bald vor unterdruecktem Helfersyndrom, aber die Freundschaft hat nix abgekriegt.
Insofern war und bin ich froh, dass es das Forum gibt. Thnx

Veranda

P.S. ich schreib immer meine Kuerzel, sorry, is Gewohnheit
Thnx, th@nxx = Danke
:-X bedeutet nen zugeklebten Mund
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  #6  
Alt 05.03.2010, 22:13
suri12 suri12 ist offline
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Standard AW: Kein Idiot sein und nicht nerven

Lieber Veranda,

jetzt möchte ich dir doch mal ein dickes Kompliment machen: Ich finde es super, wie du dein Verhalten reflektierst und ich kann so gut verstehen, dass du dich nicht einfach mit einer Situation abfinden möchtest. Nach dem uns anerzogenen Motto: Da muß man doch was tun... Auch deine Anteilnahme am Schicksal eurer Freundin rührt mich sehr.

Ja, jeder Mensch ist anders, reagiert anders. Was für den Einen genau richtig ist, bedeutet für den Anderen eine Verletzung seiner Intimsphäre.

Ich persönlich komme am besten mit Menschen zurecht, die in der Lage sind, über ihre Gefühle zu reden. Aber nicht jeder kann oder will das. Dann muß ich akzeptieren, dass es mit diesen Personen keine tieferen Gespräche geben kann.

Ich glaube, dass aufrichtiges Interesse, Anteilnahme und Einfühlungsvermögen dir die richtigen Worte geben, um mit eurer Freundin richtig umzugehen. Ich bin sicher, du schaffst das, denn du gehörst zu ihren guten Freunden, die sich viele Gedanken um sie machen.
Und wenn dann mal ein Satz nicht ganz gelingt spürt sie trotzdem, du meinst es wirklich gut mit ihr.

Liebe Grüße,
Suri
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  #7  
Alt 09.03.2010, 14:56
Stefans Stefans ist offline
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Beiträge: 426
Standard AW: Grenzen :-X

Zitat:
Zitat von Veranda Beitrag anzeigen
wenn jemand so krank wird, gibt es sofort drumrum das "WIR" - womit sich meist die Leute drumrum selber meinen, und "die Kranke".
Als wuerde ein Mensch, der krank wird, irgendwie sofort nicht mehr dazu gehoeren.
So negativ sehe ich das nicht. Bei dem "wir" geht es m.E. nicht um Ausgrenzen - sondern einfach darum, dass jeder Mensch erstmal nur das wirklich be-greifen kann, was er selbst mal so oder ähnlich erlebt hat und daher unmittelbar nachfühlen kann.

Als meine Frau todkrank war, ist mir der Umgang mit ihr nicht schwer gefallen. Wir waren seit über 20 Jahren zusammen, kannten uns gegenseitig in- und auswendig und waren uns recht ähnlich. Nicht schwer, so jemanden zu verstehen und seine Wünsche zu respektieren. Ich habe aber auch Freunde, die ich ebenfalls seit 25 Jahren kenne... und bei denen ich ratlos "wie das Schwein vorm Uhrwerk" stehen würde, wenn sie plötzlich todkrank wären.

Und dann wird's schwer. Besonders, wenn der Kranke nicht "Klartext reden" möchte.

Viele Grüße,
Stefan
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  #8  
Alt 10.03.2010, 18:49
Mariesol Mariesol ist offline
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Beiträge: 1.280
Standard AW: Kein Idiot sein und nicht nerven

Ein erkrankter Mensch kommt an seine ganz persönliche Grenze...diese kann ganz unterschiedlich gesteckt sein.
Mein Vater hat unterschiedliche Phasen durchlaufen...verdrängen,verhandeln...einen Deal mit den Göttern machen ( wenn ich noch wenigstens...dann werde ich auch!)
verzweifeln, annehmen, in sich selbst zurückziehen, akzeptieren,Abschied nehmen. Aber er selbst hat nie vom sterben gesprochen. Obwohl er z.B. sagte wo er gene begraben sein will und auch wie er seine Trauerfeier gestaltet haben möchte. Dieses Gespräche klangen jedoch eher beiläufig...ich hätte niemals gewagt selbst aktiv übers Sterben zu sprechen.
Bei meiner Freundin war es ganz anders...sie wollte übers Sterben reden und hat auch sehr aktiv alles geregelt, was ihr Kind und alles drum herum betraf.
So sind Menschn unterschiedlich und wir können nur liebevoll begleiten.

Mariesol
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