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  #1  
Alt 14.12.2013, 12:45
a_nna a_nna ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Zitat:
ihre begleitung auf deinem weg ist nun beendet, aber dein weg geht weiter.
das ist vielleicht der Grund, weshalb Frauen und Männer "im Durchschnitt" jeweils anders an Trauer herangehen bzw. dies anders kommunizieren. Ohne viel zu grob zu verallgemeinern: Ihr Frauen könnt aus unserer Sicht bestimmte Sachen leichter abhaken, an denen wir Männer uns bis zur Besinnungslosigkeit aufreiben. Aber wenn wir den Knoten gefunden haben, trägt uns die Lösung auch weiter.

Die Frage nach dem Sinn ist eine sehr rationale, typisch männlich.
Frau hätte sich gefragt: "hat er / sie meine Liebe überhaupt noch wahrnehmen können" - emotionaler. Womit man keinem der beiden Geschlechter Gefühlskälte oder emotionales Chaos mit Selbstaufgabe unterstellen kann.

Aber, ich bezweifle sehr, dass die Begleitung von Hermann durch seine Frau beendet ist. Wie ich lese, ist sie weiterhin bei ihm und beschäftigt ihn. Seine Eingangsfrage nach dem Sinn stellt er aus Sicht seiner Frau, ob "ein Leiden für sie Sinn gemacht habe". Somit ist sie weiterhin bei ihm.

Das kann nicht zur Frage führen, ob sein weiteres Leben Sinn mache. Natürlich macht es Sinn, sonst wäre er im Tod vielleicht wirklich allein. Das sich da "oben" alles wieder vereine ... ist nicht erwiesen. Dass Du aber hier im Sinne von Verstorbenen fühlen/denken/handeln kannst und sie in Deinen Alltag einbeziehst, kennst Du vielleicht selbst.

Geändert von a_nna (14.12.2013 um 12:47 Uhr)
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  #2  
Alt 14.12.2013, 14:11
Geske Geske ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Zitat:
Zitat von a_nna Beitrag anzeigen
Die Frage nach dem Sinn ist eine sehr rationale, typisch männlich.
Frau hätte sich gefragt: "hat er / sie meine Liebe überhaupt noch wahrnehmen können" - emotionaler. Womit man keinem der beiden Geschlechter Gefühlskälte oder emotionales Chaos mit Selbstaufgabe unterstellen kann.
Guten Tag,
a nna
das ist m. E. auch nur Spekulation, bei mir trifft diese Aussage nicht zu. Er "hat meine Liebe wahrnehmen können", dass habe ich gespürt und darüber würde ich auch nicht spekulieren. Es kommt ja darauf an, wie gut sich die beiden Partner auch vorher nonverbal verstanden haben.

Zitat:
Seine Eingangsfrage nach dem Sinn stellt er aus Sicht seiner Frau, ob "ein Leiden für sie Sinn gemacht habe". Somit ist sie weiterhin bei ihm.
diese Frage ist allgemein gültig, und jeder kann sie nur aus seiner eigenen Sicht beantworten. Allerdings zielt sie auf eine Sache, die auch mich eigentlich immer noch umtreibt: wenn es eigentlich schon offensichtlich ist, dass der Partner nicht mehr lange leben wird, dann setzt m.E. ein stark ausgeprägter Verdrängungs-Mechanismus ein, der zu dem Ergebnis für: dass er/ sie jetzt stirbt, das kann nicht sein. Und hier liegt m.E. auch die Schwachstelle in der Begleitung eines sterbenden Partners, man will ihn hier behalten und wischt damit automatisch andere, vielleicht sinnvollere Gedanken "vom Tisch".
Beste Grüße
Geske
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  #3  
Alt 14.12.2013, 16:11
hermannJohann hermannJohann ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Hallo an Alle,
vielen Dank für Eure Beiträge. Die Frage nach dem Sinn ist für mich nicht primär rational. Es gab in diesem Jahr Zeiten, da wollte meine Frau aufgeben und sich töten, einmal bat sie mich sogar, sie zu töten. Dann gab es wieder Zeiten, da wollte sie nicht sterben, sondern kämpfen. Das aber war sinnlos. Sie sagte dann auch, sie wolle leben, aber nicht unter diesen Bedingungen. Ich würde nach diesen Erfahrungen nicht mehr kämpfen. In einem anderen Beitrag habe ich von Lebensmüdigkeit gesprochen. Ich will mich nicht umbringen, aber es ist auch nicht so, dass ich unbedingt alt werden will.
mit besten Grüßen
Hermann
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  #4  
Alt 14.12.2013, 19:28
a_nna a_nna ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

@ Geske
Trotzdem ist ja die Kommunikation zwischen Partnern in einer solchen Ausnahmesituation (gegen die Zeit, gegen Wirkungen der Krankheit, Medikamente und Therapie sowie Angst) schwerer als sonst. Zum Set der Angebote in onkologischen Abteilungen gehört inzwischen die Ehe-/Partnerberatung genauso wie die Sozial- und Ernährungsberatung.

Mir hat nach der Reise zum Regenbogen eine Beraterin erläutert, die Trennungsquote in ihrem Beritt betrage um 64 % nach der Diagnose. Ungefähr die Hälfte durch die Erkrankten selbst, die sich zurückzögen aus Scham, Angst vor Veränderungen durch OP / Chemo usw.; und dem Wunsch, Niemandem zur Last fallen zu wollen. Man könne keinesfalls sagen, da habe vorher schon etwas nicht gestimmt.

Es sei ein Rätsel, weshalb die Kommunikationsmuster so auseinanderfielen. Männer als Erkrankte wollten für sich sein und legten sehr Wert auf Struktur ohne Störungen. Frauen betonten mehr die emotionalen Aspekte und erhebliche Angst vor Veränderungen, die von aussen sichtbar seien. ("Haarausfall", Gewichtsabnahme usw.)

Ich denke mir, es kommt ganz wesentlich auf diesen kleinen Moment, in dem eine Diagnose überbracht wird, und die (spontane) Vereinbarung beider Partner miteinander an ("der deal"). Da kommunizieren beide sehr direkt über Ein und Dasselbe.

Später in der Trauerphase kommt es nach meiner Erfahrung - auch das Forum ist voll von Schilderungen - zu ganz anderen Auffassungen zu der Kernfrage, ob die Verbindung zu einem Partner abrupt abgerissen ist, oder ob sie noch weiter besteht. Und da bleibe ich bei, dass Männer anders als Frauen verarbeiten und trauern. Das ist auch eine Frage der Reife, insbesondere in welchem Lebensalter Tod und Trauer eintritt. Was nutzen mir nach dem Tod die gemeinsamen Erlebnisse durch dick und dünn ... ausser dem vagen Gefühl einer zukünftigen Soloveranstaltung.

Ich will nicht ergeben "dankbar sein" ... etwa für den Tod ? Gefolgt von einer Erklärung der "Erlösung" ? Im nächsten Schritt sprechen wir dann aufbäumend von "Gerechtigkeit" um uns darüber hinweg zu trösten, "das Liebe nicht ewig währt" ? Es ist doch aber das überwiegende Bestreben der Trauer, ganz persönlich festzuhalten und die Liebe (weiterhin) zu leben. Wenn denn "die Begleitung durch den/die Vorstorbenen auf dem gemeinsamen Weg beendet ist" - stünden Hinterbliebene abrupt noch ein zweites Mal ganz allein. Das ist so, als wenn man Jemandem die Pistole reicht, damit er sich erschiessen kann. Ich möchte da keinen situativen Sadismus unterstellen. Darum ziehe ich mich auf die Geschlechterrolle zurück und erkläre mir die Haltung durch einfach gänzlich unterschiedliche Trauermuster.

@ hermann
> In einem anderen Beitrag habe ich von Lebensmüdigkeit gesprochen.

ich las Deine "Bilanz" und danach diesen Beitrag als thematische Fortsetzung. Im ersten Beitrag äussertest Du, Deine Angehörigen lebten bereits ihr Leben und Du seiest quasi "über". Danach hier die Sinnfrage nach Deinem weiteren Überleben.

"Schön, und jetzt mal ganz ruhig nochmal durchlesen", dachte ich. Du weisst schon, was Du damit - auch Dir - antust ? Auch hier bleibe ich dabei, Du kannst Euch beiden nur helfen, wenn Du bleibst und Eure Verbindung weiter lebst. In Deiner Bilanz fehlt ein ganz wesentlicher Teil. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Du so ganz gefühllos durch Deine Angehörigen verabschiedet würdest. Du hast glaube ich eine Tochter (?).

Vieles Unterschwellige habe ich erst nach dem Tod kennen gelernt. Allein damit zu stehen, Kinder und Restfamilie, die sich der Teilnahme an Beerdigung und Gottesdienst verweigert, dazwischen vor der Tür zu stehen im Glauben, die Wohnung durchsuchen und ausräumen zu können. Dann die persönliche Habe auf der Straße vor dem Haus wieder zu finden, die "wertvollen" Dinge natürlich mitgenommen. Wie die Wölfe.

Denen habe ich aber auch zu verdanken, dass ich durch ihr Verhalten Trauer als "offenen Prozess" :-)) erlebt habe und gar nicht zur Ruhe kam, um zu grübeln.

Aber da gibt es am Rand noch einen Angehörigen, der uns sehr nahe steht, sich zurückgehalten hat und von dem ich weiss, dass es ihn sehr mitgenommen hat. Obwohl wir noch keine Gelegenheit für ein Gespräch hatten. Im Verhältnis 7:1 ist mir dieser eine Angehörige auch für meine Frau mehr Wert, als die 7. Die Hoffnung stirbt zuletzt und ich weiss, es wird zu einem Gespräch kommen, auf das ich mich bis dahin vorbereite.

Die Frage der begleiteten Sterbehilfe haben wir auch durch. Und ich weiss noch jedes Wort von ihr und jeden meiner Gedanken, sie davon abzubringen und mich nicht zu zwingen. Sinngemäss sagte ich damals, was dies für uns und mich zu bedeuten habe, wenn es uns nur wie bisher im Verbund gäbe. Wer sich um den Jüngsten kümmern solle. Und warum sie dieses Thema jetzt aufbrächte. Wir hatten gerade von den Onkologen die Nachricht, auf Grund der Blutwerte sei sie in gut 4 Wochen ausgeheilt.Der Turmor sei erheblich zurück gegangen, ggfs. müsse man eine Strahlentherapie zur Nachsorge überlegen. Ja, Achterbahn - fahren haben wir gelernt. Aber auch, dass wir nicht allein sind und dass es wertvolle Menschen gibt, die manchmal eben nicht in der ersten Reihe stehen.
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  #5  
Alt 14.12.2013, 20:52
hermannJohann hermannJohann ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Hallo,
ich habe nicht den Eindruck, das ich "über" bin. Das wäre bitter und so empfinde ich nicht gegenüber der Familie. Es ist die Tochter meiner Frau und ihre Familie. Wir sind zwar nicht verwandt, aber nach 15 Jahren Ehe sind die Tochter, Schwiegersohn und Enkelkinder mit auch sehr wichtig. Die Tochter lebt mit ihrer Familie im Ausland und deshalb musste ich meine Frau bis kurz vor ihrem Tod fast alleine betreuen. Dafür sind sie mir auch dankbar. Ich meine, dass ich mich wie ein alter Mann fühle, dessen Lebensabend begonnen hat bzw. bald beginnt. Drei Viertel meines Lebens sind vorbei. Vielleicht bleiben auch viel weniger. Meine Frau war ja vor 4,5 Jahren auch noch scheinbar gesund. Welchen Sinn hat nun diese Restlaufzeit. Ich sage nicht, dass es diesen Sinn nicht gibt, ich habe ihn aber nicht gefunden.
Vielleicht trauern Männer anders. Statistiker heben festgestellt, dass es das Phänomen des "Nachsterbens" bei Witwern gibt, bei Witwen sich aber statistisch nicht nachweisen lässt. Gemeint ist eine geringere Lebenserwartung von Witwern im Vergleich zu verheirateten Männern. Das weiß ich, weil ich mich beruflich damit beschäftigt habe.
mit besten Grüßen
Hermann

Geändert von hermannJohann (14.12.2013 um 22:19 Uhr)
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  #6  
Alt 14.12.2013, 22:23
simi1 simi1 ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Hallo Hermann,

man muss bei diesen Studienergebnissen bzgl. des Nachsterbens aber auch berücksichtigen, dass Männer häufig alleine nicht "lebensfähig" waren, v.a. in früheren Generationen. Viele waren nicht in der Lage, sich vernünftig zu versorgen, zu ernähren usw. Sie hatten nie gelernt, auf sich, ihre Kleidung, ihre Ernährung selbständig zu achten. Somit setzte häufig mit dem Tod der Frau eine "hauswirtschaftliche Hilflosigkeit" und dadurch eine gewisse Verwahrlosung ein.
Ich denke, ein junggebliebener Sechziger, der seine Frau gepflegt hat, fällt nicht darunter.

Noch eine persönliche Anmerkung:
Auch ich kämpfe täglich darum, in meinem Leben Sinn zu finden, irgendwie oben zu bleiben. Deine Gedanken kann ich also sehr gut nachvollziehen.
Dennoch: Auch meine Kinder haben einen Stiefopa, den sie sehr lieben und der für sie und ihr Heranwachsen wichtig ist. Für sie wäre es furchtbar, wenn sie Oma UND dann auch Opa nicht mehr hätten. Ich würde mir also sehr wünschen, dass mein Stiefvater für seine Enkel weitermachen würde, in ihrer Begleitung einen Lebenssinn sähe.

Alles Gute für dich
Simi
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  #7  
Alt 15.12.2013, 11:59
elisabetz elisabetz ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Lieber Hermann, der Sinn im Leben...? Hast du ihn mit deiner Frau verloren, also war er vorher durch sie da? oder ist er durch die große Trauer überdeckt worden, also die Trauer ist so groß, dass es im Moment keine Freude am Leben geben kann?

Für jeden ist der Sinn so einzigartig. Ich denke schon lange, dass das leben keinen Sinn hat, sondern dass das leben selbst der Sinn ist. Das Leben ist ein Geschenk, weil es einzigartig ist, lebendig zu sein und die Schöpfung erleben zu dürfen, am ehesten spürbar in der Natur.

Ich wünsche dir, dass du dir zeit lassen kannst. Zeit für Schmerz und Trauer, und dass dann langsam die Freude am lebendig sein durch kleine Ritzen wieder in dein Leben kriecht.

ch glaube, dass für uns alle der Dezember am schwierigsten ist. Das trübe Wetter, die viele Dunkelheit, die Adventszeit, Weihnachten, Silvester, Neujahr, das ist ja ein Trauermarathon, der mir selbst auch gerade viel Angst macht und mich viel Kraft kostet.

Aber ab dem 21.12. wird jede Nacht wieder kürzer, und im Januar werden wir das dann auch sehen und empfinden können, das Licht kehrt zurück.

Ich wünsche dir alles Gute
Elisa
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  #8  
Alt 15.12.2013, 12:23
hermannJohann hermannJohann ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Hallo A_nna,
die Zahlen, die diese Frau genannt hat, sind erschreckend. Danach geht mehr als die Hälfte aller Beziehungen kaputt, ein eine oder einer Krebs bekommt. Aus eigenem Erleben weiß ich, dass diese Zeit für den Partner sehr hart ist. Häufig stößt man an seine Grenzen. Negative Gefühle, die die Kranke hat, wirken sich manchmal auch auf die Ehe aus. Ähnliche Erfahrungen haben ja auch einige gemacht, die hier im Forum schreiben. Trotzdem wäre für mich Trennung in diesen 14 Monaten niemals in Frage gekommen.Aber ich muss auch sagen,dass unsere Beziehung auch in dieser Zeit meistens liebevoll war.
Männer trauern anders, wenn sie trauern. Es gibt auch Männer, die sich gut ablenken können. Nach dem Männerbild meiner Frau musste der Mann stark sein, weinen passte nicht in dieses Bild. Aber nicht nur meine Frau hat so gedacht. Als mein Vater starb und ich manchmal weinte, konnten viele Frauen (etwa aus der Nachbarschaft) nicht ab. Während dieser 14 Monate mir meiner kranken Frau durfte ich weinen. Kurz nach ihrem Tod funktioniert die Gefühls-Kontrolle wieder besser. Weinen und traurig sein kann man auch alleine.
mit besten Grüße
Hermann
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  #9  
Alt 18.12.2013, 22:00
Geske Geske ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Hallo Hermann,
mit meinem Beitrag wollte ich dich nicht verletzen. Der Tod deiner Frau ist ja noch sehr zeitnah. Ich habe mich in meinem Beitrag auf den oben zitierten Textausschnitt von dir bezogen, zudem las ich aus deinen Beiträgen, dass du hier den Sinn des Überlebenden ernsthaft, ich ging davon aus auch ehrlich, diskutieren wolltest. Ich bezog mich nicht auf dich persönlich, sondern auf deine Texte, besonders auf den bereits oben zitierten.
Das "Nachsterben" betrifft m.E. Menschen, wohl auch Frauen in einem weit höheren Alter als 60 - dann wird es auch verständlicher.

Das von dir geschilderte Mitleiden mit dem Partner trifft auch auf mich, sogar in ähnlicher Weise zu, und es dauerte bei uns weitaus länger als 7 Monate.
Gruß
Geske

Geändert von gitti2002 (21.09.2014 um 21:56 Uhr) Grund: Vollzitat entfernt
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  #10  
Alt 18.12.2013, 23:37
a_nna a_nna ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

@ hermann @ geske

es war erforderlich die Theorie der unterschiedlichen Verhaltens- und Trauermuster von Frau und Mann einzubringen, um der Frage nach dem Sinn auch Respekt zu verleihen. Die Frage ist von zentraler Bedeutung für das Selbstverständnis und auch für die Zukunft.

Oberflächliche Allgemeinplätze ("ihre begleitung auf deinem weg ist nun beendet, aber dein weg geht weiter.") nehmen das Bedürfnis, sich in vertraulicher Atmosphäre auseinander zu setzen und einen Weg für die Zukunft zu suchen, nicht wahr. Sie erhöhen die Unsicherheit, das Verlustgefühl und den Druck.

Die Frage nach einem Sinn, der Wunsch sich die Zusammenhänge zu erklären und mit wenigstens einer Last "innerlich etwas abzuschliessen" (wenn so etwas geht), kann man natürlich nicht nach Geschlechtern trennen. So ist Geske auch nicht zu verstehen. Sondern, dass es Menschen gibt, die sich anders oder schneller arrangieren mit ihrer Betroffenheit und Trauer. Die deshalb aber nicht weniger trauern.

Im Thread "Unsere Zukunft löst sich gerade auf" http://www.krebs-kompass.org/showthread.php?t=59197 liest man so ziemlich alles, was einem an Klischees und Rollenverständnis von Mann und Frau bekannt vorkommt, obwohl ich dachte, das sei ausgestorben: Vom Besuch im Baumarkt, obwohl "er" durch die Chemo hingestreckt ist (Mann) bis zur Frage wo man erfahre, ob er Schulden habe, man wolle ja nicht später vor gar nichts stehen (Frau).

Dazwischen ewige Beschwerden, "er liege ja nur auf dem Sofa, obwohl sie ständig versuche, ihn zu animieren, sich zu bewegen" (ginge mir während der Chemo nicht anders) und "sie müsse sich ständig um Haushalt und Kinder kümmern" (setze ich in dieser Situation als Mindestes voraus, da die Kinder noch zu klein sind, um sich selbst zu erziehen). Nette Sozialstudie, wenn es nicht so ernst wäre.

Hier ist ein Punkt, um besser zu differenzieren.

Es gibt Menschen, die gehen mit Anderen und sich sorgsam und aufmerksam um. Es gibt andere, die offensichtlich nicht realisieren (wollen / können) - unabhängig vom Geschlecht. Sicher steckt auch Angst und Unsicherheit dahinter, was auch keine Geschlechterfrage ist. Genausowenig wie blindes Verständnis füreinander und gleiche Lebenseinstellung und Interessen, die solche tiefen Partnerschaften tragen.
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  #11  
Alt 18.12.2013, 19:18
Geske Geske ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

@ a_nna

Zitat:
Zitat von a_nna Beitrag anzeigen
Es sei ein Rätsel, weshalb die Kommunikationsmuster so auseinanderfielen.
das kann ich so nicht bestätigen, mein Mann hat sich nicht "eingeigelt", eitel was Äußerlichkeiten anbetrifft war er wohl genauso wie es eine Frau auch wäre.

Zitat:
Ich denke mir, es kommt ganz wesentlich auf diesen kleinen Moment, in dem eine Diagnose überbracht wird, und die (spontane) Vereinbarung beider Partner miteinander an ("der deal"). Da kommunizieren beide sehr direkt über Ein und Dasselbe.
vielleicht kommt es auch auf die Strecke an, die man nach der Diagnose noch zusammenzurücklegen darf, und auch auf den Verlauf der Krankheit, Schmerzen usw.
Zitat:
Später in der Trauerphase kommt es nach meiner Erfahrung - auch das Forum ist voll von Schilderungen - zu ganz anderen Auffassungen zu der Kernfrage, ob die Verbindung zu einem Partner abrupt abgerissen ist, oder ob sie noch weiter besteht.
das mag jetzt auch etwas kitschig klingen, aber mir fallen bei diesem Thema immer wieder zwei Text stellen aus zwei verschiedenen Liedern ein:
1. er gehört zu mir wie mein Name an der Tür
2. wenn du gehst dann geht ein Teil von dir und der andere bleibt hier
- oder so ähnlich. Wir haben 37 Jahre zusammengelebt, da gibt es nicht mehr dazu zu sagen, wir haben uns "blind verstanden". Da wir auch beruflich gleiche Interessengebiete hatten, hat sich bei mir in der Lebenseinstellung nichts geändert.
Zitat:
Ich will nicht ergeben "dankbar sein" ... etwa für den Tod ? Gefolgt von einer Erklärung der "Erlösung" ? Im nächsten Schritt sprechen wir dann aufbäumend von "Gerechtigkeit" um uns darüber hinweg zu trösten, "das Liebe nicht ewig währt" ? Es ist doch aber das überwiegende Bestreben der Trauer, ganz persönlich festzuhalten und die Liebe (weiterhin) zu leben.
danke für diese Vorlage: ich kann mit der Aussage: ich habe sie/ ihn losgelassen, er durfte gehen, nichts anfangen. Der Tod durch Krankheit ist primär keine Willensentscheidung, sondern eine gegebene Tatsache, bei der es für die Natur keine Rolle spielt, ob wir loslassen wollen oder nicht. Ich wüsste auch gar nicht, was ich loslassen sollte, meine Vergangenheit gehört zu mir, es gibt keine Zukunft ohne Vergangenheit.
Zitat:
Wenn denn "die Begleitung durch den/die Vorstorbenen auf dem gemeinsamen Weg beendet ist" - stünden Hinterbliebene abrupt noch ein zweites Mal ganz allein.
ich fühlte mich nicht verlassen, verlassen werden durch Krankheit ist ja etwas anderes als die Trennung einer in die Brüche gegangenen Beziehung. Jeder Mensch ist eine eigenständige Person, das bleibt auch in einer Beziehung so, wenn er/ sie als Witwer/ Witwe stärker auf sich allein zurückgeworfen ist, dann entspricht es doch auch dieser eigenständigen Person.

Gruß
Geske

Zitat:
Zitat von hermannJohann Beitrag anzeigen
Ich meine, dass ich mich wie ein alter Mann fühle, dessen Lebensabend begonnen hat bzw. bald beginnt. Drei Viertel meines Lebens sind vorbei. Vielleicht bleiben auch viel weniger.
@ Hermann
ich erlaube mir mal folgende Antwort auf Grund dessen, dass wir gleichaltrig sind:
das Lebensgefühl, das du da beschreibst, würde sich über kurz oder lang auch dann einstellen, wenn deine Frau noch leben würde. Ja, wir haben mind. 2/3 des Lebens hinter uns. Nach dem Tod des Partner wird einem bewusster, das ein Lebensabschnitt unwiederbringlich "abgeschnitten" ist, die Lebensstufe alt zu sein oder alt zu werden bleibt aber unverändert, dann droht auch noch der Austritt aus dem Berufsleben, wenn beides zusammenkommt wird das Gefühl des Alterns bewusster.

Zitat:
Vielleicht trauern Männer anders. Statistiker heben festgestellt, dass es das Phänomen des "Nachsterbens" bei Witwern gibt, bei Witwen sich aber statistisch nicht nachweisen lässt. Gemeint ist eine geringere Lebenserwartung von Witwern im Vergleich zu verheirateten Männern.
aus meiner Umgebung kann ich das nicht bestätigen, Witwer fühlen sich verlassen, werden dann von Frauen, die in dieser Altersgruppe ja in der Überzahl sind, "umschwärmt" - schwubs, schon sind sie in einer neuen Partnerschaft gelandet. Für mich wäre es z.B. undenkbar, nach 37 Jahren zusammenleben, nach einem Jahr bereits eine neue Partnerschaft einzugehen - und es könnte sein, dass andere Frauen auch so empfinden, unabhängig von den Möglichkeiten einen anderen Partner zu finden. Mein Partner, wir haben darüber gesprochen, hätte es wohl irgendwie nicht verstanden, wenn ich gleich wieder eine andere Partnerschaft eingegangen wäre, wir haben eine Zeitgrenze von ca. 4 Jahren in vage in den Raum gestellt, ich hätte auch ein schlechtes Gewissen, meinen langjährigen Lebensgefährten gleich wieder durch einen anderen zu ersetzen.
Natürlich akzeptiere ich andere Meinungen!

Da du dich beruflich mit der Trennung durch Tod beschäftigt hast, könntest du mein heuristisches Gefühl in Bezug auf eine zeitabhängige, unterschiedlich Neubindung von Witwern oder Witwen entweder zustimmen oder ablehnen. Interessieren würde es mich schon, auch ob es Statistiken darüber gibt.
Gruß
Geske

Geändert von gitti2002 (21.09.2014 um 21:55 Uhr) Grund: Beiträge zusammengeführt
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  #12  
Alt 19.12.2013, 00:23
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Hallo Hermann,

wenn auch spät, doch auch von mir mein tiefes Mitgefühl für deinen Verlust.

Statistiken sind gut und informativ. Leider auch oft eine Entschuldigung für das Verhalten des Einzelnen. Man kann ja nichts dafür. Ist doch statistisch erwiesen, oder? Abseits aller Statistik: ist nicht jeder für sich selbst verantwortlich? Es mag ja interessant sein mit dem Nachsterben, nur: ich will nicht sterben sondern möchte da der Minderheit angehören. Dazu muss sowohl Frau als auch Mann was tun. Solche Statistiken sind als Übersicht gedacht. Für den Einzelnen sind sie bedeutungslos.

Zu dem Gespräch über Männer und Frauen. Warum heißt es immer: Männer sind anders als Frauen? Sind nicht auch die Frauen anders als die Männer? Ist nicht jeder Mensch anders? Sicher trauern Männer prinzipiell anders als Frauen. Ihre Gedankengänge sind sehr oft unterschiedlich. Das ist sowohl biologisch als auch soziologisch bedingt und man kann nicht sagen, das Eine oder das Andere wäre besser. Es sollte sich eigentlich ergänzen.

Zu einem Witwer, der eine neue Frau findet, gehört auch eine Frau, die sich finden lässt und gehört dazu nicht auch die Liebe? Selbst ein, wie man bei uns sagt, "Bratkartoffelverhältnis" kann für beide Seiten durchaus erfüllend sein. Doch jeder muss das für sich selbst entscheiden und jeder Weg, den ein Witwer oder eine Witwe für sich richtig hält und ihr oder ihm ein zumindest zufriedenes Weiterleben ermöglicht, ist gut und richtig. Wer alleine bleiben will, soll es tun. Ich fände es nur schade, würde dadurch das Weiterleben zur Qual. Zufriedenheit und Glück, ob mit anderen oder für sich alleine, gehört für mich zum Leben.

Hallo Geske,

deshalb kann ich deine Gedanken dazu durchaus verstehen und akzeptieren. Auch ich gehöre übrigens dieser Altersgruppe an. Wenn ich dich richtig lese, sagst auch du nicht Niemals und dein Mann wollte das auch nicht. Das widerspricht sich keineswegs mit deiner jetzigen Vorstellung. Alles braucht seine Zeit, egal wie es und was kommt. Die Hauptsache ist doch, dass man ein gutes und erfülltes Leben führen kann und man ist mit sich selbst im Reinen.

Was anderes. Zu sagen: "Ich lasse dich los" oder "Du darfst jetzt gehen" heißt doch nicht, man hätte irgendwelchen Einfluss oder der/die Sterbende wartete auf unsere exclusive "Erlaubnis" zu gehen. Es heißt vielmehr: "Mach dir keine Sorgen um mich. Ich schaffe das und werde dich nicht vergessen, denn in meinem Herzen wirst du weiter leben. Ich akzeptiere deinen Tod. Du musst nicht für mich oder für dich leiden. Du bist frei." Auch wenn das hinterher wieder tausendfach in Frage gestellt wird: in diesem Moment stimmt das für mich.

Hallo Tom,

deine pragmatische Einstellung ist nicht unbedingt die schlechteste.


Ich kann nur über meine Erfahrungen schreiben. Sechs Jahre sind eine lange Zeit. Vielleicht findet jemand darin Anregungen für eigene Gedanken oder Ziele.


Alles Gute,

Helmut
__________________
Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen.
http://www.krebs-kompass.org/howthread.php?t=31376
http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=48070

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  #13  
Alt 20.12.2013, 14:29
hermannJohann hermannJohann ist offline
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Hallo zusammen,
ich glaube auch nicht, dass ich eine endgültige Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens finde.Vielleicht muss sich jeder selbst seinen Sinn konstruieren. Mit Aussagen wie die, dass der Sinn des Lebens das Leben sei, kann ich nichts anfangen. Warum ist es wichtig, dass ich weiter lebe? Für wen ist das wichtig. Ältere Künstler bekommen manchmal Preise für ihr "Lebenswerk" Ist das Lebenswerk dann abgeschlossen? Vielleicht sind meine Werke ja auch bald abgeschlossen. Einiges ist gelungen, anderes misslungen, aber es ist abgeschlossen. Meine Frau sagte "Ich will leben, aber nicht so wie jetzt". Im Unterschied zu meiner Frau habe ich keine lebensgefährliche Krankheit. Dennoch frage ich mich, wichtig es für mich ist, zu leben. Vielleicht wird man im Alter zum alten Eisen.
mit besten Grüßen
Hermann
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  #14  
Alt 20.12.2013, 17:50
Geske Geske ist offline
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Zitat:
Zitat von hermannJohann Beitrag anzeigen
Ältere Künstler bekommen manchmal Preise für ihr "Lebenswerk" Ist das Lebenswerk dann abgeschlossen? Vielleicht sind meine Werke ja auch bald abgeschlossen. Einiges ist gelungen, anderes misslungen, aber es ist abgeschlossen.
Hallo Hermann,
du vergleichst dein Leben mit dem eines Künstlers, ist das eine Metapher, oder bist du vielleicht einer?
Ob das Lebenswerk eines Künstlers nach der Preisvergabe abgeschlossen ist, hängt davon ab, ob er weiterhin kreativ arbeitet: bis auf große Ausnahmen, wird der geehrte Künstler nichts weltbewegenderes - als bis zum Zeitpunkt der Ehrung - mit seiner Kunst schaffen, aber vielleicht gelingt ihm ja noch der große Wurf im "das Leben leben". Man muss ja im letzten Drittel seines Lebens nicht perspektivlos sein. Hier gleich mal eine Anregung: Philosophie als Gasthörer an einer Uni belegen, das bringt möglicherweise Licht an den grauen Horizont. Natürlich gibt es noch zahlreiche andere Beschäftigungsarten: von unserer Regierung wird Freiwilligenarbeit mächtig beworben.
Gruß
Geske
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