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  #1  
Alt 24.03.2010, 20:20
chaoskatze chaoskatze ist offline
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Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Hm, willst du dann nach Altersklassen unterscheiden? Das wäre Blödsinn, gibt es doch immer wieder ältere Menschen, die nie über die Teenagerphase hinweggekmmen sind...
Und wenn du mein Posting weitergelesen hast, da steht groß und breit, dass ich auch Suizid bei psychischen Erkrankungen unterstützen würde, wenn nachgewiesen ist, dass diese fortwährend vorhanden sind und nicht durch Therapie, soweit das aus menschlicher Sicht möglich ist, geheilt werden können.
Es gibt spontane Suizidversuche - habe erst vor kurzem mit jemandem gesprochen, der es nach nem Streit versucht hat, natürlich totlal unlogisch, mit ein paar Schlaftabletten und Alk... er hat selbst gesagt, dass er es nie wieder tun würde. Dass es seine Art und Weise war, sich selbst bewusst zu machen, dass er Hilfe braucht.
Dein Posting ist unlogisch - es bringt eine Argumentation, die ich genau so hingeschrieben habe. Ich zitiere: "Oder bei psychischen: wenn der Patient über mehrere Jahre hinweg trotz mehrfacher psychischer Behandlungen verschiedener Richtungen immer wieder bei einem dafür ausgebildeten Psychologen bestätigt hat, dies durchgehend zu wollen."
  #2  
Alt 25.03.2010, 02:37
Boxerhund1 Boxerhund1 ist offline
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Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

hallo miteinander,

habe mir grad mal das ganze Thema durchgelesen.

Also... erstens... wenn jemand argumentiert, daß wir aufgrund unserer "deutschen Vergangenheit" dieses oder jenes nicht dürfen, dann krieg ich - ehrlich gesagt - Pickel! Himmel nochmal... diese Vergangenheit ist jetzt ein dreiviertel Jahrhundert her - und wir leben nicht mehr in der Nazi-Zeit. Heute noch damit zu argumentieren - noch dazu bei so einem Thema - ist völlig daneben.

Daß es geldgeile Angehörige gibt, wissen wir wohl alle. Aber auch die sind hier nicht wirklich relevant, denn die haben normalerweise - es sei denn, sie wären als Generalbevollmächtigte eingesetzt - eh nichts zu sagen. Daß ich solche Leute absolut zum kotzen finde, brauch ich wohl nicht extra zu betonen!?

Worum es doch geht, ist, ob man am Ende das Leben noch verlängert oder nur noch das Sterben. Und haben wir als Angehörige, Ärzte oder sonstige Personen das Recht, das Sterben zu verlängern? Haben wir das Recht, Menschen bis zum bitteren Ende, bis zum letzten Zucken zu quälen, bis dann der Körper endgültig nicht mehr weiter kann und aufgibt?

Und bitte... wo endet die passive Sterbehilfe, die ja inzwischen wenigstens weitgehend akzeptiert ist, und wo fängt die aktive an? Ist es denn nicht auch schon fast eine aktive Sterbehilfe, wenn wir Patienten so unter Morphium und Sedativa stellen, daß sie hinüberdämmern - ohne Schmerzen, ohne Angst, ganz friedlich? Wir wissen doch ganz genau, daß es auf diese Weise früher passiert - vielleicht nur ein paar Stunden oder Tage - aber früher als es die Natur tun würde.
Wenn man also die aktive Sterbehilfe ablehnt, dann muß man auch die terminale Sedierung ablehnen - und den sterbenden Menschen bei u.U. vollem Bewußtsein leiden lassen, sich bis zur Erlösung quälen zu lassen.
Und wer mag da daneben stehen und zusehen, wenn es um einen geliebten Menschen geht? Ich jedenfalls ganz sicher nicht - und ich würde es für mich auch nicht wollen.

Ich bin ebenfalls der Meinung, daß es jedem Menschen freigestellt und erlaubt sein muß, über sein Leben UND auch seinen Tod selber zu entscheiden. Und wenn dieser Mensch sich für den Tod entscheidet aufgrund seiner Situation, aber es körperlich selber nicht mehr kann, man ihm auf seinen Wunsch hin dabei helfen dürfen muß.

Erst vor ein paar Tagen - ich weiß nicht mehr wo - habe ich einen Artikel gelesen über einen "beatmeten Kopf", der um seinen Tod gefleht hat. Am ganzen Körper gelähmt, nicht mehr fähig zu irgendwas, leidend ohne Ende - aber selber nicht mehr fähig, dieses Ende selber herbei zu führen.
Wie grausam und unmenschlich ist es, diesem Menschen zu erklären, daß man seinem Willen nicht folgen darf und auch nicht will, was noch schlimmer ist. Werden da Ärzte, Angehörige, Juristen, Ethikkomissionen nicht zu Folterknechten?

Wer gibt uns Menschen das Recht, einen Menschen zum Leiden zu verdammen? Wie gnadenlos und selbstgerecht ist das denn dann?
Kein Tier würde man so leiden lassen - Menschen aber schon!?

Ja... unter bestimmten Umständen bin ich durchaus auch für aktive Sterbehilfe - dann nämlich, wenn der unermesslich leidende Mensch es so wünscht. Und nur sein Wille sollte dann zählen - und nichts anderes.
__________________
Liebe Grüße, Cori

Als Angehörige kam ich, als Hinterbliebene blieb ich.

Mama: 4.10.1924 - 29.6.2009
  #3  
Alt 25.03.2010, 10:43
Benutzerbild von suze2
suze2 suze2 ist offline
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Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

ihr lieben, liebe cori,
nein, diese argumentation mit "nazi-zeit" kann wohl verdeutlichen, wozu menschen fähig sind, sein können. und dass auch ärzte nicht über diesen dingen standen. also - niemand ist davor gefeit, "böses" zu tun.

und wenn man denkt, dass vor ein paar jahren - entschuldigung - ich habe die quelle vergessen, zitiere aus dem gedächtnis, also dass an häftlingen ohne deren wissen medikamente getestet wurden... dass es "organhandel" gibt, nieren beispielsweise mehr oder weniger zwangsweise entnommen werden (es gibt eine doku über ein ganzes dorf, wo die menschen nur eine niere haben und die wurde verkauft - bittere not, schlechte medizinische betreuung) -
also
mir macht beides angst:
am leben erhalten zu werden und nichts machen zu können
aber auch
ausgeliefert zu sein und nicht zu wissen, was "wirklich" die motive meiner "helfer" sind.

die möglichkeiten der medizin stellen uns mitunter vor fragen und entscheidungen, denen ich mich nicht wirklich gewachsen fühle.
also höchste vorsicht!

im zweifelsfall möchte ich aber lieber keine sterbehilfe im gesetz verankert wissen. gerade in der diskussion um steigende gesundheitskosten und teure krebsmedikamente würde mir das angst machen, eben nicht selbst entscheiden zu können, ob und wielange ich chemo machen will.

alles liebe
suzie
__________________
seit 2005 bin ich ein angsthase
  #4  
Alt 25.03.2010, 11:07
Dirk1973 Dirk1973 ist offline
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Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Sorry, aber das Dritte Reich hat nun wirklich nichts in einer sachlichen Diskussion über legale und vor allem gesetzlich verbindlich geregelte Sterbehilfe zu suchen.

Also: zurück in die heutige Zeit und auch die aktuellen Aspekte der Sterbehilfe diskutieren.

Vielen Dank !
__________________

  #5  
Alt 25.03.2010, 13:46
Silleke Silleke ist offline
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Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Hallo Dirk,
Habe bisher nur lesend verfolgt, weil das Thema für mich persönlich unproblematisch ist. Ich lehne für mich aus meinem Glauben heraus aktive Hilfe ab .
Als Krankenschwester wunderte mich immer nur , wie oft Angehörige wollten, dass man nachhilft . Das war eklatant häufiger der Fall als bei Betroffenen. Und noch mehr wunderte mich, mit welcher Selbstverständlichkeit dafür das medizinische Personal herhalten sollte. Bei Patienten, die lange wussten ,todkrank zu sein und Zeit hatten, eigene Entscheidungen zu treffen. Das fand und finde ich inakzeptabel. Denn einen anderen Menschen aktiv zu töten, wäre eine mir unvorstellbare Belastung gewesen. Zur Würde gehört, den eigenen Weg selbstbestimmt zu gehen ,egal wie der aussieht . Nur in Ausnahmefällen ,bei völlig unerwarteten Lebensentwicklungen, von denen hier nicht die Rede war, ist das unmöglich .

Was mich aber eigentlich veranlasste , zu antworten: Nein Dirk, die Entwicklung damals hat jede Menge mit der heutigen Debatte zu tun. Die Euthanasie ist auch 1933 nicht vom Himmel gefallen, sie wurde Schritt für Schritt LEGAL eingeführt. Eine Diskussion über aktive Sterbehilfe darf nicht ignorieren, unter welchen Umständen und mit welchen Motivationen damals die Gesetzeslage sich veränderte. Das alles passierte auch nicht illegal, sondern beginnend schon hundert Jahre früher wurde krankes und behindertes Leben mehr und mehr bemitleidet. Nicht zufällig parallel mit der größer werdenden Zahl der wirtschaftlich unbrauchbaren Menschen. Niemals waren solche Debatten frei von wirtschaftlichen Erwägungen , auch wenn das für uns zunächst nicht das Argument ist. Wer heute Sterbehilfedebatten führt, muss zumindest wissen, wie veränderbar Gesetze sind. Und zu allen Zeiten wurden diese Ausgrenzungen, die bis im Morden endeten, begonnen mit dem Mitleid. Mit der Frage, ob ein so krankes oder behindertes Leben dem Betroffenen zumutbar sei.
Meine dringende Bitte wäre, dass nie wieder eine Allgemeinheit darüber debattiert, ob man Krebskranke und andere schwerstbeeinträchtigte Menschen töten darf, um Leiden zu vermeiden. Lasst jeden Einzelnen darauf die eigene Antwort finden. Patientenverfügungen sind mittlerweile bindend geworden. Wir haben die Möglichkeit, unseren eigenen Weg in Würde zu gehen.
Ich sage audrücklich Suze 2 Danke für ihren Einwurf.

liebe Grüße
Silleke
  #6  
Alt 25.03.2010, 19:28
Stefans Stefans ist offline
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Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Zitat:
Zitat von Silleke Beitrag anzeigen
die Entwicklung damals hat jede Menge mit der heutigen Debatte zu tun. Die Euthanasie ist auch 1933 nicht vom Himmel gefallen
Nein, das stimmt. Und man darf auch nicht vergessen, dass die "Euthanasie"-Diskussion damals (in " ", weil der eu-thanatos, der "gute Tod", etwas völlig anderes ist als das Morden, das im 3. Reich daraus gemacht wurde) nicht auf dem Mist der Nazis gewachsen ist. Auf diese Idee kam nicht der kleine, arbeistlose Anstreicher aus Österreich oder seine Gefolgschaft.

Noe - auf die Idee, wie man sich in einer Gesellschaft den nutzlosen und lebensunwerten Menschen-Existenzen möglichst elegant entledigt, kamen in den westlichen Industrieländern studierte und höchst ehrenvoll dekorierte Anthropologen, Philosophen, Mediziner, Theologen, Historiker usw. schon Jahrzehnte vor der Machtergreifung.

Und was heute ungern zugegeben wird: die westliche Wissenschaftswelt hat damals die deutschen Täter der Euthanasie _beneidet_ - weil die Akademiker-Kollegen in D endlich legal tun durften, was in den USA und anderswo wegen kleinkarierter moralischer Bedeknen von Gesetz wegen verboten war. Und die Sache war auch ganz oben angesiedelt. Bei T4 (= das Euthanasieprogramm zur Vernichtung lebnensunwerten Lebens) hat des Führers Leibarzt Dr. Brandt höchstpersönlich die ersten Irren in der Landesklinik Brandenburg abgespritzt - weil das ja eine "medizinisch wissenschaftliche" Angelegenheit war, das durfte damals (noch) nicht jeder Hiwi. Und dem Führer gemeldet, wie selig die Opfer entschlafen sind.

Das Schlimmste an der Sache war aber m.E., dass T4 von Seiten der Politik nach einigen Jahren gestoppt wurde, weil es im Ausland einfach schlechte Kritiken gab. Aber dieser Stopp war nicht durchzusetzen. Die Krematorien in den Klapsmühlen rauchten, die Belegschaft feierte den 1.000 Vergasten mit Sektumtrunk... und die Ärzte, Schwestern und Pfleger haben einfach weiter gemordet - trotz ausdrücklichem Verbot der Reichsregierung in Berlin.

Das sollte einem zu denken geben, wenn man heute zum Arzt geht. Wer in der Nachkriegszeit in D mit seinem Kind zum Prof. in der Uni-Klinik gegangen ist, hatte gute Chancen, von einem Massenmörder behandelt zu werden. Selbstredend ist kein Mediziner in D jemals dafür zur Verantwortung gezogen worden (wie auch kein Jurist - das haben die Berufe gmeinsam). Jedenfalls, zum Thema "Mediziner und Ethik" (oder gar Gewissen): dass ich nicht lache.

Trotzdem hat Dirk m.E. recht, dass die Sterbehilfe-Diskussion heute mit der "Euthanasie" damals nichts zu tun hat. Beim wichtigsten Aspekt: wenn wir über Sterbehilfe reden, dann ausschließlich nach dem Willen des Patienten. Jemand möchte keine Behandlung mehr. Damals war das anders, da haben Bürokraten entschieden, wer sterben muss, weil er "lebensunwert" ist. Und so schwierig die Sterbehilfe-Dikussion in D wegen unserer Vergangenheit auch ist. Es kann wirklich niemand unterstellen, dass dieser Aspekt hier eine Rolle spielt. (Natürlich, bei Angehörigen, die ihre Oma lieber heute als morgen tot sehen wollen - aber die verabschieden zum Glück keine Gesetze und setzen sie auch nicht um).

Viele Grüße,
Stefan
  #7  
Alt 25.03.2010, 23:48
chaoskatze chaoskatze ist offline
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Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Bitte, wenn es geht, nicht beleidigend werden, ja?

Der Punkt ist, man kann nicht einfach Suizidmöglichkeiten im Supermarkt für 3 Euro verkaufen. Das hätte üble Folgen - zum Beispiel, dass jemand, der nur einen kurzen Austicker hat oder vielleicht einfach gerade Drogen nimmt, sich umbringen will und das ohne Probleme machen kann. Oder jemand, der höflich gebeten wurde, selbiges zu machen...

Ich glaube, dass das, was du als meine persönliche Ignoranz hinstellst (da könnte man fast darauf hinweisen, dass deine Angriffsmethoden auch nicht gerade unverletzend sind), eher eine Sache der Wahrscheinlcihkeit wäre. Nämlich möglichst statistisch die höchstmöglichste Wahrscheinlichkeit wissenschaftlich zu erforschen (wie gesagt, soweit möglich), dass die betreffenden Personen eine Entscheidung getroffen haben, die unter Bewusstsein und über längere Dauer gefällt wurde.
Nicht nur um der Personen willen, sondern vielmehr um das der Hinterbliebenen.
Dazu kommt: ein psychisch Kranker ist in einem sehr hohen Prozentsatz in der Lage, sich selbst zu töten. Dennoch lassen es viele aus Furcht vor den eventuellen Folgen - Fehlversuche etc..., aber auch aus fehlender Entschlossenheit. Das würde sich rabiant ändern, wenn es die Möglichkeit gäbe, ohne Probleme das man schnell zu erledigen.
Das wäre dasselbe, als würde ich sagen, wenn ein Alkoholiker nicht trinken will, muss ers ja nicht, dann macht es ja auch nichts, wenn ich ihm ein paar Schnappes hinstelle...

Und noch mal: es geht nicht darum, grundsätzlcih alle psychisch instabilen am Suizidwunsch abzuhalten. Es geht darum, zu verhindern, dass sie aufgrund eines kurzen Rückfalls, einem Gefühl der Hilflosigkeit uä sich töten.

Anders gefragt: wenn du zufällig mitbekommst, dass sich jemand töten will, den du noch nie gesehen hast - würdest du ihn davon abhalten oder nicht? Wenn du schon von den Gesetzen anfängst....

Und bitte, wie gesagt, nicht so verletzend. Nur Argumente gegen meine Argumente, wenn du mich persönlcih angreifst, können wir die Diskussion gleich lassen. Dafür bin ich zu verletzlich, umso mehr, dass mich das Thema ja auch betrifft, ungewiss der Tatsache, wann..
  #8  
Alt 26.03.2010, 01:38
Boxerhund1 Boxerhund1 ist offline
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Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Zitat:
Zitat von Dirk1973 Beitrag anzeigen
Sorry, aber das Dritte Reich hat nun wirklich nichts in einer sachlichen Diskussion über legale und vor allem gesetzlich verbindlich geregelte Sterbehilfe zu suchen.

Also: zurück in die heutige Zeit und auch die aktuellen Aspekte der Sterbehilfe diskutieren.

Vielen Dank !
hallo Dirk,

gebe ich dir völlig recht. Das Problem bei uns in Deutschland ist aber, daß genau das immer wieder auftaucht - unsere "Vergangenheit" und die Verbrechen, die damals passiert sind. Da kommen sofort die selbsternannten Gutmenschen und schreien .... "neiiinnnn... das haben doch schon die Nazis gemacht" - vollkommen undifferenziert und völlig am Thema vorbei.
Auch der Wolfgang008 argumentiert ja damit - und genau das finde ich einfach völlig daneben.

Es geht um heute - um unsere heutige Gesellschaft und unsere heutige Rechtsprechung - und da sollte diese dunkle Vergangenheit wirklich keine Rolle spielen dürfen.

Worum es heute geht, sind die leidenden und sterbenden Menschen, deren Willen man respektieren muß - an die oberste Stelle setzen muß. Es geht EBEN NICHT um die Vernichtung "unwerten Lebens" wie bei den Nazis - es geht um Menschlichkeit und die Gnade eines friedlichen, angst- und schmerzfreien Sterbens, wenn es dann mal soweit ist.

Ich verstehe nicht, wieso das so ein Problem ist für manche - einfach menschlich zu handeln. Wenn die selber einmal betroffen sind, werden sie genau das für sich selber einfordern. Solange man selber allerdings nicht betroffen ist, kann man sich leicht auf das ethische hohe Roß setzen. Und das ist für mich Heuchelei pur.
__________________
Liebe Grüße, Cori

Als Angehörige kam ich, als Hinterbliebene blieb ich.

Mama: 4.10.1924 - 29.6.2009
  #9  
Alt 26.03.2010, 02:43
Wolfgang008 Wolfgang008 ist offline
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Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

@Das Problem bei uns in Deutschland ist aber, daß genau das immer wieder auftaucht - unsere "Vergangenheit"


Wen ich lesen und höre wie heute über Mio Menschen offiziell hergezogen werden darf, sich niemand dagegen erhebt, sondern die Mehrheit der Bürger noch in die selbe Kerbe, eines Sarrazin, Metzger, Westerwelle schlagen, dann bitte schön kommt der Gedanke an früher schon einmal auf.
Wir haben in Deutschland immer noch die Vorliebe der Ausgrenzung, wie lange musste Behinderte kämpfen , eh sie überhaupt in ein öffentliches Gebäude kamen, wie oft machen KK einem einen Strich durch die Rechnung, Renter als Sündenböcke hingestellt..Aufzählungen ohne Ende.
Natürlich kann man überall darüber hinweg sehen, auch das ist ein typisch deutsches Phänomen.

Es verwundert nichts mehr, genauso war das Verhalten auch festzustellen, abwinken, Thema ausklammern, man tat es später einfach nur.
Da hat sich doch nichts geändert!
Nein bei solcher Vorbedingung würde ich niemals die Sterbehilfe gelockert sehen wollen.

Die Medizin sollte dahingehend weiter erforscht werden, sodass die Angst vor Schmerzen verloren gehen kann, denn dann löst sich das Problem der Sterbehilfe von ganz allein.

P.S

Niemand muss meine Meinung teilen, dennoch habe ich das Recht auf eine eigene, denn darin fleisst ausschliesslich pers Erfahrung mit ein.
Wer es ignoriert das Verwandte etc unwahrscheinlich drängend sein können, wie ich schon einmal schrieb, sogar mit Datumangabe, dann wird einem nur noch übel.!
Die Politiker können garnicht einer Lockerung der Sterbehilfe zustimmen, denn sie sind für alle verantwortlich und werden nicht die Helfer derer werden, die ihren Sterbenskranke ein bischen eher los werden wollen, auch das ist die Realität Man kann nicht für die Sterbehilfe plädieren und bewusst dabei in Kauf nehmen, das einige Menschen deshalb eher gehen müssen!.

Geändert von Wolfgang008 (26.03.2010 um 02:46 Uhr)
  #10  
Alt 26.03.2010, 07:32
Dirk1973 Dirk1973 ist offline
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Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Oha, langsam schaukeln sich die Wellen hoch. So stelle ich mich mal in die Flut und betätige mich mal als Wellenbrecher.

Grundsätze zu dieser Diskussion

Bisher las ich nur sachliche Beiträge. Zugegeben klang hier und dort auch mal die eigene Befindlichkeit durch. Das ist gut und richtig so, aber auch nur solange es nicht persönlich wird. Ich konnte bisher keinen Ausrutscher in´s Persönliche erkennen, also gibt es da auch nichts zu bemängeln. So darf es weitergehen. Glaubt mir, ich schaue mir die Beiträge hier schon sehr genau an. Dafür ist das Thema einerseits zu wertvoll, wie aber auch zu sensibel. Entsprechend niedrig ist hier meine Schwelle zum Editieren bzw.Löschen in diesem Thread. War bisher nicht nötig und so wünsche ich mir das auch weiter.
Mir ist es egal, ob die Diskussionsteilnehmer hier betroffen, angehörig oder "fachfremd" sind. Die Frage der Sterbehilfe wird in ganz Deutschland bereits diskutiert: Da macht es keinen Sinn, hier den Kreis einzugrenzen.

Drittes Reich

Hier sehe ich es wie Cori. Das Vernichten menschlichen Lebens in dieser Zeit hat nichts mit einer Sterbehilfe der heutigen Zeit zu tun. Damals wurden Menschen heimtückisch auf Grund einer, aus heutiger Sicht völlig inakzeptablen, Weltanschauung und vor allem GEGEN IHREN WILLEN getötet. DAMALS sahen es viele Menschen anders. Zum Glück sind wir heute schlauer und haben aus den Fehlern der damaligen Zeit gelernt.
Heute wollen wir unheilbar erkrankte Menschen legal von ihrem Leiden erlösen, wenn DIESE MENSCHEN es wollen. Es geht darum, diesen Menschen und Ihre Behandler eine rechtsverbindliche Möglichkeit zu schaffen das zu tun, was ja jetzt schon unter dem Deckmantel der alltäglichen Arbeit gemacht wird. All das hat mit den Nazis nichts zu tun. Diese mordeten aus Hass. Die heutige Sterbehilfe soll Erlösung von Leiden sein.

Zum Dritten Reich werde ich keine weiteren Postings mehr zulassen und ggf. editieren und löschen.

Aktueller Stand der Sterbehilfe in Deutschland

Wie viele von Euch bereits geschrieben haben, wird sie bereits heute tagtäglich praktiziert. Und zwar von mutigen Menschen die die vorhandenen Grauzonen mal recht, mal schlecht ausreizen. Auch ich kenne aus meiner beruflichen Tätigkeit einige Situationen, in denen für den klar geäußerten Willen alles Mögliche eben nicht getan wurde. Mit diesem Vorgehen fühlt sich aber niemand wirklich wohl. Daher gibt es auch viele Mediziner, die es eben nicht machen und auf Deibel komm raus den Körper am Leben erhalten, bis es halt tatsächlich nicht mehr geht. Auch wenn vorher schon klar ist, dass es nur noch eine Verlängerung von Leid und Schmerzen ist.

Es geht hier nicht darum, dass Oma Krawuttke sich für eine Handvoll Euro Ihre Zyankali-Kapsel in der Apotheke kaufen kann. Es geht darum, den Ärzten einen Handlungsspielraum zu schaffen, in dem sie sich in Abstimmung mit dem mündigen Patienten auch legal bewegen können.
Es geht nicht um den Suizidwillen psychisch Erkrankter. Es geht hier ausschließlich um die Sterbehilfe bei unheilbar Erkrankten, die auch ohne weiteres Zutun, nur dann halt langsamer und qualvoller, in absehbarer Zeit sterben werden.

Also: sachlich und in der heutigen Zeit darf es dann weitergehen.
__________________

  #11  
Alt 26.03.2010, 08:36
Silleke Silleke ist offline
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Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Zitat:
Zitat von Boxerhund1 Beitrag anzeigen

Worum es heute geht, sind die leidenden und sterbenden Menschen, deren Willen man respektieren muß - an die oberste Stelle setzen muß. Es geht EBEN NICHT um die Vernichtung "unwerten Lebens" wie bei den Nazis - es geht um Menschlichkeit und die Gnade eines friedlichen, angst- und schmerzfreien Sterbens, wenn es dann mal soweit ist.

Ich verstehe nicht, wieso das so ein Problem ist für manche - einfach menschlich zu handeln. Wenn die selber einmal betroffen sind, werden sie genau das für sich selber einfordern. Solange man selber allerdings nicht betroffen ist, kann man sich leicht auf das ethische hohe Roß setzen. Und das ist für mich Heuchelei pur.
Guten Morgen Cori,
Dein Posting finde ich fast schon verwirrend. Meines Wissens wehren sich am lautesten gegen aktive Sterbehilfe Behinderte selber. Während Nichtbetroffene ,oft sind es Angehörige, vehement das Leiden beenden wollen. Im großen ganzen scheint mir das auch hier im Thread so zu sein .

Mir macht es Angst ,mit welcher Selbstverständlichkeit man Kranken unterstellt, ihr Leiden nicht tragen zu wollen oder zu können. Warum soll denn Sterben unbedingt friedlich, angst-und -schmerzfrei sein ? Ist das dem Ereignis angemessen ? Was meint es, den Willen Leidender zu respektieren ? Das kann doch nur bedeuten,das zu respektieren, was der Betroffene will. Wenn ich als Betroffene nicht entscheide, mir mein Leben zu nehmen, mache ich auch klar, was ich will. So richtig verstehe ich nicht, wieso all die vielen Kranken, die sich mit klarem Verstand und dem Wissen um den Fortgang der Krankheit gegen ein vorzeitiges Ende entscheiden, später dann Objekte der Gnade werden sollen.

Mein Behindertenverband spricht sich, wie so etwa alle, gegen aktive Sterbehilfe aus. Und ringt gleichzeitig darum, dass Behinderte teilhaben dürfen. Wolfgangs nüchterne Feststellungen zu Rechten Behinderter und der Diskriminierung auch anderer Randgruppen sollten wir bedenken. Auch ich mache mir wesentlich mehr Sorgen darum, wie lange unsere Gesellschaft , auf einem ungeheuren Schuldenberg sitzend,noch bereit sein wird, behindertes Leben zu finanzieren. Stefan hat darauf hingewiesen, dass die Vernichtung der "Ballastexistenzen" keine eigentliche Erfindung der Nazis gewesen ist. Sondern vielmehr ihren Ursprung hatte in gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen vieler Jahrzehnte. Ich stimme ihm nur in einem wichtigen Detail nicht zu. Es sind nicht irgendwelche ominösen Theologen, Ärzte, Philosophen gewesen. Nein, das war die Entwicklung einer Zeit, eines ganzen Volkes. Und so verabschieden Angehörige ,die die Oma nicht mehr pflegen wollen , den psychisch kranken Verwandten verleugnen , und Arbeitslose faul finden, natürlich keine Gesetze . Aber sie gehen wählen.

Heute angesichts der Wirtschaftskrise ,angesichts der immer größer werdenden Zahl der Kaputten, Kranken, Behinderten, die nicht mehr leistungsfähig genug sind , keine Sorgen zu haben vor neuer Ausgrenzung, vor neuer Euthanasie, getarnt als Mitleid , das ist mir unbegreiflich. Für mich als Behinderte sind diese Befürchtungen Alltag. Und das einzige Argument , was die Politik noch abhält, deutlicher zu werden, ist die Erinnerung. Aber ich bekomme auch heute keine Reha .Barrierefreie Klinikplätze werden an Privatpatienten vergeben .Ich verzichte auf bestimmte ärztliche Untersuchungen, weil nicht erreichbar. Ich ertrage genervte Ärzte, weil jeder Termin mit mir länger dauert , und das ist nicht im Budget drin. Ich akzeptiere, dass man mit dem Geld der Pflegekasse nicht jeden Tag sauber gewaschen sein kann.
Ich weiss schon, wir sind hier in einem Krebsforum, nicht in einer Organisation für Behinderte. Aber auch Krebs kann dauerhaft behindert machen, und eine so schwierige Thematik wie die der Sterbehilfe kann man nicht beschränken auf bestimmte Personenkreise. Wenn aktive Sterbehilfe gesellschaftsfähig würde, so würde sie gerade Schwerstbehinderte besonders bedrohen. Die Sichtweise der Behindertenverbände dazu ist eindeutig, und sie ist es nicht zufällig . Das mindeste, was ich von jedem Befürworter der aktiven Sterbehilfe erwarte, ist, sich auch für mein Recht auf Leben einzusetzen. Ich habe mich nämlich für das Leben und für das Leiden am Leben entschieden .Für ein Leben, das öfter von Aussenstehenden abgewertet wird. Natürlich sind die Leute nicht so direkt, mir gleich zu sagen, man wolle mich erlösen . Zumal ich meist vergnügt und nicht leidend aussehe. Aber wenn ich bekenne, den Fortgang meiner Krankheit im Gottvertrauen gelassen hinnehmen zu wollen, obwohl ich weiss, was voraussichtlich kommen wird, so wird mir gerne mal leichte geistige Verwirrtheit attestiert.Nun, ich bin ja nicht gezwungen, meine Sichtweise von Lebenssinn anzupassen an die gesunden Leistungsträger der Gesellschaft. Nur was passiert, wenn die bemerken, dass mein angeblich erbärmliches Leben auch noch jede Menge Geld kostet ? Während uns die Staatspleite droht.

Verzeiht mir meinen persönlichen Einwurf, aber Theorie ist manchmal zu theoretisch.

liebe Grüße
Silleke
  #12  
Alt 26.03.2010, 08:57
Silleke Silleke ist offline
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Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Hallo Dirk,
Lese gerade deinen Beitrag. Eins fehlt mir da aber. Du arbeitest im Gesundheitswesen. Du müsstest wissen,dass wir längst auch heimliche Rationierung haben aus Kostengründen. Sozusagen so was wie unerwünschte und meist von den Patienten nicht bemerkte Sterbehilfe. "Sterbehilfe "wird keinswegs nur praktiziert von mutigen Menschen in rechtlichen Grauzonen, sondern tagtäglich bei den Kosten-Nutzen-Bewertungen, bei den Entscheidungen der Krankenkasse, ja durch Verwaltungsleitungen von Kliniken.
Das Thema völlig abzukoppeln von finanziellen Entwicklungen, entspricht doch bereits heute nicht mehr der Realität . Die entscheidende Frage ist, wie verhindern wir, dass finanzielle Interessen an die ethischen angehängt werden. Darauf hat keiner eine Antwort . Und wenn es dir noch so wenig gefällt, diese Frage darf und muss man auch stellen angesichts der Geschichte. Und angesichts von Philosophen wie Singer . Wenn aber einmal ein Arzt wie neulich ein Ärztepräsident offen über notwendige Rationierung medizinischer Leistungen spricht, so brechen wir aus in scheinheilige Empörung.

liebe Grüße
Silleke
  #13  
Alt 25.03.2010, 23:40
Boxerhund1 Boxerhund1 ist offline
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Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

@ Suzie :-)

hallo Suzie,

worum es mir persönlich geht, ist einzig und alleine, daß der Wille des Patienten über allem steht.
Der Patient entscheidet, ob er eine Therapie will oder abbricht - und alleine der Patient entscheidet, ob er Hilfe will in welcher Form auch immer, wenn es um's Sterben geht. Egal ob es um Krebs geht - oder ob es um ein Unfallopfer geht, bei dem alleine nur noch der Kopf funktioniert.

Siehst, ich trage seit Jahren einen Organspenderausweis mit mir herum. Als ich den ausgefüllt habe, da kam mir auch mal das ungute Gefühl... was wäre wenn... wenn ich tatsächlich als Unfallopfer eingeliefert würde, noch nicht tot aber so schwer verletzt, daß eine Heilung zumindest fraglich ist. Was wäre dann wenn.... wenn meine Organe grad recht kämen, bekäme ich dann noch die optimale Versorgung oder würde ich, wenn ich Pech habe, gleich nur noch als Organlieferant betrachtet.
Diese Fragen beschäftigen einen - das ist doch ganz klar.
Und ähnlich ist es auch mit der Sterbehilfe.

Es ist eine Frage des Vertrauens - und ich meine, man kann meist doch Vertrauen haben. Sonst hätte ich keinen Organspenderausweis und auch keine Patientenverfügung.

Wieso die passive Sterbehilfe immer noch manchmal nicht funktioniert - von der aktiven red ich noch gar nicht - ist doch, weil einige Ärzte einfach Angst haben vor der Strafverfolgung - oder aber - und das ist auch ein Thema - weil es Ärzte gibt, für die ein sterbender Patient eine persönliche Niederlage bedeutet.
Eine gesetzliche Regelung könnte einfach dahingehend sein, daß der Wille des Patienten maßgebend ist. Was bisher bei der passiven Sterbehilfe grad mal anfängt zu funktionieren, könnte genauso für die aktive gelten: Der Wille des Patienten zählt - und NUR DER!!!

Und ich wiederhole - aktive und passive Sterbehilfe wird schon lange praktiziert, auch und gerade bei Krebspatienten in der präfinalen oder finalen Phase - nur redet keiner drüber. Und die Grenzen zwischer aktiver und passiver Sterbehilfe sind absolut fließend.

Deine Angst ist - und das völlig verständlich - daß irgendein Bürokrat entscheidet, ob du leben sollst oder sterben. Das würde ich auch vehement ablehnen.
Aber ... auch das geht am eigentlichen Thema vorbei, wenn man den Willen des Patienten selber als höchste Instanz einsetzt, wenn man es gesetzlich regelt.
Nur eben dann hat auch der heute noch gesunde - oder auch der schon kranke - Mensch hier eine Bringschuld: die Patientenverfügung!!!
Man sollte da erstmal eine klare Definition schaffen - was ist definitiv noch passiv - und was ist schon aktiv.

Aktiv? Ausreichende Schmerzbekämpfung und Sedierung? Aktiv die Maschinen abstellen? Aktiv nicht mehr zu reanimieren? Oder erst aktiv, wenn man eine letzte Spritze setzt, falls der Patient es so wünscht?

Das Thema ist so vielschichtig, daß man es auf dieser Ebene sicher nicht zu einer für alle zufriedenstellenden Lösung bringen wird.

Aber... von der hohen ethischen und moralischen Warte aus alles abzulehnen, ist für mich nicht tragbar - vorallem dann nicht, wenn man selber nicht betroffen ist als Kranker oder Angehöriger.
Unser aller oberstes Gebot sollte die Menschlichkeit sein. Wenn jemand unsagbar leidet, wo bleibt dann die Menschlichkeit, wenn man ihm einen gnädigen Tod verweigert aus - vermeintlich - ethischen Erwägungen heraus?
__________________
Liebe Grüße, Cori

Als Angehörige kam ich, als Hinterbliebene blieb ich.

Mama: 4.10.1924 - 29.6.2009

Geändert von Boxerhund1 (26.03.2010 um 00:52 Uhr)
  #14  
Alt 25.03.2010, 18:51
Stefans Stefans ist offline
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Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Zitat:
Zitat von chaoskatze Beitrag anzeigen
Und wenn du mein Posting weitergelesen hast, da steht groß und breit, dass ich auch Suizid bei psychischen Erkrankungen unterstützen würde, wenn nachgewiesen ist, dass diese fortwährend vorhanden sind und nicht durch Therapie, soweit das aus menschlicher Sicht möglich ist, geheilt werden können.
Genau das ist mein Punkt: Was veranlasst dich zu dieser Wertsetzung? Bzw. wieso glaubst du, die wäre OK.

Erinnert mich an den ewigen Streit um die Patientenverfügung. Früher war es (nach BGH-Grundsatzurteil) so, dass eine Patientenverfügung nur dann akzeptiert werden musste, wenn die Krankheit des Patienten zwangsläufig zum Tode führt (also nicht behandelbar ist). Dank Frau Zypries und nach endlosen Jahren ist die Rechtslage heute endlich so, dass Patientenverfügungen auch akzeptiert werden müssen, wenn die Krankheit nicht zwangsläufig zum Tode führt.

Ein nierenkranker Patient, der die Dialyse zum Überleben braucht, kann heute sagen: will ich nicht mehr! Das wird akzeptiert, und er stirbt nach 1-2 Wochen an Nierenversagen. Obwohl er mit dieser Krankheit Jahrzehnte leben könnte, die effektive Behandlungsmöglichkeit ist ja da. Diesem "physisch Kranken" wird das zugestanden. Dem "psychisch Kranken", für den es analog eine Heilung gäbe, stehst du dieses "ich will nicht mehr" aber nicht zu ?!?!

Zitat:
Ich zitiere: "Oder bei psychischen: wenn der Patient über mehrere Jahre hinweg trotz mehrfacher psychischer Behandlungen verschiedener Richtungen immer wieder bei einem dafür ausgebildeten Psychologen bestätigt hat, dies durchgehend zu wollen."
Dieses "wenn" ist ebenso ignorant wie unverschämt. Was ermächtigt dich (oder irgendjemanden), einen "psychisch kranken" Patienten einer Art dauerhafter differenzierter "Gewissensprüfung" zu unterziehen?

Mehrere Jahre, mehrere Behandlungen, mehrere "Richtungen", mehrere "ausgebildete" Psychologen als Gutachter... noch höhere Hürden fallen dir nicht ein? Ich kann dir da nur einen Blick in die ersten Artikel unseres Grundgesetztes empfehlen. Das Selbstbestimmungsrecht des Menschen über das eigene Leben und den eigenen Tod ist bei uns Gottseidank eines der höchsten unantastbaren Güter. Und niemand braucht eine von irgendwem "abgesegnete" Rechtfertigung dafür, wenn er nicht mehr leben will. Wenn du glaubst, dass es dieser bedarf, dann solltest du mal deinen ethisch-moralisch-religiösen background gründlich hinterfragen.

Viele Grüße,
Stefan

Zu dem verlinkten Artikel:
Ja, der Herr Ridder spricht eingie wichtige Dinge an. ABER: er als Rettungsmediziner spricht aus der Theorie. Vieles schon erlebt, aber noch nie selbst Sterbehilfe geleistet. Ja, da läßt es sich schön über Kollegen lästern, die in der Intensivmedizin arbeiten und selbstverständlich angst haben, bei einer falschen Entscheidung mit einem Bein im Knast zu stehen.

Meine Schwester arbeitet seit Jahrzehnten in der Intensivmedizin, die kennt diese Konflikte ganz genau. Und ja: da wird passive Sterbehilfe praktiziert, Tag für Tag. Allerdings in einer rechtlichen Grauzone. Entscheidet der Stationsarzt, der gerade Dienst hat. Wenn das Arzt A ist und die lebenserhaltenden Systeme beim Patienten Alarm geben, sagt Arzt A: OK, Schwestern, ihr geht jetzt mal alle für 10 Min. raus, eine rauchen. Wenn Arzt B Dienst hat, sagt der: schnellstmöglich alle lebenserhaltenden Maßnahmen ergreifen, warum auch immer!

Und das ist m.E. der eigentlich Skandal. Es wird in D seit Jahrzehnten über Sterbehilfe (passiv, um aktiv geht es ja gar nicht, ist strikt verboten) diskutiert, mit aller Vehemenz. In "Ethik-Kommissionen", wo Politiker, Ärzte, Pfaffen usw. rumsitzen. Aber während die endlos diskutieren, werden in der Praxis der Intensivmedizin alltäglich "Nägel mit Köpfen" gemacht. Und zwar nicht nach dem Willen das Patienten, sondern nach Gusto des zuständigen Arztes. Und das ist unfassbar. Wir diskutieren ewig lange über Ethik und Moral, und legen die praktische Entscheidung über Leben und Tod in die Hände von Medizinern, die in ihrer Grauzone tun dürfen, was sie für richtig halten.

Und natürlich passiert dann als Dauerzustand das, was Herr Ridder als Beispiel nennt: "Keine Wiederbelebung, wir machen nichts mehr. Eine absolut verantwortliche Entscheidung. Aber in der Akte steht was anderes: "Wiederbelebung nach 25 Minuten eingestellt." Die Kollegen wollten sich absichern. Weil sie die Hand des Staatsanwalts auf ihrer Schulter zu spüren glauben."

Wundert das noch irgendwen? Das einzige, was mich wundert, ist Hr. Ridders Formulierung "die Hand des Staatsanwalts (...) zu spüren glauben". Nee, die verantwortlichen Mediziner "glauben" nicht, die zu spüren, die ist da. Ganz konkret. Kennt sich Herr Ridder offenbar nicht mit aus. Wenn er jemals als Arzt in der Situation gewesen wäre, selbst zu entscheiden "Keine Wiederbelebung, wir machen nichts mehr"... und sich danach der Klageandrohung Angehöriger ausgesetzt gesehen hätte, die ihn dafür drankriegen wollen, dass er nichts mehr "gemacht hat"... dann hätte sein Artikel unter Garantie eine andere Perspektive.

Viele Grüße,
Stefan
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