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Alt 21.08.2006, 19:35
Orkney Orkney ist offline
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Registriert seit: 20.08.2006
Ort: Löhne / Westfalen
Beiträge: 2
Beitrag Meine Schwester

meine Schwester ist jetzt im Alter von 39 Jahren an einem sogenannten Adenokarzinom (Primärtumor in der Lunge) erkrankt.

Ja... was soll ich noch dazu sagen... ich kann´s immer noch nicht glauben.

Es war zunächst ein Schock für mich. Ich meine in diesem Alter!

Alles begann zunächst recht harmlos. Schmerzen in der Schulter. Das ging schon länger so. Keine Ahnung wie lange. Ihre beste Freundin sagte mal zu mir es würde schon seit ein paar Jahren so gehen. Kann ich nicht wirklich glauben. Vielleicht ein halbes oder ein ganzes Jahr. Nun gut wie dem auch sei es waren Schmerzen, die der Beschreibung nach, auch mir bekannt waren. Da hebt man mal was schweres (sie ist Ökotrophologin und in der Küche eines Altenheimes beschäftigt) und dann zerrt man sich nen Muskel und kann sich kaum bewegen. Also hatte ich - als sie mir mal davon erzählte - ihr geraten mal ne Wärmepackung zu machen. Hatte sie schon versucht. Ging wohl garnicht. Kälte konnte sie schon vertragen aber auch nicht sehr lange. Also habe ich sie aufgefordert doch mal zum Arzt zu gehen. Ja, ja... Dann, einige Zeit später - vielleicht zwei oder auch vier Wochen (wir sehen uns nicht so oft, da wir ca. 40km auseinander wohnen) - kam das Thema wieder auf. Ich sagte : "Geh doch jetzt mal zum Doc." Machte sie dann auch, da die Schmerzen so langsam zu heftig wurden.
Dann kamen die Untersuchungen. Von der Blutabnahme bis zum Röntgen.
So wurde dann festgestellt, dass der erste Brustwirbelkörper mit Metastasen befallen war. Der Wirbelkörper war so "zerfressen" das er drohte zusammen zu fallen. Meiner Schwester wurde dann sofort ein Fixateur intern eingesetzt, der den Wirbelkörper stabilisiert. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch der Primärtumor noch nicht gefunden worden. Die Ärzte sagten jedoch er sei bösartig. Also ging die Suche weiter. Magen und Darmspiegelungen - man vermutete den Tumor in diesem Gewebe, da er wohl überwiegend in Drüsengewebe vorkommt. Auch nichts. Also wurde dann ein CT angeordnet und der Tumor wurde schließlich in der Lunge gefunden. Adenokarzinom hieß es. Der Tumor hatte bereits in der Lunge gestreut. Wie und in welchem Umfang ist mir bis heute nicht bekannt. Adenokarzinome sind, wenn ich es richtig verstanden habe, großzellige Karzinome, die ein langsames Wachstum haben. So hatten die Ärzt -die sich mit Prognosen gern zurückhalten (vielleicht auch verständlich) - doch die Hoffnung, das bis zu ihrem Tod noch einige Jahre ins Land gehen könnten. Die Behandlungen wie z.B. Bestrahlung und anschließend Chemo werden einige Tage nach der Wirbelsäulen - OP durchgeführt. Die Ergebnisse müsse man abwarten. Klar...
So hatte wir Hoffnung, das sie das Leben vielleicht doch noch eine ganze Weile genießen könnte.
Die Kinder (11 und 14 Jahre) zwei Mädchen, haben schon nach der Trennung der Eltern, vor vier Jahren, mit anschließender Scheidung vor nun mehr eineinhalb Jahren, einiges zu verkraften gehabt. Glaubten wir (wir = Familie). Im Februar diesen Jahres verstarb dann ihr Vater. Die Kinder hatten niemanden, der mit ihnen richtig über den Tod des Vater sprach. Meine Schwester wie auch meine Eltern haben das Thema immer wieder umschifft. Die Schwiegermutter meiner Schwester spricht überhaupt nicht über dieses Thema. Klar... wer spricht schon gern darüber das der eigene Sohn ein Alkoholproblem hatte. Und wer gibt schon zu davon gewusst zu haben. Oder wurde das alles verdrängt (von der Schwiegermutter meine ich). Das wissen wir nicht. Aber meine Schwester hat mit den Kindern nicht mal gesprochen. Ich weiß das, weil die Älteste meine Frau auf das Thema mal angesprochen hat. Und da sie weiß, dass wir in unserem Hause eigentlich immer über alles reden, hat sie sie gefragt... Ist auch nicht ganz einfach für mich zu sehen, dass meine Schwester so mit allen wichtigen Themen hinter dem Berg hält.
Jetzt ihre Krankheit! Sicher ist es schwer für sie mit den Kindern darüber zu sprechen. Sie hatte am Anfang vielleicht auch nicht die Notwendigkeit gesehen mit ihnen über ihre Krankheit zu reden. Hat sie doch noch Zeit. Wenn auch nur ein paar Jahre. Aber sie braucht die Kinder ja damit, so kurz nach dem Tod des Vaters, nicht auch noch zu belasten. Kann ich verstehen.

So bekam sie ihre erste Bestrahlung für den ersten Brustwirbel. Sie war aufgeregt am Tag zuvor. Richtig aufgeregt. So mit nicht mehr sprechen können. Kein Wort mehr sagen können. Nur noch apathisch dasitzen und lächeln wenn sie angesprochen wird.
Ich habe sie am Abend - es war auf einem Montag an dem sie ihre erste Bestrahlung bekam - angerufen und wollte hören wie es ihr ergangen ist. Da erzählte sie mir von dem was sie tags zuvor erlebt hatte.
Eine Aphasie? Oder ein Schlaganfall? Ich sagte ihr sie müsse möglichst am nächsten Tag zu ihrer Hausärztin um das untersuchen zu lassen. Ja, ja... Ich sagte: "Nicht ja, ja!! Du musst schon etwas sensibler sein für solche Symptome!" Sie ging am nächsten Tag zu ihrer Ärztin. Die schickte sie sofort in den CT. Das Ergebnis kam zwei Tage später. Unter Tränen sagte ihre Hausärztin ihr, sie habe Hirnmetastasen. Circa 20. Eine davon sei ca. 5cm groß.
Da waren dann alle Hoffnungen auf ein paar Jahre Leben dahin!

Was jetzt? viele Fragen..., keine Antworten..., keine Hoffnung..., Wut, Enttäuschung, Reden, Weinen, Angst, was bewirkt die Bestrahlung oder die Chemo noch? Viel, sehr viel dreht sich um die Kinder. Die wissen aber immer noch nicht wirklich (obwohl meine Schwester mit ihnen gesprochen hat!) wie schlimm es ist. Ich habe mit der Hausärztin gesprochen. Die sagte mir, dass wir froh sein könnten, wenn sie Weihnachten noch erlebt.
Die beste Freundin meiner Schwester ist mit ihrer Familie und meiner Familie immer in engem Kontakt.
Die Kinder haben von ihrem Vater ein Haus geerbt. Das verwalte ich zur Zeit. Meine Schwester hat die Vormundschaft für die Kinder testamentarisch meine Mutter und mir übertragen. Wir möchten es den Kindern weitestgehend offen lassen wo sie leben möchten. Auch wenn sie jetzt noch garnicht daran denken. Natürlich auch weil sie es noch nicht wissen, dass es jetzt ganz schnell gehen könnte. Psychologische Betreuung der Kinder und meiner Schwester ist über die Klinik schon eingeleitet. Aber mir geht das alles zu langsam... Meiner Frau auch.... Auch der Freundin meiner Schwester. Zu Hause bei meiner Schwester regelt meine Mutter den Alltag. Das geht auch nicht mehr lange gut . Die ist auch völlig am Ende. Gibt das natürlich nicht so gern zu. Mein Vater ist sehr emotional berührt. Das macht ihm so zu schaffen, dass er an die unwichtigsten Dinge zuerst denkt. Nicht immer. Aber vielleicht doch immer öfter. Meine Frau und ich haben in unserem Sommerurlaub meine Mutter schon mal nacheinander abgelöst, sodass sie ca. 5 Tage "frei" hatte. Hilfe haben wir immer wieder angeboten, aber es wurde von meinen Eltern nicht so oft darauf eingegangen. Sie versuchen es selber zu regeln.

Jetzt, am Mittwoch, wollen wir uns alle mal zusammensetzen. Endlich mal! Das wollte ich schon seit Wochen. Klappte nie so recht. Meine Eltern waren zwar nicht dagegen, aber, so war mein Eindruck, auch nicht richtig dafür.

Jetzt warte ich erst einmal Mittwoch ab.

Ich hab ne ganze Menge geschrieben. Vielleicht etwas durcheinander. Jetzt bin ich doch etwas müde. Ich merke das ich langsam den Faden verliere und mach mal ne Pause. Vielleicht interessiert es den Einen oder die Andere und ich bekomme eine Antwort??? Wenn Fragen sein sollten, weil einiges zu undeutlich ist, bitte fragt...

LG Orkney
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