Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Krebsarten > Knochentumor

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 27.07.2009, 09:50
Alexa1982 Alexa1982 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 27.07.2009
Beiträge: 11
Standard Rippentumor

Ich bin neu hier und möchte mich kurz vorstellen: Ich bin 27 Jahre alt und mache momentan eine Doktorarbeit.
Warum habe ich mich in diesem Forum angemeldet? Das hat einen speziellen Grund. Im Jahr 2001 wurde bei mir durch Zufall bei einer Röntgenaufnahme des Brustkorbes ein Tumor in der Rippe (3.Rippe rechts) entdeckt. Da keiner so recht was damit anfangen konnte, wurde ich erstmal nach hause geschickt und mir wurde gesagt, ich sollte das in einem halben Jahr nochmal kontollieren lassen. Das habe ich dann auch getan und der Arzt, der die Kontrolle gemacht hat, hat mich sofort ins Klinikum überwiesen. Dort wurde ich dann operiert. Die OP wurde als ziemlich harmlos dargestellt und keiner hat mir gesagt, wie ich mich wohl fühlen würde. Man hat mir versprochen, dass man seitlich unter dem Arm die OP-Wunde machen würde, aber als ich aufwachte, fand ich meine Narbe direkt über der Brust im Ausschnitt. Außerdem war ich auf der Intensivstation, an tausend Kabel angeschlossen und vollkommen hilflos. Das war ein ziemlicher Schock.
Die folgenden Tage waren ebenfalls der Horror. Ich war randvoll mit Morphium, habe daher meinen Geburtstag kaum miterlebt und hatte trotzdem ziemliche Schmerzen. Vor der OP und nach dem Schnellschnitt wurde mir gesagt, der Tumor sei gutartig, aber einen Tag vor meiner Entlassung wurde mirmitgeteilt, dass es sich vermutlich um ein Chondrosarkom handelt. Am gleichen Tag erfuhr ich, dass meine Mutter ausgezogen war, weil sie einen anderen hat. Ich war fix und fertig.
Nach dem KK-Aufenthalt sollte ich eigentlich eine Strahlentherapie machen. Aber der zweite Pathologe meinte wiederum, es sei gutartig gewesen. Da ich nun völlig verwirrt, fertig und genervt war und mir auch keiner sagen konnte, was es bringen soll, etwas zu bestrahlen, was nicht mehr da ist, habe ich mich gegen eine Bestrahlung entschieden.
Seither sind 7 Jahre vergangen. Ich habe regelmäßige CT-Kontrollen gemacht und Gott sei Dank wurde nichts mehr gefunden. Trotzdem ist mein Leben nicht mehr so wie es mal war.
Ich werde wohl nie wieder T-Shirts mit Ausschnitt tragen können, weil ja nicht nur die Narbe da ist, sondern auch die fehlende Rippe auffällt. Das Vertrauen in meinen Körper ist komplett weg. Ich weiß nicht wie oft ich seither geglaubt habe, es wäre wieder irgendwo ein Tumor gewachsen. Jeder Schmerz läßt meine Alarmsignale läuten. Am Anfang dachte ich ja noch, dass dasmit der Zeit besser werden würde, aber darauf warte ich bis heute.
Vermutlich wird mir nur eine Psychotherapie helfen, aus diesem Loch wieder herauszukommen. Die Angst wird sich wohl nie zu 100 % bekämpfen lassen.
Meine Frage an Leute, die ebenfalls eine Krebserkrankung hinter sich haben: Wie geht ihr damit um? Wie geht es euch in den Tagen vor der nächsten Kontrolle?
Vielen Dank im Voraus
Alexa
Mit Zitat antworten
  #2  
Alt 27.07.2009, 13:09
LIVESTRONG LIVESTRONG ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 28.04.2009
Beiträge: 307
Standard AW: Rippentumor

Hallo Alexa

Erstmal Herzlich Willkommen im Forum. Ich stelle mich mal schnell vor. Mein richtiger Name ist Stephan Wolff und bin 26 Jahre alt. Bei mir wurde 2000 ein Osteosarkom linker distaler Femur entdeckt. Der Tumor war bösartig und hoch aggressiv. Als damals das erste MRT gemacht wurden war, wurde auch ein Tumor an der Rippe festgestellt. Ich glaube, bei ist es auch die 3. Rippe rechts, aber ganz genau weiß ich es nicht mehr.

Nach der Chemo und OP wollte ich eigentlich den Tumor an der Rippe entfernen lassen. Die Ärzte verneinten aber. Sie sagten, das der Tumor gutartig ist und eine OP sinnlos wär, da man bei der OP nicht sagen kann, ob man alles erwischt.

Ich kann dich verstehen, das dich das ärgert, das du keine T-Shirts mit Ausschnitt mehr tragen kannst. Man schämt sich einfach, sich so zu zeigen. War bei mir am Anfang auch so. Wollte nur lange Hosen anziehen, auch im Sommer. Heute sehe ich meine Narbe als Symbol der Willenskraft. Mir ist es egal, was die Leute über mich sagen. Wenn die Leute mich fragen, was ich gemacht habe, antworte ich, das ich Krebs hatte und das die Narbe die Rechnung ist fürs Überleben. Einmal hat mich ein Mann gefragt, ob ich mir die Narbe im Afghanistan-Krieg zugezogen habe. Ich sagte zu ihm: Ich war im Krieg und mein Gegner hieß Krebs!

Nun zu deiner Frage. Ich lebe mein Leben weiter, wie vor der Krankheit. Habe zwar ein paar Einschränkungen, aber das stört mich nicht mehr. Damals dachte ich, ich werde sterben, aber heute bin ich optimistischer. Ich habe die Krankheit einmal überlebt, also werde ich sie wieder überleben, wenn ich sie noch einmal bekommen sollte. Eine Lebensänderung kann auch positiv sein. Ich empfehle dir, dieses Buch zu kaufen: "Tour des Lebens" von Radrennfahrer Lance Armstrong.

Versuche nicht an deine Krankheit zu denken. Das Leben geht weiter.

Gruß LIVESTRONG
Mit Zitat antworten
  #3  
Alt 27.07.2009, 14:11
Alexa1982 Alexa1982 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 27.07.2009
Beiträge: 11
Standard AW: Rippentumor

Hallo Stephan,
erstmal vielen lieben Dank für deine ausführliche Antwort. Du hast ja so recht mit dem was du sagst. Prinzipiell ist mir das alles klar und mein normales Gefühl sagt mir ja auch, dass ich davon Abstand bekommen muss. Aber an manchen Tagen fühle ich mich einfach schlecht, habe irgendwo Schmerzen und denke dann gleich wieder ich habe Krebs. Seit ein paar Tagen habe ich Schmerzen im linken Unterschenkel. Ich bilde mir ein, das Schienbei sei etwas geschwollen, was ich aber schonmal habe, weil ich sehr anfällig für blaue Flecken bin. Jeder normale Mensch würde sagen: Wenn du Schmerzen hast, dann geh zum Arzt. Aber bei mir kommt das einfach zu oft vor. Das ganze spielt sich vermutlich im Kopf ab. Und dann denke ich: Diesmal gehst du nicht wieder zum Arzt und lßt dich röntgen. Aber dann hab ich Angst, dass genau dieses eine Mal wirklich was da ist und ich den Moment verpasse. Das ist einfach nur krank und das weiß ich auch. Auf einen Therapieplatz unter anderem auch wegen Depressiven Verstimmungen warte ich schon ein halbes Jahr und es ist immer noch kein Platz frei.
Wenn die meisten hier meinen Beitrag lesen, denken sie sicher, dass ich doch froh sein soll, dass der Krebs weg ist und ich dankbar sein soll, dass ich gesund bin. Das bin ich auch. Aber meine ständige selbstproduzierte Angst nimmt mir einfach ein ganzes Stück Lebensqualität, die ich so gerne wieder hätte.
Ach Stephan. Was ist denn dann mit deinem Rippentumor geworden? Und wie wurde der Tumor im Bein entdeckt? Das mit der Rippe hat mir nämlich keine auffälligen Schmerzen bereitet.
Mit Zitat antworten
  #4  
Alt 27.07.2009, 16:17
LIVESTRONG LIVESTRONG ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 28.04.2009
Beiträge: 307
Standard AW: Rippentumor

Hallo Alexa

Angst haben alle Menschen. Den Satz, "Wenn du Schmerzen hast, dann geh zum Arzt." muss ich zustimmen. Es ist besser einmal zu viel als zuwenig untersucht. Also streubt dich nicht und geh zum Arzt. Der Arzt muss dich behandeln. Und wenn dein Arzt deine Krebserkrankung kennt, wird er dich schon gründlich untersuchen. Du hast den Krebs jetzt schon 7 Jahre hinter dir, da ist eine erneute Krebserkrankung fast ausgeschlossen. Und wenn du dich regelmäßig (einmal im Jahr) gründlich untersuchen lässt, ist das Risiko eines Rückfalls gleich null. Vielleicht kannst du in einer Selbsthilfegruppe deine Angst überwinden und wieder ein normales Leben führen.

Mein Tumor an der Rippe habe ich noch. Mein Bein ist kurz nach meinen 18. Geburtstag dick geworden. War zum Glück zu diesen Zeitpunkt zu Hause, da ich einen Arbeitsunfall hatte und mir das Handgelenk gebrochen hatte. Mein Hausarzt hatte da so ein Vermutung und hat mich nach Chemnitz zum MRT geschickt. Und da ist es dann rausgekommen. Wurde nach Dresden geschickt. Dort wurde die Biopsie und die Chemo gemacht. Operiert wurde ich im Münster.

Gruß LIVESTRONG
Mit Zitat antworten
  #5  
Alt 27.07.2009, 21:35
flyyy flyyy ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 25.06.2006
Beiträge: 375
Standard AW: Rippentumor

Hallo Alexa
Ich habe den gleichen Jahrgang wie du und war ebenfalls von Knochenkrebs betroffen, jedoch an der Hand.

Meine Narbe hat mich lange auch gestört. Jetzt ist sie endlich so verblasst dass sie nicht mehr auffällt. An meiner neuen Arbeitsstelle (und da arbeite ich schon über ein Jahr) hat mich noch niemand danach gefragt.

Generell geht es mir gut mit meiner "krebsvergangenheit". Nur kurz vor den Kontrollen wird mir wieder bewusst, dass ich krank war und das Risiko besteht, dass der Krebs wieder zurückkommt.

Aber im Moment ist für mich die Krankheit ganz klar Vergangenheit. Mein Leben hat sich stark verändert seither. Damals (vor 3 Jahren) war ich noch Studentin, wohnte bei meinem Vater und war Single. Der Lebensabschnitt ist jetzt vorbei, jetzt habe ich einen Job, habe meinen Freund mit dem ich zusammenwohne, habe mein erstes eigenes Auto gekauft, ... und die Krebszeit ist schon weit, weit weg...

Ich wünsche Dir, dass Du auch irgendwann sagen kannst "das ist schon ewig her"...

Liebe Grüsse
Flyyy
Mit Zitat antworten
  #6  
Alt 28.07.2009, 10:36
Alexa1982 Alexa1982 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 27.07.2009
Beiträge: 11
Standard AW: Rippentumor

Hallo flyyy,

vielen Dank für deine Antwort. Ich ziehe sehr viele Parallelen in unseren Geschichten. Ich war damals auch Studentin im 2. Semester. Musste mein Studium zwar unterbrechen, wodurch es 1 Jahr länger gedauert hat, aber bisher hat sich das zum Glück nicht negativ ausgewirkt.
Damals habe ich auch noch zu hause gewohnt. Ich war zwar in einer Beziehung, aber wenn ich das jetzt mit dem nötigen Abstand betrachte, war das eigentlic eine Freundschaft mit etwas Sex ab und zu. Nach der Krankheit, der Trennung meiner Eltern, dem Tod meiner beiden Opas wußte ich nicht mehr wer ich bin. Die Beziehung habe ich beendet nach 3 Jahren, obwohl Marcus damals eine große Unterstützung für mich war, gerade in der Zeit im Krankenhaus. Aber ich konnte danach seine Nähe einfach nicht ertragen, weil mir mein Körper so fremd war.
Heute bin ich mit dem Studium fertig, promoviere seit 2 Jahren, wohne mit meinem jetzigen Freund seit 4 Monaten zusammen. Er ist der beste Mann, den man sich vorstellen kann und ohne ihn wüßte ich so manches mal nicht weiter. Wenn wieder mal irgendwo was wehtut und ich traurig bin, weil ich ständig was habe, dann sagt er einfach: Das ist halt so bei dir und ich liebe dich so wie du bist. Wenn ich ihn dann frage, ob er das denn wohl sein ganzes Leben aushalten wird, dann sagt er: Die Alternative (ohne dich) wäre 1000-fach schlimmer. Er hat da so viel Geduld, dass ich manchmal nicht weiß, wo er sie hernimmt.
An Unterstützung mangelt es also nicht. Die Sache spielt sich in meinem Kopf ab. Und ich leide sehr darunter. Ich möchte so gerne damit abschließen, aber ich sehe das Problem darin, dass ich meinem Körper nicht mehr vertraue. Damals gab es ja keine Warnhinweise, die mir gesagt hätten, dass was nicht stimmt. Und der Tumor war immerhin so groß wie ein Tischtennisball. Vermutlich werfe ich mir unterbewußt vor, dass ich nicht genug auf mein Körpergefühl geachtet habe. Und deshalb interpretiere ich nun jeden Schmerz als neuen Tumor.
Was mich etwas beruhigt ist, dass es hier noch andere Menschen gibt, die dieses Problem haben. Mich nervt nur, dass wir nach der ohnehin so schweren Zeit nicht mals jetzt ein normales Leben führen können.
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 09:02 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55