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Alt 02.04.2008, 23:55
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MrTiBone MrTiBone ist offline
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Registriert seit: 02.04.2008
Ort: Raum Stuttgart
Beiträge: 83
Standard Seltene T-PLL meiner Frau

Hallo liebe Forenmitglieder,

Ich (42) habe schon viele Eurer Forenbeiträge gelesen und "traue" mich nun auch etwas über meine kranke Frau, mich und meine Gefühle zu schreiben.

Angefangen hat alles im April 2007 als meine Frau (41) wegen merkwürdigen Gesichtsschwellungen zum Hausarzt ging. Er diagnostizierte Eisenmangel anhand eines "normalen" Laborbefundes. Sie bekam ganz einfache Eisentabletten doch die Schwellung im Gesichtsbereich nahmen zu.

Im August kamen schmerzlose Lymphknotenschwellungen hinzu und eine leicht erhöte Leukoanzahl... der behandelnde Arzt meinte .... eine Infektion sei das Übel und verschrieb daraufhin Antibiotika das dann auch erstmal half.

Im November 2007 kamen die Schwellungen zurück und wir wurden langsam misstrauisch, da meine Frau im März 2006 eine Herzkatheteruntersuchung hatte, gingen wir zum Herzspezialisten der sie damals betreute.... wieder Blutbild... Ergebnis erhöhte Leukozyten sonst kein weiterer auffälliger Befund.

Dennoch wollten wir jetzt genau wissen was los ist.... eine weitere Blutuntersuchung am 07.12.2007 inkl. diff. Blutbild brachte die Wahrheit ans Tageslicht. Verdacht auf Leukämie... um seine Diagnose zu untermauern führte der Arzt gleich eine Sono durch mit dem Ergebnis ...Milz und Leber ist um eine vielfaches vergrössert.... ja die Milz passte schon nimmer auf einen Scan.... sofortige Rücksprache mit dem KH und Einweisung in das selbige.

Da wir im Raum Stuttgart wohnen, bekamen wir sofort eine Einweisung ins RBK (Robert Bosch Krankenhaus) nach Stuttgart wo sie am selben Tag nochmals Untersucht wurde. Mitttlerweile hatte sich eine fiebrige Erkältung hinzugesellt.

Aufgrund der Untersuchung einer noch recht jungen Ärztin im RBK und dem Blutbild wurde meine Frau beruhigt, da es sich anscheinend um eine Leukämie handelt, jedoch sei es keine akute Art. Sie sollte am darauffolgenden Montag zur Punktion kommen um weiteres abzuklären. Das Wochenende kam und die Erkältung / Fieber/ Husten wurden schlimmer. Wir halfen uns mit den üblichen Grippe und Erkältungsmittelchen... Aspirin Paracetamol usw. was sich im nachhinein als recht ungünstig herausstellte da es blutverdünnend wirkt und eine Komplikation einer KM Punktion erhöht.

Das Wochenende war geschafft und meine Frau kam in einem erbärmlichen Zustand wieder ins RBK. Dort trafen wir "Gott sei Dank" auf eine erfahrene Ärztin die sofort erkannte dass meine Frau sofort und ohne weiteres zögern in eine Isolierstation sollte um dort Onkologisch und Hämatologisch betreut werden muss.

Gesagt getan, kaum ausgesprochen lag meine Frau auf der Isolierstation der Hämatologischen Intensiv.... und wurde alsbald punktiert.

Es folgten unzählige Untersuchungen CT/ ECHO/ Rüntgen/Sono EKG/ diverse Bluttests bis wir nach einer Woche die Diagnose bekamen.

T-PLL eine sehr seltene und hochmalige Lymphatische Erkrankung mit einer Medianen Überlebensrate von 7 - 13 Monaten.

Wir waren beide am Boden zerstört.... Warum sie ?, warum in diesem Alter und weshalb so eine seltene Form ?... Fragen über Fragen.... und keine Antworten. Nicht einmal im Internet bekommt man genug Informationen über diese Erkrankung sodass die Erfahrungswerte über Behandlungsformen und Therapieerfolge gleich weniger als null sind.

Es gibt sicher Studien und diverse Berichte von Ärzten über diese Erkrankung aber seltens gibt es Erfahrungsberichte von Betroffenen da diese laut Epitemologie laut Erfahrung weit über 65 Jahre alt sein müssten.... da diese
T-PLL hauptsächlich im hohen Alter auftritt.

Zwei Studien berichten über Therapie bei T-PLL und einer Erfolgsquote von
35% bei Vollremission und 65% bei Teilremission allerdings ohne SZT von nahezu 95% rezessiv.

Nun meine Frau war erstmal in Guten Händen, sie bekamen die Schwellungen die Erkältung und sämtlichen Symptome sehr schnell und gut in den Griff indem sie mit Endoxan und Dexamethason vortherapierten bis sie sich 100% sicher waren ob es eine T-PLL sei.

Am 13.12.2007 ging es ihr schon wieder "relativ" gut. Sie war zu dieser Zeit davon überzeugt dieser verd. Krankheit den Kampf anzusagen. Nun sie wollte mich und unsere drei Kinder (15, 14 und 12) nicht alleine lassen und wenigstens am Heilig Abend schon wieder Zuhause sein.

Die Ärzte gaben ihr neben einer vorbeugenden Chemokeule noch Kortison hinzu und ihr Zustand stabilisierte sich zusehens.

Nun plante man die folgende Therapie. Von Anfang an stand fest dass man diese Art der Leukämie nur mit einer genau vorherbestimmten Form der Antikörpertherapie (Alemtuzumab MabCampath) über zwölf Wochen (Gabe alle zwei Tage (Mo, Mi, Fr) ambulant durchführen wird. Danach wird aber aufjedenfall die SZT erfolgen.

Glück im Unglück war das meine Frau trotzalledem noch keine grossgestreuten Lymphknoten im Körper hatte (bis auf ein paar kleinere im Bauch und Thoraxbereich) und ihr allgemeiner Zustand doch noch sehr gut war.

Die ersten Therapiegaben erfolgten noch im KH sodass wenn keine weiteren Komplikationen enstehen sollten sie evtl. am 24.12. Nach Hause darf.

Die Freude war gross als sie tatsächlich an Heilig Abend bei uns (zwar mit Munbdschutz) aber doch recht munter auf dem Sofa saß.

Es folgten 8 Wochen Therapie, jeden zweiten Tag in die Onko Tagesklinik... Blut abnehmen und Prophilaxe Therapie mit diversen Anti- Pilz, Viren und Bakterieninfusionen... dann zwei Std. MabCampath gabe.

Die Hoffnung wuchs dieser seltenen Erkrankung Herr zu werden.
Diese Therapie wurde vom 26.12.2007 - 21.02.2008 durchgeführt..... also knappe 8 Wochen. Da ihr Bruder paralell als SZT Geber zu 99,99 % typisiert wurde brach man dann ab um dem Körper die Ruhe vor der Hochdosis Bestrahlung und aggressiven Chemo vor der eigentlichen SZT zu gönnen.

Leider ergab die Therapie mit dem Wundermittel MabCampath nicht den erwünschten Erfolg sodass man uns nach einer Besprechung die SZT nicht wie Anfangs geschildert als Abschluss der Therapie verkaufte ...sondern die letzte Möglichkeit quasie der Rettungsanker sei... wieder waren wir am Boden zerstört. Es folgte das übliche Prozedere ...zur Vorbereitung auf eine SZT...

Ihr wurde ein Hickman Katheter gesetzt um später die Chemo und andere Substanzen inkl der Stamzellen leichter und effezienter zu geben.

Wieder eine Woche Krankenhaus auch hier zum Glück ohne Komplikationen...

Der Termin stand Mittlerweile auch schon fest.
Am 31.03 Aufnahme ins RBK nach Stuttgart dann zur Ganzkörperbestrahlung in die Uniklinik nach Heidelberg ( wo sie sich derzeit bis Freitag befindet )
Am Samstag und Sonntag Chemotherapie am Montag Ruhetag und am Dienstag die SZT.

Warum schreibe ich euch dies alles.... ich habe jede Menge Freunde, Bekannte und auch eine relativ grosse Familie...mit denen könnte ich dies auch bereden...allerdings bin ich wach geworden..... viele unserer sog. "Freunde" lassen sich gar nicht mehr blicken...geschweige rufen an oder fragen nach. Ich verstehe dies nicht wirklich da meien Frau gerade jetzt ihre Hilfe benötigte.

Ein Teil meiner Familie kümmert sich rührend um uns, der andere Teil ist verschollen.... Ich selber fühle mich sehr schlecht und bin unruhig, da ich echt Angst hab meine Frau zu verlieren... ja und nun kommt es ich mache mich selbst fertig weil ich mir indirekt die Schuld daran gebe dass sie krank wurde.

Kompletter irrationaler Gedanke da ich weiss dass niemand daran Schuld ist...allerdings bin ich seit 20 Jahren mit dieser Frau glücklich verheiratet und konnte bisher jedes Übel von ihr fernhalten und nun steh ich da und bin hilflos und muss zusehen wie meine Frau "alleine" kämpft.... sicher sie ist stark... aber ich fühle mich so machtlos.... und so klein.

Aktuell liegt sie in der Uniklinik in Heidelberg und die Ganzkörperbestrahlungen schwächen sie zunehmend... ihr momentaner seelischer Zustand ist noch gut und sie ist voller Hoffnung. Am Freitag wird sie nach Stuttgart rückverlegt und dann beginnt die schwierige Phase.

Auch auf die Gefahr hin euch gelangweilt zu haben... musste ich dies einfach mal niederschreiben um den Kopf frei zu bekommen und vielleicht findet sich der ein oder andere der ähnliche Gefühle hatte...bzw. Ängste ja sogar die gleiche Krankheit...

Vielleicht konnte ich aber auch dazu beitragen dass der/die ein oder andere wie meine Frau auch den Kopf nicht in den Sand steckt sondern die Fahne hisst und ins Kampfhorn bläst.... ich wünsche euch allen da draussen ob Kranke oder Familienmitglieder alles Glück, ne Menge Kraft und allzeit einen klaren Kopf um diese schwere Zeit zu überstehen.

Ich danke euch für euer Ohr und wünsche eine gute Nacht...

Ich werde weiter berichten........

Michael

Geändert von MrTiBone (11.04.2008 um 11:23 Uhr)
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