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  #1  
Alt 11.12.2011, 08:16
Francesca Francesca ist offline
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Registriert seit: 21.11.2010
Beiträge: 4
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Hallo liebe Community,

seit ziemlich genau 15 Monaten bin ich stille Mitleserin in diesem Forum und möchte mich jetzt gern vorstellen weil das allein-sein mit all den Ängsten, Hoffnungen und Belastungen allmählich nicht mehr zu ertragen ist.

Im September 2010 bekam mein Partner nach wochenlangen erfolglosen Therapieversuchen seines "Schnupfens" die Diagnose "Adenokarzinom der Nasennebenhöhle". Der Tumor hatte sich bereits durch das Siebbein gefressen, unterwegs den Riechnerv zerstört und sich auch noch am rechten Schläfenlappen ausgebreitet, ehe er entdeckt wurde.

Nach zwei Operationen, einer Reha und einer Radiotherapie wurde mein Partner im April als "arbeitsfähig" und "geheilt" entlassen und wir atmeten auf und dachten "gerade noch mal davon gekommen". Bei der Kontrolle im Juni war alles ohne Befund und wir haben das Leben gefeiert.

Bereits im Juli fiel mir auf, dass er wieder antriebslos und leicht reizbar war. Im August zog er sich auch tagsüber wieder viel ins Bett zurück und wurde auf einen Infekt behandelt (Antibiose).
Ende September stellte sich heraus, dass er ein Rezidiv hat, welches eine Blutung im Gehirn ausgelöst hat. Man konnte alles relativ problemlos operativ beheben. Im Bild stellte sich leider dar, dass in seinem Kopf viele kleine "Tumorinseln" zu sehen sind, eine sogenannte Meningeosis karzinomatosa.

Die Radiologen (Heidelberg) lehnten eine Behandlung aufgrund der Größe der Tumore ab und empfahlen "best supportive care".
Aktuell bekommt mein Partner eine intrakranielle Chemotherapie, als Versuch, ob sich das Wachstum der Tumore damit eindämmen lässt.

Er trägt all das mit einer erstaunlichen Tapferkeit. Weigert sich standhaft, in jene Verzweiflung zu fallen, die mich regelmäßig komplett von den Beinen reißt. Sorgt sich ironischerweise mehr um mich und die Kinder, als um sich selbst.

Mittlerweile befürchte ich, dass seine Wahrnehmung bereits stark verändert ist, der alltägliche Umgang mit ihm gestaltet sich zunehmend schwieriger und bei allem Wissen um die Herkunft dieser Wesensveränderungen: es ist nicht immer leicht zu ertragen.

Als wäre all das nicht schon belastend genug, zieht die Erkrankung auch bereits einen kilometerlangen Rattenschwanz an weiteren Verwicklungen nach sich (familiär, finanziell usw.)

Oft bekomme ich eine so rasende, blinde Wut, weil das alles so ungerecht und bescheuert und kaum zu ertragen ist.

Ich würde mich freuen, wenn ich hier ein bisschen Unterstützung, Ratschläge, Mutmacher oder auch einfach nur eine Ausheul-Ecke finde, denn hier muss ich den Kindern zuliebe meist (oskarverdächtig) die Zuversichtliche spielen und zum Weinen aufs Klo gehen.


Francesca
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  #2  
Alt 11.12.2011, 09:10
edith57 edith57 ist offline
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Beiträge: 655
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Liebe Francesca,

Willkommen hier im Angehörigen-Forum. Es ist gut, dass du dir ein Ventil suchst, wo du ein paar der in dir angestauten Emotionen los werden kannst. Ich kenne dieses Gefühl der Wut nur zu gut - auch ich werde manchmal wütend, wenn ich sehe wie gut es anderen geht, die mit ihrer Gesundheit wesentlich sorgloser umgehen, als mein Mann es in seiner gesamten Lebenszeit gemacht hat - und die trotzdem immer gesund und trotzdem unzufrieden mit ihrem Leben sind. Aber diese Wut bringt uns nicht weiter - macht uns nur aggressiv und noch trauriger.

Auch mein Mann geht erstaunlich gut mit dem Wissen um seine Erkrankung um, mir fällt das meistens sehr viel schwerer. Ich glaube, es ist diese eigene Hilflosigkeit - man muss seinem geliebten Partner dabei zusehen, wie er leidet und kann nichts, aber auch absolut gar nichts dagegen machen.

Zugleich hat uns diese Krankheit aber noch viel näher gebracht, als wir uns unsere ganze gemeinsame Zeit von mittlerweile 35 Jahren ohnehin schon waren. Wir genießen jede gute Stunde zusammen und freuen uns einfach daran, dass wir uns hier und jetzt noch haben.

Schreib dir deinen Kummer hier auch weiterhin von der Seele - jeder hier weiß, wie du dich fühlst.

Liebe Grüße
Edith
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  #3  
Alt 12.12.2011, 08:20
tatjana2208 tatjana2208 ist offline
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Ort: Dortmund
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herzlich willkommen hier...
es tut mir sehr leid für deinen Partner...
schreibe hier alles auf was dich bewegt...
ich wünsche dir viel kraft und deinen Partner alles gute
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  #4  
Alt 12.12.2011, 11:05
Rose_SLO Rose_SLO ist offline
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Hallo Francesca,

als ich Deinen Thread las, war ich mir nicht mehr sicher, ob er nicht von mir stammt... Mein Mann hat LK mit ED 20.07.2011 (Stadium IV, T4N3M1b) mit Metastasen in anderen Organen. Im September erlitt er einen leichten Schlaganfall (könnte auch eine Meta sein, CT ist nicht eindeutig, eine Hirnwasserpunktion soll folgen...), seitdem hat er Wortfindungsstörungen und ist hin und wieder leicht verwirrt. Die Chemo mussten wir mitten im 5. Zyklus abbrechen. Seit 10 Tagen macht er eine Tarceva-Therapie.

Ich habe meinen Traummann, meine grosse und einzige Liebe geheiratet, seit 21 Jahre führen wir eine SUPER-EHE. Mein Mann, mein Stützpfeiler, mein Partner, mein Liebhaber, der Vater unserer Kinder, mein ein und alles und nun.... mein Mann ist nicht mehr der, welcher er war! Seine Persönlichkeit hat sich voll verändert und sein Körper zieht nach (hat seit September 27 kg abgenommen). Manchmal weiss ich nicht, ob ich meinen Mann oder ein weiteres Kind (wir haben 3 Kinder: 16, 19, 20 - alle noch daheim -2 Schüler, 1 Studentin)an meiner Seite habe.
Zudem habe ich im Juni meine Mutter an einem Herzinfarkt verloren und vor 7 Wochen ist mein Vater mit 72 an LK (ED Juni 2011) gestorben. Meine Eltern haben, ich bin vor 19 Jahren ins Ausland gegangen, an unser Haus in Slowenien ein kleineres Haus angebaut und lebten seit ihrer Rente da.
Ich habe keine Geschwister, bzw. mein Bruder starb mit 15 (er war 4 Jahre älter als ich) an einer Lungenentzündung, daher hielt meine Eltern in Deutschland nichts mehr.

Mein Leben steht Kopf!!! Nichts ist mehr wie es war! Und den Rattenschwanz den die Krankheit nach sich zieht erlebe ich auch...

Francesca, ich weiss was Du fühlst. Auf einmal bist Du "allein", obwohl Dein Mann im Bett neben Dir liegt, Du fühlst ihn, Du riechst ihn, aber kannst nicht mehr mit ihm Deine Sorgen teilen. Ich kann bis zu einem gewissen Grad mit meinen Kindern über ihren Vater reden, aber es gibt einfach auch Grenzen...

Weinen, ja das muss ich auch sehr oft und dann gehe ich in den Garten... oder ziehe mich in ein Zimmer unserer Kinder zurück, die lassen mich dann auch in Ruhe und schauen in der Zeit nach ihrem Vater, damit er mich nicht gerade in diesem Moment sucht.

Eigentlich wollte ich nicht so viel schreiben, aber Dein Thread hat mich dazu verleitet, irgendwie fühle ich mich durch das gleiche Schicksal mit Dir verbunden....

Ganz liebe Grüsse

Rosemarie
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  #5  
Alt 12.12.2011, 13:37
Francesca Francesca ist offline
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Liebe Edith, Liebe Tatjana, Liebe Rosemarie,

vielen Dank für Eure verständnisvollen Worte! Rosemarie, Du bringst es auf den Punkt: das sich-viel-zu alleine fühlen, obgleich er doch neben mir ist...

Die ganzen wohlmeinenden Freunde und Bekannten, die sich aber doch nach und nach zurückziehen, weil sie mit dem Schmerz an irgendeinem Punkt nicht mehr umgehen können (ich versteh es ja).

Wir sind "erst" seit vier Jahren zusammen, in unserem Alter nochmal verliebt wie die Backfische und noch so viele Pläne.

Ich weiß, er kann nichts dafür und ich sollte nicht gekränkt sein aber seine plötzlich kaum mehr vorhandene Anteilnahme an unserem Leben macht mir böse Magenschmerzen.

Ich bin erleichtert, in Euch Menschen zu finden, die wirklich begreifen, wie es sich anfühlt, den geliebten Menschen nicht retten zu können und hautnah sein Leiden mitzuerleben.

Wird dieser Chat, den ich da oben sehe, eigentlich genutzt? Was ist denn da ein guter Zeitpunkt, sich einzuloggen?

Sehr sehr dankbare Grüße


Francesca

P.S. Rosemarie, Du hast recht, unsere Schicksale ähneln sich wirklich sehr. Ich bin hier auch ohne jeden familiären Rückhalt ..Eltern im Ausland und und und

Bei uns kommt im Moment als Krönung dazu, dass wir aus unserem Haus raus müssen (ist in dieser Situation leider unbezahlbar geworden) und ich mich fühle wie im Hamsterrad
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  #6  
Alt 12.12.2011, 15:00
Rose_SLO Rose_SLO ist offline
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Liebe Francesca,

ich spüre, dass Du verstehst wo ich stehe, denn Dein Schicksal ist so ähnlich... Ich wünschte ich wäre näher, dann könnten wir uns persönlich kennenlernen! Aber nichtsdestotrotz bin ich im Forum und per Mail für Dich erreichbar!

Darf ich fragen wo Du in Deutschland lebst, wenigstens so ungefähr. Ich bin aus Mannheim und lebe nun in Slowenien Nähe Grenze Österreich/Ungarn/Kroatien, jeweils weniger wie 30 Min. Autofahrt bis in die Nachbarländer.

Francesca, ich wünsche uns beiden VIEL Kraft, denn die werden wir noch benötigen!!!

Ganz, ganz liebe Grüsse und viel Kraft

Rosemarie
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  #7  
Alt 12.12.2011, 15:04
Rose_SLO Rose_SLO ist offline
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Ach ja - zur Frage Chat, bisher war nie jemand im Chatraum, wenn ich ihn betreten hatte... Solltest Du jedoch den Wunsch haben mit mir chatten, dann müssten wir uns nur im Forum verabreden!

LG
Rosemarie
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  #8  
Alt 08.01.2012, 15:13
Francesca Francesca ist offline
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Liebe MitleserInnen und LeidensgenossInnen,

in der Nacht zum Samstag hat er es geschafft. Dieses eine Mal hatte der Krebs Gnade und ihm ein schnelles, schmerzfreies und würdiges Ende beschert.

Ich war an seiner Seite und spätestens der Anblick seines entspannten, unendlich friedlichen Gesichtes hat mich mit seinem viel zu frühen Ende versöhnt.

Noch stehe ich hier traurig, verängstigt und fassungslos.


Francesca
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  #9  
Alt 08.01.2012, 15:29
monika100 monika100 ist offline
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Hallo Francesca,

habe gerade erst angefangen bei dir zu lesen - und nun ist es schon zu Ende!? So schnell, ich kann dir gar nicht sagen, wie leid mir das tut.

Ich wünsche dir ganz viel Kraft für die kommende Zeit und melde dich bei uns, wenn dir danach ist.

Traurige Grüße

Monika
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  #10  
Alt 08.01.2012, 18:06
Benutzerbild von Morgana
Morgana Morgana ist offline
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Zitat:
Zitat von Francesca Beitrag anzeigen
Wir sind "erst" seit vier Jahren zusammen, in unserem Alter nochmal verliebt wie die Backfische und noch so viele Pläne.
Meine herzliche Anteilnahme. Ich habe meinen Mann 5 Tage vor dem 4. Hochzeitstag, 2008 beerdigt. Auch wir hatten noch viel vor...

LG
Morgana
__________________
Die Seele hätte keinen Regenbogen, wenn die Augen nicht weinen könnten.
[Indianische Weisheit]
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  #11  
Alt 10.01.2012, 10:21
Rose_SLO Rose_SLO ist offline
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Liebe Francesca,

in Gedanken bin ich bei Dir, ich wünsche Dir Halt und die Kraft, das "Danach" zu bewältigen.

...und seine Seele spannte weit ihre Flügel aus,
flog durch die stillen Lande, als flöge sie nach Haus...



Rosemarie
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