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Alt 29.09.2007, 21:38
Schnucki Schnucki ist offline
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Registriert seit: 22.09.2006
Beiträge: 917
Standard Und auf einmal ist sie da - die Trauer

Hallo Ihr Lieben,

tja, manche kennen mich aus dem LK-Forum - meine Mutter war betroffen und verstarb nach 11 Monaten Krankheit am 13.08.07.

Ich bin normalerweise ein absoluter Gefühlsmensch, ich entscheide meist spontan aus dem Bauch raus, ich bin kein rationell denkender Mensch, das Gefühl überwiegt meist.

Während der Krankheit meiner Mutter war das anders: Auf einmal war kein Gefühl da, ich redete mit den Ärzten, ich organisierte, ich funktionierte - ohne Tränen, ohne Verzweiflung, voll im Bewußtsein, was die nächsten Monate kommt.

Freunde von mir fanden es absolut faszinierend, wie ich mit der Krankheit umging. Sie bewunderten mich, meine Stärke, sie könnten das nicht.

Ich war mir absolut fremd. Ich konnte es nicht verstehen, warum ich das alles so rationell anging. Selbstschutz?

Ich stand meiner Mutter ziemlich nahe, wir hatten bis auf Kleinigkeiten ein gutes Verhältnis, sie legte während der Krankheit ihr Leben in meine Hände. Ich werde das alles managen, sie wollte das gar nicht so genau alles wissen. Ich würde auch mal entscheiden, wann sie stirbt.

Es war eine massive Verantwortung, die ich trug. Aber ich stellte mich der Situation. Ich versuchte, in ihrem Sinne zu handeln. Und als nichts mehr half, ließ ich sie gehen. Ohne eine Träne. Nicht mal, als ich sie nochmal an ihrem Todestag sah - so still, so schmal.

Ich handelte im Bewußtsein, dass es nach dem Tod noch was gibt, dass sie nicht weg ist, nur ihr Körper.

Das war, was mich aufrecht hielt. Wir witzelten sogar noch, dass, wenn sie gestorben ist, sie bei mir wäre und mir beim Skatspielen hilft.

Jetzt ist sie bald 7 Wochen tot und seit gestern ist sie da - die Trauer. Das Gefühl, was ich nicht mehr für möglich hielt. Ich unterhielt mich noch vorgestern mit einer Freundin drüber - ich glaubte, alles wäre überstanden.

Und jetzt steh ich vor einem Loch. Ich habe keine Mami mehr. Es wird mir immer bewußter, dass wir nicht mehr telefonieren können, uns nicht mehr sehen. Dass nach und nach alles ausgelöscht wird, was sie ausmachte, die Wohnung, ihre Verpflichtungen - alles.

Das Leben geht weiter, sie schaut von oben zu. Zu gerne wüßte ich einfach, dass es ihr jetzt gut geht, dass sie bei mir ist, dass sie gutheißt, was ich alles getan habe, ob ich alles richtig gemacht habe. Immer wieder suche ich nach Zeichen von ihr.

Auf einmal ist die "Stärke" weg - die Tränen kommen.

Ob das gut für mich ist - ich weiß es nicht. Kurz nach dem Tod verspürte ich Erleichterung - sie wollte, dass ich in Urlaub fahre, sie starb kurz vorher (sie wußte genau, ich würde sie nicht alleine lassen). Ich dachte, der Urlaub reicht mir als Entspannung, als Auszeit nach doch schweren 11 Monaten. Ich kam vom Urlaub zurück und war müder und antriebsloser als vorher. Die 2 Wochen Italien haben nicht gereicht. Aber es mußte weitergehen. Allerdings habe ich gemerkt, dass ich nur begrenzt belastbar bin. Immer wieder wollte ich einfach ins Bett, lesen, schlafen, ausruhen.

Die Situation jetzt macht mir etwas Angst. Das Gefühlsleben ist mit aller Macht zurück, alles anscheinend mühevoll Unterdrückte kommt raus.

Leider geht das Gefühlsleben aber Wege, die ich nicht möchte. Wenn ich meinen Mann und mein Kind anschaue - dann bekomme ich Angst. Was, wenn ich jetzt Krebs kriege oder einer von ihnen?

Ich denke bei jedem Zipperlein sofort an Krebs - er verfolgt mich. Ich hab Angst. Angst um mich, Angst um die Menschen und mich rum. Angst, alles gleich wieder erleben zu müssen, Angst, wieder einen geliebten Menschen zu verlieren.

Ich weiß, es ist normal, aber ich wollte es mir einfach von der Seele schreiben. Schreiben hilft manchmal, seine Gedanken wieder zu sortieren.

Traurige Grüße

Astrid
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