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  #226  
Alt 21.06.2009, 22:20
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Daumen hoch AW: Myriam

Liebe Micha65,

leider ist es ein bisschen zu spät zum Radfahren. Deine Vorschlag werd ich jedenfalls befolgen.

Danke

Helmut
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  #227  
Alt 22.06.2009, 17:16
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Daumen hoch AW: Myriam

Liebe Micha65,

es gibt solche Menschen, denen ich erlaubt hab, an meiner Fassade zu kratzen, die Tür einzutreten, die Fassade auseinanderzunehmen. Es hat lange gedauert und teilweise sehr weh getan. Ich hab es nie bereut.

Es ist nur so, dass ein Teil in mir immer wieder verzweifelt versucht, die Trümmer dieser Fassade wieder aufzurichten. Was natürlich nicht so richtig klappen will, weil nur halbherzig ausgeführt. In Wirklichkeit will ich diese Fassade ja garnicht.


Liebe Carmen, Lissi, Andrea, all die Anderen, die hier lesen,

genau das möchte ich aussprechen. Genau hier. In dem Thread, der ursprünglich nur zu Myriam's Gedächtnis gedacht war und auch immer noch ist. Ich glaube, es ist in ihrem Sinne, das so zu machen. Sie selbst hat immer nach vorne geschaut, nicht zurück. Aufzuzeigen, dass es weitergeht auch wenn immer noch dicke, schwarze Wolken am Himmel hängen und Blitze einschlagen.

Viele sagen selbst nach Jahren noch: "Mein Mann, meine Mutter, oder wer auch immer, HAT heute Geburtstag." oder "Heute HABEN wir Hochzeitstag."

Falsch!

"Er/sie HÄTTE heute Geburtstag. Heute HÄTTEN wir Hochzeitstag. Schade, dass wir nicht mehr zusammen feiern können."

Da möchte ich irgendwann mal hin. Deswegen schreibe ich hier. Ich möchte verstehn, soweit das überhaupt möglich ist. Ich möchte das, was der Kopf schon lange weiss auch mit dem Herzen wissen. Nicht vergessen, sondern verstehen, wissen, glauben, akzeptieren möchte ich.

Versteht ihr das?


Alles Liebe

Helmut
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  #228  
Alt 22.06.2009, 18:07
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Birgit4 Birgit4 ist offline
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Standard AW: Myriam

Hallo Helmut ,
ich habe deine Zeilen gelesen .....ich verstehe dich sehr gut.

Ich trage manchmal eine Maske, eine Maske wo mich keiner erkennt.(Meine Fasade)
Dort laufen meine Tränen unaufhörlich, ich renne in den Wald und schreie immer wieder "WARUM dieser SCHMERZ in mir.
Dann gehe ich zu meinen lieben, nehme meine Maske ab. Ich atme tief ein alles ist gut, für mich.
Ich möchte nicht dass meine Kinder sehen, dass ich manchmal so traurig bin.
Sie haben genug erlebt, gelitten, und geweint...ich habe in ihre Augen voller Angst gesehen..... "Was wird mit Mama"

Ich möchte dir ein paar Worte schicken.....ich finde es sehr schön und es drückt sehr viel aus.
Liebe Grüße von Birgit




Nimm Deine Zeit zum Trauern
und fühle ach den Schmerz,

umgib Dich ruhig mit Mauern
und spür das Leid im Herz.


Da bist Du nun, mit Dir allein,
das kann Dir niemand nehmen,
den Du beweinst wird bei Dir sein,
vereint in Euren Seelen.


Wenn Deine Augen nicht mehr weinen,
dann schau Dich wieder um,
dort warten schon die Deinen,
voll Ungeduld doch stumm.



Jürgen Brings
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  #229  
Alt 23.06.2009, 07:53
Blue Blue ist offline
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Standard AW: Myriam

Hallo zusammen,

aus einem Buch von meiner Freundin:

„Die Vergangenheit liegt hinter uns und die Zukunft liegt vor uns.
Wir müssen im jetzt leben, im Heute. Daß alles, was wir bisher getan haben vorüber ist, egal wie sehr wir versuchen es zurück zuholen.“

„Glück ist, einen Tag nach dem anderen zu leben – nur das Heute zählt.
Die Vergangenheit ist eine Rechnung, die beglichen ist.
Und die Zukunft – nun, die Zukunft fängt erst morgen an.“

Aus „Die Rose von Jericho“.

Ja Helmut, ich verstehe was Du meinst. Und doch hat Jürgen an dem einen Tag Geburtstag und würde 46 Jahre alt werden. Du wirst Deine Art und Weise finden, das Leben wird wieder „heiler“ – ohne zu vergessen.

Grüßle
Bruni
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  #230  
Alt 23.06.2009, 15:15
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AndreaS AndreaS ist offline
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Standard AW: Myriam

Lieber Helmut,

bestimmt ist es irgendwo nachzulesen, aber warum nicht immer und immer wieder diese Zeilen reinstellen, dort, wo sie gerade wichtig sind.

"Trauer ist wie ein Felsbrocken. Wegrollen kann man ihn nicht. Zuerst versucht man, nicht darunter zu ersticken. Dann hackt man ihn Stück für Stück kleiner, und den letzten Brocken steckt man in die Hosentasche und trägt ihn ein Leben lang mit sich herum."

Man kann den Weg der Trauer nicht planen, vielleicht ist der einzige Weg tatsächlich, auf seine eigene Stimme zu hören, das zu tun, was sich richtig anfühlt.

Unser Weg, der sich irgendwie ergeben hat ist der, dass wir zwei Gedenktage für Claus feiern in unserer Familie. Das eine ist der Erdengeburtstag und das andere der Regenbogentag. Der Erdengeburtstag, ein wichtiger Tag, weil nur durch seine Geburt ein Erdenleben mit ihm möglich wurde (meine Schwiema bekommt immer Blumen an diesem Tag und ein: Dankeschön für deinen Sohn) und der Regenbogentag weil ich mich an die Hoffnung klammere, dass es nun für unsere Lieben besser ist. Und so stoßen wir an diesem Tag an, auf ein Wiedersehen im Regenbogenland.

Hochzeitstag? Na klar! Bin ich geschieden? Hat mein Mann mich und meine Kinder verlassen? Nein!!!!, also bin ich noch immer verbunden mit ihm, trage noch immer meinen Ehering und werde an dem Tag, an dem wir uns das Ja-Wort gaben immer wieder sagen: Und ich würde dich immer und immer wieder heiraten.

Verstehen? Nein Helmut, ich glaube, ich werde es niemals verstehen. Akzeptieren, weiterleben, wieder lieben, aber verstehen warum Menschen, die sich lieben getrennt werden, ich weiß nicht, ob ich das jemals verstehen werde.

LG
Andrea
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Που να 'σαι τώρα που κρυώνω και φοβάμαι
και δεν επέστρεψες
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  #231  
Alt 23.06.2009, 21:55
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Conan Conan ist offline
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Standard AW: Myriam

Hallo Andrea, hallo Helmut,
da fällt mir wieder ein, was der Bestatter zu mir sagte, als ich dort zum Gespräch war: "Die Ehe ist ja nun beendet!" Ich dachte, der spinnt, warum sollte unsere Ehe beendet sein?! Es gibt doch keinen Grund dafür. Ich trage meinen Ehering und den von meinem Spatz habe ich als Kette um den Hals ganz nah bei mir.
Und wenn ich in irgendwelchen Formularen "verwitwet" schreiben muss, kommt mir das so fremd vor, das Wort gehört nicht zu mir!
Vielleicht irgendwann einmal kann ich dieses Wort akzeptieren aber das wird noch sehr lange dauern. Noch ist mein Spatz bei mir, seine Sachen sind alle noch an ihrem Platz und ich erzähle ihm auch immer alles von mir und meinem Tag.
Liebe Grüße
Carmen
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durch jenes Übermaß von Nacht getrennt,
das eine Nähe ist, die sich an Ferne
erprobt und an dem Fernsten sich erkennt.

R.M.Rilke


Für meinen geliebten Ronni (12.09.1964- 24.01.2009)
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  #232  
Alt 23.06.2009, 23:31
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HelmutL HelmutL ist offline
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Daumen hoch AW: Myriam

Liebe Carmen,

bis du das akzeptieren kannst wird noch ne Zeit dauern. Was der Bestatter meinte, ist, dass du für die Behörden als nicht verheiratet angesehen wirst. Das ist eine rein teschnische Sache. So war das auch gemeint.

Zukünftig wirst du immer mehr trennen, was du fühlst und wie es Aussenstehende sehen. Zunächst wirst du dir ein inneres und ein äusseres Dasein aufbauen. Die berühmte Fassade. Irgendwann wirst auch du es schaffen, dass Inneres und Äusseres wieder im Einklang sind.

Das ist genau das, was auch ich noch schaffen muss. Wir brauchen nämlich keine Fassade, die etwas verstecken soll. Ich möchte mal stolz darauf sein, ein Witwer zu sein. Nicht solz darauf, dass meine Frau verstorben ist, sondern stolz darauf, dass ich so lange mit ihr zusammenleben durfte, das Glück zu haben, sie zu kennen und zu lieben. Das sind Gefühle, die nur wenige kennen. Manche werden sie kennenlernen müssen, andere nie im Leben.

Muss man/frau verstecken, dass sie Witwe/r ist? Nö.

Übrigens, mal was lustiges in dieser Sache. Als der Versicherungsälteste bei mir war, um den Antrag Witwerrente zu stellen hielt er beim Ausfüllen plötzlich verblüfft inne: für die Bezeichnung "Witwer" gab es kein Ankreuzfeld auf dem Fomular. Ihm fiel dabei noch auf, dass das Formular "Antrag auf Witwenrente" überschrieben war. Natürlich war ihm das peinlich. Gefragt war nach den Angaben zu dem Verstorbenen und den persönlichen Daten der Witwe. Ein gegenseitiges angrinsen löste die Spannung. Seines Wissens gibt es kein Formular für Witwer. Müsste er mal anregen, meinte er.

Liebe Bruni,

klar, dein Jürgen würde an dem Tag 46 jahre alt werden. Ich hoffe, meine Myriam würde irgendwann mal 80 oder 90 werden. Ich möchte noch einige dieser Tage erleben. Es geht nur darum, zu akzeptieren, dass es nicht mehr so ist sondern so sein könnte.

Das Leben ist ein Augenblick, der letzte eine Spur und der nächste Zukunft. Diese Spur gräbt sich in das Leben anderer Menschen ein wie in uns die Spur derer, die wir geliebt haben. Unverwischbar.

Liebe Andrea,

noch kann ich diesen Brocken nicht in meine Hosentasche stecken. Er würde selbige zerreissen. Wir müssen noch ein bisschen hämmern, bis er die richtigte Grösse hat. Das schaffen wir auch noch.

Wenn er dann die richtige Grösse hat, werden wir ihn immer bei uns tragen und spüren. Nicht, weil es ein Stein ist, schwer und hart, sondern wir spüren die Wärme. Denn er ist nicht nur Erinnerung sondern auch ein Versprechen für die Zukunft. Und an seiner Oberfläche sind die Spuren derer, die wir immer noch lieben.

Diese beiden Tage haben wir auch gefeiert, alle zusammen. Auch ihre beste Freundin war dabei. Es waren gute Tage. Ich möchte das auch zukünftig so machen. Die Blumen für die Schwiegermutter, das ist ne klasse Idee.


Was ist der Unterschied zwischen verheiratet und verwitwet? Eigentlich keiner. Zumindest für uns, denn unsere Versorbenen sind immer noch da. Genauso wie Wasserdampf immer noch Wasser ist. Wasser können wir berühren, greifen. Wasserdampf nicht, trotzdem ist er da. Nicht greifen, jedoch fühlen.


Alles Liebe

Helmut
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  #233  
Alt 24.06.2009, 23:14
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Daumen hoch AW: Myriam

Freunde.

Wir hatten sehr viele Freunde. OK, die Grenze zwischen Bekannten, guten Bekannten und Freunden ist fliessend. Trotzdem. Es waren tolle Freunde. Ihre Unterstützung für Myriam (und mich) war wirklich grosse Klasse. Danke dafür. Wir konnten jederzeit anrufen, uns auf sie verlassen. Sie hatten keine Scheu vor der Erkrankung. Und wenn, dann gaben sie es nicht zu, kamen trotzdem zu uns. Wer wird auch gerne mit Krebs konfrontiert. Das Alles rechne ich ihnen hoch an. Bessere Freunde kann man in dieser Situation nicht haben, bin dankbar dafür.

Ich schreibe mit Absicht "wir hatten". Denn jetzt habe nur noch ich. Oder habe ich nicht????? Doch, schon. Lange Zeit lief alles normal, das heisst, der Kontakt war nicht abgerissen. Auch ich alleine hatte sehr viel Unterstützung durch sie. Wobei wir uns eigentlich oft auch gegenseitig stützten. Was ja auch in Ordnung so ist unter Freunden.

In den letzten paar Monaten hab ich allerdings das Gefühl, einige Beziehungen werden zur Einbahnstrasse. Ich erhalte Rückmeldungen stellenweise nur noch zögernd. Einige haben sich bereits lange Zeit nicht mehr von selbst gemeldet. Kontakt eigentlich nur noch, wenn ich anrief oder vorbeifuhr. Ich weiss, dass viele oft an ihr Grab gehen. Aber sie haben keine Zeit, bei der Gelegenheit bei mir vorbei zu schauen bzw. keine Zeit im Vorbeifahren mal halt zu machen für ein Hallo. Als wir, meine Jüngste und ich, damals unsere Wohnungen hier im Haus einweihten, war es einem ungeheuer wichtig, dass an dem Nachmittag der Rasen gemäht werden muss. Für den Tag darauf war ja auch Regen angesagt. Das ist nur ein Beispiel.

Was passiert da? Bin ich nur zu dünnhäutig? Es tut weh, das zu erleben. Bin ich zu anspruchsvoll und verlange zuviel? Ist es zuviel, dass man sich einmal im Monat sieht oder zumindest telefoniert, wenn man sich vorher alle 2 Wochen gegenseitig besuchte?

Ich, für mich, denke, ich muss mein Leben neu ausrichten, neue Ziele finden. Gerade durch den Tod meiner Frau hab ich neue Freunde gefunden. Freunde, die mich sehr genau kennen. Freunde und Freundinnen, mit welchen ich eine sehr tiefe und innige Freundschaft eingegangen bin.

Trotzdem tut es sehr weh, wenn sich alte Freunde scheinbar verabschieden. Ich verstehe das nicht. Oder waren es garnicht "unsere" Freunde? Waren es die Freunde meiner Frau und ich lief so mit? Das tut doppelt weh. Nicht alle alten Freunde sind so, einige werden es auch bleiben. Wer? Keine Ahnung.


Liebe Grüsse

Helmut
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Geändert von HelmutL (29.06.2009 um 13:27 Uhr) Grund: Optik
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  #234  
Alt 24.06.2009, 23:50
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Jyrina Jyrina ist offline
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Standard AW: Myriam

hallo helmut,
ich bewundere immer deine wortfindung du hast die seletene begabung alles sehr deutlich in worte zu packen und dabei sehr einfühlsam zu sein.
ich kenne das problem mit den freundean auch, frage mich auch oft bin ich zu dünnhäutig, habe ich mich zu sehr verändert nach dem tod meines mannes, nimmt man mich nicht mehr wahr oder auch gar nicht für voll? mir ist es schon vorgekommen, dass ich mich in ihrer geganwart einsam fühle.
neulich meinte einer gar herablassend, " ach haste jetzt einen witwenclub gefunden" nur weil ich mich mit frauen und männern gleichen schiksales treffe.
ich bin offenbar sehr empfindsam geworden, ich leide darunter, dass man mir jetzt nach dem tode meines mannes nicht die gleiche aufmerksamkeit schenkt wie zu krankheitszeiten. ich leide doch jetzt auch.
sicherlich ist man sehr viel empfidsamer geworden, ja und ich sage tapfer ich darf das auch, ich möchte halt manchmal weinen und auch gefühle zeigen. weinen wie auch das lachen es gibt für mich keine normalität mehr wie vor dem tod, es ist eine neue andere welt, und manchmal glaube ich unsere/meine freunde müssen dies auch erst mal lernen.
vielleicht sollte ich ihnen auch etwas zeit geben.
liebe grüsse gerda
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Es ist nicht wenig Zeit, die wir zur Verfügung haben,
sondern es ist viel Zeit, die wir nicht nutzen.
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  #235  
Alt 25.06.2009, 01:51
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Myriam

Liebe Gerda,

wie das Leben so spielt. Alles wiederholt sich anscheinend. Gabs vorher dumme Sprüche gegenüber den Betroffenen, so gibt es sie jetzt gegenüber den Trauernden. Sie wissen es anscheinend nicht besser.

Klar, brauchen sie auch Zeit. Zeit wofür? Sie sagen ja selbst oft, wie weh es ihnen tut, das meine Frau (oder dein Mann) verstorben ist. Immer noch. Nur, warum verstehen sie nicht, um wieviel schlimmer das für den zurückgebliebenen Lebenspartner sein muss? Der schliesslich, bildlich gesprochen, auf einem Bein durchs Leben humpelt? Weil die andere Hälfte fehlt?

Genauso wenig, wie viele vorher schon nicht begreifen, dass da ein Mensch mit aller Kraft um sein Leben kämpft. Wobei es dabei vollkommen gleichgültig ist, ob die Prognose 3 von 100 oder 97 von 100 lautet? Denn was nützt es dem Krebspatienten, wenn er dann als Dritter stirbt oder als Siebenundneunzigster?

Niemand will heute mehr Sterben. Man/Frau ist so jung, wie Mann/Frau sich fühlt. So ein Schwachsinn.

Als Zweites kommt dann oft: "Meine Mama (Papa) ist jetzt auch schon soundsolange tod." Ich will jetzt ganz sicher niemandem auf die Füsse treten. Sicher, das ist schlimm genug und tut auch sehr weh. Sicher trauert man um Mama/Papa, doch dann geht man wieder in die eigene, kleine Familie und da ist die Welt einfach in Ordnung. Nur, für uns gibt es selbst diese eigene, kleine Familie nicht mehr. Kinder, Enkelkinder können den Partner nicht ersetzen. Unmöglich.

Zeitweise ablenken, das geht. Spätestens im Bett greift dann die Hand in's Leere. Was vorher Trauer war ist dann jetzt manchmal einfach nur Wut ............ und manchmal auch ......... Neid.


Liebe Grüsse

Helmut
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  #236  
Alt 25.06.2009, 08:26
Lissi 2 Lissi 2 ist offline
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Standard AW: Myriam

Lieber Helmut,
Du schreibst :"wir hatten viele Freunde" ja das hatten wir auch! Allerdings mit dem Unterschied das sich schon weit mehr als die Hälfte davon während der Krankheit total zurück zog. War unser Heim vorher immer ein Anlaufpunkt für alle, nun kam keiner mehr. Peter hat darunter sehr gelitten( meinen die den Krebs ist ansteckend?? seine Frage) und ich mit ihm. Am Anfang habe ich noch herum telefoniert, gefragt "kannste nicht mal kommen, Peter würde sich sehr freuen. Ein oder zwei kamen dann auch noch, aber es waren erzwungene Pflichtbesuche, Peter hat es gespürt und mir gesagt ich sollte das lassen, entweder sie kommen von alleine oder bleiben wo der Pfeffer wächst. Als Peter starb, erst große Anteilnahme, danach nix mehr, kein Besuch, ganz wenige Anrufe, die nun auch nicht mehr stattfinden, ich scheine für unsere so genannten Freunde nicht mehr zuexistieren, bin anscheinend mit verstorben. Sicher liegt es auch an mir selber, bin verdammt dünnhäutig geworden und habe eine große Wut auf alle die meinen Mann in dieser schweren Zeit so im Stich gelassen haben. War in meinem Leben noch nie nachtragend, nun bin ich es und wenn man damit nicht klar kommt, kann und will ich auch nichts gegen tun. Nein auf diese "Freunde" verzichte ich. Zum Glück habe ich einen halbwüchsigen Hund, der noch viel Erziehung braucht, darüber haben sich etliche Kontakte ergeben, ein großer Bekanntenkreis neu gebildet. Die wenigsten kennen davon meine Geschichte und das ist gut so, aber manchmal fehlt es mir doch sehr mit jemanden zureden der Peter auch gekannt hat, der einfach mal sagt: ja weißte noch... oder ähnlich. Und Freunde, die habe ich über den KK gefunden, zwölf wunderbare Menschen durfte ich kennen lernen und jeder davon ist immer da für mich, ohne Fragen, einfach da und verstehen. Ihnen verdanke ich das ich bis hierher ins Heute gekommen bin. Von unserem großen Freundes und Bekanntenkreis ist hier im realen Leben einer übrig geblieben, nur da weiß ich das sie nicht sehr belastbar ist, ich mich also mit meinen Gefühlen oft sehr zurück nehmen muss, es ist für mich ok so. Ich habe also genügend Ablenkung am Tage, meine Arbeit, die Hunde usw. nur wenn ich dann nach Hause komme... die Einsamkeit, diese Sinnlosigkeit, diese Sehnsucht, erschlägt mich fast jeden Tag aufs Neue und kein Mensch im realen Leben hier kann sich vorstellen was es an Kraft kostet sich jeden Morgen erneut aus diesen Tief auf zurappeln, die Fassade erneut aufzubauen um weiter zumachen.

Liebe Grüße
Lissi
__________________
Wege entstehen dadurch,dass man sie geht.
Franz Kafka

Meine Beiträge stellen lediglich meine Meinung dar. Niemand muss sie akzeptieren, jeder darf es. Meine im KK-Forum veröffentlichten Bilder und Texte sind (auch in PN's) mein geistiges Eigentum. Ansonsten berufe ich mich auf die Nutzungsbedingungen des KK.
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  #237  
Alt 25.06.2009, 15:23
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Daumen hoch AW: Myriam

Normalität.

Was ist eigentlich normal? Normal ist alles, was der Norm entspricht. Welcher Norm? Wer hat die festgelegt? Gibt es überhaupt eine Norm für das Leben?

Normal im Leben sind doch eigentlich nur 3 Dinge: die Geburt, die Zeit dazwischen und der Tod.

Die Geburt, meist geht alles glatt, der kleine Mensch ist gesund und munter, Mama und Papa auch. Jedoch kann bereits hier schon was schieflaufen, bzw. bereits vorher zwischen Befruchtung und und Geburt. Wo ist da eine Norm?

Der Tod, das Ende unseres irdischen Lebens, der Körper stirbt. Manchmal ganz schnell und schmerzlos, manchmal verbunden mit jahrelangen Kämpfen und Schmerzen. Mal früher, mal später. Wo ist da eine Norm?

Die Zeit dazwischen, manchmal schön und erfüllt, manchmal mehr schlecht als recht. Ich hatte das Glück, wenigstens einen Teil dieser Zwischenzeit mehr recht als schlecht erleben zu dürfen. Zusammen mit meiner Frau, meinen Kindern. Jedoch auch da gibt es Höhen und Tiefen, wobei halt die Höhen überwiegen. Nur deshalb erhält die Summe dieser Zeit ein positives Vorzeichen. Bei vielen anderen ist das nicht so, da ist die Summe negativ. Dieser Teil ist jedoch nicht das ganze Leben Es gibt noch einen Teil davor und, in meinem Falle, ein drittes Teil. Ob das ganze Leben positiv verlief wird sich also erst bei meinem Tod berechnen lassen.

Die Zeit dazwischen, sie kann kurz sein oder lang. In manchen Fällen gibt es sie erst garnicht. Ein Mass für die Schönheit des Lebens ist die Differenz zwischen allen Höhen und Tiefen. Was natürlich auch nicht unmassgeblich beeinflusst wird vom sozialen Status, in den man hineingeboren wird. Das muss natürlich nicht heissen, das das Leben automatisch schön verläuft, nur weil man einen hohen sozialen Status als Vorgabe erwischt hat, oder umgekehrt. Ist z.B. die Abwesenheit von Krieg seit über 50 Jahren normal für Europa? Eher die Ausnahme.

Die Zeit dazwischen, da gibt es keine Norm. Bereits die Vorgaben für das Leben des Einzelnen sind zu unterschiedlich und die Umstände, du zu seinem Tod führen, erst recht.

Es gibt also keine Norm für das Leben? Doch, ich behaupte, dass es eine solche gibt. Alles, was im Leben passieren kann, ist normal. Unterschiedlich vielleicht die Häufigkeit mit der es eintritt. Die Norm ist also, dass alles, was passieren kann auch irgendwann irgendwo passiert.

Es ist also normal, wenn wir so lange trauern, so lange brauchen um in's "normale" Leben (das es ja so nicht gibt) zurück zu finden. Es ist normal, dass viele andere das nicht verstehen. Es ist normal, dass Freunde das Interesse verlieren. Es ist normal, neue Freunde zu finden. Es ist normal, dass Menschen Fehler machen. Und, nicht zuletzt, es ist normal, dass einige diese schreckliche Krankheit überwinden und andere durch sie einen schrecklichen Tod sterben müssen.

Die Summe des Lebens lässt sich nicht errechnen, hat auch nichts mit der Anzahl an Jahren zu tun. Eine Mutter, deren Sohn im Alter von 20 Jahren verstarb, sagte mir mal: "Er hatte so ein erfülltes Leben, hat soviel Schönes erlebt, wie andere in 100 Jahren nicht."

Die Summe des Lebens ist das, was jeder für sich mit Hilfe seiner Vorgaben ereicht hat, was er daraus gemacht hat. Die Summe des Lebens liegt in der Erinnerung, die wir als Zurückgebliebene aufrechterhalten. Der Mensch ist erst dann wirklich verstorben, wenn niemand sich mehr an ihn erinnert.

Wir sind normal.


Alles Liebe

Helmut
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  #238  
Alt 25.06.2009, 19:29
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Hallo Ihr Lieben,
zum Thema "Freunde" und Verwandtschaft kann ich auch einiges beitragen. Sie sind immer alle gekommen, wenn sie Hilfe brauchten und mein Spatz hat immer allen geholfen, wenn er konnte. Aber mit dem Moment, als seine Krankheit bekannt wurde, kam keiner mehr von denen. Ja, sie haben sogar weggesehen, wenn wir uns begegnet sind. Und jetzt grüßen sie mich überfreundlich aber auch nur von weitem. Hinter meinem Rücken tratschen sie dann noch (habe ich gerade erfahren), dass es ja mit meiner Trauer nicht so doll sein kann, weil ich nicht mal in schwarz gehe!!!
Also, ich bin da auch sehr empfindlich geworden und sicher mache ich es den Leuten nicht leicht aber die paar wirklichen Freunde verstehen damit umzugehen und sind wieder da, wenn ich es möchte- denke ich!
Liebe Grüße
Carmen
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R.M.Rilke


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  #239  
Alt 25.06.2009, 23:22
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Hallo Carmen,

hab mal den Satz gelesen (oder so ähnlich): "Dass es verschiedene Menschen aus der Vergangenheit es nicht in deine Zukunft schaffen, hat seinen Grund haben." So ärgerlich das ist, so weh das tut, ich glaube es ist Zeitverschwendung allzu lange darüber nachzudenken.

Diese Zeit sollte man vielleicht besser denen witmen, die geblieben sind. Oder auch, um neue Freunde zu finden.

Übrigens, mir ist aufgefallen, dass dein Ronni auf den Tag genau 11 Monate nach meiner Frau verstorben ist und fast an ihrem Geburtstag .


Alles Liebe

Helmut
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  #240  
Alt 27.06.2009, 02:29
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Vorgestern um die Mittagszeit war ich an deinem Grab. Vorher hab ich noch deinen Bruder und deine Oma gegossen. Auch deine Wiese hab ich mit Wasser versorgt. Ich war ganz alleine auf dem Friedhof und hab mich auf den Boden in's Gras gesetzt.

Direkt vor mir stand ein Gänseblümchen. Schneeweiss die Blütenblätter, knallgelb der Blütenstaub und unversehrt. Die Wiese war frisch gemaht. Ich hab mich umgesehen, weit und breit kein weiteres Gänseblümchen. Wieso gerade hier?

Früher, in unserem Rasen, da gab es immer Inseln voll mit Gänseblümchen, die nicht gemäht werden durften.


Ich verstehe. Danke.

Helmut
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Geändert von HelmutL (27.06.2009 um 18:12 Uhr) Grund: ein kleiner Irrtum
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