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  #136  
Alt 15.08.2015, 11:51
hermannJohann hermannJohann ist offline
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Standard AW: Geht es euch auch so?

Hallo Jutta,
Sicher ist es für eine Mutter oder einen Vater schwer, ein Kind zu verlieren. Aber der Spruch Deiner Schwiegermutter ist Unsinn. Vielleicht empfindet sie das So, dass der Verlust des Partner weniger schlimm ist. Das ist ja auch abhängig von der Ehebeziehung vorher. Für mich war Tanja nicht nur jemand, der an meiner Seite gegangen ist. Das Herz ist hier ein Symbol für Liebe. auch ich habe meine Frau geliebt Vielleicht mehr als ihre eigene Mutter sie geliebt hat. aber das will ich damit ja gar nicht behaupten.
Liebe Grüße
Hermann
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  #137  
Alt 17.08.2015, 19:11
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Standard AW: Geht es euch auch so?

Hallo Hermann,
danke für deine Antwort.

Das kann ich genauso unterschreiben wie du es geschildert hast.
Ich habe es der Schwiegermutter auch so ähnlich erklärt, aber es gibt Menschen, die nur in ihrer eigenen Fantasie leben, an denen andere Erfahrungen oder Meinungen abperlen.

Da ich aus einer nicht immer gut funktionierenden Familie stamme, bin ich mir ziemlich sicher, dass mein Mann der einzige Mensch war, der mich wirklich geliebt hat.

Er hat mich mit meinen Ecken und Kanten so akzeptiert wie ich bin und umgekehrt war es genauso.
Das war allerdings ein längerer Lernprozess, der uns manchmal an unsere Grenzen brachte, letztlich aber noch fester zusammen schweißte.


Liebe Grüße

Jutta

Geändert von gitti2002 (03.09.2015 um 00:19 Uhr) Grund: Vollzitat entfernt
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  #138  
Alt 21.08.2015, 10:29
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Standard AW: Geht es euch auch so?

Lieber Ingo,

so vieles hat sich während deiner Abwesenheit hier schon verändert.
Manches gewollt, häufig gab es auch unfreiwillige Veränderungen.

Du hattest mein Fahrrad während deiner Krankheit im letzten Jahr noch repariert und einige Teile erneuert.

Es stand im Hinterhof und ist gestohlen worden. Die Versicherung übernahm die Kosten für ein neues Rad.
Dieses ist jetzt zwar viel schöner, aber das alte Fahrrad hatte einen unbezahlbaren Wert, weil du es mit deinen Händen instandgesetzt hast.

Ich habe jetzt alle Bilder auf denen du gut getroffen bist eingerahmt und in der Wohnung verteilt,so viele waren es ja nicht.

Mittlerweile kann ich sie anschauen ohne sofort dabei zu weinen. Ich denke an die Zeit als es noch selbstverständlich war, dass du an meiner Seite warst und wir für unser Wohlergehen gesorgt haben.
Zukunft und Zeit haben nicht mehr so einen hohen Stellenwert wie damals, sind nicht mehr so wichtig- ohne dich.-
Ich bin dankbar dafür, das ich momentan keine Gefühle der Verbitterung spüre, fühle mich herzlich und liebevoll mit dir verbunden.

Du bist jetzt frei von Leid, die Verzweiflung ist dem ewigen Frieden gewichen.
Sehnsucht und vermissen bleiben....


Jutta
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  #139  
Alt 30.08.2015, 20:06
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Standard AW: Geht es euch auch so?

Lieber Ingo,

dich zu verlieren war ein tiefer Einschnitt in meinem Leben.-
Seitdem fühlt sich nichts mehr an wie vorher.
In mir hat sich alles verändert, obwohl ich in der selben Wohnung geblieben bin und auch sonst alles seinen Gang geht.
Die Zeit rinnt schnell dahin.
Wieder geht ein Tag dem Ende entgegen und ich bin dir ein Stück näher gekommen. Das denke ich jeden Abend.
Augenblicke in vollem Bewusstsein - an vergangene Situationen die ich mit dir erlebt habe - ziehen an mir vorbei.
Ich sehe deine vertraute Gestalt. Alles vermischt sich, Vergangenheit und Gegenwart.

Der Umgang mit Menschen ist einem dauernden Wandel unterworfen.
Ich möchte im Austausch bleiben , damit eine Verbindung auch in Zeiten der Veränderung zu meinen Mitmenschen bestehen bleibt.
Daran arbeite ich mal mehr und mal weniger intensiv.

Das ganze Ausmaß deiner Abwesenheit wird mir erst jetzt nach gut einem Jahr richtig bewusst.

Es ist tut gut die Gedanken aufschreiben zu können.
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  #140  
Alt 05.09.2015, 19:41
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Standard AW: Geht es euch auch so?

Lieber Ingo,

wieder ist Herbst, es ist der zweite Herbstanfang ohne dich.

Ich fühle mich merkwürdig....physisch eher gut aber das seelische Gleichgewicht fehlt....

Wie sehr hätte ich dir gewünscht das du deine Interessen, Hobbys und auch die ganz alltäglichen Dinge noch längere Zeit erlebt hättest.

Übergroße Ansprüche an dein Leben hattest du nie, wolltest keine grundlegenden Veränderungen. Wenn dich etwas gestört hätte, hättest du es wahrscheinlich geändert.
Manches ließ sich nicht ändern und du hast dich damit abgefunden....

Am Ende deines Lebens hast du aber vielleicht doch manches bedauert.
Es gibt wohl kaum jemanden, der keine falschen Entscheidungen getroffen hat.
Es war ein normales Durchschnitts Leben und nur wenig Menschen können sich dazu entschließen nur dass zu tun, was sie wirklich tun wollen.

Wahrscheinlich gehöre ich auch dazu. Ich glaube ich könnte mir am Ende sagen " ich wünschte ich hätte mir erlaubt glücklicher zu leben."

In Liebe

Jutta
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  #141  
Alt 12.09.2015, 19:23
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Standard AW: Geht es euch auch so?

Heute ist Samstag und ein milder Herbsttag sorgt dafür dass ich sehr aktiv bin. ( Ausdauertraining, Sauna langer Spaziergang mit dem Hund )

Auf dem Friedhof treffe ich eine alte Bekannte mit ihrem Hund und ich freue mich sie nach langer Zeit wieder zu sehen.

Eigentlich bin ich mit dem Verlauf des Tages zufrieden, doch plötzlich als ich gegen Abend zu Hause bin vermisse ich Ingo und lass die Tränen laufen. Alle möglichen Bilder schießen mir durch den Kopf, die starke Trauergefühle auslösen. Es sind Bilder aus guten Zeiten, aber überwiegend auch die schrecklichen aus der schweren Zeit mit der Krankheit. - Es war aber auch alles ein Scheiß....
Da wo er Aufgaben und Funktionen erfüllte ist sein Fehlen spürbar, sowie in ganz vielen Momenten die er mit seinem Dasein und seiner Liebe füllte.
Ohne viel Worte haben wir uns verstanden.
Ich hatte wirklich das Gefühl von dem großen Trauerberg schon eine ganze Menge weggeschaufelt zu haben, aber manchmal quäle ich mich wieder mit den Fragen Warum?
Sinnlos, ich weiß, aber diese Tiefs gibt es noch, wenn auch seltener.

Ich möchte einfach nicht stehenbleiben, ich möchte weitergehen, und ich glaube auch, dass ich das schaffe.

Geht es euch auch so?

Es ist schade dass es still geworden ist hier im Hinterbliebenenforum, dabei empfinde ich einen Austausch als unterstützend.

Jutta
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  #142  
Alt 12.09.2015, 20:22
sjarissa sjarissa ist offline
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Standard AW: Geht es euch auch so?

Liebe Jutta,

ja, du schaffst das, bist doch auf dem Weg und hast schon eine grosses Stück der akuten Trauerwegstrecke (hmm..blödes Wort) zurückgelegt. Das sie dich immer wieder einholen, diese Erinnerungen, die Fragen, auf die du nie eine Antwort bekommen wirst, das du gute Momente, Stunden, vielleicht auch Tage hast... und wumms, Irgendetwas wird durch irgendetwas getriggert und dann ist sie wieder da, die Trauer. Und sie darf das, darf uns einfach überfallen.
Mein Gott, was hab ich gestrampelt, hab alles ausprobiert, mir ein enges Strukturkorsett geschnallt, nur nicht hängen lassen, dann wieder hängen lassen, aktiv sein, passiv sein, rausgehen, unter Menschen sein, zuhause bleiben, nur keinen um mich rum... ich glaub, ich hab's dir schon mal geschrieben, es hat sich bei mir erst geändert als ich jedes, selbst von Experten beschriebene Trauermodell fallen liess, nur mir und meinen aktuellen Bedürfnissen folgte, war für die Umwelt nicht leicht zu ertragen, ich hab keine festen Zusagen mehr gemacht, mich zu nichts gezwungen, immer geschaut, was geht jetzt gerade, mich über jedes Tagessternchen gefreut, die Momente, wo ich jemandem oder etwas begegnet bin, der /das mich berührte, und dadurch den Trauerschleier kurzfristig zur Seite schob.
Heute erfüllt mich eine grosse Dankbarkeit, gerade diesem Menschen begegnet zu sein, mit ihm Jahre meines Lebens geteilt zu haben, soviel Glücklichsein erlebt zu haben, so eine wunderbare, grosse Ergänzung zum eigenen Ich gefunden zu haben und das trägt mich. Abstürze erleb ich auch, immer wieder, sei es eine Musik, die zufällig im Radio spielt, das ich vor dem liebevoll zubereiteten Essen sitze und sich mir die Kehle zuschnürt, das ich ihm leibhaftig erzählen möchte von meinen Erlebnissen, das ich an der Supermarktkasse mich umdrehe und fragen will: hast du mal 55 Cent passend?, das ich es immer noch nicht perfekt schaffe meine Einkäufe auf 1 Person zu reduzieren, das ich mich oft frage, wozu das Ganze??? Ich rede viel mit Guido, erzähl von meinem Erlebten, meinem Hadern mit dem Leben, welches so ganz anders ist als wir es uns jemals hätten vorstellen können. Irgendwie hilft es, diese Zwiegespräche, ich spür dann seine Geisteshaltung, unglaublich wie dieser Mensch sein Schicksal angenommen hat, wie er gekämpft hat, nie missmutig war, überaus dankbar für jeden "guten" Lebenstag, ja, das hilft mir und die Trauer wird immer einen Platz in mir haben, sie darf mich überrumpeln, in jeder Situation, ich möchte sie nicht wegschieben, ihr kein Zeitlimit geben, sie eher umarmen. Trauer verändert und auch dafür bin ich dankbar, feinfühliger geworden zu sein, milder im Urteil, keine Menschen zu bewerten, bewusster das Leben wahrnehmen, Nichts ist für mich mehr selbstverständlich...

Ja, du hast recht, es ist ruhig geworden, vielleicht liegt es daran, das jede(r) seinen Weg finden muss, der so unterschiedlich ist, wie wir selbst.

Ich wünsche dir sehr "deinem" Weg folgen zu können und wenn es dir hilft, dann berichte ich dir gerne von meinen Schritt(ch)en.

Gerade geniess ich den Regen, der die dürstenden Pflanzen so beglückt, ich hör sie laut "DANKE" schreien...

Alles Liebe und Gute zu dir

Sjarissa
__________________
Der Tod ist der Grenzstein des Lebens, aber nicht der Liebe.

Guido * 25.12.1953 + 03.01.2012
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  #143  
Alt 13.09.2015, 20:02
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Standard AW: Geht es euch auch so?

Hallo sjarissa,

danke für deine Antwort.

Deine Zeilen machen Mut und bestätigen mir, dass ich "ganz normal bin", denn wenn sich plötzlich Trauergefühle einstellen, möchte ich sie zulassen und nicht denken müssen, das ich etwa falsch Trauer, weil ich nach gut einem Jahr - ohne meinen Mann- meine Gefühle immer noch nicht im Griff habe.

Ja, ich denke auch öfter was es alles noch für einen Sinn macht, fühle mich manchmal zu alt oder schwach für einen Neuanfang.
Es fällt mir schwer, gut für mich zu sorgen.
Schlechte Essgewohnheiten müsste ich konsequenter angehen, habe wenig Lust für mich alleine zu kochen.
Manchmal koch ich für meinen Hund Gemüse und Kartoffeln und esse eine Portion mit
Ich freue mich für dich, das du dir eine gute Mahlzeit zubereitest, auch wenn es bis heute nicht so schmeckt wie damals zu zweit und immer noch zu viel übrig bleibt...

Zwiesprache mit meinem Mann halte ich auch und manchmal begleitet mich seine Energie, wenn die Stille in der Wohnung unerträglich wird.
Ich spüre dann eine Art Windzug und habe das Gefühl, dass er - wenn auch unsichtbar - bei mir ist.
So geh ich weiter Schritt für Schritt im Auf und Ab meiner Befindlichkeit.

Wenn du möchtest kannst du mir gerne von deinen Erlebnissen und kleinen Fortschritten berichten, denn niemand sonst kann das so gut wie diejenigen die ein ähnliches Schicksal erfahren haben.

Liebe Grüße

Jutta
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  #144  
Alt 14.09.2015, 15:12
hermannJohann hermannJohann ist offline
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Standard AW: Geht es euch auch so?

Hallo Jutta,
ich lese durchaus noch im Forum, aber bei einigen Beiträgen weiß sich nicht, ob eine Reaktion erwünscht ist. Bei mir ist es jetzt mehr als zwei Jahre her, aber auch ich erleben noch traurige Stunden. Ich bin traurig, weil sie nicht mehr bei mir ist, aber auch, weil ihr Wunsch, etwas länger ohne große Beschwerden zu leben, nicht erfüllt wurde. Ein Anlass kann sein, dass ich Mitgefühl empfinde für jemanden der auch leidet. Dann sage ich mir wieder, dass ich mein Schicksal annehmen muss. Das ist nicht einfach. Die Gegenwart ist anders, die Zukunft auch. Ich lebe allein und mir ist klar, dass ich daran nichts ändern will. Eine andere Frau möchte ich nicht. Mit meiner Frau wollte ich alt werden, nicht mit einer anderen. Die Zukunftsaussichten haben sich verändert. Spätestens Ende nächsten Jahres bin ich Rentner. Tanja und ich wären wahrscheinlich zwischen zwei Ländern gependelt. Ich werde mein Leben hier verbringen. Ca. 4/5 meines Lebens sind vorbei, vielleicht habe ich noch weniger Jahre vor mir. Nur wenige Menschen sterben plötzlich und unerwartet. Was werde ich, wenn meine Stunde schlägt, über die Zeit nach Tanjas Tod denken.
Liebe Grüße
Hermann.
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  #145  
Alt 16.09.2015, 10:52
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Standard AW: Geht es euch auch so?

Hallo zusammen!

Die Geschichte von meinem Mann und mir ist so gut wie auserzählt.

Ich bedanke mich ganz besonders bei sjarissa und Hermann für die Geduld und Anteilnahme.
In euren Beiträgen konnte ich oft so viele Ähnlichkeiten in der Trauersituation erkennen, dass es mich nicht selten berührt hat und ich mir sagen konnte: Ja, so habe ich es auch empfunden und so erlebe ich es auch jetzt noch.

Ich werde weiterhin still mitlesen, und möchte ab und zu in meinem "Faden" schreiben - wenn ich das Bedürfnis habe.-
Sollte ich dass Gefühl haben, dass eine Antwort erwünscht ist, gebe ich gerne meine Erfahrungen weiter und will versuchen meine Verbundenheit mit anderen Trauernden auszudrücken.

Durch meinen Mann konnte ich Glücksmomente und kostbare Augenblicke erleben.
Dafür bin ich sehr dankbar.

Ich gehe meinen Weg jetzt ohne ihn weiter, ich musste lernen seine Abwesenheit zu akzeptieren. Die Bilder von ihm trage ich täglich in mir.

Und dennoch, es ist beides: Auf dem Weg sein und zugleich tief traurig sein.

Ich glaube, egal, wie es besser wird, es wird nie wieder gut!!!

Jutta
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  #146  
Alt 18.09.2015, 23:06
sjarissa sjarissa ist offline
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Standard AW: Geht es euch auch so?

Hallo Jutta,

ja, irgendwann schliesst sich der Kreis... und doch, erzählt hab ich nie aus, vielleicht das, was mir half auf eigenen Füssen stehen zu können, Schritte machen zu können, Rückschritte aushalten zu können, mich zu fragen und irgendwo tief in mir drin kleinste Anzeichen zu spüren wohin mein Weg geht. Die Abneigung, alleine weitergehen zu möchten oder müssen, sie ist weniger durchdringend, es gibt kleine Lichtblicke an Neuem, Unbekanntem Gefallen zu finden und selbst das ist eine Herausforderung, weil es sich wie Verrat anfühlen kann.

Du hast geliebt, nicht das oder das, nicht den ein oder anderen Vorteil, den Menschen hast du geliebt und so wird sich immer zu dem bereits Gesagten etwas hinzufügen lassen, kleinste Nuancen, längst Vergessenes, und du wirst beim Erzählen nicht nur Tränen der Trauer haben, es gibt sie wirklich, die Tränen des Glücks.

Irgendwie hab ich mich eingerichtet, arrangiert mit dem Leben, so wie es sich jetzt vortut, bin immer noch nicht ganz angekommen, aber es ist weniger dunkel, weniger trüb, besser geht immer. Ich hab die Kunst der kleinen Schritte gelernt, nicht freiwillig.... uuuunnnnd es tut mir gut, diese Entschleunigung, diesem Abhaken von scheinbar Wichtigem Adieu zu sagen ... mir und meiner Seele Raum und Zeit zu geben, mich selbst in meiner Unvollkommenheit lernen annehmen zu können.

Irgendwie trag ich meinen Liebsten als unsichtbares tatoo mit mir, nicht einschränkend, eher neugierig, wohlwollend, manchmal auch kopfschüttelnd, aber oft mit einer Prise Humor.

Bleib hier wenn du magst, wenn auch weniger präsent, aber so hin und wieder etwas von dir zu lesen, deinem Weg, täte auch mir gut.

Sjarissa
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Der Tod ist der Grenzstein des Lebens, aber nicht der Liebe.

Guido * 25.12.1953 + 03.01.2012
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  #147  
Alt 19.09.2015, 15:56
vintage vintage ist offline
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Standard AW: Geht es euch auch so?

Zitat:
Zitat von Yogi 12 Beitrag anzeigen
Ich glaube, egal, wie es besser wird, es wird nie wieder gut!!!

Jutta
liebe Jutta, das ist ein für mich sehr wahrer satz:
es wird vielleicht wieder besser, aber nie wieder gut.
genau so empfinde ich es auch.

ganz liebe gruesse, vintage
__________________
lieben gruß, vintage



Mein geliebter Mann wurde nur 49 Jahre alt und
starb knapp fünf Monate nach der Diagnose.
* Juli 1965 - + Mai 2015

ED Weihnachten 2014 Darmkrebs mit zu vielen Lebermetastasen,
dann auch Lungenmetastasen...
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  #148  
Alt 20.09.2015, 18:56
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Standard AW: Geht es euch auch so?

Zitat:
Zitat von hermannJohann Beitrag anzeigen
Hallo Jutta,
Ich bin traurig, weil sie nicht mehr bei mir ist, aber auch, weil ihr Wunsch, etwas länger ohne große Beschwerden zu leben, nicht erfüllt wurde.

Was werde ich, wenn meine Stunde schlägt, über die Zeit nach Tanjas Tod denken.

Hermann.
Hallo Hermann,

Ja, genau wie du spüre ich ein großes Bedauern in mir, wenn ich daran denke, dass mein Mann noch so gerne gelebt hätte.
Solange es ihm möglich war hat er getan was er konnte, sich geistig und körperlich fit zu halten, damit wir "unsere besten Jahre" sinnvoll und zufrieden erleben können...

Das Leben ist in der Rückschau immer nur eine kurze Zeitspanne.
Was sind schon 5, 10 oder 20 Jahre? Eigentlich haben wir keine Zeit zu verlieren uns um unser Leben und um das Sterben zu kümmern.
Wir schieben das Unangenehme beiseite, doch wir erleben Ängste und Zweifel die wir schon immer in uns trugen.
Das Verlustgefühl ist jedoch eines der schlimmsten Gefühle die wir kennen. Es ist eine Erfahrung die wir uns nicht ausgesucht haben.

Ich muss mich wohl oder übel damit abfinden, dass ich - wenn es dem Ende entgegen geht - alleine sein werde.

Doch vielleicht kann ich meinen Mann dann noch inniger in meinem Herzen aufnehmen, weil der Wunsch wieder mit ihm vereint zu sein übergroß ist.

Daran will ich gerne glauben!

Jutta
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  #149  
Alt 20.09.2015, 20:40
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Standard AW: Geht es euch auch so?

Liebe sjarissa,

Wie so oft haben mich deine Worte tief berührt und ich möchte darauf antworten.

Es bleibt nicht verborgen, dass du auf deinem Weg der "kleinen Schritte" zu dir selbst findest.
Du überlässt dich Neuem, ohne das Alte vertraute mit deinem Mann aus dem Auge/Herzen zu verlieren .... und du schaffst es mittlerweile dich mit deinen Schwächen so anzunehmen wie du bist....
Die Andeutungen in deiner Post lassen Neues vermuten, was sich positiv und beruhigend auf dein Leben auswirkt.
Gerade weil du diskret bleibst, nicht deine intimsten Gedanken preis gibst, sagen sie mehr über diese positive Entwicklung aus, als du vielleicht denkst.


Auch wenn ich mir manchmal die Frage stelle, ob schwere Verluste wirklich überwunden werden können und es Momente gibt wo mich die Trauer wieder einholt, lassen mich deine Worte hoffen, dass alle Mühe und Anstrengung nicht umsonst war und ich mich dem Leben langsam wieder öffnen kann.


Herzliche Grüße

Jutta
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  #150  
Alt 26.09.2015, 21:52
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Standard AW: Geht es euch auch so?

Mittwoch und Donnerstag habe ich den Korridor und die Küche gestrichen.

Es klappte auch alles gut mit der Renovierung. Die Putzarbeiten waren aufwändiger als der frische Anstrich.
Dann mussten Löcher in die Altbauwand gebohrt werden, doch nach vielen erfolglosen Versuchen war die Wand so stark beschädigt, dass es bei dem stundenlangen Versuch blieb und das Ergebnis sehr frustrierend war. Später habe ich die Riesenlöcher zu gegipst und eine andere Lösung gefunden.
Das war zeitweise eine Situation in der ich mich hilflos und alleine fühlte.

Plötzlich hatte ich wieder die Bilder des Sterbens des Abschieds und der Endlichkeit im Kopf.
Ich konnte unsere aufrichtige Liebe zueinander spüren, weinte und war traurig.
Es tat sehr weh, weil Ingo doch nicht sterben wollte und ich ohnmächtig und hilflos daneben stand. Mit der Hilflosigkeit konnte ich am schwersten umgehen.

In solchen Momenten sehe ich nur Aussichtslosigkeit, doch irgendwann konnte ich mich beruhigen, denke seit dem aber wieder sehr häufig an meinen Mann und träume auch von ihm.
Früher hatte ich eine Ahnung dass es Abschied und Endlichkeit gibt, habe schon einige Bücher die sich mit diesem Thema befassen gelesen.
Es so schnell real zu erleben, bevor ich richtig alt bin, hätte ich nicht geglaubt.

Da ich ein ernsthafter Mensch bin, hatte ich schon immer eine gewisse Traurigkeit in mir, eine Art altvertraute Wehmut. Doch solange sie nicht all zu sehr schmerzte habe ich mir weiter keine Sorgen gemacht.
Erst als mich der unausweichliche Verlust meines Mannes getroffen hat konnte die Trauer nicht mehr ignoriert werden.

Ich sortiere gerade meine Gedanken und bringe ein weig Ordnung in dieses Chaos.....
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