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AW: Krebs als Chance
Hallo Helmut,
Zitat:
Aber keine Sorge, das steht im Moment überhaupt nicht zur Diskussion. Im Gegenteil. Ich hadere zwar auch noch dauernd mit dem Schicksal meiner Frau und meinem Alleinsein seit fast einem Jahr. Und fast jedesmal, wenn ich hier lese oder schreibe, muss ich unterbrechen, weil ich schon wieder zu heulen anfange. Andererseits: mir hilft es oft, das eigene Leid zu relativieren, indem ich mir andere Schicksale vor Augen führe. Da gibt es im Moment eine ganz liebe Freundin, wie ich über 20 Jahre mit einem Partner zusammen. Wir sitzen so in etwa "im gleichen Boot". Als meine Frau gestorben ist, ist ihr Partner fast zeitgleich gegangen. Er lebt noch, aber er ist weg. Redet nicht mehr mit ihr, und läßt sie mit 2 Kindern und einem Berg voll Schulden für ein Haus sitzen. Der ist für sie auch "gestorben". Und noch viel schlimmer: bei meiner Frau und mir war es so, wie Corinna schreibt. Wir sind angesichts der Krankheit noch viel näher zusammen gerückt. Wir haben uns völlig vertraut und konnten uns jederzeit bedingungslos auf den anderen verlassen. Das stand niemals in Frage. Und wir sind mit der Gewissheit geschieden, dass wir zusammen etwas ganz Besonderes hatten. Dass das so früh enden musste, war Pech, Schicksal oder wie auch immer man das nennen will. Aber nicht durch Krankheit endgültig getrennt zu werden, sondern durch "Scheidung"... mit der Wut, dem Hass und all den Selbstzweifeln des warum-habe-ich-das-nicht-gemerkt? und was-habe-ich-bloss-falsch-gemacht? Mit all den Verletzungen, die einem ein Ex-Partner zufügt, dem es nur noch darum geht, einen so schlimm wie möglich zu treffen (natürlich unter der Gürtellinie), und der noch dazu alles dransetzt, einen auch finanziell zu ruinieren, damit man auch noch das Zuhause für sich und die Kinder verliert... Oder, wie es hier in den Krebsforen gar nicht so selten vorkommt: Frau bekommt BK, und Mann macht sich vom Acker, weil er sich doch lieber eine "vollwertige" Frau sucht... Wenn ich mir vorstelle, dass mir solche Sachen passiert wären, dann ginge es mir um einiges schlechter als so. Ja, Scheisse, meine Frau ist tot, und so 10-20 Jahre hätten uns eigentlich noch zugestanden, finde ich. Aber das war eben Schicksal, und dieses Schicksal haben wir zusammen gut gemeistert. Wir waren zutiefst verbunden bis zur letzten Sekunde, und es gbit nichts, was ich mir im nachhinein vorzuwerfen habe. Es war schlimm, aber es war OK so. Ich kann jeden morgen in den Spiegel gucken, ohne mich zu schämen oder mich zu fragen "warum bloß?". Und das ist, denke ich, als Ausgangsposition für das Weiterleben schon mal viel mehr, als andere haben. Viele Grüße, Stefan |
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