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  #1  
Alt 23.05.2009, 10:01
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annika33 annika33 ist offline
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Standard AW: Depression und Traurigsein - Einander helfen, leichter sein!

Liebe Morgana,

zuerst habe ich heute hier, in diesen Faden geschaut, ob jemand geantwortet hat. Ich freue mich sehr über Deinen Beitrag.

Du bist ja auch, sowohl in der Vergangenheit als auch aktuell, ständig mit dem Krebsthema konfrontiert.

1997 verstarb mein Großvater an Prostatakrebs. Das war schlimm, aber als "Kind" habe ich meine Welt zumindest immer noch als halbwegs intakt gesehen, solang beide Elternteile gesund und munter waren.

Mit Krankwerden meiner Mama ist mir schlagartig bewusst geworden, dass das Leben endlich ist, und ich irgendwann ziemlich alleine auf die Vergangenheit zurückblicken werde. Niemand mehr, mit dem ich Erinnerungen und Erlebtes teilen kann. Nur noch mit mir selber, oder mit denjenigen, die ich durch Erzählungen daran teilhaben lasse.

Ich habe zu Beginn sehr viel gelesen, Statistiken gewälzt und immer nach der Ausnahme gesucht, die geheilt werden konnte. Vergeblich, in diesem Stadium der Erkrankung. Mamas Leidensdruck, die Tatsache, dass es sie "erwischt hat", das war so grausam. Meine Wünsche haben sich unterdessen verlagert. Habe ich noch vor einem Jahr inniglich die Heilung herbeigesehnt, so habe ich heute zumindest begriffen, dass es diese nicht mehr geben wird. Meine Hoffnung zielt heute auf anderes ab. Auf Lebensqualität, auf Schmerzfreiheit, auf so lange gute Zeit, wie lebenswert. Und dann? Dann sind Kopf, Herz und Verstand völlig uneins. Kopf sagt:"Werd gesund!" Herz sagt:"Ich liebe Dich - bleib!", und Verstand sagt:"Hauptsache kein Leiden!" Kein Wunder, dass die Psyche leidet, bei derart unterschiedlichen Sichtweisen, in einem selbst vereint.

Meine Mama und ich haben schon immer ein gesund durchwachsenes Verhältnis gehabt, und so inniglich wir uns lieb haben, so zoffen wir uns auch. Dann, ja dann kam die Diagnose die so grundlegend alles verändert hat. Diese Verzweifelung, die Sorge, diese unsägliche Angst - manches Mal war dieses ganze negative Gefühl so groß und schlimm, dass ich mir gewünscht hätte, es wäre vorbei. Um dann festzustellen, dass "vorbei" noch etwas viel Schlimmeres bedeuten würde.

Das was Du beschreibst...dieses "Schaffe ich das nicht auch allein?", das frage ich mich häufig. Ich merke aber, dass ich mich zunehmend mit dem Gedanken, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, anfreunden kann.

Zitat:
Dieses bedrohliche Gefühl...dass ein endgültiger Abschied bevorsteht, den man doch nicht will...gegen den man ...nichts machen kann, das ist heftig.
Ja, genau. Momentan muss ich sagen, geht es meiner Mama in Anbetracht der Schwere ihrer Erkrankung, sehr gut. Dafür bin ich unendlich dankbar, aber nicht wirklich in der Lage, diesen Zustand mitzugenießen. Ich war z. B. gestern bei Dir, weil mein Ältester dort übernachten durfte. Ich erwische mich oft, bei abschweifigen Gedanken, die sich ständig um Mamas gesundheitlichen Zustand drehen. Ich achte auf jedes Verschlucken, jeden Husten, und es ängstigt mich, weil es mir vor Augen führt, wie krank sie ist. Hinzu kommen diese bescheuerten Träume in den letzten Nächten. Das ist ganz arg und hat eine Intensität, die sich nur durch Weinen abbauen lässt. Kaum zu beschreiben, aber ich glaube solche Angstträume sind vielen hier bekannt.

Wie verhält es sich eigentlich mit der therapeutischen Hilfe. Muss man im Vorfeld irgendwas bei der Krankenkasse beantragen oder kann man einfach einen Termin vereinbaren? Es gibt ja Psychologen mit dem Schwerpunkt Psychoonkologie. Ich werde mal google bemühen, ob wir hier in der Umgebung jemanden haben.

Bei uns ist das so, dass quasi Zeit und Tempo meine Mama vorgibt. Sie greift mitunter dann Themen auf, die mir auch unter den Nägeln brennen, aber die ich aus Rücksichtnahme auf ihre Ängste, ihre Sorgen und ihr direktes Betroffensein, nicht wage anzusprechen. Manchmal tut das gut, ein andermal macht es sehr traurig. Noch vor einiger Zeit hatte ich das Gefühl, mich mit der Erkrankung besser arrangieren zu können, als ganz zu Anfang - heute ist es eher wieder schlimmer und beängstigender für mich.

Ich würde mich freuen, wenn sich der ein oder andere Leser ein wenig öffnet, um Einblick zu gewähren, wie unterschiedlich der Umgang mit der Erkrankung vielleicht sein kann. Eventuell kann man auch Positives für sich daraus gewinnen.

Liebe Morgana, Dir sag ich noch einmal Danke und alles alles Gute.

Liebe Grüße

Annika
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  #2  
Alt 23.05.2009, 12:29
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illian illian ist offline
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Standard AW: Depression und Traurigsein - Einander helfen, leichter sein!

Liebe Annika,

für jeden ist es schwierig mit einer solchen Situation umzugehen. Man kann die Angst und Trauer nicht verbannen, sie gehört manchmal einfach dazu. Nur beherschen lassen darf man sich von ihr nicht.
Ich habe immer Momente der Trauer und Angst wie es weitergeht, was noch kommt.
Such dir Abwechslung, eine Beschäftigung und rede mit Freunden/Familie darüber, vorallem über deine Ängste dass sie dich auch verstehen.
Prognosen von Ärzten müssen nicht immer stimmen, es gibt hier viele Beispiele, das ein Mensch länger lebt als diagnostiziert oder gar seine Krankheit ganz besiegt.

Mich lenkt der Alltag auch immer ab. Ich schau mir jetzt auch schon für die Sommerferien nach einem neuen Sportklub um, den ich mit meiner Beinprothese machen kann, weil ich mich leider auch total umstellen musste.

Gehe auf deine Mama ein. Wenn sie von sich aus reden will, dann ist es gut. Genieß die Zeit mit ihr.

Ich vermute deine Mama wird auch noch ärztlich betreut und überwacht oder? Gibt es dort keine Psychoonkologen/ Einrichtungen oder ähnliches an die du dich schon wenden könntest.
Natürlich kannst du dir auch einen anderen Psychoonkologen suchen, das ist nur selbstverständlich.
Wenn dich etwas bedrückt kannst du auch jederzeit im KK schreiben!

Ich wünsch dir viel Kraft
__________________
Aus dem unendlichen Chaos erhob sich eine Stimme, sagte zu mir "Lächle und sei fröhlich es könnte schlimmer sein". Ich lächelte und war fröhlich und es kam noch schlimmer. Ich lächelte immernoch und war glücklich und auf einmal lächelte die Welt zurück. That´s mean live
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  #3  
Alt 23.05.2009, 16:55
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rosa.sputnik rosa.sputnik ist offline
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Standard AW: Depression und Traurigsein - Einander helfen, leichter sein!

Liebe Annika,

gute Idee mit dem Thread...
Leider habe auch ich keine Lösung parat. Mir geht es jeden Tag anders, mal traurig, mal verzweifelt panisch, bockig, sauer... manchmal alles auf einmal.
Du hast recht, es sind zuviele Emotionen auf einmal...
Da Mamas Zustand seit nunmehr 6 Monaten äusserlich unverändert ist wünschte ich mir manchmal IRGNDEINE Änderung... dann wieder denke ich dass die einzige Änderung nur eine Verschlechterung sein kann, und dann will ich sie doch nicht mehr.
Ich habe genauso große Angst davor wie es ohne sie sein wird, wie ich Angst davor habe dass dieser Zustand noch ewig so weitergehen könnte.
Ich weiss nicht einmal ob sie genauso unter dem jetzigen Zustand leidet wie ich es tue oder ob sie sich damit "arrangiert" hat.
Manchmal sage ich dass es mir so leid tut dass sie so leidet... dann wird sie fast sauer und sagt dass es sie eben nervt dass sie so wackelig ist,... aber leiden? Nein, sie würde nicht leiden.
OK...
Dann wieder bricht sie in Tränen aus und sagt mir was sie so gerne alles noch gemacht hätte.
Hätte sie nicht... nicht in diesem Leben...
Und ich sitze dann ratlos da, und weiss nicht wie ich reagieren soll... wenn ich es schaffe, sage ich nichts... und wenn mir etwas rausrutscht wie vor drei Tagen: "Mamaaa, das hättest Du eh nicht gemacht, wer weiss was Dir so alles erspart bleibt"... könnte ich mir stundenlang alle Haare vom Kopf reissen wie mir so etwas nur passieren konnte.
Und so bin ich weiterhin hin- und hergerissen zwischen: Lass es endlich vorbeigehen, sie soll nicht so dahinsiechen UND Bitte lass sie, wenn es so geht, noch lange, lange bei mir bleiben können.

Im Moment haben wir alle kein Leben... 67qm, 1Raum... 4 Personen, 1 Hund... 24 Stunden.
Gestern fragte mich meine Freundin wie es denn meinem Mann und mir so ginge... Ich sagte: Naja... so wie es halt geht wenn man nichtmal ein Jahr verheiratet ist und 24 Stunden auf engstem Raum aufeinanderhängt ohne 1 min. Privatleben...
Auf der anderen Seite traue ich mich auch nicht länger als eine Stunde aus dem Haus.
Was, wenn sie alleine aufsteht und fällt???

Naja Annika, Du siehst... ich habe des Rätsels Lösung auch noch nicht gefunden...

Ich drück Dich
Jasmin
__________________
Meine Mama: ED 12.11.2008 Kleinzelliges Bronchialkarzinom, T4 N3 M1 (multiple Hirnfiliae)
4 Zyklen Cisplatin und Etoposit, Ganzhirnbestrahlung, dann Tumorprogression, April 09 neue Lungenmetastasen und obere Einflussstauung. Keine weitere Kontrolle, keine Chemo mehr... nur Hoffen auf ein kleines bisschen mehr Lebensqualität...Am 28.07.2009 um 11:26 Uhr Meine Mama ist in meinen Armen für immer eingeschlafen...
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  #4  
Alt 24.05.2009, 15:08
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annika33 annika33 ist offline
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Standard AW: Depression und Traurigsein - Einander helfen, leichter sein!

Hallo Illian, hallo Jasmin,

ja, Angst und Trauer lassen sich nicht verbannen. Das stimmt wohl. Ich finde nur diese schwankende Intensität so schlimm. An manchen Tagen ist es fast nicht mehr auszuhalten.

Zitat:
Ich vermute deine Mama wird auch noch ärztlich betreut und überwacht oder? Gibt es dort keine Psychoonkologen/ Einrichtungen oder ähnliches an die du dich schon wenden könntest.
Ja, meine Mutter wird ärztlich betreut und erhält auch Chemotherapie - palliativ eben. Es wird dort gewiss auch Psychoonkologen geben, das Problem an der Sache ist, dass meine Mutter einen Teufel tun würde, mich dorthin mitzunehmen. Der einzige Mensch, der sie begleiten darf, ist ihr Mann. Da hab ich mich mit abgefunden und akzeptiere das. Sie sagt immer:"Du bist mein Kind. Es reicht schon, dass Du so ziemlich alles weißt. Du musst da nicht live beisein." Okay ! Also Hilfe von außen werd ich mir dann hier irgendwo in der Umgebung suchen müssen. Was ich mal in Anspruch genommen habe, aber in allererster Linie für meinen Ältesten war eine Trauerbegleitung. Eventuell wäre das auch nochmal etwas, was ich in Erwägung ziehen könnte.

Ich frage mich, ob es eine Zeit gibt, an der man das alles besser aushalten kann. Ich weiß, dass es ganz am Anfang, als die Diagnose gestellt wurde, ganz ganz furchtbar war. Mit sehr viel verzweifeltem Weinen und kaum mehr einem klaren Gedanken, außerhalb des Krebsthemas.

Kürzlich telefonierte ich mal mit meiner Mutter. Sie erwischte mich gerad völlig auf dem falschen Fuß und ich musste mich tierisch beherrschen am Telefon. Gerade bei der Mama hat man ja immer das Gefühl sich ein wenig fallenlassen zu können, sich auszusprechen, eben weil es mit die vertrauteste Person, der meist geliebte Mensch ist. Ich hab mich dann rasch wieder gefasst, aber sie kennt mich ja und hat gemerkt, dass ich an dem Tag nah am Wasser und überhaupt nicht gut drauf war. Irgendwann sagte sie dann:"Mensch Kind, das ist doch jetzt schon seit über einem Jahr so. Langsam musst Du Dich doch an den Gedanken gewöhnt haben!" Sie hat das aus reiner Verzweifelung heraus gesagt. Das zumindest glaube ich. Denn daran gewöhnen?! Woran? Es bleibt ja nicht stehen. Die Krankheit ist immer einen Schritt voraus und gibt das Tempo vor. Wir alle "hinken emotional" immer hinterher. So fühl ich das.

Liebe Jasmin,

Zitat:
Leider habe auch ich keine Lösung parat. Mir geht es jeden Tag anders, mal traurig, mal verzweifelt panisch, bockig, sauer... manchmal alles auf einmal.
Ja, ich bin auch nicht alle Tage gleich drauf. Eines merke ich nur sehr deutlich, nämlich dass die einigermaßen guten Tage immer weniger werden. Dich bewundere ich. Du hast soviel aufgegeben, bzw. vorübergehend zurückgelassen, pflegst Deine Mama auf so engem Raum mit sovielen Personen. Der Druck und die Belastung ist ja für alle Beteiligten immens.

Und in einer solchen Extremsituation rutscht einem auch gewiss das ein oder andere mal unkontrolliert raus. Bei uns ist es so, dass wir uns ja nur 1-2 x wöchentlich sehen. Und das reicht dann oft schon aus. Wie wäre das auf so beengtem Raum? Nicht auszudenken.

Wobei...das ist auch ein Thema, das mich sehr belastet. Wenn es meiner Mama mal schlechter gehen sollte, wäre ich einfach auf Grund meiner persönlichen Situation gar nicht in der Lage eine 24h Pflege zu gewährleisten. Mal ganz abgesehen davon, dass ich gar nicht einzuschätzen wüsste, was da auf mich zukommt und ob ich überhaupt in der Lage wäre das zu bewältigen. Wir haben über das Thema mal gesprochen. Meine Mutter sagte, sie wolle selbstverständlich so lange wie irgend möglich zu Hause sein. Aber wenn ein Schweregrad der Erkrankung eintreten sollte, der ihren Mann und mich allein vom pflegerischen her überfordern würde, dann würde sie in ein KH oder Hospiz gehen wollen. Das macht mich traurig und auf der anderen Seite erleichtert es auch. Ich hab einfach Angst vor der Zeit, wo es ihr schlechter gehen wird. Große Angst. Das wäre für mich das Schlimmste, wenn sie leiden müsste.


Zitat:
Und so bin ich weiterhin hin- und hergerissen zwischen: Lass es endlich vorbeigehen, sie soll nicht so dahinsiechen UND Bitte lass sie, wenn es so geht, noch lange, lange bei mir bleiben können.
Diese innere Zerrissenheit, die macht mir auch zu schaffen. Man ist in sich selbst, vor lauter verzweifelter Liebe, völlig uneins. Ach Jasmin, ich denke die Lösung für das Traurigsein wird es nicht wirklich geben, aber wir können uns hier austauschen, und uns das was uns bedrückt ein wenig von der Seele schreiben, gegenseitig zusprechen und vielleicht ein bißchen gut tun.

Gestern waren meine Tochter und mein Ältester bei meiner Mama. Sie hat so einen Spaß an den Kindern. Es ist jedesmal eine Freude, wenn sie hinterher bei mir am Telefon nochmal den Tag Revue passieren lässt. Ich hoffe so inständig, dass sie noch eine lange und gute Zeit hat.

Das wünsche ich uns allen.

Seid lieb gegrüßt und habt noch einen guten Sonntagnachmittag

Annika
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  #5  
Alt 24.05.2009, 17:05
brabbel brabbel ist offline
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Standard AW: Depression und Traurigsein - Einander helfen, leichter sein!

Liebe Annika,

hab gerade deine Beiträge gelesen und mich in dem was du geschrieben hast, total wiedergefunden. Meine Geschichte sieht wie folgt aus. Brustkrebs mit befallenen Lymphknoten vor 10 Jahren bei meiner Mutti. Vor 3 Jahren Schlaganfall bei meinem Vati und seitdem Pflegestufe 2, betreut zu Hause von meiner Mutti. Vor 2 Wochen Knochenmetastasen bei meiner Mutti, Lunge und Brust werden nochmals mit MRT untersucht. Ich selbst bin 41 und habe auch 3 Kinder (20,17,11). Habe also die ganze Angst und verzweiflung schon durchgemacht. Befinde mich derzeit in der Phase zwischen Schock, wahnsinniger Angst, Suche nach Erfolgsgeschichten, zwischen Hoffen und Resignieren. Tage voller Angst und Weinen wechseln mit Wut und kämpferischen Herangehen. Lasse keinen an mich heran und sehne mich doch nach Trost. Scheiß Angst, meine Mutti zu verlieren, diese Bastion bedingungsloser Liebe, wo man einfach Kind sein kann ohne wenn und aber. Kaum eine Minute vergeht ohne den Gedanken an die Krankheit. Leider wohnen meine Eltern 1,5 h entfernt, so dass wir oft nur telefonieren können. Habe jedesmal Angst vor dem gespräch, wie es ihr geht usw. Erwische mich andererseits dabei, wie ich ihre Stimme und Worte in mich aufsage, aus Angst, sie bald nicht mehr zu hören. Weiß also sehr genau wie du dich fühlst. Es tut mir aber auch gut, mich hier mit Betroffenen auszutauschen, also lass auch deinen Gedanken freien Lauf, manchmal hilft allein schon das.
Viel Kraft auch weiterhin!
Bärbel
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  #6  
Alt 25.05.2009, 11:53
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annika33 annika33 ist offline
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Standard AW: Depression und Traurigsein - Einander helfen, leichter sein!

Hallo Bärbel,

vielen Dank dass Du geschrieben hast. Dass Deine Mama erneut Krebs bekommt hat, tut mir sehr leid. Wollen wir hoffen, dass das MRT im Hinblick auf weitere Metastasen, Entwarnung geben wird.

All das was Du umschreibst, ist mir vertraut. Obwohl ich in der gleichen Stadt wie Mama wohne, und ich mit dem Auto in ca. 15 Minuten bei ihr seien könnte, sehen wir uns doch eher selten. Eben bedingt durch die Kinder, die häufigen Infekte, unseren Alltag (Schule, Kiga usw.). Ehe Mama krank wurde und Vollzeit im Berufsleben stand, da haben wir uns auch nur alle 14 Tage mal gesehen. Dabei ist es im Schnitt auch geblieben. Aber dafür telefonieren wir täglich, sogar mehrmals.

Die Angst ist wirklich ungeheuer groß. Ich versuche das jeden Tag aufs Neue in den Griff zu bekommen. An manchen Tagen gelingt mir das ganz gut, an anderen weniger.

Wenn es meiner Mutter gut geht, dann hab auch ich den Kopf freier dafür Positives empfinden zu können. Wenn ich akut in Sorge um sie bin, weil sie z. B. über undefinierbare Kopfschmerzen oder Schwindel klagt, dann kann ich mich kaum auf andere Dinge konzentrieren. Ich erledige dann zwar alles was anfällt routiniert, aber mir fehlt oft dann die Ausdauer und Geduld für andere Dinge. Kürzlich habe ich mich sogar dabei erwischt, als mein großer Sohn (übrigens auch 11) mir etwas zeigen wollte, was er für die Schule gemacht hat, dass ich ihn recht unsanft abgewiesen habe. Gut, ich kann dann zwar auch meinen Fehler einräumen und mich dafür entschuldigen, aber richtig ist es ja nicht.

Dieses Suchen nach den Ausnahmen im Hinblick auf die Prognosen und Statistiken kenne ich zu gut. Ich bereue sehr oft soviel gelesen zu haben, weil sich insbesonders das Negative so sehr im Kopf manifestiert. Zumindest ergeht es mir so. Ich hoffe inständig auf noch ganz viel gute Zeit.

Traurig stimmt mich, wenn Mama traurig ist. Am Samstag telefonierten wir. Mama ist passionierte Klatschblattleserin und hat dadurch bedingt viel über das Schicksal von Barbara Rudnick gelesen. Als am Wochenende bekanntgegeben wurde, dass sie verstorben sei, war Mama trotz des Umstandes die Frau an sich nie gekannt zu haben, sehr geknickt. Ich hab dann regelrechte Aufbauarbeit leisten müssen. Ich denke man vergleicht irgendwo immer. Ich versuche mir immer vor Augen zu halten, dass jeder Verlauf an sich individuell ist, und meine Mama noch einige gute Zeit vor sich liegen haben kann. Aber so recht genießen - das will mir einfach nicht gelingen. Ich glaube es liegt daran, dass zum Genießen auch eine gesunde Portion Unbeschwertheit gehört, und da die leider nicht vorhanden ist...tja, gelingt auch das genießen nicht so recht.

Liebe Bärbel, ich würde mich freuen, wenn wir uns weiterhin hier austauschen würden. Ich wünsche Deiner Mama ein einwandfreies MRT, gute Behandlungsoptionen und Dir, dass Du die Stärke und Kraft für die Bewältigung der ganzen Situation beibehälst.

Liebe Grüße

Annika
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  #7  
Alt 25.05.2009, 19:05
brabbel brabbel ist offline
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Standard AW: Depression und Traurigsein - Einander helfen, leichter sein!

Hallo Annika,
schön, jemanden zu finden, der gerade dasselbe fühlt, da hat man das Gefühl, nciht allein zu sein. das ist ja das schöne an diesem Forum, man fühlt sich verstanden. Es war für mich auch "beruhigend" zu lesen, das auch du schon gereizt reagiert hast. Durch die Kranheit bin auch ich ständig in Gedanken bei meiner Mutti, überlege was ich ihr Gutes tun könnte. Auf der anderen Seite verkrieche ich mich meiner eigenen Familie gegenüber in ein Schneckenhaus, lasse oft keinen an mich heran und bin sicher oft auch ungerecht und überempfindlich. Habe dann einfach keine Nerven für Alltagsprobleme meines Mannes oder meiner Kinder und bin zu erschöpft und damit ungeduldig. Manchmal möchte ich eunfach in den Arm genommen werden und bin sauer, dass das keiner merkt und wenn mich jemand trösten will, weise ich ihn oft ab, weil ich Angst habe in Tränen auszubrechen. Also ich bin irgenwie unausstehlich! Abschalten fällt schwer. Geht es meiner Mutti gut, kann ich auch mal das schöne Wetter genießen und denke, alles wird schon wieder gut und wir packen das und am nächsten Tag bricht mit einer schlechten Nachricht das ganze Kartenhaus zusammen. Und als Tochter will man ja auch stark sein und seiner Mutti die eigene Angst nicht auch noch aufbürden.
Hast du noch Geschwister? Ich leider nicht und vermisse das jetzt sehr.
Hast du mit deinen Kindern über die Krankheit gesprochen?
Ich wünsche dir und einer Mutti so sehr, dass ihr noch viel gemeinsame zeit habt und sie bei den Behandlungen nicht so unter den Nebenwirkungen leiden muss. Drück euch doll die Daumen. lass uns einfach in Kontakt bleiben, vielleicht auch über PN.
Alles Liebe!
Bärbel
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