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  #1  
Alt 28.06.2008, 13:16
Benita Benita ist offline
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Beiträge: 573
Standard AW: Glioblastom IV - Inoperabel

Hallo liebe Eva,

ich habe gerade deinen Bericht gelesen und ich bin sicher, dass du hier im Forum immer jemanden triffst, der ein offenes Ohr für dich hat und dir zuhört.
Wir alle stecken hier irgendwie in der gleichen Situation und niemand kann besser verstehen und empfinden, wie jemand, der das gleiche durchstehen muss.

Ich finde es toll und bewundernswert, wie ihr alle zusammen haltet. Das ist das Wichtigste. Auch für deinen Vater ist es gut, dass er sieht, wie ihr alle für ihn da seid.

Ich bin selbst Angehörige eines Gliopatienten. Mein Mann 59 Jahre ist im Jahr 2005 an dieser Sch...krankheit erkrankt. Er wurde vor zwei Wochen zum dritten Mal operiert, hat Bestrahlung in 2005 und Chemo seit drei Jahren hinter sich. Es geht ihm den Umständen entsprechend gut, auch wenn Jahr für Jahr mehr Einschränkungen dazukommen. Ich habe zwei Söhne, 20 und 16 Jahre alt, die die Krankheit ihres Vaters nun schon seit 8 Jahren ertragen müssen. Im Jahr 2000 hatte mein Mann Darmkrebs. Leider finde ich überhaupt keinen Zugang zu meinen Kindern, um mit ihnen darüber zu sprechen. Psychologische Hilfe möchten sie auch nicht annehmen und es macht mich traurig, dass sie alles mt sich allein ausmachen wollen. Deswegen finde ich es echt gut, dass du den Weg hierher gefunden hast.

Die Menschen in diesem Forum konnten mich schon in vielen Situationen auffangen und stützen. Diese Hilfe finde ich leider in meinem direkten Umfeld nicht.

Bitte versuche Hilfe für deine Mutter zu finden. Ich kann ihr gut nachfühlen, manchmal möchte man einfach alles vergessen. Doch Alkohol ist 100 %ig nicht der richtige Weg. Versuch sie zu einer Psychologin zu schleppen, du hast sicherlich richtig erkannt, dass sie Hilfe braucht. Lass nicht locker. Mach deiner Mutter bewusst, dass du sie brauchst und dass auch dein Vater sie braucht.

Ich wünsche dir alles Gute und hoffe, dass ihr die kommende Zeit miteinander übersteht.

Liebe Grüße, Benita
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  #2  
Alt 28.06.2008, 16:22
teich1 teich1 ist offline
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Beiträge: 160
Standard AW: Glioblastom IV - Inoperabel

Hallo liebe Eva,

die Geschichte Deines Vaters ähnelt die meines Vaters.
Auch ich war ein Papa Kind und hat ein stärkeres Verhältnis zu meinem Papa als zu meiner Mama. Das hat sich mit der Krankheit und in den letzten Tagen vor Papas Tod geändert, denn als ich dann bei meiner Mama wohnte und wir zusammen im Schlafzimmer geschlafen haben, haben wir ganz viel vor und nach seinem Tod gesprochen und sind uns auch sehr, sehr nahe gekommen. Das war wirklich die positive Seite dieser so schrecklichen Geschichte.
Ich hatte vorher immer Angst, dass,wenn ich meinen Papa einen Tag lang nicht sehe, er vielleicht mit nicht mehr erkennt. Ich war immer schon alleine darüber glücklich, dass er mir jeden Tag noch gewunken hat. Meistens hat er sogar noch die wenigen Worte: "Hallo, mein Kind", gesagt.
Über solche einfachen Sachen kann man sich so freuen, und wenn man dann überlegt, worüber man sich manchmal so aufregt.... Selbst an seinem Todestag hat er noch morgens meinem Mann zum Abschied gewunken und gelächelt, denn mein Mann ist vor ein paar Jahren selber an Hautkrebs (maliges Melanom) erkrankt, und ist nicht bei uns geblieben, weil er diese schrecklichen Stunden nicht ertragen konnte. Ich habe das verstanden, aber ich bin so froh und dankbar, dass ich wirklich bis zuletzt seine Hand gehalten habe. Ich habe ihm auch kurz vor seinem Tod zugeflüstert, dass er sich keine Sorgen machen muß, wir (mein Bruder, mein Mann und ich) passen auf Mama auf, mein Mann auf mich (wir sind kinderlos) und die Freundin meines Bruders auf ihn und seine beiden Kindern.
Meine Mama hat dabei natürlich geweint, aber als er kurz darauf gestorben ist, hatten wir das Gefühl, dass es die Worte waren, die ihm die Sicherheit gegeben haben, dass er gehen kann, ohne sich Sorgen machen zu müssen.
Heute abend ist es 3 Wochen her und gestern warenmeine Mama und ich auf dem Friedhof und haben die Blumengestecke und Kränze wieder aufgefrischt. Dort ist es so, als wenn wir ein fremdes Grab fertig machen, wir können dort nicht weinen. Vielleicht auch nicht, weil wir schon im Vorfeld so viel geweint haben, vielleicht aber auch nicht, weil wir es uns gewünscht haben, dass er stirbt. Mit seinem Tod kam seine und unsere Erleichterung, denn er hätte dieses Leben so nicht gewollt, selbst wenn er noch weiter gelebt hätte.

Sei so oft es geht, bei Deinem Papa, dann fühlst Du nachher, wahrscheinlich so wie ich, dass Du Dich nicht mit Selbstvorwürfen quälen mußt, sondern weißt, das Du immer für ihn da warst und Du spürst auch, dass er das wußte. Das ist das Schönste und Beruhigenste, was Dir in der Trauer passieren kann...
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  #3  
Alt 16.07.2008, 12:07
teich1 teich1 ist offline
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Standard AW: Glioblastom IV - Inoperabel

Hallo alle zusammen,

man denkt die ganze Zeit während der Krankheit - immer dieses auf und ab - wann hört das endlich auf. Nun ist mein Papa seit fast 6 Wochen tot und immer wieder trifft man auf Sachen, die einem wieder den Boden unter den Füßen wegziehen.

So hat meine Mama beim Aufräumen einen Aktenkoffer meines Vaters gefunden, in denen er Unterlagen über seinen Fischteich aufbewahrte.
Mitten zwischen diesen Unterlagen hat sie nun eine CT und MRT Röntgenaufnahme meines Papas gefunden, die er ihr nie gezeigt hat.
Meine Mama war daran so fix und alle, denn auf keinen der ihr bekannten Aufnahmen hat man den schrecklichen Tumor so deutlich erkennen können
-komplett durch das Kleinhirn von rechts nach links- wie auf diesen Bildern.

Die Gewißheit, das Papa es wirklich so konkret wußte, wie schlimm es um ihn steht, und er noch versucht hat, es von uns fern zu halten, bricht einem wieder das Herz. Nicht nur seine Qual, mit dieser Diagnose zurecht zu kommen, sondern auch noch die Qual, wie schütze ich meine Familie vor dieser schrecklichen Wahrheit. Als er noch lebte, hat er mich auch mal zur Seite genommen und mir gesagt, ich sollte versuchen, das meine Mama nicht mit einer bestimmten Kollegin zusammenarbeit (es war zu Beginn der Krankheit, nach der Gewebeprobeentnahme), denn er wollte nicht, dass diese Kollegin (deren Mann auch vor Jahren an Krebs gestorben ist und immer noch viel weinte) Mama dauernd zum Weinen bringt. Das waren seine Sorgen.....

Ich finde es so bewundernswert und kann nach wie vor nicht glauben, dass er wirklich tot ist.

Petra
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  #4  
Alt 16.07.2008, 12:21
Annika0211 Annika0211 ist offline
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Standard AW: Glioblastom IV - Inoperabel

Liebe Petra.
Was du schreibst, erinnert mich auch wieder an meinen Papa.
Er hat alles mit sich ausgemacht, nie seinen Kummer, seine Gedanken, die Schmerzen und die Qual rausgelassen.
Man hat ihm nur in den letzten 3 Monaten angemerkt, wenn er starke Schmerzen hatte, als er zu seinem Spray greifen musste.

Meine Mama räumte vor ca. 2 Monaten eine kleine Schublade im Wohnzimmer auf und fand einen kleinen Zettel, auf dem dieses Gedicht aufgeklebt war:
Weinet nicht, ich hab' es überwunden, bin befreit von meiner Qual, doch lasst mich in stillen Stunden bei euch sein, so manches Mal. Was ich gegeben im meinem Leben, ich tat es nur für euch, was ich gekonnt, hab' ich gegeben, als Dank bleibt einig unter euch.
Daran war mit einer Büroklammer ein altes Passbild von Papa geheftet.
Meine Mama dachte, ICH hätte das gemacht... aber ich war das nicht.
Das hat Papa gemacht.
Er wusste immer, wie es um ihn stand - und er wollte immer, dass die Familie zusammenhält, wie er es immer erlebt hat.
Wir haben geweint, als wir das gelesen haben, weil er wusste, wie schmerzlich es für uns ist, dass er nicht mehr da ist.

Dieses Erlebnis war so gruselig - und so wunderschön zugleich.
Da sieht man wieder, wie viel Liebe er für uns empfunden hat. Ihm war auch bewusst, dass wir ihn über alle Maßen geliebt haben.
__________________
Alles Liebe.
**********************
Papa, für immer in meinem Herzen - 31.12.2007
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  #5  
Alt 16.07.2008, 14:25
teich1 teich1 ist offline
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Standard AW: Glioblastom IV - Inoperabel

Liebe Daggi,

es ist wirklich unglaublich, was man alles so erlebt hat und noch erlebt.
Es verbindet, wenn es Menschen gibt, denen das Gleiche widerfährt.

Jetzt weiß man um so mehr, das man so einen lieben Papa hatte. (Auch wenn ich das auch vorher wußte, aber man weiß das im Alltag nicht immer so zu schätzen) Viele Menschen haben wahrscheinlich nicht so viel Glück wie wir
mit ihren Angehörigen.

Im Gedenken an Deinen und meinem Papa..... (sowie für alle anderen, die einen lieben Menschen verloren haben)


Ich lass dich gehen
und wünsch dir alles Glück der Welt.
In diesem Augenblick
bist du das Einzige was zählt.
Lass dich fallen
und schlaf ganz einfach ein,
ich werde für immer an deiner Seite sein
(Aus "An Deiner Seite" von Unheilig)

Ganz liebe Grüße

Petra
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  #6  
Alt 18.07.2008, 21:28
Annika0211 Annika0211 ist offline
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Standard AW: Glioblastom IV - Inoperabel

Zitat:
Zitat von teich1 Beitrag anzeigen
...Viele Menschen haben wahrscheinlich nicht so viel Glück wie wir...
Liebe Petra,
da hast du Recht. Bei den meisten hier trifft das zwar zu, aber in meinem persönlichen Umfeld gibt es einige, mit denen ich niemals hätte tauschen wollen. Jeder von uns denkt: ich hatte den besten Papa der Welt!
Und das darf auch jeder!
Du weißt es für dich - ich weiß es für mich und darauf sind die beiden stolz. Wie wir auch auf sie.

Ich drück dich und wünsch dir ein erholsames Wochenende.
__________________
Alles Liebe.
**********************
Papa, für immer in meinem Herzen - 31.12.2007
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  #7  
Alt 19.07.2008, 21:53
teich1 teich1 ist offline
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Beiträge: 160
Standard AW: Glioblastom IV - Inoperabel

Liebe Daggi,

ich drücke Dich auch und drücke Du Deine Mama so wie ich meine Mama drücke. Dieses Forum hilft einem wirklich, auch wenn man oft weinen muss, sei es weil man über seine selbst erlebte Geschichte schreibt oder eine andere liest. Ich habe meiner Mama auch von Deinem Papa erzählt, dass er den Zettel mit dem Gedicht und seinem Passbild hinterlegt hat, und sie fand es unglaublich, dass unsere liebsten noch solche Gedanken hatten. Es hilft ihr glaube ich auch, wenn ich von anderen Betroffenen erzähle.

Nun hat sie mir die Röntgenbilder gegeben, damit ich diese im Büro in den Reisswolf schmeisse, aber das bringe ich auch nicht fertig. Ich habe sie nun mit seiner Todesanzeige und der Danksagung in eine Schublade gelegt.... Beim Anblick konnte ich immer noch nicht glauben, dass an diesem Tag, es war der 17.12.2007 sein Todesurteil feststand.

Bei Papa wollten wir es bis zuletzt nicht wahr haben, aber als er dann auf einmal ab Mitte April immer umkippte und das täglich und wir ca. 20 Minuten mit zum Teil drei Leuten brauchten, um ihn wieder in den Rollstuhl setzen zu können, war es uns schlagart klar, dass der Tumor gewachsen war und Papa nun den Rest gab. Das schlimme für uns war, dass er immer wieder versuchte aufzustehen...Er meinte wirklich, er könnte es. Und dann jedesmal dieser Zusammenbruch...

Sollte ich jemals diese Diagnose bekommen, werde ich mir selber Sterbehilfe leisten, solange ich kann.
Ich habe letztens am Fernsehen darüber einen Bericht gesehen, und es wurde die Sterbehilfe ja stark verurteilt.

Ich würde mir kein Gesetz darüber wünschen, sondern lediglich, dass, wenn der Betroffene die Diagnose erhält und es wirklich so kontinuierlich bergab geht, bis zur Inkontinenz, Pflegebett, Füttern, nichts mehr können, etc., wie es bei Papa der Fall war, dass man dann selber sagen darf: "Wenn es so kommt, dann gibt mir etwas." Dieses ist weder für mich noch für meine Angehörigen ein lebenswertes Leben, sondern ein Dahinsiechen im langsam sterbenen Körper und das bei vollem Bewußtsein.... Kein Mensch, der soetwas nicht miterlebt hat, darf so einen Wunsch eines anderen Menschen verweigern....

P.S. Ich hätte es ihm sogar selber gegeben, sowie ich wirklich ernsthaft überlegt habe, ihm einfach das Kissen auf den Kopf zu drücken.

Meine Kollegin und ich sprachen letztens über die Sterbehilfe und sie sagte zu mir, aber zu soetwas wärst Du oder Deine Mama doch nicht in der Lage gewesen, es zu tun, oder? Ich sagte ihr, dass ich es von meiner Mama nicht weiß und auch nichts gesagt habe, aber ich wäre dazu in der Lage gewesen....Diese Krankheit verändert alles, auch in einem selber...

Ich fühle mich auch nicht verurteilt, wenn jemand jetzt total darüber entsetzt ist, sondern stehe dazu, dass ich dazu in der Lage gewesen wäre.

Ich wünsche allen, soetwas nicht erleben zu müssen und das einem solche Gefühle und Gedanken erspart bleiben

Petra
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