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  #1  
Alt 08.12.2005, 15:21
Barbara 64 Barbara 64 ist offline
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Standard AW: Zwei Jahre danach...

Du hast Dich von Deiner ersten Chemo gut erholt, warst danach 'fitter' als vorher und ungebremst optimistisch. Du hast zwar immer noch nicht viel machen können, aber der tägliche Spaziergang und selber Kochen waren kein Problem.

Nach langem Hin und her konnte ich Dich dann doch überzeugen, Dir zusätzlich unterstützende Präparate spritzen zu lassen... Wenn ich das Rezept vom Arzt bekommen würde, würdest Du tägliche Besuche von einem Pflegedienst und Spritzen akzeptieren... Dein Onkologe war davon erwartungsgemäß nicht begeistert, er hat versucht, mir das auszureden, doch ich war auf die Ablehnung vorbereitet und bewaffnet mit Hartnäckigkeit, und am Ende hat er zähneknirschend das Rezept unterschrieben.
Die Schwester vom Pflegedienst war recht nett, Du mochtest sie nicht besonders, mochtest den ganzen Zustand nicht...
Ich habe Dich mit Zusatznahrung traktiert, Dir so oft es ging beim Essen Gesellschaft geleistet, und so ging es ein bißchen aufwärts.
Mama, trotz allem, was war, ich habe sehr gehofft für Dich...


Ein Traum, ein Traum ist unser Leben
Auf Erden hier.
Wie Schatten auf den Wolken schweben
Und schwinden wir.
Und messen unsre trägen Tritte
Nach Raum und Zeit;
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Johann Gottfried Herder
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  #2  
Alt 12.12.2005, 12:51
Barbara 64 Barbara 64 ist offline
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Standard AW: Zwei Jahre danach...

Ich war jeden Tag nach der Arbeit bei Dir, habe für Dich eingekauft, Dir beim Essen Gesellschaft geleistet, und wir haben viel geredet. Du hattest Dich entschieden, Du würdest nicht mehr stationär in ein Krankenhaus gehen. Wenn die Zeit gekommen sein würde, wolltest Du in ein Hospiz. Bis dahin hattest Du noch viel vor, Dein letztes Weihnachten feiern, Silvester, vielleicht noch mal wegfahren, ja, und im Sommer 70 werden... Vielleicht noch ein Jahr, hast Du gesagt...

Du hast Pläne gemacht, Weihnachten bei uns, es wäre das erste Mal gewesen, daß Du an Heiligabend bei mir gewesen wärst, vielleicht komplett über Weihnachten bleiben, mal schauen... Con und ich haben uns Gedanken gemacht, wie wir Silvester feiern. Wenn Du wolltest, mit Dir, die übliche Silvesterparty könnten wir im nächsten Jahr feiern - wie selbstverständlich wir davon ausgehen, daß wir nächstes und übernächstes Jahr noch leben. Und nicht einmal die Tatsache, daß Du offiziell bis 16. November gesund und am Tag danach todkrank gewesen bist, hat das in uns nicht verändert...
Die Endlichkeit des Lebens mag uns manchmal vor Augen geführt werden, wirklich bewußt wird sie wohl nur, wenn wir sie am eigenen Leib erfahren.

Ich habe Dich gefragt, ob Dir etwas wichtig ist außer dem Hospiz, ob Du Dinge regeln willst. Du hast aufgezählt, welche Sachen für mich wichtig waren, sie zu wissen, wenn Du einmal nicht mehr sein würdest, Unterlagen für das Haus, Dein Stammbuch, solche Dinge, das würden wir dann zwischen den Jahren machen. Die Patientenverfügung hattest Du schon vor langer Zeit unterschrieben, doch sie würde nicht gebraucht, ich habe Dir auf Deine 'Forderung' hin versprochen, daß ich Dich nicht in ein Krankenhaus einliefern lassen würde, wenn es nicht um eine akute Sache, die mit Deinem Krebs nichts zu tun hätte, gehen würde.
Mama, war Dir klar in diesen Gesprächen oder in den Nächten danach, wie wenig Dich Papas Bedürfnisse interessiert haben, als er im Krankenhaus lag, als das Sterben begann ? Daß es immer nur um Deine Bedürfnisse ging ? War Dir klar, daß ich nicht schlafen konnte nachts, weil ich eben kein Hospiz gefunden habe ? Wußtest Du, was ich mir mit diesem Versprechen aufgeladen habe ? Ich wußte es nicht. Ich würde es Dir immer wieder geben, wenn Du es forderst, doch tief in meinem Innern weiß ich, daß es nicht anständig ist, ein solches Versprechen zu wollen. Egal, wie groß die Angst vor dem Krankenhaus ist... Man darf das wünschen, ja, doch man darf es sich nicht versprechen lassen...

Über Deine Wünsche betreffend Deiner Beerdigung brauchten wir nicht zu sprechen, zum einen war das in meinen Gedanken noch weit weg, zum anderen hatte ich Dich vor Jahren schon gefragt. So, wie Du Papas Beerdigung arrangiert hattest, hat mir das nicht gefallen.. für Dich war es Dir egal, nichts außergewöhnliches, ein Musikstück hast Du benannt (und es war weder das Ave Maria noch 'das Largo', jene Stücke, die Du bei Papa hast spielen lassen, weil man das so macht...).

Wir haben ein wenig über die Zeit damals geredet, wie ich Papas Sterben und Dein Umgehen damit erlebt habe und die Zeit danach, den Streit über die Traueranzeige, Dein Verbot betr. Gedicht oder Text. Du meintest, es ging Dir halt nicht gut damals... Meintest Du wirklich, mir ging es gut ? Ich habe mich nur nicht hinter den üblichen Ritualen versteckt wie Du... Mir sind auch die Nachbarn egal, für mich ist wichtig, daß es in mir stimmt und zu dem paßt, der gegangen ist.

Ja, wir haben viel geredet, Mama. Wirklich näher gekommen sind wir uns nicht.


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  #3  
Alt 13.12.2005, 18:16
Barbara 64 Barbara 64 ist offline
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Standard AW: Zwei Jahre danach...

Die zweite Chemo hast Du nicht gut vertragen. Kaum daß wir vom Onkologen wieder zu hause waren, haben Dich die Nebenwirkungen umgehauen. Übelkeit, Atemnot, Unruhe... das volle Programm. Zum Glück kam Dein Hausarzt von sich aus vorbei, nach einer Spritze von ihm ging es Dir ein bißchen besser. Doch Du warst sehr beunruhigt, fühltest Dich seltsam, und Schlafen konntest Du auch nicht. Du hast mich den ganzen Nachmittag auf Trab gehalten...

Abends kam dann Dein Hausarzt nochmal vorbei. Er hatte mit dem Onkologen gesprochen, Dein Blutbild war gut, allem Anschein nach hatte Dein Körper und damit auch der Tumor auf die Chemo angesprochen. Dein schlechtes Allgemeinbefinden und die zunehmenden Schmerzen konnten sich beide nicht erklären. Dein Hausarzt wollte nach dem Wochenende in der Praxis einen Ultraschall machen, möglicherweise sei der Stent verrutscht. Falls Du weiterhin so wenig essen und trinken könntest und die Übelkeit nicht besser würde, solltest Du ab Montag Kochsalzinfusionen bekommen.

Die Nacht war anstrengend. Du hattest ständig das Gefühl, zur Toilette zu müssen, konntest aber allein nicht von Deinem relativ tiefen Bett aufstehen. Ich glaube, Du hast kaum geschlafen in der Nacht. Ich war irgendwann so kaputt, daß ich tatsächlich nach den Toilettengängen sofort wieder eingeschlafen bin... bis zum nächsten 'Geräusch' von Dir. Ich hatte befürchtet, daß ich Dich von meinem Lager im Gästezimmer aus gar nicht hören würde, doch ich war beim geringsten Räuspern immer sofort 'da' - einerseits war das gut so, andererseits hätte ich den einen oder anderen Huster gerne 'überschlafen'...

Am Morgen warst Du sehr wacklig auf den Beinen, doch Du hattest Hunger... also, Kaffe kochen, Brötchen schmieren und Dich zum Essen motivieren. Nach dem Frühstück ging es Dir etwas besser, und Du konntest schlafen. Mittags meintest Du, es gehe Dir 'gut', Du hast Brühe gegessen, die Con für Dich gekocht hat, und belegte Brote. Außerdem hast Du tapfer die flüssige Aufbaunahrung runtergewürgt... Ich habe Dich den ganzen Tag 'traktiert', Trinken, Trinken und nochmal Trinken, und dann wieder Essen...

Gegen Abend fühltest Du Dich wieder recht gut, müde und erschöpft, aber nicht mehr so wacklig. Ich war auch todmüde, und so sind wir relativ früh Schlafen gegangen. Es sollte die letzte Nacht sein, in der ich mehr als eine Stunde am Stück bei Dir schlafen würde. Doch das haben wir beide nicht geahnt...


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  #4  
Alt 14.12.2005, 13:33
Barbara 64 Barbara 64 ist offline
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Standard AW: Zwei Jahre danach...

Die Nacht war relativ ruhig, Du warst nicht so oft wach, und dementsprechend bekam ich auch mehr Schlaf.
Sonntags konntest Du dann wieder vieles alleine machen. Du hattest Besuch zum Adventskaffee eingeladen, und ich war für den 60. Geburtstag von Cons Mutter gebucht. Du meintest, Du würdest bis morgen alleine klarkommen, ich solle in meinem eigenen Bett schlafen und Montags vorbeikommen.

Wir haben noch zusammen Mittag gegessen, und ich habe Dir alles vorbereitet für den Nachmittag und den Abend. Du hattest so unglaublich kalte Hände und Füße, und nichts half... Warm einpacken hat überhaupt nichts genutzt, und Wärmeflasche war wegen der Diabetes nur eingeschränkt möglich. Nebenwirkungen der Chemo... Schmerzen hattest Du auch, aber dagegen konnten wir wenigstens was machen, Du hast Tropfen genommen, und ich habe Dir den Rücken eingerieben.
Mit sehr gemischten Gefühlen bin ich dann nachmittags gegangen...

Die Geburtstagsfeier war recht nett, doch ich war in Gedanken mehr bei Dir als sonstwo, würdest Du wirklich alleine klarkommen ? die letzten Tage warst Du abends doch recht schwach, würdest Du die Treppe nach oben in Dein Schlafzimmer schaffen ?
Gegen neun war ich dann so unruhig, daß ich beschlossen habe, wieder zu Dir zu fahren und bei Dir zu schlafen. Ich habe Dich angerufen, das übliche, nicht nötig, es geht doch, aber wenn ich meine... Ja, Mama, ich meinte...

Meine zwei Lieben waren ein bißchen enttäuscht, hatten sich gefreut, mich mal wieder zu hause zu haben. Aber sie haben beide verstanden, daß ich zu Dir fahren 'mußte'...
Als ich dann bei Dir war warst Du glaube ich sehr froh, auf jeden Fall hast Du Dich gefreut. Du hattest einen netten Nachmittag mit Deiner Freundin, sie hat alles gemacht, Du mußtest nicht mal vom Sofa aufstehen, es hat Dir viel Freude gemacht, und Du warst guter Dinge. Während der ganzen Zeit haben Dich immer wieder Freunde, sogenannte und sehr wenige echte, angerufen... Meist waren die Gespräche für Dich eher belastend, Menschen können so unglaublich taktlos und dumm sein... Für Dich war aber glaube ich ganz wichtig, daß man an Dich dachte. Besucht haben Dich nur wenige, auch so ein Phänomen, das wohl nahezu alle Krebskranken kennenlernen...
Wie haben noch eine Weile geschwatzt, und dann habe ich Dich ins Bett gebracht. Am nächsten Morgen war der Ultraschall geplant, die Mutter einer Freundin von mir wollte uns hinfahren.


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  #5  
Alt 19.12.2005, 09:33
Barbara 64 Barbara 64 ist offline
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Standard AW: Zwei Jahre danach...

Du warst sehr geschwächt, und streckenweise hatte ich Angst, wir würden es nicht bis in die Praxis schaffen.

Während Deiner Blutabnahmen habe ich kurz mit dem Arzt gesprochen, er hat nicht verstanden, warum Du so sehr abgebaut hattest. Dein Blutbild von Freitag war sehr gut, sogar die Leberwerte waren gut, er hoffte, über den Ultraschall etwas herauszufinden.

Er hat mich gefragt, wie es denn zu hause geht, Du konntest ja kaum ein paar Schritte laufen... Ich habe ihm gesagt, daß Du nicht ohne Hilfe das Bett verlassen kannst und daß Du Abends auf der Treppe nicht so gut alleine nach oben kommst. Er hat dann den Ultraschall gemacht und mit Dir gesprochen. Dann hat er mich ins Untersuchungszimmer geholt, Du hast geweint, warst ziemlich fertig. Er hatte Dir gesagt, daß Du dringend ein Pflegebett brauchst, weil das mit Deinem Bett nicht mehr geht... Einerseits hast Du mir in dem Moment sehr leid getan, Mama, andererseits war ich sehr erleichtert, daß er das einfach so gemacht hat... Ich habe Dich kaum noch hochbekommen aus dem Bett, wenn es nachts schnell gehen mußte, das war für uns beide nicht schön, und mein Rücken war ein einziger Dauerschmerz. Er hat versucht, Dir die Vorteile darzulegen, mehr Selbständigkeit war glaube ich das Zauberwort... Du warst zwar nach wie vor schockiert, aber Du hast schon auch gesehen, daß das für den Moment die bessere Lösung sein würde.

Mittags hattest Du Besuch, ein ehemaliger Kollege von Papa, der Kontakte bei der Krankenkasse hatte. Er hat mir sofort Tips gegeben und auch gleich seine alten Kontakte angerufen, um die Sache zu beschleunigen. Seine Frau hat Dich ein bißchen beruhigen können, sie fand das mit dem Bett gar nicht schlimm, für eine Übergangszeit, bis es Dir besser gehen würde... Abends warst Du wieder recht guter Dinge, und Du hast überlegt, wo das Bett stehen sollte...

Am nächsten Tag würde der Hausarzt vorbeikommen, er hat Dir zusätzlich Kochsalzinfusionen verschreiben, wollte Dich ein bißchen aufbauen für die nächste Chemo. Außerdem war wieder Besuch angesagt, auf den Du Dich sehr gefreut hast.


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  #6  
Alt 19.12.2005, 16:04
Barbara 64 Barbara 64 ist offline
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Standard AW: Zwei Jahre danach...

Mittags kam Dein Arzt vorbei und legte die Infusion an, wenn sie durchgelaufen ist, muß man den Schlauch abmachen und die Kanüle verschließen, ganz einfach... Es hat einen Moment gedauert, bis ich verstanden hatte, daß die Erläuterungen für mich bestimmt waren... Ich war gelinde gesagt verunsichert, bei meinen eigenen Spritzen kann ich kaum hinschauen, Blut sehen ist auch nicht ganz so meins, und jetzt sollte ich an Deiner Kanüle...
Ich erinnerte mich an eine Situation mit Papa, damals im Krankenhaus, da hat er an seiner Kanüle und den Infusionsschläuchen herumgemacht, das ganze Bett war voll Blut und ich in großer Angst, er könnte verbluten bis die Schwester kommt... Bei Dir würde ich nicht einmal eine Klingel haben...
Du hast das ganz locker gesehen, das würde ich schon schaffen. Ich war sehr überrascht von dieser Einschätzung, hätte nicht gedacht, daß Du derartiges Vertrauen in mich setzen würdest.
Als der Moment dann gekommen war, ging es ganz gut, Dein Besuch und Du, ihr wart voll Bewunderung für mich, wie locker und gut ich das hingekriegt hätte... Ich war schweißgebadet und hatte das Gefühl, ich würde zittern, doch meine Hand war wohl tatsächlich ziemlich ruhig.

Für den nächsten Tag hatte ich Termine, Krankenkasse, Sanitätshaus,... Eine Freundin hat sich um Dich gekümmert, für ein paar Stunden ging das. Sie hatte Angst, daß sie nicht schaffen würde, Dich zur Toilette und zurück zu bringen, Du hast das wohl gespürt, bist die ganze Zeit auf dem Sofa geblieben, und so hat das hingehauen.
Abends habe ich Dich wieder zum Essen 'genötigt', Du warst ziemlich unzufrieden mit mir... Doch Du hattest wieder Stuhlgang, fühltest Dich auch ein bißchen besser, wir dachten beide, es geht aufwärts... Also, nicht nachgelassen...

Mama, wenn ich gewußt hätte, daß es Deine letzte Mahlzeit war, ich hätte Dich nicht so traktiert...

Später kam dann eine Freundin von mir vorbei, weil ich es nicht mehr geschafft habe, Dich allein nach oben zu bringen.
Du wolltest dann noch am Schlafzimmerfenster eine Zigarette rauchen. Mama, hast Du gewußt, daß es der letzte Blick in Deinen Garten war ? Daß Du nach dieser Nacht nicht mehr aufstehen würdest ?


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  #7  
Alt 20.12.2005, 09:43
Barbara 64 Barbara 64 ist offline
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Standard AW: Zwei Jahre danach...

Es war eine unruhige Nacht, Du hattest ständig das Gefühl, Du müßtest zur Toilette, gegen Morgen habe ich dann nicht mehr geschafft, Dich aus dem Bett zu kriegen. Du hattest keine Kraft mehr, konntest nicht helfen, und ich hatte seit vier Nächten fast nicht geschlafen, ich spürte keine Energie mehr in mir.
Ich habe Dir eine Schüssel geholt, und so ging es dann auch im Sitzen im Bett einigermaßen...

Mama, wenn ich mich an diese Minuten erinnere, kann ich noch heute meine Verzweiflung von damals spüren. Du hast das nicht mitbekommen, warst froh, wieder zu liegen, und ich konnte verhindern, daß Du die Schüssel siehst...
Ich habe Deinen Hausarzt zu Hause angerufen, er hat versprochen, sofort zu kommen. Danach hat mich die Kraft verlassen... Ich habe eine Freundin angerufen, sie wollte ohnehin kommen, um mir zu helfen, Dich wieder auf Dein Sofa zu bringen. Ich konnte kaum einen klaren Satz formulieren, habe geweint, ich war fertig... Kurz darauf war Con da, Kind bei Oma, Arbeit abgemeldet... Warum ich denn nicht angerufen hätte ? Warum habe ich denn nicht ganz klar gesagt, wie 'schlimm' das alles ist ? Warum hatten wir nicht längst einen Pflegedienst zur Unterstützung ?
Ich dachte, ich schaffe das, wollte Dir fremde Leute im Haus ersparen, Mama... Ich hatte keine Vorstellung davon, wie anstrengend es sein würde. Und bis zu diesem Moment war es mir auch gar nicht so arg vorgekommen.

Dein Arzt kam, hat Dir eine Infusion angelegt und Bettruhe verordnet. Danach haben wir uns zusammengesetzt... Er versuchte, mich zu beruhigen... Blutungen seien nichts ungewöhnliches, und das sei nun auch nicht mehr das Problem. Du würdest gehen in den nächsten Tagen, Dein Sterben hatte begonnen... Er konnte das selbst nicht so recht fassen, gestern waren wir noch in seiner Praxis, so schnell hatte er das nicht kommen sehen. Falls ich ihn brauchen sollte, könnte ich ihn jederzeit anrufen, er würde mittags auf jeden Fall nochmal vorbeikommen.

Ich habe dann den Pflegedienst angerufen, den wir wegen der Spritzen schon hatten, habe die Situation kurz geschildert, es war kein Problem, das 'Deine' Schwester vorbeikommen würde...


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