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Alt 07.10.2008, 09:57
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Bianca-Alexandra Bianca-Alexandra ist offline
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Registriert seit: 15.02.2008
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Standard AW: Palliative Behandlung; ambulant, stationär, Hintergründe und Ängste

Hallo ihr Lieben,

das zeigt mir doch, wieviel Redebedarf über unausgesprochene Dinge herrscht.

Liebe Lissi,

Mapa wird sich sicherlich noch selbst äußern, aber ich glaube nicht, dass sie Dich mit dem geschriebenen angesprochen hat, wir haben Anteil gehabt an Peter und Dir und sind mindestens ebenso erleichtert wie Du dass er wenigstens die letzten Schritte schmerzfrei gehen durfte. Deine Begleitung war absolut einzigartig, Deine Nähe und Deine Kraft die Du aus ungeahnten Reserven geholt hast ebenso.

Liebe Mapa,

ich sehe es ein bißchen anders als Du. Bitte bedenke wie es ist, sich ganz neu mit vielen der Themen, die uns hier schon seit Monaten und Jahren beschäftigen, auseinanderzusetzen. In einem anderen Thread hatten wir dieses Thema bereits. Die Sichtweise ändert sich ein wenig mit der Zeit, Dinge, die uns am Anfang schier den Atem verschlagen werden zur Normalität, weil sie ab jetzt Bestandteil des ganzen sind. Ich erinnere mich noch genau als ich am Anfang mit Freuden über die Diagnose meiner Mutter sprach und dann die Frage kam "Also wird sie daran sterben?" oder schlimmer noch "Wieviel Zeit bleibt?". Ich hätte vor Wut am liebsten blind um mich geschlagen, denn es braucht einen sanften Einstieg in manche Themen weil einfach alles andere manchmal einen Schock Zustand auslöst oder schlimmer noch, man rennt in die andere Richtung davon.

Und es stimmt schon, palliativ ist eben auch die Behandlung von Diabetis. Ich las gerade Reginas Beitrag, hast Du gewusst, dass sie schon so lange Morphium bekommt? Ich nicht, aber vielleicht habe ich einfach nicht genau genug gelesen, oder aber mein Hirn wollte sich damit nicht auseinander setzen? Palliativ KANN auch bedeuten, dass man dennoch Schmerzen aushalten (möchte) muss. Meine Mutter beispielsweise hat sich sehr gegen Morphium gewehrt - genau dies gab mir auch den Anlass, dieses heikle Thema hier anzufassen. Sie hat sich ebenso gewehrt wie ich es (innerlich) auch getan habe, eben weil wir noch die alten "Monster" im Kopf haben. Schmerzbehandlung vor 15 Jahren bei meinem Vater ist nicht die gleiche wie heute. Unterschiedliche Ursachen benötigen außerdem unterschiedliche Behandlung.... Irgendwann werden wir vermutlich an dem Punkt sein wo meine Mutter, um keine Schmerzen haben zu müssen, den Weg geht das Risiko einzugehen, dass sie nicht mehr ganz so bewusst wahrnehmen kann wie jetzt. Sie hat diese "Grenze" erst in der letzten Woche aufgehoben, denn sie hatte furchtbare Angst, mit einem Schlag die Umwelt, vor allem ihren Mann und mich nicht mehr wahrnehmen zu können. Ich habe auch meine eigenen großen Monster. Das Forum war für mich oft schwer, "Kleinzeller", mit denen ich mich seit Beginn ausgetauscht habe sind nun alle nicht mehr da. Der Leidensweg, ihn zu sehen, zu begreifen... es ist schwer, nicht automatisch einen Ablaufplan für sich selbst daraus zu erstellen und das Kopfkino jedesmal aufs neue auszuschalten. Schwerer noch, überhaupt heraus zu kristallisieren wann es ein Kopfkino ist.

Und ja, im Moment nimmt alles einen guten Lauf. Ich kann mir sehr gut vorstellen wie manch einer das jetzt nicht verstehen wird, denn vor ein paar Wochen hätte ich ebenso reagiert. Ich insbesondere rede jetzt vom SCLC meiner Mutter. Von Anfang an war uns klar, dass wir nicht allzu lange den Kampf gewinnen werden.

Und wieder hallt es in meinem Kopf "Nicht dem Leben mehr Tage geben, sondern den Tagen mehr Leben". Und bisher hat meine Mutter - und damit auch wir einfach sehr viel Glück gehabt. Bisher war sie bis auf die ersten Wochen in der Diagnose und die Woche, die sie jetzt zur Einstellung der palliativen Medikation im KH war, schmerzfrei. Bisher hatte sie kaum Nebenwirkungen von der Chemo, keine Übelkeit, keine Kopfschmerzen.... Es waren Nebenwirkungen da, keine Frage. Aber sie standen in einem geringen Verhältnis zu der Zeit, die gut verlaufen ist. Wir haben Glück gehabt dass es so verläuft. Und ich bin sehr dankbar für die palliative Behandlung. Obwohl unsere Zeit bisher so gut war, geht es ihr dennoch jetzt so viel besser als das ganze letzte Jahr. 1,5 Jahre sind es bald. Sie ist gelöst, sie fühlt sich gut, sie hat keine Schmerzen, sie ist nicht mehr so schlapp... Morphium wirkt auch euphorisierend bei ihr. Und das ist gut. Es tut ihr einfach gut.

Und gerade weil ich sehe, wie gut palliative Medizin sein kann - und zwar nicht erst dann, wenn man die letzten Schritte geht, möchte ich den Schrecken nehmen. Meine Mutter bekommt eine Kombi die ich noch hier reinsezten werde. Es ist nicht viel bisher - wie man uns versicherte, aber es ist sorgfältig auf sie abgestimmt - und das perfekt. Denn sie nimmt AKTIV am Leben teil, da ist keine Spur von Bewusstseinsverlust, Lethargie... und das ist mir so wichtig. So wichtig es anderen zu sagen wie gut die Erfahrung sein kann sie ganz ohne Beschwerden das Leben GUT zu erleben. Und genau das ist doch der Moment, wo es keine Rolle spielt (in meinen Augen) wie lange die Zeit ist. Hauptsache, sie ist gut.
__________________
Liebe Grüße - Bibi
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