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Alt 02.03.2003, 12:59
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Beiträge: n/a
Standard Wünsche für Michi

Liebe Michi

Nun habe auch ich Dein Platzerl in diesem Forum entdeckt und möchte Dir meine herzlichsten Grüsse schicken.
Ich habe Deine Zeilen hier sehr aufmerksam gelesen und viele meiner eigenen Gefühle, die ich mal hatte oder noch immer spüre in Deinen Schilderungen wiederentdeckt.
Ich kenne das Gefühl der inneren Zerrissenheit, der permanenten Müdigkeit, die in allem lähmt, sogar im Träumen. Und ich kenne die Verzweiflung, die einen böse werden lässt gegen die Menschen, die man eigentlich so lieb hat.
Und weil ich das kenne, selbst gespürt habe, selbst daran beinahe zerbrochen bin, darum stimme ich jetzt nicht ein in den sicher wohlwollend gemeinten Tenor von vielen, die deine Kraft und Tapferkeit bewundern. Ich habe erlebt, wie ich selbst für eine Kraft bewundert worden bin, die ich zwar ausstrahlte, aber nicht nutzen konnte für mich. Und ich habe erlebt, wie einsam Bewunderung machen kann.

Du hast mir kürzlich geschrieben, dass Dir meine Gedichte helfen und Trost spenden. Das hat auch mir wohl getan, denn viele Gedichte sind in schwieriger Situation entstanden und diese bekommen so im Nachhinein so etwas wie einen Sinn für mich.
Ich bin heute nacht über meine Gedichtebücher geflogen (es sind 8 Stück), habe ganz bewusst etwas gesucht, was ich Dir hierher schreiben könnte, nur so, um Dir zu sagen, dass ich Deine Gefühle verstehen kann. Ich habe einiges gefunden und davon mal 2 meiner Gedichte ausgesucht.
Vielleicht sprechen sie Dir einfach so aus der Seele und vielleicht können sie Dir auch etwas geben, was Dir hilft oder andern zu verstehen, was für Gefühle da so in Dir sind.

Diese innere Zerrissenheit
°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°
Diese innerliche Zerrissenheit,
dieses seelisch orientierungslose Dasein
und nicht mehr wissen, wo ich stehe,
das ist das Schlimmste in der momentanen Situation.
Ich weiss nicht,
bin ich sterbend oder sind durch die Therapie
jetzt doch Voraussetzungen für eine neue Wohlfühl-Zeit geschaffen?
Ich habe körperliche Ausfälle, ein fast blindes Auge, Gangstörungen, Übelkeit, Erbrechen, bin inkontinent und immer müde - diese körperlichen Auffälligkeiten locken die Aufmerksamkeit anderer Menschen auf sich, werden als quälend empfunden.
Doch für mich sind sie das kleinere Übel.
Ich kann mich damit arrangieren, denn sie sind halt einfach da, fassbar für mich, immer etwa gleich.
Das wirklich Schlimme für mich
spielt sich unsichtbar für alle im Verborgenen ab.
Diese innerliche Zerrissenheit,
dieses sellisch orientierungslose Dasein,
dieses einfach nicht mehr wissen,
wo ich stehe...

Ladina, im Juli 1997

Zwiespältige Gefühle
°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°
Als sich anno 1996 abzeichnete,
dass meine Krankheit keine positive Wende mehr zulassen würde,
war ich der Verzweiflung nah.
Ich wollte leben und sollte sterben!
Ich konnte das Heile-Welt-Gehabe der andern nicht ertragen
und hatte zugleich Mühe, die Angst vor dem Tod auszuhalten.
Zwiespältige Gefühle waren in mir.
Die, die ich am meisten liebte, begann ich zu hassen und schlecht zu behandeln.
Ich sagte mir, dann sind sie nicht so traurig, wenn ich sterbe, dann werden sie es leichter haben.
Ich hatte es so oder so schwer.

Eines Nachts hatte ich einen Traum.
Ich selber verlor in diesem Traum zwei geliebte Menschen.
Einen, der immer gut zu mir war und einen zweiten, der mich in der letzten Zeit immer wieder angegriffen und verletzt hatte.
Ich trauerte sehr um den ersten,
doch auch um den Zweiten.
Negative Gefühle dem verstorbenen Miesmacher gegenüber wollten sich nicht einstellen. Es gehört sich nicht, schlecht von einem Toten zu denken. Mir liefen nur immer kalte Schauer über den Rücken.
Die Zeit der Trauer um beide war lang und schwer,
doch eines Tages tauchte wie ein Stern in der Dunkelheit
eine Erinnerung an den ersten Freund auf.
Es war eine Erinnerung, die mich wärmte.
Es war wie ein Gruss von ihm, wie ein Zeichen, dass es ihn noch immer gibt, in meinem Herzen,
wie ein Neugeborenwerden in einer andern Dimension.
Beim zweiten Menschen tauchten vor allem schmerzliche Erinnerungen auf,
die es mir nicht leichter machten, mein Leben zu leben
nach seinem Tod - im Gegenteil.
Ich wollte am liebsten gar nicht an ihn denken,
weil jeder Gedanke an unsere letzte Zeit zusammen, mein Innenleben zu einem Trümmerhaufen werden liess.

In dieser Nacht habe ich begriffen,
dass die Erinnerungen von anderen an mich
meine Zukunft sind,
ganz egal, ob ich sterben werde
oder leben darf.

Ladina, im März 2002

Liebe Michi, was ich Dich zum Abschluss gern noch fragen möchte, ist, wie es sich bei der Psychologin, die Du zusammen mit Deinem Mädchen besuchst, entwickelt? Ich hoffe, sie ist eine von den feinfühligen und kann Euch wirklich helfen.
Deinem Kind und auch Dir.

Alles alles Liebe wünscht Dir und allen, die hier mitlesen
Ladina
 

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