#1
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Verzweifelt
Hallo an alle,
meine Mutter (52) wurde vor 4 Wochen mit Rettungsdienst ins Kreiskrankenhaus gebracht, weil sie Blut gehustet hat. Nach Stunden in der Notaufnahme wurde uns als Angehörigen mitgeteilt das sie in ein größeres Kh verlegt wird, mit ner "schweren Lungenentzündung" ! Beim Besuch am nächsten Tag lag sie auf der Isolierstation mit Verdacht auf TBC, diese könne aber erst bestätigt werden nach der Bronchoskopie am nächsten Tag. Nach der Bronchoskopie wurde uns dann mit geteilt das es ein Bronchialkarzinom ist. Ein Lungenflügel hätte schon ein Loch und würde sich bereits auflösen und dass es kein Blut wäre das sie gehustet hatte. Am anderen Lungenflügel hätten sich bereits groß flächig Metastasen angesiedelt! Tja und nachdem alles ausgewertet wurde von der Bronchoskopie und nach weiteren Untersuchungen, stellte sich dann heraus dass der Lungenkrebs schon so weit fortgeschritten war, dass weder Chemo noch Strahlentherapie sinnvoll sind, da diese lt. den Ärzten mehr kaputt machen als helfen würden! Die Lymphknoten und die Nieren sind voller Metastasen! Der Tumor bzw die Metastasen drücken auf die Stimmbänder, so dass sie sehr leise redet, dagegen wurde noch Kortison gegeben,aber trotzdem versteht man sie kaum noch ! Nach zwei Wochen Krankenhaus wurde sie nach Hause verlegt, da uns als Familie klar war das wir sie zuhause pflegen würden! Sauerstoffgerät wurde auch geliefert! Sie ist jetzt seit 2 Wochen zuhause, am Anfang ging das auch ganz gut. Aber mittlerweile baut sie täglich stark ab. Sie macht einen stark verwirrten Eindruck,ob das nun vom Morphin kommt oder ob doch Metastasen im Gehirn sind, weiss keiner zu sagen. Was uns nun aber zu schaffen macht, sie trinkt seit Freitag kaum noch was und isst auch sehr wenig! Wenns nach mir geht würde ich am liebsten nen Arzt anrufen wegen Infusion, aber ich weiss auch das sie keine lebensverlängernden Massnahmen möchte! Nein es ist leider keine Patientenverfügung vorhanden! Unsere Hausärztin befindet sich auch leider im Urlaub. Also was tun? Lass ich sie nun zuhause "verdursten" oder ruf ich einen Arzt und bitte diesen sie auf die Palliativstation einzuweissen. Ich weiss das sie zuhause sterben möchte,aber irgendwie kann ich sie hier auch nicht einfach ohne Flüssigkeit "vegetieren" lassen. Sorry,aber musste das einfach mal los werden und bräuchte nen Rat was nun sinnvoll ist zu tun Hoffe das war nun ok... LG Karin |
#2
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AW: Verzweifelt
Liebe Karin,
zunächst einmal möchte ich dir sagen, dass es mir unendlich leid tut, dass auch deine Mama diese schreckliche Krankheit hat und dass sie viel zu spät entdeckt wurde. Ich weiß, wie sich das anfühlt... Als mein Vater die Diagnose Lungenkrebs mit Metastasen erhielt, wurde mir der Boden unter den Füßen weggerissen. Ich wollte und konnte das einfach nicht glauben. Diese unfassbare Verzweiflung und Traurigkeit, die sich dann breit machen, tun beinahe körperlich weh. Auch wir haben meinen Vater daheim begleitet, da es sein größter Wunsch war, zu Haus zu sterben. Es war die bisher schwerste Zeit in meinem Leben und dennoch auch die intensivste und in gewisser Weise war es auch schön. Ich bin dankbar, dass ich meinen Papa begleiten durfte, dass wir es gemeinsam geschafft haben. Was du beschreibst, habe ich auch erlebt. Mein Vater hat die letzten 2 Wochen seines Lebens keine Nahrung mehr zu sich genommen. Meiner Mutter hat das fast das Herz gebrochen, doch sie hatte ihm versprochen, ihn nicht mit Essen zu quälen und so hat sie tapfer seine Entscheidung akzeptiert. Im nachhinein wissen wir auch, dass der Mensch in diesem Stadium einfach keine Nahrung mehr benötigt. Er bereitet sich auf seinen Abschied vor und der Körper zehrt von sich selbst. Am Ende wollte und konnte mein Vater auch nicht mehr trinken. Wir haben ihm immer ein wenig die Lippen mit Wasser benetzt. Da wussten wir, dass er bald gehen würde. Wir waren so traurig und es hat uns sehr mitgenommen, doch genau wie deine Mama jetzt hat mein Vater jeden Tag mehr und mehr Kraft verloren. Ich musste ihm regelrecht dabei zusehen. Wie ein Kerze, die noch flackert und demnächst ganz erloschen sein wird. Auch er hatte keine Kraft mehr zu sprechen, hat nur noch geflüstert. War oft klar, doch oft auch verwirrt. Wenn deine Mama Morphium erhält, kann diese Verwirrung auch von den Medikamenten kommen. Mein Papa hat die letzten Tage den Blick nach innen gerichtet. Es war sehr still bei uns und ich denke, dass er sich vorbereitet hat. Vieles, was meine Mama ihn fragte, hat ihn völlig verwirrt. Er konnte sich gar nicht an so alltägliche Dinge erinnern. Uns hat das zunächst erschreckt, doch ich meine, dass es einfach nicht mehr wichtig für ihn war. Er hat sozusagen "aufgeräumt", allen Ballast über Bord geworfen, damit er sich von seiner "Hülle" trennen konnte und leicht und befreit gehen durfte. Liebe Karin, auch, wenn es sich für dich und deine Familie schrecklich anfühlt, wenn deine Mutter kaum mehr isst und trinkt... Es ist wohl ein Zeichen, dass ihr sie nicht mehr lange bei euch haben werdet. Bietet ihr immer wieder ganz winzige Portionen an, doch akzeptiert auch ihr NEIN, wenn sie ablehnt. Ich würde an deiner Stelle jedoch Kontakt zum Palliativnetzwerk aufnehmen, denn sollte deine Mama starke Schmerzen haben, ist es gut, wenn ihr jederzeit einen Palliativarzt anrufen könnt, der zu euch nach Haus kommt und deiner Mama die Schmerzen nehmen kann. Ich finde es wunderschön, dass ihr deine Mutter heim geholt habt und ihr ermöglicht, in der gewohnten Umgebung Abschied zu nehmen im Kreis ihrer Lieben. Das ist heutzutage nicht selbstverständlich und oft sehr schwer zu ertragen, weil man den geliebten Menschen so schwer gehen lassen kann und es so schrecklich weh tut mitanzusehen, wie er leidet. Da könnt ihr stolz auf euch sein! Und nehmt jede Hilfe an, die ihr bekommen könnt. Wenn du nicht weiter weißt oder dich etwas beängstigt, kannst du dich auch an ein Hospiz / Hospizverein in deiner Nähe wenden. Dort kann man dir sicherlich auch helfen. Ansonsten ist die Palliativstation schon eine sehr, sehr gute Anlaufstelle. Ich wünsche dir die Kraft, den Weg mit deiner Mama bis ans Ende gehen zu können und sie zu begleiten. Ich bin mir sicher, dass du das schaffst! Alles, alles Liebe Miriam
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt... Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark! |
#3
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AW: Verzweifelt
Liebe Karin,
ich weiß wie schwer diese Entscheidung wiegt... man ist hin- und hergerissen...aber ich kann mich nur den Worten von Mel Berlin anschliessen... die künstliche oder erzwungene Flüssigkeitszufuhr kann den Sterbeprozess hinauszögern, oft auf unschöne Weise. Ganz bewußt hatte mein Mann sich gegen jede lebensverlängernde Maßnahme ausgesprochen.. und als es dann passierte und er nicht mehr bewußt entscheiden konnte ist es mir keineswegs leicht gefallen seinem Wunsch zu entsprechen. Aber es war mein letzter irdischer Liebesdienst den ich ihm erweisen konnte, er wollte hier zuhause in seiner vertrauten Umgebung sterben, mit seiner Musik im Hintergrund, mit Blick auf den Garten, im Kreise derer, die ihm wichtig waren. Und das ist das was mich heute trägt... seine Vorstellungen und Wünsche erfüllt zu haben. Wünsche dir ganz viel Kraft und liebe Mitmenschen die dich unterstützen in dieser schwierigen Zeit. Liebe Grüße Sjarissa
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Der Tod ist der Grenzstein des Lebens, aber nicht der Liebe. Guido * 25.12.1953 + 03.01.2012 |
#4
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AW: Verzweifelt
Tja nun ist sie doch wieder im Krankenhaus gelandet
Gestern rief mein Dad unseren Hausarzt an, der vermutet eine erneute Lungenentzündung und hat sie ins Krankenhaus eingewiesen. Es gibt keine Patientenverfügung und man merkt das sie einfach nicht mehr mag und mit ihrem Leben abgeschlossen hat. Leider ist sie im Moment so verwirrt dass sie das nicht mehr klar äussern kann. Mein Dad klammert sich dran das es wieder besser wird wenn sie Flüssigkeit bekommt. Ich hab einfach nur Angst dass sie noch unnötig leiden muss Danke für eure lieben Beiträge, gibt doch wieder etwas Aufschwung. LG Karin |
#5
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AW: Verzweifelt
Und es kommen immer schlechtere Nachrichten
Sie ist vom Wesen stark verändert, so war es zu Anfang nur das sie Tage und so verwechselt. Heute fragte der Arzt was für ein Jahr wir hätten und sie war der festen Überzeugung es wäre 1977... Gestern hat sie immer nur nach ihren Taschentüchern gefragt und heute war sie völlig verwirrt. War total schockiert, kann das gar nicht richtig in Worte fassen Aufgrund dessen haben die Ärzte heut ein Ct des Kopfes gemacht. Das komplette Gehirn ist voller Metastasen Der Arzt hat sich lange mit uns unterhalten und eben besprochen das sie morgen auf die Palliativstation verlegt wird! Muss das nachher alles noch meinem Dad erklären,er war der festen Überzeugung dass sie nochmal nach Hause kommt! Der Arzt gibt ihr nur noch ein paar Tage *heul* Schwer mit allem irgendwie klar zu kommen... |
#6
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AW: Verzweifelt
Liebe dicha,
Las dich mal ganz lieb drücken. Scheiße alles... Es tut so weh das alles hier zu lesen und zu wissen, auch wir stehen mal an diesem Punkt mit minem Papa. Lg Niese |
#7
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AW: Verzweifelt
liebe karin!
der weg,den ihr jetzt gehen müsst, ist einer der schwersten. verabschiedet euch von deiner mama, sagt ihr alles, was noch unausgesprochen ist, dass ihr sie loslasst, und dass sie gehen kann. es fällt unglaublich schwer, es tut so weh... ich wünsche euch von herzen ganz viel kraft für diese schwere zeit. ganz liebe grüsse, dani |
#8
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AW: Verzweifelt
An dem Punkt bin ich bald mit meiner Oma auch, Tage oder ein paar WOchen. So eine scheiße. Von jetzt auf gleich ist das Leben anders. Ich wünsche dir viel Kraft auf diesem wahnsinnig schweren Weg.
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*** Solange wir leben, gibt es auch Hoffnung*** *** und ich dachte, wir hätten noch so viel Zeit miteinander*** Meine Oma: 20.06.12 Verdacht auf Colon Ca 28.06.12 OP und Stoma 29.06.12 Darmverschluss wurde durch OP verhindert, ansonsten multiple Metastasen in Lunge, Leber, Bauchfell, Gebärmutter. 10.07.12 OP für den Port 2x Chemo, dann Harnwegsinfekt Oma Senta starb am 17.08.12 |
#9
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AW: Verzweifelt
Liebe Dicha
Ich schließe mich molüfunidami an , Ich wünsch Euch von Herzen viel Kraft |
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AW: Verzweifelt
Liebe Karin,
drück dich...halte dich...diesen Weg zu gehen kostet viel Kraft, auf beiden Seiten... immer wieder Danke... danke, das du da warst, mich zu dem gemacht hast, was ich heute bin...und liebevoll adieu sagen...wir können nichts tun...nur unsere Worte gebrauchen...und sie sind niemals stark genug um auszudrücken, welch großes Geschenk sie uns gemacht haben... die, die gehen und ewig in unseren Herzen bleiben... Stille Grüße Sjarissa
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Der Tod ist der Grenzstein des Lebens, aber nicht der Liebe. Guido * 25.12.1953 + 03.01.2012 |
#11
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AW: Verzweifelt
Zitat:
liebe dicha, es tut mir so leid für dich, dass du deine mutter bald an diesen krebs verlieren wirst. die zeit der abschiednahme habe ich als sehr traurig, aber auch erleichternd empfunden. ich fand es jeden tag schön zu meiner mum ins hospiz zu gehen und doch graute es mich davor.. der geruch, ihre einsamkeit, ihr anblick, ihre traurigkeit.. ich wollte nicht, dass die zeit mit ihr aufhörte und doch wollte ich es. sie tat mir so leid und ich konnte ihren anblick nicht mehr ertragen. so eine starke frau.. so ein häufchen nur noch. es war ein elend. die ersten tage nach ihrem tod waren für mich irgendwie befreiend. es lag nicht die last und pflicht bei mir, jeden tag zu ihr zu gehen, mich jeden tag mit dem schicksal auseinander setzen müssen, um doch noch jede minute mit ihr verbringen zu können/müssen. weil wir diese zeit nie wieder nachholen können. meine mum hatte zwar eine patientenverfügung. in dieser stand drin, dass sie lebensverlängernde maßnahmen haben möchte. aber sie hat das entscheiden müssen, wo sie wusste, dass sie diesen tumor hat und dass es mal soweit kommen wird. natürlich will man da am leben festhalten. das sieht man vielleicht anders, wenn man in einer neutralen situation sowas ausfüllt. naja nun mussten wir entscheiden, was wir mit der nahrung und flüssigkeit machen. nach rücksprache mit den hospizmitarbeitern entschieden wir uns gegen die nahrung per infusion und für eine flüssigkeitzufuhr. sie lebte auch ohne nahrung immer noch 3 wochen. so wie einige hier schon sagten, sterbende wollen nichts mehr essen. das hungergefühl ist nicht mehr da wie bei uns. und sie verdursten auch nicht. die flüssigkeit bekam meine mum ja auch per infusion und nicht durch den mund. sie diente nur dazu, die funktion der organe aufrecht zu erhalten. der mund wurde ihr befeuchtet. ich kann dir eigentlich gar nicht sagen, wie traurig es macht, wieder von so einem schicksal zu lesen. es tut mir so leid für dich rede die letzte zeit noch viel mit deiner mum. sie hört alles, was du sagst. das unterbewusstsein bekommt immer noch alles mit, davon bin ich fest überzeugt. ich wünsche dir so unendlich viel kraft. fühl dich gedrückt, seestern.
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Über die Zeit lernen wir mit dem Verlust umzugehen, wir müssen es einfach ertragen, aber die Einsamkeit und die tiefe Trauer bleiben immer. meine geliebte Mama 24.03.1964 - 22.05.2012 Diagnose Glioblastom Januar 2012.. 5 Monate.. es ging viel zu schnell Erinnerung an eine Kämpferin |
#12
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AW: Verzweifelt
Guten Abend,
nachdem meine Mum nun seit ein paar Tagen auf der Palliativstation ist,geht es ihr merklich besser. Sie bekommt Kortison damit sie klarer wird,was auch wunderbar funktioniert. Sie erkennt uns wieder,redet ganz normal mit uns. Klar manchmal ist sie noch woanders und erzählt für uns "wirres Zeug", aber alles in allem sind wir sehr froh so wie es ihr im Moment geht. Das macht die ganze Situation etwas leichter... Sie ist mit Schmerzmitteln eingestellt und sagt auch dass es ihr nun besser geht. Ich weiss nicht wie lange es ihr noch gut geht und wie lange sie noch unter uns ist,aber wir geniessen nun einfach die Zeit die wir noch haben. So blöd wie sich das nun auch lesen mag. Danke für eure lieben Worte, das tat sehr gut zu lesen! Zu wissen das man nicht alleine ist LG dicha |
#13
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AW: Verzweifelt
hallo dicha,
es freut mich, zu lesen, dass sich der zustand deiner mum den umständen entsprechend verbessert hat und ihr die gemeinsame zeit besser genießen und verbringen könnt. ich denk an euch liebe grüße seestern
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Über die Zeit lernen wir mit dem Verlust umzugehen, wir müssen es einfach ertragen, aber die Einsamkeit und die tiefe Trauer bleiben immer. meine geliebte Mama 24.03.1964 - 22.05.2012 Diagnose Glioblastom Januar 2012.. 5 Monate.. es ging viel zu schnell Erinnerung an eine Kämpferin |
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AW: Verzweifelt
dicha, ich wünsche deiner mum und deiner familie noch eine schöne zeit zusammen, schön das es deiner mum wieder besser geht.
alles liebe und viel kraft gitti
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mein Mann: Adenokarzinom man sieht die Sonne langsam untergehen und erschrickt trotzdem wenn es dunkel ist - Kafka |
#15
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AW: Verzweifelt
Liebe dicha!
Ich freue mich, dass die Palliativ-Station Deiner Mama so gut tut! Und ich wünsche mir für Euch, dass Ihr die Zeit dort intensiv und gut miteinander und füreinander nützen könnt! Viel Kraft und von Herzen alles Liebe! AnnaSue
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Mama, ich hab' Dich lieb. Für immer und immer... 08.10.1951 - 08.07.2012 Meine Mama: Diagnose EK 30.04.2012 - zu den Sternen gereist am 08.07.2012 |
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