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Alt 22.02.2004, 14:39
Gast
 
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Standard Trauma nach Zungen-OP

Nun folgt Teil 2:
Die 2. Sitzwache, die ich ebenfalls schon kannte, kam herein mit einem dicken Buch unterm Arm, etwas zum Knabbern und einem Getränk. Erst im Nachhinein wurde mir bewußt, wie takt- und gefühllos es doch war, wenn man meinen Zustand bedenkt, in meiner Gegenwart zu essen und vor allem zu trinken. Ich mußte es sehen und hören und meine Verzweiflung wurde noch größer, da mein Durst schier unerträglich war. Warum kümmerte sich kein Arzt um mich? Ist das nach einer solch schweren OP nicht notwendig?

Was dann im Laufe des Nachmittags geschah, war so schlimm, gerade zu menschenverachtend. Die kauende Sitzwache ließ sich mir gegenüber auf einem Stuhl nieder, zog die Schuhe aus und legte ihre Füße auf mein Bett. Sie machte es sich richtig gemütlich mit ihrem Buch und ihren Knabbereien.
Ich lag währenddessen wie ein Häufchen Elend in meinem Bett, war durch das ständige Aufrichten beim noch immer häufigen Übergeben ganz nach unten gerutscht und hatte so eine unglückliche Lage, daß meine Atmung noch mehr behindert wurde und an Schlafen überhaupt nicht nehr zu denken war. Das Schlimmste jedoch war diese Trockenheit in Mund und Hals, die mir das Schlucken fast unmöglich machte.
Da ich nicht sprechen konnte, mußte ich mit Handzeichen versuchen, mich verständlich zu machen. Auf mein Zeichen hin, daß sie mir bitte helfen möchte, reagierte sie nur mit den lapidaren Worten, daß auf meinem Bett schließlich Brechschalen und Papiertücher zum Abputzen des Mundes lägen. Sie hielt es nicht einmal für nötig, mir, einer Frischoperierten, die Brechschale zu haltn oder meinen blutverschmierten Mund abzuwischen, sie dachte nicht einmal daran, mich in eine bequemere Lage zu bringen, sie tat einfach NICHTS!
Als ich andeutet, sie möchte mir die Lippen anfeuchten, reagierte sie zunächst ganz bewußt überhaupt nicht, um dann nach einer ganzen Weile, meinen flehenden Blick ignorierend, betont gehässig zu fragen "wollen Sie was??" Sie meinte, zuviel Feuchtigkeit sei nicht gut für mich, da dadurch der Mund noch trockener würde, ließ sich aber dennoch dazu herab, meinen Mund zu befeuchten.
Als ich immer wieder andeutete, daß ich nicht genug Luft bekam sagte sie, sie würde sich ein wenig zu mir setzen und meine Hand halten. Doch sie setzte sich nicht normal zu mir aufs Bett, sondern legte sich mit ihrem Körper ganz schwer auf die eine Hälfte meines Körpers, nahm meine Hand total fest in die ihre und mir somit noch mehr von meiner kostbaren Luft. Ich hätte schreien mögen, litt fürchterlich, doch das alles schien ihr auf eine perverse Art Genugtuung zu verschaffen. Zum Glück ließ sie nach einer Weile von mir ab, denn sie mußte wieder essen und trinken und forderte mich lediglich auf, doch endlich ein wenig zu schlafen.
Da ich mich wieder und wieder übergeben mußte und auch regelrecht Angst vor dieser Schwester hatte, rutschte ich immer tiefer in mein Bett hinein, wurde imnmer verzweifelter, und dann wurde ich richtig panisch. Immer wieder flehte ich um ein wenig Wasser auf meine Lippen, immer öfter vergebens und die Luft war so knapp....
Ich fragte mich, warum um Himmels willen nicht einmal ein Arzt nach mir sah, warum absolut niemanden inertessierte, wie es mit nach dieser schweren OP ging? Eigentlich schläft man doch nach einer solchen Narkose, dämmert vor sich hin, doch die Angst hielt mich wach!
Am frühen Abend gesellte sich eine zweite Schwester mit einem mir bekannten Gesicht zu der ersten und ich bekam Hoffnung, dachte ich doch, daß nun alles besser, daß diese mir helfen würde. Doch leider war das nicht der Fall, auch sie hatte sich nämlich Proviant in Form von laut krachenden Bonbons in einer raschelnden Tüte und ebenfalls ein leckeres Getränk mitgebracht, außerdem ein Buch. In den folgenden Stunden ging mal die eine, mal die andere hinaus, ansonsten bekam ich in diesen Abendstunden absolut niemanden zu Gesicht, fühlte mich den Damen vollkommen ausgeliefert.
Mein Zustand war unverändert schlecht, ich wurde von Stunde zu Stunde unruhiger, meine Panik nahm zu und ich glaubte, die inzwischen angebrochene Nacht nicht zu überleben.

Ich litt wirklich Höllenqualen, hatte vor allem jedoch eine furchtbare Angst. Immer wenn ich die Augen schloß, glaubten die Schwestern ich sei eingeschlafen. Ich hörte jedoch alles was sie sagten, denn ich war hellwach, hielt mich krampfhaft wach, denn ich glaubte, ansonsten nie mehr aufzuwachen.
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