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Alt 07.12.2005, 23:19
Sonja A. Sonja A. ist offline
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Registriert seit: 16.08.2005
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Standard AW: Hilfe, keine Chemo mehr

liebe britta,

bitte bestelle dir dringend das buch von elisabeth kübler-ross "geborgen im leben".
es hilft dir bestimmt sehr.
zu deinem papa: ich finde es wunderschön, wie du über ihn schreibst. was er alles getan hat, dass er ein toller großvater ist etc. dein papa hat ein sehr reiches und schönes leben gehabt bisher, hat alles für euch getan. nun ist es an euch, alles für ihn zu tun. alles zu tun, was IHM guttut. nicht zu verwechseln mit dem, was du möchtest.
er will kein aloe vera? gut, dann halt nicht. das wird nicht entscheidend sein. wenn der allgemeinzustand deines papas schon so schlecht ist, dann ist jetzt nicht die zeit des kampfes, sondern der liebe, die fließen muss. zwischen euch hin und her. sprich mit ihm, frage ihn, ob er angst hat. frage ihn, was für ihn der tod ist. sei eine gesprächspartnerin für ihn mit seinen ängsten.
rede nicht auf ihn ein, dass er dies und das tun/essen/trinken/machen soll. es wird leider alles nicht entscheidend sein.
vergiss nicht, dass dein vater mit einer heilung jetzt dem tod kein schnippchen schlagen könnte. er trifft uns alle und ist so natürlich wie eine geburt. und genauso sorgsam wie mit einer hochschwangeren sollte man auch mit einem sterbenden umgehen. sich nach ihm richten, seine wünsche erfüllen.

erkundige dich bei adressen in deiner umgebung, wie eine begleitung zu hause bzw. in einem hospiz aussehen könnte. dein papa muss keinerlei schmerzen für länger als ein paar minuten haben. eine perfekte einstellung kann in einer palliativstation geschehen. gegen durchbruchschmerzen ist das einzig zugelassene medikakament der actiq schmerzlutscher. er hilft innerhalb von minuten.
hier hospize, palliativstationen, hausdienste etc. überall wirst du liebe menschen treffen die versuchen werden zu helfen:
http://www.hospize.de/texte/adressenliste/AUSWAHL.HTM
lies diese seite:
www.lebensgedanken.de hier kann man lesen, was wichtig ist und wie man in dieser neuen situation umsichtig handeln kann.

ich war auch so wie du. war so wütend, wenn papa hochkalorische drinks nicht getrunken hat etc. ich war so wütend darüber, dass er würde gehen müssen. habe mir ein meiner verzweiflung vorgemacht, dass man was mit den drinks ändern könnte. papa wird es richtig aufgefasst haben, dessen bin ich mir sicher. papa hätte die drinks gern getrunken. aber er KONNTE nicht mehr. wie muss es sein, wenn alles durch zuvor erhaltene chemo anders schmeckt? wenn man schmerzen hat? wenn man weiß, dass man sterben muss?
dein papa zeigt dir, wie es ihm geht. will er einen wellnesskatalog - dann hol ihn ihm. sagt er, er möchte nicht mehr essen, dann ginge es schneller? dann frage ihm, warum er möchte, dass es schneller gehen soll.
sage ihm, dass er die hauptperson ist. sage ihm, dass ihr ihmmer für ihn da sein werdet, dass ihr das von herzen gern macht und er der größte ist. sage ihm nicht: was sollen wir ohne dich machen? sage ihm, dass ihr stets an seiner seite sein werdet. erzähle ihm aber auch davon, dass du immer für deine mutter da sein wirst und sie nicht alleine sein wird. dein papa muss seinen frieden finden. und wenn dein papa seinen frieden mit seinem schicksal schließt, dann werdet ihr auch in frieden daran denken können.
jeder tag, den ihr aufwacht, ist ein geschenkter tag. das gilt für jeden. auch ohne schwere diagnose. wenn man sich mit seinem tod abgefunden hat dann wird man das leben nicht mehr so ernst nehmen, wird alles ganz anders tragen.
vergiss nicht, dass dein papa jetzt lebt. genieße die zeit mit ihm und achte auf seine worte, du wirst sehr viel von ihm lernen können.

alles gute und verstehe meine ehrlichen worte als erfahrung einer tocher, die ihren papa vor einem jahr gehen ließ - friedvoll.

sonja
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