Einzelnen Beitrag anzeigen
  #12  
Alt 22.02.2005, 16:18
Benutzerbild von Christian
Christian Christian ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 11.04.2003
Ort: Freiburg
Beiträge: 423
Standard Richtiger Sonnenschutz - aber wie?

babs 13.06.2004, 19:26


Gast http://www.universimed.com/frame.php...workcenter.php
vom 10.06.2004
Lichtschutzmittel und Hautkrebs

Dass Sonnenschutzmittel bei richtiger Anwendung geeignet sind, akute Wirkungen der UV-Bestrahlung wie den Sonnenbrand zu vermeiden, ist unbestritten. Inwieweit die heute zur Verfügung stehenden Lichtschutzpräparate jedoch in der Lage sind, vor Hautkrebs zu schützen, ist nach wie vor unklar. Eine völlig neuartige photoprotektive Strategie – der Einsatz von liposomalen DNA-Reparaturenzymen in After-Sun-Lotionen und Lichtschutzpräparaten – könnte möglicherweise einen verbesserten Schutz vor Hautkrebs bieten, berichtet im Folgenden A.o. Univ.-Prof. Dr. Peter Wolf, Abteilung für Photodermatologie an der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie in Graz.


Auf molekularer Ebene entstehen durch die UV-Bestrahlung Veränderungen an der DNA, insbesondere so genannte Zyklobutan-Pyrimidin-Dimere. Die durch die UV-Strahlung verursachten DNA-Schäden führen zur Freisetzung löslicher Faktoren, wie der Zytokine Interleukin-10 und Tumornekrosefaktor-alpha, die zur akuten Sonnenbrandreaktion und immunsuppressiven Wirkung der UV-Strahlung beitragen. Bei mangelhafter Wiederherstellung durch endogene Reparaturmechanismen entstehen aus DNA-Schäden spezifische, für die UV-Strahlung typische Mutationen (C-T, CC-TT Transitionen) am Tumor-Suppressor-Gen p53, welche sich vor allem bei spinozellulären Karzinomen der Haut durch DNA-Gensequenzierung nachweisen lassen und als Fingerprint der UV-Strahlung bezeichnet werden. Die UV-Strahlung des Sonnenspektrums ist ein vollständiges Karzinogen, das als Tumorinitiator (Mutationen) und -promotor (chronische Entzündung) wirkt. Die kausale Rolle hoher kumulativer UV-Dosen bei der Entstehung von Basaliomen und spinozellulären Karzinomen der Haut ist durch epidemiologische Studien eindeutig belegt. Die durch die UV-Strahlung verursachte Immunsuppression, die sowohl lokaler als auch systemischer Natur ist, sowie die Schädigung immunkompetenter Langerhanszellen in der Haut scheinen zur UV-Karzinogenese beizutragen.

Bis vor kurzer Zeit wurde nur der UVB-Wellenlängenbereich (290–320nm) des Sonnenspektrums als hauptsächliche Ursache von Lichtschäden der Haut angesehen und dem UVA-Bereich (320–400nm) geringe Bedeutung beigemessen. Untersuchungen der letzten Jahre konnten jedoch eindeutig beweisen, dass die UVA-Strahlung nicht nur zur vorzeitigen Hautalterung führt, sondern auch mutagen und karzinogen ist. Epidemiologische und tierexperimentelle Studien deuten darauf hin, dass die Wirkung der UVA-Strahlung ätiopathogenetisch beim malignen Melanom von großer Bedeutung sein könnte. Experimentelle Untersuchungen in einem Plattfischmodell (Xiphophorus) zeigten, dass maligne Melanome nicht nur durch UVB-Strahlung, sondern auch durch UVA-Strahlung und sogar, obgleich auch in geringerem Ausmaße, durch sichtbares Licht induziert werden konnten. Epidemiologische Studien ergaben, dass übermäßig häufige Solariumsbesuche – das Emissionsspektrum moderner Solarien liegt nahezu ausschließlich im UVA-Bereich – das Melanomrisiko der Konsumenten zu erhöhen scheinen. Auch führen manche Wissenschafter die relativ höhere Häufigkeit des malignen Melanoms im Vergleich zum spinozellulären Karzinom und Basaliom in Skandinavien auf das dort herrschende UV-Sonnenlichtspektrum mit relativ hohem UVA-Anteil zurück.

Chemische und physikalische UV-Filter

Chemische UV-Filter (Zulassung in Österreich durch die Kosmetikverordnung EU-konform nach der Direktive 76/786 EWG geregelt) schützen die Haut durch Absorp-tion von UV-Strahlung im UVB- und/oder UVA-Bereich. Deren Wirksamkeit beruht auf UV-Absorption im Bereich konjugationsfähiger Doppelbindungen der Moleküle. Die strahlungsbedingte Anregung führt UV-Filter aus dem energetischen Grundzustand in den angeregten Zustand. Bei der Rückwandlung in den Grundzustand wird die aufgenommene Energie in Form von Wärme und Fluoreszenzstrahlung abgegeben. Physikalische UV-Filter sind Pigmente, die Licht durch Reflexion, Streuung und Absorption abschwächen. Bei Wellenlängen über 400nm (sichtbares Licht) überwiegen reflektierende und streuende Effekte, bei Wellenlängen unter 400nm weisen Pigmente (z.B. Zinkoxid und Titandioxid) auch UV-absorbierende Eigenschaften auf.

Liposomale DNA-Reparaturenzyme

Die topische Anwendung von DNA-Reparaturenzymen, die von UV-resistenten Mikroben wie dem Bacteriophagen T4, Micrococcus luteus oder Anacystis nidulans stammen, stellt eine völlig neuartige photoprotektive Strategie dar. Liposomal verkapselt vermögen gentechnisch rekombinant hergestellte DNA-Reparaturenzyme dieser Mikroben, wie z.B. bestimmte (UV)-Endonukleasen oder Photolyase, in die menschliche Haut zu penetrieren und die Reparatur von UV-induzierten Photoprodukten (Zyklobutan-Pyrimidin-Dimeren) an den Schwachstellen der körpereigenen DNA-Reparatur-Kette zu unterstützen.

DNA-Reparaturenzyme kommen in After-Sun-Lotionen, aber auch in Lichtschutzpräparaten kombiniert mit konventionellen chemischen und physikalischen UV-Filtern zur Anwendung und die ersten Präparate dieser neuartigen Produktgruppe sind seit kurzem im Handel erhältlich. In einer jüngst veröffentlichten, placebokontrollierten Stu-die konnte bei Patienten mit dem Hautkrebssyndrom Xeroderma pigmentosum gezeigt werden, dass die einmal tägliche Anwendung einer liposomal verpackten speziellen Endonuklease (T4N5) um die Mittagszeit in einer After-Sun-Lotion über einen Zeitraum von 12 Monaten das Auftreten von aktinischen Keratosen und Basaliomen signifikant um etwa 70% bzw. 30% reduzierte (Yarosh et al, Lancet 2001). Bemerkenswerterweise war bereits nach 3-monatiger Anwendungszeit eine geringere Anzahl von aktinischen Keratosen in der aktiven Behandlungsgruppe als in der Placebogruppe zu beobachten, was die Autoren auf einen möglichen immunprotektiven Effekt der DNA-Reparatur-Liposome zurückführten. Die immunprotektive Wirkung von topisch verabreichten DNA-Reparaturenzymen zeigte sich beim Menschen in einer anderen klinisch-experimentellen Studie, in der DNA-Reparatur-Liposome mit Endo-nukleaseaktivität Hautkrebsrisiko-patienten vor der UV-induzierten Produktion der immunsuppressiven Zytokine Tumornekrosefaktor-alpha und Interleukin-10 schützten (Wolf et al, J Invest Dermatol 2000). Als erwünschte Nebenwirkung könn-ten topische DNA-Reparaturenzyme bräunungsverstärkende Eigenschaften aufweisen. Auf zellulärer Ebene zeigte sich, dass eine verbesserte DNA-Reparatur nach Applikation von DNA-Reparatur-Liposomen und höchstwahrscheinlich dadurch vermehrt entstehende DNA-Exzisionsfragmente auf noch nicht genau bekanntem Wege die Melanogenese direkt stimulieren können.

Schützen konventionelle Lichtschutzmittel vor Hautkrebs?

Nur wenige prospektive Studien haben sich bis heute mit der Frage beschäftigt, ob Lichtschutzmittel mit chemischen und/oder physikalischen UV-Filtern in der Lage sind, vor Hautkrebs zu schützen. In der ersten diesbezüglichen Studie aus Australien (Thompson et al, N Engl J Med 1993) verwendeten nahezu 600 über 40-jährige Patienten täglich über den Zeitraum eines Sommers entweder ein Breitband-Lichtschutzfaktor (LSF)-17-Präparat oder ein Placebopräparat an Kopf, Nacken, Unter-armen und Händen. Die Patienten der Sonnenschutzgruppe entwickelten im Vergleich zur Placebogruppe signifikant weniger neue aktinische Keratosen (0,6 vs. 1,0 pro Studienteilnehmer) und zeigten signifikant mehr Remissionen bestehender aktinischer Keratosen. Ähnliche Ergebnisse erbrachte eine texanische Studie bei einer Hautkrebsrisikopopulation in den USA (Naylor et al, Archiv Dermatol 1995). In der bis heute größten Studie, einer Untersuchung bei mehr als 1.600 Teilnehmern in Queensland, Australien, zeigte sich, dass das kontinuierliche Verwenden einer LSF-15-Sonnencreme in Kombination mit der oralen Gabe von 30mg Betakarotin pro Tag über einen Studienzeitraum von 4,5 Jahren im Vergleich zu einem Placebo-Lichtschutzpräparat zwar nicht zur Verminderung der Inzidenz von Basaliomen und spinozellulären Karzinomen, aber zu einer signifikanten Reduktion (um nahe-zu 40%) der Anzahl der spinozellulären Karzinome und aktinischen Keratosen (um 24%), nicht jedoch der Basaliome führte (Green et al, Lancet 1999).

Beim malignen Melanom existieren bis heute keine klinisch-prospektiven Studien, die die präventive Wirkung von Lichtschutzmitteln untersuchten, und retrospektive Studien lieferten widersprüchliche Ergebnisse. Während bei der Mehrzahl der insgesamt mehr als 12 Studien das Verwenden von Lichtschutzmitteln auch nach Korrektur bzw. Adjustierung für andere Risikofaktoren wie Hauttyp, Sonnenempfindlichkeit, Sonnenbäder und Sonnenbrände sogar mit einem erhöhten Melanomrisiko verbunden war, ergab sich lediglich bei zwei Studien ein melanomprotektiver Effekt. Die genauen Gründe für diese Ergebnisse sind nicht bekannt.

Einerseits sind verschleiernde Faktoren in den statistischen Analysen der entsprechenden Arbeiten (wie bei jeder retrospektiven Arbeit) nicht gänzlich auszuschließen, andererseits könnte aber auch das Verhalten der Anwender für eine tatsächliche Risikoerhöhung verantwortlich sein. Der hocheffektive Schutz von Lichtschutzmitteln vor Sonnenbrand könnte manche Anwender dazu verleiten, sich extrem lange der Sonne auszusetzen, woraus ein erhöhtes Melanomrisiko dann resultieren könnte, wenn Lichtschutzmittel im Vergleich zum konventionellen Lichtschutzfaktor – dieser beruht ja rein auf der Schutzwirkung vor Sonnenbrand – einen geringeren „Melanomschutzfaktor“ aufweisen sollten.

Conclusio

Aufbauend auf den Ergebnissen der zuvor besprochenen Studien kam eine von der International Agency for Research on Cancer (IARC) beauftragte Expertengruppe im Jahre 2000 zu folgenden Schlussfolgerungen: Die Beweislage für die kanzeropräventive Wirkung der topischen Anwendung von konventionellen Lichtschutzmitteln beim Menschen1 ist beim malignen Melanom unzulänglich, ebenso beim Basaliom; beim spinozellulären Karzinom gibt es eingeschränkte Beweise.

Eine verbesserte kanzeroprotektive Wirkung von Lichtschutzpräparaten könnte der breite Einsatz von liposomal verpackten DNA-Reparaturenzymen in After-Sun-Lotionen und/ oder Lichtschutzpräparaten gemeinsam mit chemischen und/oder physikalischen UV-Filtern erbringen. Die therapeutischen Erfolge bei Patienten mit Xeroderma pigmentosum bescheinigen dieser innovativen Strategie eine potenziell hohe Wirksamkeit in der Hautkrebsprävention. DNA-Reparaturenzyme in Lichtschutzpräparaten könnten auch in der allgemeinen Hautkrebsprävention bei Nicht-Xeroderma-pigmentosum-Patienten, insbesondere bei sonnenempfindlichen und/oder extrem sonnenbelasteten Menschen, hautkrebsvorbeugende Eigenschaften aufweisen. Diesbezügliche Studien bei gefährdeten Personen aus Australien und den Südstaaten der USA sind zurzeit in Planung.

Autor:
A.o. Univ.-Prof. Dr. Peter Wolf, Abteilung für Photodermatologie, Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie, Medizinische Universität Graz, Auenbruggerplatz 8, A-8036 Graz

Quelle des Artikels Lichtschutzmittel und Hautkrebs:
Literatur beim Verfasser


1 http://www.iarc.fr/pageroot/UNITS/
chemoprevention.html


de020418
Mit Zitat antworten