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Alt 25.10.2011, 12:54
uli3 uli3 ist offline
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Standard AW: Diagnose großzelliges B-Zellen-Lymphom bei meinem Dad...

Liebe Claudia,
ich bin 63 Jahre alt und weiss daher, dass mit zunehmendem Alter die Dinge nicht einfacher werden. Aber die Diagnose "Krebs" ist so einschneidend, dass man sein Leben auch oder vielleicht gerade in diesem Alter komplett umstellt. Die Diagnose war Stadium I für das hoch maligne Lymphom an der Wirbelsäule (E für extranodal, also außerhalb der Lymphknoten) und gleichzeitig Stadium IV wegen der hohen Konzentration monoklonaler (Krebs-) Zellen im Blut. Mit anderen Worten, man nimmt an, dass das niedrig maligne Lymphom an einer Stelle zu einem hoch malignen sich entwickelt hat.
Was tun? Also habe ich mit dem Spazierengehen angefangen, zunächst kürzeste Strecken (50m oder noch weniger, nach Pausen wiederholt), sicher am Arm eingehakt. Langsam werden die Strecken länger, aber man hat ja nun wirklich Zeit und was ist wichtiger als die Schritte zur Genesung? Häufig braucht man jemanden, der einen antreibt und einen zwingt, auch an anderes zu denken. Also viel Unterstützung und die Bereitschaft, sich der Krankheit zu stellen.
Die Eublast-Spritze habe ich von meinem Bruder vorgeschlagen bekommen, der hat seit 12 Jahren (!) Darmkrebs und seit einem Jahr auch ein niedrig malignes großzelliges .... . Im Krankenhaus fragte ich nach etwas,das meine Infektionsabwehr bessern könnte und erwähnte das Mittel. Danach musste ich nur mit der Kasse das klären, da das Mittel sehr teuer ist.
Die Strahlentherapie wurde vorgenommen, weil das Lymphom (ca. 3 cm groß) an der Wirbelsäule direkt in den Spinalkanal ragte und damit ständig das Risiko eines Querschnitts vorhanden war. Und bei der Frage "Rollstuhl oder Bestrahlung" liegt die Antwort auf der Hand. Naja, damit wollte man natürlich auch etwas gegen die Gefahr tun, dass die Zellen durch das Zentrale Nervensystem in das Gehirn wandern und das Drama sich verschlimmert.
Von der Erhaltungstherapie habe ich bei meinen Recherchen im Internet gelesen. Ich habe Tage vor dem Schirm gesessen und versucht, alles über die Krankheit (Verlauf, Stadien, Arten, Heilungschancen, Medikamente, Häufigkeiten ... ) heraus zu bekommen. Und in einer Studie stieß ich auf diese Therapie. Mein Krankenhausarzt war ganz begeistert, weil er mir das alles nicht mehr lang zu erklären brauchte. Ich hatte vielleicht auch "Glück", weil ich in Berlin im Krebszentrum gelandet war, vom Orthopäden (6 Wochen Behandlung wegen Rückenschmerzen) nach einer MRT-Aufnahme zwei Tage nach Weinachten direkt dorthin geschickt und dort durchgescheckt. Erst nach einer Biopsie (Entnahme einer Gewebeprobe aus dem Lymphom) und 14 Tage Wartezeit auf das Ergebnis ging die Behandlung los: Versteifung des Rückens über 5 Wirbel, Einsetzen eines Ports für die 3 Tage später beginnende Chemo.
Quintessenz: Selbst im Netz recherchieren, bei Google durchprobieren, mit welchen Begriffen aus der medizinischen Terminologie und ihrer deutschen Übersetzung man welche Treffer erzielt. Ich weiß inzischen über meine Krankheit mehr als mein Internist.
Abschließend: da ich seit der Rücken-OP 100% schwer behindert bin (das hat mich wirklich fertig gemacht) und nach einem Dreivierteljahr immer noch ein Opiat gegen die Schmerzen nehmen muss, tue ich alles für meine Gesundheit: Jeden Morgen eine Stunde Gymnastik (die Übungen habe ich aus der Reha) und zusätzlich ein bis zwei Stunden strammes Wandern oder Nordic Walking bzw. Krafttraining im Fitness-Studio. Heute bin ich fitter als vor der Krankheit. Wenn ich vom Krebs vielleicht auch nicht geheilt werde, will ich jedenfalls noch richtig lange mit möglichst wenig Einschränkungen gut leben!
Wenn Dein Vater den ersten Schock überwunden haben wird, braucht er Personen, die ihn auf diesem Weg unterstützen, nicht nachlassen, ihn fordern und aufbauen. Wenn man im Kopf damit klar kommt, ist das schon die halbe Miete!
Ich wünsche Euch viel Erfolg und Kraft!
Uli
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