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Alt 26.08.2014, 23:17
berliner-engelchen berliner-engelchen ist offline
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Standard AW: Neue Therapie und 1000 Fragen

Liebe Marietta,

immer wieder, wenn ich so vor mich hinarbeite, habe ich viele Gedanken im Kopf, die ich Dir gerne schreiben möchte. Ich versuch mal, das hinzubekommen.

"Ich will nicht aufwachen müssen und alles ist schlimm!"
ja, Marietta, das kenne ich sooo gut. So ging es mir auch bis letzte Woche. jetzt habe ich schon so eine halbe Bruchlandung hinter mir (TM 57 ). Es tut weh und ist entsetzlich.

Aber diese Krnakheit ist einfach so. Und wenn es nicht heute und nicht nächste Woche ist und vielleicht auch noch ein weiteres Jahr dauern wird: Sie wird wieder zuschlagen und es wird immer entsetzlich schlimm sein.
Nicht so wirklich aufbauende Worte von mir, nicht wahr?

na ja, ich versuch es jetzt mal mit einem deutlichen: ABER!

Sehen wir dem worst case doch mal direkt ins Auge:
Solltest Du ein neues Rezidiv haben, bedeutet das nicht, dass du innerhalb von Kürze versterben wirst. Wieso auch? In deinem Blumenstrauß sind viele nicht gepflückte Blumen, die auf dich warten. Dein Gesundheitszustand ist gut bis sehr gut, du hast eine lange chemofreie Zeit hinter dir.

Niemand sagt, dass du das Risiko einer OP auf dich nehmen mußt. wenn ich mal wieder die Statistik bemühen darf: bei einem Rezidiv ist immer noch nicht geklärt, ob eine OP vor Chemo besser als eine Nur-Chemo ohne OP. Die Zahlen jedenfalls belegen das nicht. Die erfolgsaussichten steigen NICHT bei zusätzlicher OP. Es ist erst mal zu klären, in wessen Interesse dieser OP-Vorschlag ist. Vielleicht ist er gar nicht der beste Weg für DICH (aber der lukrativste für die Klinik ....).

Sollte es eine Lebermeta sein, noch dazu isoliert: es gibt mehrere Methoden, diese ohne Riesen-Op zu behandeln. unsere Mitstreiterin kerdy hat das dieses Frühjahr erfolgreich mit 2 Lebermetas machen lassen !!!
Sollte sich dein dunkler Fleck als solches herausstellen, stehen dir andere Alternativen offen!

Dein kleines Mädchen, nun schon eine junge Frau (wie konnte das nur so schnell passieren), wird dich wiedersehen. Warum: weil ihr das wollt.
Deine Rezidivdiagnose - SOLLTE sie denn eintreten, was ja KEINESFALLS wahrscheinlich ist, stellt kein größeres Risiko für ein Nicht-Wiedersehen dar, als wenn du dich ins Auto setzt. Und du fährst ja deswegen auch nicht mehr als lauter Angst kein Auto, bis dein Kind wieder da ist?? Oder ??

Sie ist jetzt gross und kann gut auf sich aufpassen. Sie ist mitdenkend, vorausschauend und selbständig. Du hast alles gegeben, um ihr alles mitzugeben, was sie braucht, um alleine klar zu kommen.
Und da ich weiss, dass Du ein alles-gebendes-Muttertier bist (sorry), bin ich sicher: du hast das super gemacht.

Nun mußt du nur noch mit dem Loslassen klar kommen und aus eigener Erfahrung weiss ich, dass das für Muttertiere (ich bin auch so ein Exemplar!) verdammt schrecklich schwer ist.
Aber sieh es doch mal so: da ist eine Lücke entstanden und DIESE LÜCKE gehört nur dir. Tu doch die Dinge, die nur für dich gut sind. Alles, was du tun kannst, um dem Krebs paroli zu bieten.
Yoga machen, das Anti-Krebs-Buch von Servant-Schreiber lesen, Entspannen, Grüne Smoothies trinken, Sauna gehen, Stretching und Onko-Walking machen.
also DAS alles würde ich in so einer Lücke machen
(mach ich aber leider nicht, aber ich arbeite aufs neue daran )
Nur so als Gedankenanregung ....

Liebe Marietta, ganz kurz wollt ich auch noch anmerken, dass ich immer den Eindruck habe, Du stellst dich hintenan. Immer die Familie, immer funktionieren.
und dich dabeo nicht richtig wichtig nehmen, siehe "aber oft hadere ich damit, dass es mir ja eigentlich viel zu gut geht im Vergleich mit vielen anderen hier,"
NEIN.
DEINE Gefühle sind wichtig, und keinesfalls "unsinn". Du hast jedes REcht dazu. Wir vergleichen doch nicht nach "wem gehts am schlechtesten". ALLE Probleme und Gedanken sind es wert, ernst genommen zu werden. JEDE Angst. Diese Krankheit hat so viele Facetten, so viele Arten, uns alle zu ängstigen, fertig zu machen, uns zu belasten. Egal in welchem Stadium.
und alles findet hier einen Raum.

liebe Marietta, ich hoffe, ich konnte die richtigen Worte finden für das, was ich sagen wollte. Wenn ich dich gekränkt haben könnte, wollte ich es nicht.

ich bin momentan nicht so richtig gut im ausdrücken, es ist diese Erstarrtheit vor lauter Angst und sorge. die schiebt sich wie beißende Lava durch mein Hirn und hindert mich am Denken und am Gefühle in Worte fassen.

ich drück dich einfach mal ganz schwesterlich
die Birgit, außerdem total müde vom Holzmachen heute
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